BT-Drucksache 14/6934

Schutz und Unterstützung für Opfer rechter Gewalt

Vom 19. September 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6934
14. Wahlperiode 19. 09. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Schutz und Unterstützung für Opfer rechter Gewalt

Trotz wachsender gesellschaftlicher Aufmerksamkeit gegenüber der Zunahme
rechter Straf- und Gewalttaten in den letzten Jahren und einer zunehmenden
Sensibilisierung der Öffentlichkeit angesichts der Gefahren von rechts, wird
den Opfern rechter Gewalt noch immer zu wenig Aufmerksamkeit und Unter-
stützung zuteil.
Inzwischen hat man zwar gesehen und auch anerkannt, dass viele rechtsext-
reme Straftaten nicht zur Anzeige kommen, weil die Opfer aus Angst vor mög-
lichen Racheakten vor einer Anzeige zurückschrecken, über ihre rechtlichen
Möglichkeiten nicht informiert sind oder kein Vertrauen in das Rechtssystem
haben oder weil sie als Flüchtlinge, Obdachlose, Punks nicht nur ermutigende
Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben.
Infolge dieser Erkenntnis sind in den letzten Jahren einige Anlaufstellen für
Opfer rechter Gewalt eingerichtet worden, deren Arbeit uneingeschränkte An-
erkennung und Unterstützung verdient.
Bei der anhaltend hohen Zahl rechter Straf- und Gewalttaten sind die derzeit
bestehenden Stellen aber bei weitem nicht ausreichend, ein flächendeckendes
Angebot für Opfer rechter Gewalt ist mit den wenigen bestehenden Anlaufstel-
len nicht zu gewährleisten.
Zudem lässt die finanzielle und personelle Ausstattung der bestehenden Anlauf-
stellen in vielen Fällen eine umfassende und langfristige Betreuung und eine
qualifizierte rechtliche sowie soziale Beratung der Opfer kaum zu. An über die
persönliche Hilfe und Unterstützung hinausgehende Öffentlichkeits- und Auf-
klärungsarbeit ist meist kaum noch zu denken, obwohl gerade diese Arbeit
wichtig ist, um perspektivisch ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, dass
Opfern nicht mehr das Gefühl gibt, von der Gesellschaft allein gelassen zu
werden.
Bereits bestehende Anlaufstellen für Opfer rechter Gewalt fordern daher eine
stärkere – nicht nur finanzielle – Unterstützung ihrer Arbeit, einschließlich
einer längerfristigen Perspektive. Auf ein Jahr begrenzte Stellen und Mittel
machen längerfristiges Planen kaum möglich, die beständige Unsicherheit über
den Fortbestand des Projektes wie auch über die eigene berufliche Zukunft
behindern die Arbeit zusätzlich.
Dieser Situation suchte der Deutsche Bundestag im März dieses Jahres
Rechnung zu tragen, als er den gemeinsamen Antrag der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PDS „Gegen Rechtsextremismus,
Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt“ (Bundestagsdrucksache
14/5456) annahm und die Bundesregierung aufforderte,

Drucksache 14/6934 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
„[…] als einen Beitrag in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus
den Schutz potentieller Opfer von Straf- und Gewalttaten zu verbessern. Zur
Einrichtung eines Härtefall-Fonds für Opfer rechter Gewalt wurden im Bundes-
haushalt 2001 zehn Mio. DM zur Verfügung gestellt, für Maßnahmen der
Opferbetreuung fünf Mio. DM. Dazu sollen neben anderen Maßnahmen in Zu-
sammenarbeit mit den Ländern und Kommunen weitere Anlaufstellen modell-
haft entwickelt und erprobt werden, die konkrete rechtliche und soziale Unter-
stützung bieten und die Öffentlichkeit über das Ausmaß von Diskriminierung
und rechtsextremer Gewalt informieren können“.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welcher Höhe ist der Härtefall-Fonds für Opfer rechter Gewalt aus Sicht

der Bundesregierung im Jahr 2002 mit Finanzmitteln aus dem Bundeshaus-
halt auszustatten (bitte Antwort begründen)?

2. In welcher Höhe sind aus Sicht der Bundesregierung Finanzmittel aus dem
Bundeshaushalt für Maßnahmen der Opferbetreuung und des Opferschutzes
im Jahr 2002 bereitzustellen (bitte Antwort begründen)?

3. Wurden von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern und
Kommunen weitere Anlaufstellen für Opfer rechter Gewalt modellhaft ent-
wickelt?
a) Wenn ja, wann und wo wurden und werden weitere Anlaufstellen für

Opfer rechter Gewalt eingerichtet?
b) Welche Konzeption liegt diesen Anlaufstellen zugrunde?
c) Wie sind diese Anlaufstellen personell ausgestattet?
d) Wie finanzieren sich diese Anlaufstellen und ist deren langfristige Finan-

zierung sichergestellt?
e) Wenn nein, warum ist dies sechs Monate nach dem Beschluss des Deut-

schen Bundestages noch nicht erfolgt?
4. Welche Möglichkeiten haben Opfer rechter Gewalt derzeit, eine Entschädi-

gung zu erhalten?
5. Nach welchen Kriterien werden Opfer rechter Gewalt bislang entschädigt?
6. Wie viele Opfer rechter Gewalt haben in den letzten zehn Jahren Anträge auf

Entschädigung gestellt?
a) Wie vielen Anträgen wurde stattgegeben?
b) Wie viele Anträge wurden mit welcher Begründung abgelehnt?

7. Welche weiteren Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung zu ergrei-
fen, um Opfern rechter Gewalt eine umfassende, qualifizierte und langfristig
gesicherte Unterstützung zu geben?

Berlin, den 14. September 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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