BT-Drucksache 14/659

Nationale Verkehrssicherheitskampagne - Sonderprogramm für junge Autofahrerinnen und Autofahrer zur Verhinderung von alkohol- und drogenbedingten Verkehrsunfällen

Vom 23. März 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/659 vom 23.03.1999

Antrag der Fraktion der CDU/CSU Nationale Verkehrssicherheitskampagne
- Sonderprogramm für junge Autofahrerinnen und Autofahrer zur
Verhinderung von alkohol- und drogenbedingten Verkehrsunfällen =

23.03.1999 - 659

14/659

Antrag
der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Eduard Lintner, Dirk
Fischer (Hamburg), Georg Brunnhuber, Eduard Oswald, Gert Willner,
Norbert Otto (Erfurt), Renate Blank, Hannelore Rönsch (Wiesbaden),
Hubert Deittert, Peter Götz, Manfred Heise, Dr.-Ing. Dietmar Kansy,
Norbert Königshofen, Peter Letzgus, Dr. Michael Meister, Wilhelm Josef
Sebastian und der Fraktion der CDU/CSU
Nationale Verkehrssicherheitskampagne - Sonderprogramm für junge
Autofahrerinnen und Autofahrer zur Verhinderung von alkohol- und
drogenbedingten Verkehrsunfällen

Der Bundestag wolle beschließen:
Die Verbesserung der Verkehrssicherheit ist eine andauernde
gesamtgesellschaftspolitische Aufgabe. In der Vergangenheit konnten die
Verantwortlichen aus Verbänden und Politik durch immer differenziertere
Sicherheitskonzepte die Verkehrssicherheit stetig verbessern. Dennoch
bleibt festzustellen, daß es im Straßenverkehr immer wieder Zielgruppen
gibt, deren Situation ein besonderes Konzept für mehr
Verkehrssicherheit verlangt. Zu den Zielgruppen, die ein besonderes
Schutzkonzept benötigen, gehören auch die jungen Fahranfängerinnen und
Fahranfänger. Dies belegen aktuelle Verkehrsstatistiken: so
verunglückten 1997 in der Altersgruppe der 18- bis 25jährigen nach
Angaben des Statistischen Bundesamtes 109 454 junge Frauen und Männer
im Straßenverkehr, davon 1 942 tödlich. Eine besondere Situation zeigt
diese Statistik in dieser Altersgruppe allerdings für junge
Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer aus den neuen
Bundesländern. Hier ist die Zahl der an Autounfällen beteiligten jungen
Menschen zwischen 18 und 25 Jahren noch merklich höher als in den alten
Bundesländern.
Bundesweit drücken diese Zahlen aus, daß die 18- bis 25jährigen
Autofahrerinnen und Autofahrer einen prozentualen Anteil in Höhe von 22
% aller Verunglückten und 23 % aller Getöteten darstellt, obschon der
Anteil der jungen Verkehrsteilnehmer an der Gesamtbevölkerung lediglich
8 % beträgt. Zugespitzt kann man feststellen: fast jeder fünfte Kfz-
Unfall wird von einer Bevölkerungsgruppe verursacht und erlitten, die
lediglich einen Anteil an der Gesamtbevölkerung in Höhe von 8 % hat.
Allerdings darf man diese Zahlen wiederum nicht losgelöst von den
Sachzusammenhängen beurteilen bzw. undifferenziert und pauschal auf
eine ganze Altersgruppe von Verkehrsteilnehmern übertragen. Sorgfältige
Recherchen haben gezeigt, daß es auch bei den jungen Fahranfängerinnen
und Fahranfängern einen hohen prozentualen Anteil sich
verantwortungsbewußt verhaltender Verkehrsteilnehmer gibt, jedoch die
Anzahl der auffälligen Fahrer überdurchschnittlich hoch ist.
Einen deutlichen Rückgang verzeichnete die Statistik im Jahr 1998 für
die Verkehrsunfalltoten in den Altersgruppen der 21- bis 24jährigen (11
%) und der 25- bis 34jährigen (16 %). Als Gründe dafür werden neben der
guten und gezielten vorbeugenden Aufklärungsarbeit vor allem die
Kampagnen über die Gefahren von Alkohol und Drogen beim Führen eines
Kfz genannt. Um insbesondere die Trunkenheitsfahrten zu senken und
junge Frauen und Männer für dieses Thema zu sensibilisieren, hat die
frühere Bundesregierung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen
Verkehrssicherheitsrat und mit Unterstützung der Deutschen
Verkehrswacht in drei Modellkreisen (Flensburg/Schleswig,
niederschlesischer Oberlausitzkreis und Stadtverband Saarbrücken) die
Verkehrssicherheitskampagne "Darauf fahr ich ab . . . Nur nüchtern am
Steuer" ins Leben gerufen. Sie ist der sog. "Schutzengel-Kampagne"
angelehnt, mit der im dänischen Nordjütland die Zahl der
alkoholbedingten Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang binnen weniger
Jahre nahezu halbiert werden konnte. Alle jungen Frauen und Männer der
gefährdeten Altersgruppe wurden im Dezember 1997 in den drei
Modellkreisen persönlich angeschrieben und erhielten eine
Informationsbroschüre mit Argumentationshilfen. Zudem wurden
Alternativen aufgezeigt, um alkoholisierte Fahrten zu vermeiden. Jede
junge Frau erhielt außerdem eine Telefonkarte, mit der sie
beispielsweise ein Taxi oder Bekannte anrufen konnte, um sie abzuholen.
Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST), die mit der Untersuchung der
zweimonatigen Sicherheitsaktion beauftragt war, bescheinigt dieser
Kampagne einen deutlichen Erfolg: Während alkoholbedingte
Verkehrsunfälle mit Personenschäden im Vergleichszeitraum ein Jahr
zuvor in ganz Schleswig-Holstein noch um 12,3 % zugenommen hatten,
konnte die Zahl gleichartiger Unfälle in der Aktionsregion
Flensburg/Schleswig um 39,5 % verringert werden. Ähnlich gute
Ergebnisse erzielten bislang auch die beiden anderen Modellregionen im
Saarland und in Sachsen. Insgesamt sind die alkoholbedingten Unfälle in
den Moellregionen, in denen die Verkehrsaufklärungsaktion stattgefunden
hat, um 27,5 % gesunken.
Die Pilotaktion ist bei den Jugendlichen in den drei Modellkreisen auf
großes Interesse gestoßen und hat bewirkt, daß das Thema "Alkohol und
Fahren" zum Gesprächsstoff unter den Gleichaltrigen geworden ist und
viele das eigene Handeln überdenken. Ein noch bedeutenderes Ergebnis in
den drei Modellkreisen allerdings ist, daß ein hoher Anteil der jungen
Frauen und Männer, den Untersuchungen der BAST zufolge, aktiv versucht
hat, alkoholisierte Fahrer vom Fahren abzuhalten. Zudem wurden stärker
als bisher durch Absprache mit Gleichaltrigen "alkoholfreie
Heimfahrten" organisiert. Auch die Mediendarstellung der Kampagne ist
überdurchschnittlich gut wahrgenommen worden. Die Plakate wurden
verstanden und gleichzeitig als "nicht belehrend" akzeptiert.
Anerkennung gebührt an dieser Stelle auch den Verkehrsbehörden, der
Polizei, dem ADAC und der Deutschen Verkehrswacht in den Modellkreisen
für eine konzentrierte Kampagne.
Aus diesen Gründen ist die bundesweite Ausdehnung der Kampagne unter
der Regie des Bundes nicht nur ein wichtiger Schritt für mehr
Aufklärung über die Folgen alkoholbedingten Fahrens, sondern auch für
mehr Verkehrssicherheit.
Diese Erfolge geben berechtigten Anlaß zu der zwingenden Forderung, die
Verkehrssicherheitsaktion in den Modellregionen fortzusetzen und unter
Regie des Bundes sowie in Abstimmung mit den Ländern auf ganz
Deutschland auszudehnen. Diese Forderung deckt sich außerdem mit den
Haushaltsüberlegungen der Bundesregierung zum Bereich der
Verkehrssicherheit. Danach sollen eingesetzte zusätzliche
Haushaltsmittel stärker für gefährdete Zielgruppen und für
Bundesmaßnahmen bereitgestellt werden. Nur eine kontinuierliche
Präventionsarbeit auf diesem Gebiet kann den angestrebten
Umdenkungsprozeß bewirken.
Obwohl die Bundesregierung sich vom Nutzen der Kampagne überzeugt
gezeigt hat, lehnt sie bislang leider die Übernahme einer aktiven Rolle
des Bundes bei der Ausdehnung der Kampagne auf ganz Deutschland ab.
Statt dessen befürwortet sie lediglich eine Fortsetzung unter der Regie
der Länder und Kommunen, falls daran Interesse bestehe. Eine derartige
Verschiebung von politischer wie finanzieller Verantwortung zu Lasten
aller Verkehrsteilnehmer in Deutschland ist nicht hinnehmbar.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. das Sonderprogramm für junge Autofahrerinnen und Autofahrer
"Darauf fahr ich ab . . . Nur nüchtern am Steuer" zu verlängern und
bundesweit auszudehnen. Für dieses nationale Verkehrssicherheitskonzept
sind die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Dabei ist die
erfolgreiche Kooperation mit den bisherigen Mitinitiatoren und Trägern
- dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat, der Deutschen Verkehrswacht und
weiteren bewährten Organisationen der Verkehrssicherheit -
fortzusetzen. Konkret ist für die Startphase ein Betrag in Höhe von 4
Mio. DM vorzusehen. In der mittelfristigen Finanzplanung sind weitere
Haushaltsansätze für dieses Sonderprogramm auszuweisen.
2. Die Erfolge, die das Sonderprogramm als Pilotprojekt in den
Modellkreisen erzielen konnte, und das Gebot der Kontinuität erfordern
zwingend die Fortsetzung der begonnenen Maßnahmen in diesen
Gebietskörperschaften für vier weitere Jahre.
3. Begleitend zur bundesweiten Durchführung des Sonderprogramm sind
Gutachten einzuholen, die die durch das Sonderprogramm und die
Pilotmaßnahmen erzielten Resultate dokumentieren und auf weitere,
zielgruppenorientierte Handlungsmöglichkeiten hinweisen sollten.
4. Die Bundesregierung wird gebeten, bereits zum Ende dieses Jahres
einen ersten Zwischenbericht vorzulegen, der die Entwicklung dieser
zielgruppenorientierten, nationalen Verkehrssicherheitskampagne darlegt
und etwaigen weitergehenden Handlungsbedarf aufzeigt.
Bonn, den 23. März 1999
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

23.03.1999 nnnn

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