BT-Drucksache 14/6439

Die 6. Vertragsstaatenkonferenz (VSK) muss zum Erfolg führen - Für eine nachhaltige Entwicklungs- und Klimapolitik

Vom 6. Juni 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6439
14. Wahlperiode 6. 06. 2001

Antrag
der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Dr. Christian Ruck, Kurt-Dieter Grill, Dr. Paul
Laufs, Bernward Müller (Jena), Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Klaus-Jürgen
Hedrich, Cajus Caesar, Marie-Luise Dött, Georg Girisch, Helmut Lamp, Vera Lengsfeld,
Franz Obermeier, Christa Reichard (Dresden), Hans-Peter Repnik, Hans Peter
Schmitz (Baesweiler), Werner Wittlich und der Fraktion der CDU/CSU

Die 6. Vertragsstaatenkonferenz (VSK) muss zum Erfolg führen –
Für eine nachhaltige Entwicklungs- und Klimapolitik

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die internationale Gesamtbilanz des Rio-Prozesses mit seinen ökologischen,
ökonomischen und sozialen Zielsetzungen im Vorfeld des 10-jährigen Jubilä-
ums der UN-Konferenz fällt insgesamt unbefriedigend aus:

Die Industrieländer sind von ihrem selbst gesteckten Ziel, 0,7 % ihres Bruttoso-
zialprodukts an Entwicklungshilfe zu leisten, weiter entfernt denn je. Die Glo-
balisierung der Weltwirtschaft hat zwar auch die Direktinvestitionen in den
Entwicklungsländern stark ansteigen lassen; dieser Effekt blieb jedoch auf
knapp ein Dutzend Länder beschränkt. Insgesamt hat sich die Einkommens-
schere zwischen Industrie- und Entwicklungsländern weiter geöffnet; auch die
Ungleichverteilung von Eigentum, Einkommen und Lebenschancen innerhalb
der Entwicklungs- und Schwellenländer spitzt sich weiter zu. Die flächende-
ckende Umweltzerstörung hat dramatische Ausmaße angenommen, die Tro-
penwälder als Zentren der globalen Biodiversität schrumpfen unaufhaltsam
weiter.

Beim Klimaschutz hinken die meisten Industrieländer weiter hinter ihren ein-
gegangenen Verpflichtungen her. Die USA, aber auch andere sich nachdrück-
lich zum Klimaschutz bekennende Nationen, registrieren ein Plus bei den CO2-
Emissionen. Auch Deutschland hat unter der jetzigen Bundesregierung seine
Vorbildfunktion verloren: Der Entwicklungshaushalt wurde drastisch zurück-
gefahren, die CO2-Emissionen sind wegen eines in sich nicht schlüssigen Ener-
gie- und Klimaschutzkonzepts der rot-grünen Bundesregierung erstmals wieder
angestiegen.

Die 6. Vertragsstaatenkonferenz (VSK) nach Rio, die die Umsetzung des
Kyoto-Protokolls regeln soll, ging am 25. November 2000 in Den Haag ohne
Erfolg zu Ende. Sollte die Fortsetzungskonferenz zur 6. VSK im Juli 2001 in
Bonn ebenfalls nicht zum Erfolg führen, wird man sich darüber im Klaren sein
müssen, dass die Größenordnung der zu bewältigenden Reduktionsaufgabe bei
den Treibhausgasen zunehmen und der für die Bewältigung dieser Aufgabe zur
Verfügung stehende Zeitraum sich rapide verringern wird. Die Welt hat keine
Zeit abzuwarten, bis letzte Gewissheit über das Ausmaß des Klimawandels be-

Drucksache 14/6439 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

steht. Sie muss aus Gründen der Vorsorge unverzüglich handeln. Je früher wir
handeln, um so wirkungsvoller beugen wir den Gefahren sozialer und wirt-
schaftlicher Verwerfungen vor. Der jüngste Bericht des zwischenstaatlichen
Gremiums für Klimaänderungen (IPCC) hat noch einmal eindringlich deutlich
gemacht, dass der fortschreitende Klimawandel ein unverzügliches und ent-
schlossenes Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft unverzichtbar
macht.

Voraussetzung hierfür ist, dass Europa und die USA zu einer gemeinsamen
Sichtweise in der Klimaschutzpolitik gelangen. Die derzeit in den USA lebhaft
geführte Diskussion zum Klimaschutz und die Feststellung der USA, dass der
Klimawandel tatsächlich stattfindet, können die Grundlage dafür sein, die USA
wieder in den Entscheidungsprozess einzubinden. Die Bundesregierung bleibt
aufgefordert, zusammen mit den europäischen Partnern diese Chance der
Zusammenarbeit mit den USA wahrzunehmen.

Wenn die USA und Europa eine erfolgreiche Klimapolitik betreiben wollen,
kommen sie an einer Kooperation mit den Schwellen- und Entwicklungslän-
dern nicht vorbei. Schon in wenigen Jahrzehnten werden mehr als die Hälfte
der CO2-Emissionen auf diese Länder entfallen. Das Schicksal des Weltklimas
wird dann von Nationen wie China, Indien und Indonesien, mit bereits heute
über 2,5 Milliarden Menschen bestimmt. Flexible Instrumente, wie sie auch das
Kyoto-Protokoll vorsieht, könnten die Grundlage einer solchen Zusammenar-
beit zwischen Industrie-, Entwicklungs- und Schwellenländern sein. Hier lie-
gen wesentliche Effizienzpotentiale für die Klimapolitik. Sie müssen durch
eine geschickte Verknüpfung von Kapital aus den Industrieländern und flexib-
len Instrumenten ausgenutzt werden. Die Kombination von Klimaschutzpolitik,
Entwicklungszusammenarbeit und Privatinvestitionen birgt die Chance, die
globale Herausforderung des Klimawandels, insbesondere auch durch einen
verstärkten Technologietransfer, zu bewältigen. Technologie- und Kapitaltrans-
fer in die Schwellen- und Entwicklungsländer ist der beste Klimaschutz.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. dafür zu sorgen, dass die deutsche Vorbildrolle im Klimaschutz wieder her-
gestellt wird auf der Grundlage eines schlüssigen an den energiepolitischen
Tatsachen orientierten Energiekonzeptes;

2. dafür zu sorgen, dass alle Mitgliedsstaaten der EU ihre Klimareduktionsziele
erfüllen, damit Deutschland mit seinen Anteil von 75 % an den Reduktions-
verpflichtungen innerhalb der EU keine Wettbewerbsnachteile erleidet;

3. mit der EU am Ziel eines erfolgreichen Abschlusses des Kyoto-Protokolls
ohne Aufweichung seines Inhalts festzuhalten, und gleichzeitig offen zu
bleiben für seriöse und konstruktive Vorschläge der USA;

4. die Verwirklichung der Reduktionsziele von Kyoto ökonomisch effizient zu
erreichen durch Technologieoffenheit und eine rasche Ingangsetzung der
Kyoto-Mechanismen, die praktikabel und wettbewerbsorientiert zu gestal-
ten sind;

5. die Entwicklungsländer schneller als bisher geplant in die Klimaschutzpoli-
tik einzubeziehen, die Technologieforschung und den Technologietransfer
durch die Industrieländer zu intensivieren und den Schutz der Tropenwälder
als CO2-Senken zu verstärken;

6. die Entwicklungshilfe zu stärken, die Koordination unter den Gebern und
die Kohärenz zwischen den einzelnen Politikbereichen zu verbessern.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6439

Berlin, den 25. Juni 2001

Dr. Peter Paziorek
Dr. Christian Ruck
Kurt-Dieter Grill
Dr. Paul Laufs
Bernward Müller (Jena)
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Klaus-Jürgen Hedrich
Cajus Caesar
Marie-Luise Dött
Georg Girisch
Helmut Lamp
Vera Lengsfeld
Franz Obermeier
Christa Reichard (Dresden)
Hans-Peter Repnik
Hans Peter Schmitz (Baesweiler)
Werner Wittlich
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.