BT-Drucksache 14/6423

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -14/5730- Nr. 2.12 Mitt. der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zum sechsten Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft für die Umwelt "Umwelt 2010: Unsere Zukunft liegt in unserer Hand" -Sechstes Umweltaktionsprogramm- Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Umweltaktionsprogr. 2001-2010 der EG KOM (2001) 31 end.; Ratsdok. 05771/01

Vom 25. Juni 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6423
14. Wahlperiode 25. 06. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 14/5730 Nr. 2.12 –

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den
Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zum
sechsten Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft für die Umwelt
„Umwelt 2010: Unsere Zukunft liegt in unserer Hand“
– Sechstes Umweltaktionsprogramm –
Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über
das Umweltaktionsprogramm 2001 – 2010 der Europäischen Gemeinschaft
KOM (2001) 31 endg.; Ratsdok. 05771/01

A. Problem

Mit dem Umweltaktionsprogramm 2001 bis 2010 sollen für die nächsten zehn
Jahre Ziele und prioritäre Themen für gemeinschaftliche Maßnahmen, Aktio-
nen und Strategien der Europäischen Gemeinschaft im Bereich Umweltschutz
festgelegt werden.

B. Lösung

In Kenntnis des sechsten Aktionsprogramms der Europäischen Gemeinschaft
für die Umwelt Annahme einer Entschließung, in der die Bundesregierung u. a.
aufgefordert wird, entsprechend einer Reihe näher bezeichneter Vorgaben (da-
runter Festlegung sektorspezifischer Ziele und prozeduraler Vorkehrungen
für eine wirksame Politik der Integration des Schutzes der Umwelt in anderen
Politikbereichen) auf die Gestaltung und Umsetzung des sechsten Umwelt-
aktionsprogramms einzuwirken.

Mehrheitsentscheidung mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und F.D.P. bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 14/6423 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnis der Unterrichtung – Drucksache 14/5730 Nr. 2.12 –

folgende Entschließung anzunehmen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Europäische Kommission hat nach der Mitteilung zur Bewertung des fünf-
ten Aktionsprogramms („Die Umwelt Europas: Orientierungen für die Zukunft
– Gesamtbewertung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Um-
weltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umwelt-
gerechte Entwicklung“ – „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwick-
lung“) nun den Vorschlag zum sechsten Aktionsprogramm vorgelegt.

Das Fünfte Umweltaktionsprogramm entwarf infolge des Erdgipfels für Um-
welt und Entwicklung eine ehrgeizige Vision für nachhaltige Entwicklung in
Europa. Diese Vision führte schließlich zur Einbeziehung der nachhaltigen Ent-
wicklung als gemeinschaftliches Ziel in den Vertrag von Amsterdam und zum
Integrationprinzip, das darauf abzielt, den Umweltschutz in alle anderen Poli-
tikbereiche zu integrieren. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Fünften Um-
weltaktionsprogramms war seine Betonung der partnerschaftlichen Zusammen-
arbeit mit der Wirtschaft durch das Konzept der gemeinsamen Verantwortung.

Das Programm hat dazu beigetragen, das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung
europaweit bekannt zu machen. Aber trotz einiger ökologischer Verbesserungen
und trotz des Erlasses von integrativen, umweltpolitischen Rechtsvorschriften
auf verschiedenen Gebieten (IVU-Richtlinie, Luftqualitätsrahmenrichtlinie)
stellt die Kommission fest, dass in der Praxis durch das Programm nur geringe
Fortschritte hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung oder Integration des Umwelt-
schutzes in die anderen Politikbereiche erreicht wurden. Andererseits stellt die
Kommission fest, dass in einigen Sektoren wichtige Fortschritte erzielt wurden
(z. B. Verringerung der Emissionen aus Einzelanlagen in die Luft und in die
Oberflächengewässer, Verbesserung der Wasserqualität).

In diesem sechsten Aktionsprogramm 2001 bis 2010 werden „die wichtigsten
Umweltziele und -prioritäten der Gemeinschaft vor und nach der Erweiterung
im Hinblick auf eine Gemeinschaftsstrategie für eine nachhaltige Entwicklung
festgelegt“. Es soll eine anspruchsvolle und wesentliche Grundlage der Euro-
päischen Nachhaltigkeitsstrategie werden, die der Rat in Helsinki von der
Kommission bis Juni 2001 angefordert hat. Damit soll die tragende, öko-
logische Dimension der Nachhaltigkeitsstrategie verankert und verdeutlicht
werden – auch in Hinsicht einer nachhaltigen Entwicklung in den Beitritts-
ländern, zumal diese während der Laufzeit des Programms Mitglieder der
Gemeinschaft werden.

Hintergrund der strategischen Schwerpunktsetzung für das sechste Aktionspro-
gramm ist die Befürchtung der Kommission, dass „die Qualität der Umwelt
sich weiter verschlechtern wird, wenn

– die Umweltvorschriften in den Mitgliedstaaten nicht besser umgesetzt werden,

– Umweltbelange nicht noch umfassender in wirtschafts- und sozialpolitische
Maßnahmen einbezogen werden, die die Umwelt (sonst*)) noch stärker be-
lasten würden,

*) Zum besseren Verständnis des wörtlich zitierten Textes eingefügt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6423

– die Beteiligten und die Bürger nicht mehr Verantwortung für den Umwelt-
schutz übernehmen,

– keine Maßnahmen zur Bekämpfung einiger ernster und dauerhafter Umwelt-
probleme sowie verschiedener neu entstehender Probleme ergriffen werden“.

Deshalb skizziert die Kommission in ihrer Mitteilung „strategische Konzepte“,
die „für das gesamte Spektrum der Umweltfragen“ gelten und zur „Erfüllung
der Umweltziele“ führen sollen, um

– „die Umsetzung der Umweltvorschriften“ zu verbessern,

– „die Einbeziehung der Umweltbelange in andere politische Maßnahmen“ zu
vertiefen,

– stärker „Marktmechanismen“ zu nutzen,

– den Bürger und Verbraucher besser zu informieren und einzubinden,

– Hilfestellung bei der „Raumplanungsentscheidung“ zu geben.

Alle Maßnahmen sollen „auf soliden wissenschaftlichen Kenntnissen basieren“.

„Besondere Aufmerksamkeit“ will die Kommission jedoch auf vier prioritäre
Maßnahmebereiche richten: „Bekämpfung der Klimaänderungen“, „Umwelt
und biologische Vielfalt – Schutz einer einzigartigen Ressource“, „Umwelt und
Gesundheit“ und „Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und Bewirt-
schaftung von Abfällen“. Für diese Bereiche legt sie jeweils spezifische „Ein-
zelziele“ vor und listet „prioritäre Aktionen“ auf, die mit dem Programm durch-
geführt werden sollen.

Allerdings sind sowohl die qualitativen und quantitativen Ziele als auch die zu
deren Erreichung vorgeschlagenen Aktionen in der Regel sehr allgemein for-
muliert. Damit genügt die vorliegende Mitteilung der Kommission den Anfor-
derungen nach Auffassung des Deutschen Bundestages nicht. Denn schon bei
der Beurteilung des fünften Aktionsprogramms wurde gefordert: „Programm
und Strategie sollen von Beginn an konkrete Qualitätsziele, Zeit- und Monito-
ringpläne beinhalten.“ In der vorliegenden Mitteilung fehlen diese weitgehend
mit Ausnahmen in der Klimaschutzpolitik.

In den ausgewählten Umweltbereichen werden viele sinnvolle Überlegungen
vorgetragen und strategisch richtige Maßnahmen angepeilt, wie die Besteue-
rung von Energieerzeugnissen, wirtschaftliche Anreize für umweltfreundliche
Produkte, Einrechnung der tatsächlichen Umweltkosten, Zertifizierungen und
Umweltzeichensysteme oder Besteuerung des Verbrauchs von Rohstoffen und
Streichung von Subventionen, die einen Raubbau der Ressourcen fördern. Es
mangelt jedoch fast völlig an präzisen Angaben, wie und mit welchen Mitteln
in welchem Zeitraum welche qualitativen Ziele erreicht werden sollen, und
deren Überprüfung.

Soll dieses Umweltaktionsprogramm erfolgreich sein, bedarf es der Anwen-
dung zuverlässiger Überprüfungs- und Leistungsvergleichs-Systeme auch be-
züglich der Wirksamkeit freiwilliger Vereinbarungen. Dazu muss die Kommis-
sion nun in absehbarer Zeit (spätestens zur 2002 stattfindenden Rio+10-
Konferenz) in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten ein – gemeinsam mit der
Europäischen Umweltagentur und EUROSTAT – entwickeltes Tableau von
Indikatoren vorlegen, die eine realistische Beurteilung der gesamten Umwelt-
situation ermöglichen und darauf aufbauend Fortschritte messbar und für die
breite Öffentlichkeit nachvollziehbar machen.

Denn der Dialog mit den Bürgern kann nur auf der Basis klarer und unge-
schminkter Informationen den Vertrauensverlust wettmachen, den die Kommis-
sion als einen der Gründe für den begrenzten Erfolg des fünften Aktions-
programms angeführt hat. Insbesondere soll die Kommission die Information
der Öffentlichkeit über Umsetzungsdefizite, deren Gründe und Verantwortlich-

Drucksache 14/6423 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

keiten verbessern. Notwendig sind Informationsverbreitungsstrategien („name,
shame and fame strategies“), die die Kommission zu den jeweiligen Sektoren
und einzelnen Richtlinien entwickeln soll. Vorschläge für solche spezifischen
Strategien sollten ebenfalls bis zur Rio+10-Konferenz vorliegen und Eingang
finden in regelmäßige zweijährige Fortschrittsberichte.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung dazu auf,

überprüfbare Konsequenzen aus den Schwächen und Mängeln des Fünften
Umweltaktionsprogramms zu ziehen und entsprechend auf Gestaltung und
Umsetzung des Sechsten Umweltaktionsprogramms einzuwirken:

1. Das 6. Umweltaktionsprogramm soll eine anspruchsvolle und wesentliche
Grundlage der Europäischen Nachhaltigkeitsstrategie werden, die der Rat in
Helsinki von der Kommission bis Juni 2001 angefordert hat. Damit soll die
tragende, ökologische Dimension der Nachhaltigkeitsstrategie verankert und
verdeutlicht werden. Programm und Strategie sollen konkrete (Qualitäts-
)Ziele, Zeit- und Monitoringpläne beinhalten. Die bisher erreichte Integration
des Schutzes der Umwelt insbesondere in den Bereichen Verkehr, Industrie,
Landwirtschaft und Energie ist unzureichend und bedarf neuer Anstrengun-
gen, darüber hinaus sollten weitere Bereiche wie Forschung und Tourismus
in den Prozess eingebunden werden. Dazu gehören sektorspezifische Ziele
und prozedurale Vorkehrungen für eine wirksame Integrationspolitik.

2. Das Sechste Umweltaktionsprogramm soll sich im Rahmen der unter Artikel
2 Punkt 9 (bzw. Artikel 8 Punkt 5) genannten „Förderung einer weltweiten
Partnerschaft für die Umwelt“ auch den globalen Herausforderungen im Be-
reich Umwelt und Handel stellen. Handels- und Umweltpolitik sollten einan-
der im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung ergänzen. In neuen Ver-
handlungen der WTO soll ein Höchstmaß an positiven Synergien zwischen
Handelsliberalisierung, insbesondere im Bereich des Marktzugangs, des Um-
weltschutzes und wirtschaftlicher Entwicklung erzielt werden. Dabei ist zu
vermeiden, dass handelspolitische Vorschriften der Entwicklung wirksamer
Umweltpolitiken im Wege stehen.

3. Die Entwicklung und Kontrolle der Umsetzung des Umweltrechts in den Mit-
gliedstaaten ist das wichtigste Instrument der Gemeinschaft zur Verbesserung
der Umweltqualität und zur Erreichung der in diesem Programm gesetzten
Ziele. Die Bundesregierung soll ihre Anstrengungen zur Umsetzung des Um-
weltrechtes verstärken und muss die Kommission in ihren Bemühungen um
eine Verbesserung der Umsetzung mit Nachdruck unterstützen.

4. Das europäische Umweltordnungsrecht muss auch in Zukunft eine starke Rol-
le spielen. In der europäischen Gesetzgebung ist ein Trend weg von der Re-
gelung von Grenzwerten und hin zu Rahmenrichtlinien und deren Ausgestal-
tung durch verfahrensorientierte, ökonomische und freiwillige Maßnahmen
zu beobachten. Deren Effizienzpotential kann nur in einer sinnvollen Verbin-
dung und gegenseitigen Ergänzung ausgeschöpft werden. Instrumente wie
freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen der Wirtschaft und Industrie sol-
len einer zeitnahen und konsequenten Überwachung unterliegen. Das Regle-
ment soll angemessene Sanktionsmöglichkeiten beinhalten.

5. Die von der Kommission vorgeschlagene Internalisierung externer Umwelt-
kosten in die Marktpreise soll durch eine europaeinheitliche Energiebesteue-
rung sowie durch den schnelleren Abbau ökologisch schädlicher Subventio-
nen, beispielsweise auf dem Verkehrssektor (fehlende Kerosinbesteuerung im
Flugverkehr) oder der Landwirtschaft, vorangetrieben werden.

6. Die Bundesregierung ist aufgefordert, entsprechend den Anforderungen einer
integrierten Umweltpolitik eine Optimierung des Regimedesigns – der

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/6423

„Empfehlung für Entscheidungsträger“ des Wissenschaftlichen Beirats der
Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) im Gutachten
„Welt im Wandel – Neue Strukturen globaler Umweltpolitik“ folgend – auf
allen Ebenen durchzuführen und zu unterstützen: u. a. sektorale Regimes,
Vernetzung der (staatlichen und nichtstaatlichen) Akteure, Neuorganisation
der Tätigkeit der Kommission (um zu gewährleisten, dass Umwelterforder-
nisse bei der Vorbereitung aller Initiativen der Kommission berücksichtigt
werden), Effektivität internationaler Konferenzen, Effizienz multilateraler
Organisationen.

7. Die Finanzmittel und die Finanzpolitik der Gemeinschaft und ihrer Institu-
tionen müssen bei stärkerer Berücksichtigung von Umweltkriterien nachhal-
tigkeitsfördernd ausgerichtet werden und spätestens bis 2005 alle Finanz-
hilfen, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben,
beenden. Die Beihilfepolitik der EU muss die Erfordernisse einer nachhalti-
gen Umweltpolitik stärker berücksichtigen. Bei der Vergabe öffentlicher Auf-
träge sollen die Erzeugnisse und Dienste bevorzugt werden, die während ihrer
gesamten Lebensdauer umweltfreundlich sind.

8. Zur Information der Öffentlichkeit und zur Verstärkung des Dialogs mit den
Bürgern sollen bisher nicht genutzte und innovative Vermittlungsmechanis-
men zur Anwendung kommen, wie Informationsverbreitungsstrategien (Qua-
litätssiegel) oder Internet-Konferenzen. Die Umsetzung des Projekts „mobi-
le.culture.container“ des OSCE-Repräsentanten für die Freiheit der Medien
soll auch für die gesamte Union und vor allem für die Beitrittstaaten geprüft
werden, denn dies könnte eine äußerst effektive Möglichkeit sein, den Dialog
besonders mit bisher nicht erreichten jüngeren Bürgern zu initiieren.

9. Die „Überwachung und Bewertung der Ergebnisse“ (Artikel 10) soll neben
den vorgesehenen Maßnahmen ergänzt werden um regelmäßige Fortschritts-
berichte, die dem Europäischen Parlament nach Verabschiedung des Pro-
gramms im Rhythmus von zwei Jahren zur Begutachtung vorgelegt werden
müssen.

Berlin, den 30. Mai 2001

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Christoph Matschie
Vorsitzender

Gudrun Roos
Berichterstatterin

Dr. Paul Laufs
Berichterstatter

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Eva-Maria Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Drucksache 14/6423 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Gudrun Roos, Dr. Paul Laufs, Dr. Reinhard Loske,
Birgit Homburger und Eva-Maria Bulling-Schröter

I.

Die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische
Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den
Ausschuss der Regionen zum sechsten Aktionsprogramm der
Europäischen Gemeinschaft für die Umwelt „Umwelt 2010:
Unsere Zukunft liegt in unserer Hand“ zusammen mit dem
Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments
und des Rates über das Umweltaktionsprogramm 2001 bis
2010 der Europäischen Gemeinschaft – KOM (2001) 31
endg.; Ratsdok. 05771/01 – wurde mit Drucksache 14/5730
Nr. 2.12 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitbera-
tung an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-
schaft, den Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss für
Tourismus und den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union überwiesen.

Die mitberatenden Ausschüsse mit Ausnahme des Aus-
schusses für Tourismus haben jeweils empfohlen, die Vor-
lage zur Kenntnis zu nehmen. Die im federführenden Aus-
schuss erarbeitete Entschließung lag ihnen allerdings nicht
vor.

Der Ausschuss für Tourismus hat mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. bei
Stimmenthaltung der Fraktion der PDS empfohlen, der in
der Beschlussempfehlung wiedergegebenen Entschließung
zuzustimmen.

II.

Im Sechsten Aktionsprogramm der Europäischen Gemein-
schaften für die Umwelt (siehe Anlage) sind die Umwelt-
ziele und -prioritäten der Gemeinschaftsstrategie für eine
nachhaltige Entwicklung beschrieben. Es enthält die wich-
tigsten Prioritäten und Ziele der gemeinschaftlichen Um-
weltpolitik für die nächsten fünf bis zehn Jahre und be-
schreibt die erforderlichen Einzelmaßnahmen. Besondere
Aufmerksamkeit gilt den vier prioritären Maßnahmenberei-
chen „Bekämpfung der Klimaänderungen“, „Umwelt und
biologische Vielfalt – Schutz einer einzigartigen Res-
source“, „Umwelt und Gesundheit“ und „Nachhaltige
Nutzung natürlicher Ressourcen und Bewirtschaftung von
Abfällen“.

Der Beschlussvorschlag zum Sechsten Umweltaktions-
programm sieht in seinen elf Artikeln neben der Schaffung
des Programms u. a. die Festlegung von Gesamt- und Ein-
zelzielen sowie die Durchführung strategischer Konzepte
zur Erfüllung der Umweltziele vor. Zur Überwachung und
Bewertung der Ergebnisse des Programms ist nach fünf
Jahren ein Zwischenbericht und nach Abschluss des
Programms ein Endbericht durch die Kommission vorge-
sehen.

III.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat das Sechste Aktionsprogramm der Europäischen
Gemeinschaft für die Umwelt sowie den Vorschlag für ei-
nen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates
über dieses Programm in seiner Sitzung am 30. Mai 2001
beraten.

Von Seiten der Fraktion der SPD wurde auf den vorgelegten
Entschließungsantrag (siehe Beschlussempfehlung) hinge-
wiesen. Angesichts von der Kommission selbst festgestell-
ter Schwächen und Mängel des Fünften Umweltaktionspro-
gramms fordere man darin die Bundesregierung auf, darauf
hinzuwirken, dass das Sechste Umweltaktionsprogramm
eine anspruchsvolle und wesentliche Grundlage der europä-
ischen Nachhaltigkeitsstrategie werde. Dazu müssten – an-
ders als das bislang im sechsten Umweltaktionsprogramm
enthalten sei – konkrete sektorspezifische Ziele, Zeit- und
Monitoringpläne aufgestellt werden. Weiter fordere man, in
neuen Verhandlungen mit der WTO ein Höchstmaß an posi-
tiven Synergien zwischen Handelsliberalisierung, insbeson-
dere im Bereich des Marktzugangs, des Umweltschutzes
und wirtschaftlicher Entwicklung zu erzielen. Es müsse ver-
mieden werden, dass handelspolitische Vorschriften der
Entwicklung wirksamer Umweltpolitiken im Wege stünden.
Weiter fordere man die Bundesregierung auf, darauf hinzu-
wirken, dass die Entwicklung und Kontrolle der Umsetzung
des Umweltrechts in den Mitgliedstaaten zu verstärken.
Freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen der Wirtschaft
und der Industrie hätten einer zeitnahen und konsequenten
Überwachung zu unterliegen. Auch müsse es angemessene
Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung dieser Erklä-
rungen geben. Die von der Kommission selbst vorgeschla-
gene Internalisierung externer Umweltkosten in die Markt-
preise sei durch eine europaeinheitliche Energiebesteuerung
sowie durch schnelleren Abbau ökologisch schädlicher Sub-
ventionen, wie beispielsweise die fehlende Kerosinbesteue-
rung im Flugverkehr, voranzutreiben. Die Interpretation,
dass man mit dieser Forderung auch auf eine Rückführung
der Kohlesubventionen dränge, sei falsch, da Kohleabbau
und Kohleverfeuerung für sich alleine gesehen ökologisch
nicht schädlich seien. Unter Punkt II. Ziffer 7. fordere man,
dass die Beihilfepolitik der EU die Erfordernisse einer nach-
haltigen Umweltpolitik stärker als bisher berücksichtigen
müsse. Von der Bundesregierung müsse darauf hingewirkt
werden, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die
Erzeugnisse und Dienste bevorzugt würden, die über die
gesamte Lebensdauer betrachtet umweltfreundlich seien.
Schließlich fordere man eine bessere Information der
Öffentlichkeit und eine Verstärkung des Dialogs mit den
Bürgern. Die Überwachung und Bewertung der Ergebnisse
des Umweltaktionsprogramms solle außerdem um regel-
mäßige Fortschrittsberichte im Abstand von zwei Jahren
ergänzt werden.

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde vorgetragen,
man sehe in dem vorgelegten Entwurf des Sechsten
Umweltaktionsprogramms das breit angelegte Bemühen,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/6423

den Umweltschutz in Europa voranzubringen. Dies begrüße
man ausdrücklich. Das Programm, das vom Rat und dem
Europäischen Parlament noch zu beschließen sei, enthalte
die wichtigsten Problembereiche der Umweltpolitik und
richtige Zielsetzungen. Zurzeit seien sie allerdings sehr all-
gemein formuliert. Allerdings finde man auch Zielsetzun-
gen, die zu Konflikten mit dem Subsidiaritätsprinzip führen
könnten, wie dies schon der Bundesrat in seiner Stellung-
nahme vom 11. Mai 2001 (Bundesratsdrucksache 151/01
(Beschluss)) moniert habe (Verletzung von Länderzu-
ständigkeiten und der kommunalen Planungshoheit). Dazu
gehörten z. B. die Raumplanung, der Bodenschutz (nicht bei
der immissionsbedingten Belastung) und der Lärmschutz in
der Fläche (nicht der quellbezogene Lärmschutz). Im Zu-
sammenhang mit dem Klimaschutz enthalte der Program-
mentwurf relativ konkrete Zielsetzungen. So werde nicht
nur auf die Verpflichtung der EU im Kyoto-Protokoll zur
Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2008/2010 um
8 % gegenüber den Werten von 1990 hingewiesen, sondern
auch das längerfristige Ziel einer Verminderung der
Treibhausgasemissionen in der Größenordnung von 20 %
bis 40 % bis zum Jahre 2020 angesprochen. Wie diese Ziele
erreicht werden könnten, werde im Einzelnen nicht ausge-
führt. Ausdrücklich werde in dem Programm zudem gefor-
dert, die Energiesubventionen mit dem Ziel der Förderung
des Übergangs zu kohlenstoffarmen Brennstoffen in der
Stromwirtschaft zu überprüfen. Hier dränge sich natürlich
die Frage auf, was dies für die deutsche Steinkohle und die
entsprechenden Beihilfen bedeute. Hierzu finde sich im
Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen (siehe Be-
schlussempfehlung) kein Wort. Auch werde dort nicht auf
die z. T. sehr detaillierte Stellungnahme des Bundesrates
Bezug genommen. Vielmehr übertreffe das Abstraktionsni-
veau dieses Entschließungsantrags bis auf wenige Ausnah-
men das der vorliegenden Kommissionsmitteilung um ein
Vielfaches. Zu den drängenden und konkreten Fragen ent-
halte dieser Antrag nichts. Von daher werde man ihm auch
nicht zustimmen.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde vorgetragen, der Entwurf des Sechsten Umweltak-
tionsprogramms enthalte zwar durchaus positive Ansätze.
Zu bemängeln sei insbesondere das Fehlen von klar defi-
nierten Indikatoren für die Gesundheits- und Umweltpolitik,
wodurch erst die Zielerreichung oder -verfehlung nach-
vollziehbar werde. Weiter sei dieses Programm sehr stark
rückwärts gerichtet. Es beschäftige sich sehr stark mit der
Analyse des zurückliegenden Fünften Umweltaktionspro-
gramms und konzentriere sich auf die Überprüfung beste-
hender Normen und Grenzwerte sowie deren Umsetzung in
das jeweilige nationale Recht. Größtes Problem sei aller-
dings, dass der Integrationsaspekt nicht hinreichend gewür-
digt werde. Der sog. Cardiff-Prozess, also die verstärkte In-
tegration ökologischer Aspekte in andere Politikbereiche,
werde nur in sehr allgemeinen Formulierungen beschrieben.
Zu bemängeln sei weiter, dass eine ehrliche Bilanz fehle,
wie die Umweltsituation in Europa sich derzeit darstelle.
Positiv sei das Kapitel Chemikalienpolitik zu würdigen.
Dort zeichne sich schon deutlich ab, was nun im Rahmen
des Weißbuchs „Strategie für eine zukünftige Chemikalien-
politik“ vorliege. Positiv sei weiter der Bereich Klimaschutz
zu beurteilen. Dort seien Ziele aufgeführt, die über die
bereits vereinbarten hinausgingen. Da man das Umweltak-

tionsprogramm in seiner jetzigen Fassung insgesamt als un-
zureichend empfinde, habe man von Seiten der Koalition
den gemeinsamen Entschließungsantrag (siehe Beschluss-
empfehlung) vorgelegt. Zutreffend sei, dass dort die Formu-
lierungen relativ allgemein gehalten worden seien. Es gelte
also noch an vielen anderen Stellen – wie dies beispiels-
weise bei der Klimapolitik schon geschehen sei – zu kon-
kreteren Zielbeschreibungen zu kommen.

Von Seiten der Fraktion der F.D.P. wurde festgestellt, man
könne sich in vielen Punkten den Ausführungen der Frak-
tion der CDU/CSU anschließen. Was die im Programm ge-
nannten prioritären Maßnahmenbereiche anbelange, so bö-
ten sich sicher in einigen Fällen auch zur Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen EU-weite einheitliche Regelun-
gen an. Beispielsweise im Abfallbereich halte man aber die
vorgeschlagenen Maßnahmen nicht für den richtigen Weg.
Im Einzelnen könne dies bei der Behandlung der entspre-
chenden Vorlagen diskutiert werden. Was den Entschlie-
ßungsantrag der Koalitionsfraktionen (siehe Beschlussemp-
fehlung) anbelange, so könne man der im Feststellungsteil
vorgenommenen Hervorhebung der ökologischen Dimen-
sion bei der Nachhaltigkeitsstrategie nicht zustimmen.
Bislang sei es Konsens gewesen, dass die ökologische, öko-
nomische und soziale Dimension bei der Nachhaltigkeits-
strategie gleichrangig zu berücksichtigen seien. Eine Ab-
kehr davon halte man für einen Rückschritt. Weiter wende
man sich gegen die zu starke Betonung der Wichtigkeit des
europäischen Umweltordnungsrechts in Ziffer II. 4. des Ent-
schließungsantrags, die zu Lasten von marktwirtschaftli-
chen Instrumenten wie beispielsweise von Zertifikats- und
Lizenzmodellen gehe. Richtig sei, dass freiwillige Selbst-
verpflichtungserklärungen der Wirtschaft und Industrie
einer zeitnahen und konsequenten Überwachung unterlie-
gen sollten. In Punkt II. 5. werde der Aspekt einer Europa-
einheitlichen Energiebesteuerung zu stark betont, während
modernere Instrumente wie der Zertifikatehandel unerwähnt
blieben. Schließlich halte man eine Verkürzung der fünfjäh-
rigen Berichtszeit auf zwei Jahre für ein derart umfangrei-
ches Umweltgesamtprogramm für wenig hilfreich. Die not-
wendige Diskussion in einzelnen Bereichen lasse sich sehr
wohl auf der Basis entsprechender Vorlagen der Europäi-
schen Kommission führen.

Von Seiten der Fraktion der PDS wurde darauf hingewiesen,
bereits im EU-Ministerrat (Umwelt) im März diesen Jahres
sei in diesem Umweltaktionsprogramm eine Vision für die
Verbesserung der Umweltsituation in der EU vermisst wor-
den. Auch habe man auf eine stärkere Betonung der Integra-
tion der Umweltgesichtspunkte in andere Sektorpolitiken ge-
drungen. Inhaltlich habe man sich dafür ausgesprochen, die
Schwerpunktthemen um die Bereiche „Städtische Umwelt“,
„Nachhaltiger Verkehr“ und „Ökoeffizienz“ zu erweitern.
Weiter seien die Entwicklung von Indikatoren für eine effek-
tive Überwachung und die stärkere Berücksichtigung des EU-
Erweiterungsprozesses befürwortet worden. Demgegenüber
begrüße der Bundesrat in seinem Beschluss die weitgehende
Zurückhaltung bei der Formulierung konkreter Ziele und
Maßnahmen unter Hinweis auf das Subsidiaritätsprinzip.

Man selbst teile die im EU-Umweltministerrat geäußerte
Kritik und spreche sich auch für die von den Umweltver-
bänden geforderte Konkretisierung der Ziele für die nächs-
ten zehn Jahre aus. Auch dem Vorsorgegedanken und dem

Drucksache 14/6423 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Ressourcenschutz sei nach eigener Auffassung in dem
neuen Programm mehr Gewicht zu geben.

Die im Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen erho-
benen Forderungen könne man großenteils mittragen.
Probleme sehe man aber insbesondere in Punkt II. 2. Dort
werde von einem Höchstmaß an positiven Synergien bei
den neuen Verhandlungen der WTO zwischen Handels-
liberalisierung, Umweltschutz und wirtschaftlicher Ent-
wicklung gesprochen. Man selbst sei der Auffassung, dass
die von den industrialisierten Ländern den Entwicklungs-
ländern aufgezwungene Marktöffnung meistens mit einem
Mehr an Verarmung, Abhängigkeit und Umweltzerstörung

und nicht mit nachhaltiger Entwicklung verbunden gewesen
sei. Von daher werde man sich bei der Abstimmung zu die-
sem Antrag der Stimme enthalten.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. bei Stimmenthal-
tung der Fraktion der PDS, dem Deutschen Bundestag zu
empfehlen, in Kenntnis der Mitteilung und des Beschluss-
vorschlags der Kommission zum Sechsten Umweltaktions-
programm (KOM (2001) 31 endg.; Ratsdok. 05771/01)
(siehe Anlage), die in der Beschlussempfehlung wiederge-
gebene Entschließung anzunehmen.

Berlin, den 30. Mai 2001

Gudrun Roos
Berichterstatterin

Dr. Paul Laufs
Berichterstatter

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Eva-Maria Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/6423

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 24.1.2001
KOM (2001) 31 endgültig
2001/0029(COD)

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE
PARLAMENT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN

AUSSCHUSS DER REGIONEN

zum sechsten Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft für die Umwelt
'Umwelt 2010: Unsere Zukunft liegt in unserer Hand'

- Sechstes Umweltaktionsprogramm -

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über das Umweltaktionsprogramm 2001-2010 der Europäischen Gemeinschaft

(Vorlage der Kommission)

Drucksache 14/6423 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE
PARLAMENT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN

AUSSCHUSS DER REGIONEN

zum sechsten Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft für die Umwelt

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/6423

Zusammenfassung

Hintergrund und Umfeld des neuen Programms
Eine gesunde Umwelt ist Voraussetzung für langfristigen Wohlstand und eine gute
Lebensqualität. Die Bürger Europas fordern ein hohes Niveau des Umweltschutzes.
Gleichzeitig werden die künftige wirtschaftliche Entwicklung und zunehmender Reichtum es
immer schwieriger machen, die Ressourcennachfrage nachhaltig zu befriedigen und die
Umweltverschmutzung zu bewältigen. Strenge Umweltnormen sind Motor für Innovation und
bieten wirtschaftliche Möglichkeiten. Die Gesellschaft muss nach einem
Wirtschaftswachstum streben, das nicht automatisch Umweltauswirkungen hat und zu
Umweltschäden führt. Auch die Wirtschaft muss sich stärker nach ökologischen Prinzipien
ausrichten, d.h. die gleichen oder mehr Produkte herstellen, aber gleichzeitig den Einsatz von
Rohstoffen verringern und weniger Abfälle produzieren. Unser Verbraucherverhalten muss
sich in Richtung mehr Nachhaltigkeit entwickeln.
In der Europäischen Union haben 30 Jahre Umweltpolitik zu einem umfassenden System von
Umweltkontrollen geführt. Mit dem fünften Umweltaktionsprogramm (1992-1999) "Für eine
dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung" wurden zahlreiche neue Maßnahmen
eingeleitet. Gleichzeitig wurde erreicht, dass das Prinzip der Einbeziehung der
Umweltbelange in andere politische Maßnahmen auf breiter Ebene akzeptiert wurde. Die
Kommission hat eine Überprüfung des Programms vorgenommen und ist dabei zu dem
Schluss gekommen, dass bei der Bekämpfung der Verschmutzung in einigen Bereichen zwar
Fortschritte erzielt wurden, aber dennoch Probleme fortbestehen und die Qualität der Umwelt
sich weiter verschlechtern wird, wenn
– die Umweltvorschriften in den Mitgliedstaaten nicht besser umgesetzt werden,
– Umweltbelange nicht noch umfassender in wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen

einbezogen werden, die die Umwelt noch stärker belasten würden,
– die Beteiligten und die Bürger nicht mehr Verantwortung für den Umweltschutz

übernehmen;
– keine Maßnahmen zur Bekämpfung einiger ernster und dauerhafter Umweltprobleme

sowie verschiedener neu entstehender Probleme ergriffen werden.
Vor diesem Hintergrund wurde der strategische Schwerpunkt des sechsten
Umweltaktionsprogramms festgelegt. In diesem Programm sind die Umweltziele und -
prioritäten der Gemeinschaftsstrategie für eine nachhaltige Entwicklung beschrieben. Das
Programm enthält somit die wichtigsten Prioritäten und Ziele der gemeinschaftlichen
Umweltpolitik für die nächsten fünf bis zehn Jahre und beschreibt die erforderlichen
Einzelmaßnahmen.
Ein strategisches Konzept zur Erreichung der Umweltziele
Die Umweltpolitik muss innovative Konzepte entwickeln und neue Wege der
Zusammenarbeit mit ganz verschiedenen Bereichen der Gesellschaft suchen.

Drucksache 14/6423 – 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Umsetzung der Umweltvorschriften muss verbessert werden. Um dies zu erreichen, sollte
ein entschiedenes rechtliches Vorgehen beim Europäischen Gerichtshof mit der Förderung der
besten Praktiken und einer Politik des öffentlichen Aufzeigens guter und schlechter Beispiele
kombiniert werden.
Die Einbeziehung der Umweltbelange in andere politische Maßnahmen muss vertieft werden,
indem z.B. alle politischen Initiativen der Kommission unter diesem Gesichtspunkt beleuchtet
werden. Die erzielten Fortschritte sollten anhand von Indikatoren und Leistungsvergleichen
bewertet werden.
Die Umweltpolitik wird sich zunehmend Marktmechanismen zunutze machen, indem sie
gezielter auf die Interessen von Wirtschaft und Verbrauchern eingeht und somit eine
nachhaltige Produktion und nachhaltige Verbrauchsmuster fördert. Statt Unternehmen
lediglich für Fehlverhalten zu bestrafen, sollten vielmehr Pläne zur Belohnung eines
vorbildlichen Umweltverhaltens erstellt werden. Die Verbraucher müssen über die richtigen
Informationen verfügen, um sich für umweltfreundliche Produkte entscheiden zu können und
somit den Markt in einer bestimmten Richtung zu beeinflussen. Öffentliche Subventionen
sollten umweltfreundliche Praktiken fördern. Die Wirtschaft muss zu Innovation angeregt
werden, indem ihr z.B. die Möglichkeiten der Anwendung, Entwicklung und Verbreitung
sauberer Techniken vor Auge geführt werden.
Der Bürger trifft täglich Entscheidungen, die sich direkt oder indirekt auf die Umwelt
auswirken. Qualitativ bessere und leichter zugängliche Informationen über die Umwelt und
über praktische Fragen können die Meinungsbildung unterstützen und damit Entscheidungen
beeinflussen.
Auch die Raumplanungsentscheidungen in den Mitgliedstaaten können signifikante
Auswirkungen auf die Umwelt haben, die Landschaft zersplittern und die Umweltbelastung in
städtischen Gebieten und an der Küste erhöhen. Die Gemeinschaft kann hier Hilfe leisten,
indem sie im Rahmen der Strukrutfonds die besten Praktiken fördert.
Die hier skizzierten Konzepte gelten für das gesamte Spektrum der Umweltfragen. Besondere
Aufmerksamkeit gilt jedoch vier prioritären Maßnahmenbereichen.
Bekämpfung der Klimaänderungen
Ziel - Stabilisierung der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf einem
Niveau, das keine unnatürlichen Klimaänderungen verursacht.
Die Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass Klimaänderungen stattfinden und dass diese
durch den Menschen verursacht werden. Menschliche Tätigkeiten führen zu einem Anstieg
der Konzentrationen von Treibhausgasen, die wiederum Ursache des Problems der
Klimaänderungen sind. Erste Priorität des sechsten Umweltaktionsprogramms ist die
Ratifizierung und Umsetzung des Kyoto-Protokolls, dem zufolge Emissionen von
Treibhausgasen bis 2008-12 um 8 % gegenüber dem Stand von 1990 verringert werden
sollen. Dies wäre ein erster Schritt auf dem Weg zum langfristigen Ziel einer Verringerung
um 70 %.
Umwelt und biologische Vielfalt - Schutz einer einzigartigen Ressource

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 – Drucksache 14/6423

Ziele - Schutz und Wiederherstellung der Funktionsweise natürlicher Systeme sowie
Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Europäischen Union und weltweit; Schutz der
Böden vor Erosion und Verschmutzung.
Gesunde natürliche Systeme, die sich im Gleichgewicht befinden, sind Voraussetzung für
Leben und Funktionieren der Gesellschaft. Umweltbelastung durch die Verschmutzung, die
nicht nachhaltige Nutzung von Land und Meeren und die Gefahren für die biologische
Vielfalt sind Themen, die erneut angesprochen werden müssen. Der Schlüssel zum Erfolg
liegt in einer vollständigen Umsetzung der Umweltvorschriften. Wertvolle Lebensräume
könnten im Rahmen des Gemeinschaftsprogramms Natura 2000 geschützt werden, das
deshalb vollständig umzusetzen ist. Die Erweiterung des Schutzes auf ganze Landschaften
erfordert eine gründlichere und wirksame Einbeziehung des Schutzes von Umwelt und
biologischer Vielfalt in die Bereiche Landwirtschaft, Landschaftspflege, Forstwirtschaft und
Meerespolitik in Verbindung mit neuen Initiativen wie etwa zur Entwicklung einer
Bodennutzungsstrategie in Europa. Der Schutz der Meeresumwelt wird in Zukunft mehr
Gewicht erhalten.
Umwelt und Gesundheit
Ziel - Erreichen einer Umweltqualität, bei der vom Menschen hergestellte Schadstoffe,
einschließlich verschiedener Arten von Strahlung, nicht zu signifikanten
Gesundheitsauswirkungen bzw. Umweltgefahren führen.
Mittlerweile hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass die Gesundheit des Menschen durch
Umweltprobleme wie die Luft- und Wasserverschmutzung, gefährliche Chemikalien und
Lärm beeinträchtigt wird. Deshalb benötigen wir einen ganzheitlichen und umfassenden
Ansatz für die Umwelt- und Gesundheitspolitik, bei dem der Schwerpunkt auf Vorsorge und
Vorbeugung gelegt wird und besonders anfällige Gruppen wie Kinder und ältere Menschen
besonders berücksichtigt werden. Ferner benötigen wir eine vollständige Umsetzung der
Rechtsvorschriften und weitere Maßnahmen in den einzelnen politischen Bereichen.
Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und Bewirtschaftung von Abfällen
Ziel - Erreichen einer Situation, in der die Tragfähigkeit der Umwelt durch den Verbrauch
von erneuerbaren und nicht erneuerbaren Ressourcen nicht überstiegen wird; Abkopplung
von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch durch eine deutlich rationellere
Ressourcennutzung, eine Entmaterialisierung der Wirtschaft und Abfallvermeidung.
Die Gesellschaft übt immer stärkeren Druck auf die Ressourcen der Erde - insbesondere auf
erneuerbare Ressourcen wie Wasser, Luft und Nutzholz - aus. Wir benötigen deshalb eine
Strategie für steuerliche und sonstige Maßnahmen, dank der eine nachhaltigere
Ressourcennutzung gewährleistet werden kann.
Das Abfallvolumen wird weiter zunehmen, wenn keine Abhilfemaßnahmen getroffen werden.
Die Abfallvermeidung spielt deshalb eine Schlüsselrolle beim Konzept der integrierten
Produktpolitik. Hier benötigen wir zusätzliche Maßnahmen zur Förderung von
Abfallrecycling und -wiederverwertung.
Die Rolle der Europäischen Union auf der Weltbühne

Drucksache 14/6423 – 14 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Umsetzung des sechsten Umweltaktionsprogramms erfolgt vor dem Hintergrund einer
erweiterten Europäischen Union, so dass künftige Maßnahmen sich an dieser breiteren
Perspektive orientieren müssen.
Die Umsetzung des gemeinschaftlichen Umweltrechts wird natürlich die Hauptaufgabe der
Beitrittsländer sein, die dabei durch Gemeinschaftsprogramme finanziell unterstützt werden.
Die Beitrittsländer haben die Möglichkeit, sich in Richtung eines nachhaltigen
Wirtschaftsmodells zu entwickeln, bei dem Art und Umfang der Umweltprobleme, denen
Westeuropa sich jetzt ausgesetzt sieht, vermieden werden.
Auf internationaler Ebene muss dafür gesorgt werden, dass Umweltbelange vollständig und
angemessen in alle Aspekte der gemeinschaftlichen Außenbeziehungen einbezogen werden.
Internationale Organisationen müssen Umweltaspekte ernsthaft berücksichtigen und
angemessene Mittel zur Verfügung stellen. Internationale Übereinkommen - insbesondere
über Klimaänderungen, biologische Vielfalt, Chemikalien und Wüstenbildung - müssen
unterstützt und umgesetzt werden.
Einbeziehung der Betroffenen und solide Kenntnisse als Grundlage der Politik
Eine erfolgreiche Umsetzung des sechsten Umweltaktionsprogramms ist nur dann möglich,
wenn die Betroffenen auf breiter Ebene einbezogen werden. Dies gilt für jede Phase der
politischen Entscheidungsfindung von der Einigung auf bestimmte Einzelziele bis zur
praktischen Umsetzung der Maßnahmen. Solide wissenschaftliche Kenntnisse und
wirtschaftliche Analysen, zuverlässige und aktuelle Umweltdaten und -informationen sowie
die Nutzung von Indikatoren werden die Grundlage für den Entwurf, die Umsetzung und die
Bewertung der Umweltpolitik bieten.

oo O oo
Der vorgeschlagene Beschluss über das sechste Umweltaktionsprogramm wird der
erweiterten Europäischen Union die Richtung zeigen, ihr den nötigen Schwung verleihen und
die erforderlichen Instrumente in die Hand geben, um eine saubere und sichere Umwelt
schaffen zu können. Bei diesem Vorhaben werden Bürger und Wirtschaft einbezogen und ein
Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung geleistet.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 15 – Drucksache 14/6423

Inhalt
1. Hintergrund des neuen Umweltaktionsprogramms.................................................... 9
1.1. Eine solide Grundlage ............................................................................................ 10
1.2. Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung ....................................................... 11
1.3. Zuschnitt des Programms........................................................................................ 12
2. Ein strategisches Konzept für unsere Umweltziele.................................................. 14
2.1. Verbesserung der Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften................................ 14
2.2. Berücksichtigung von Umweltbelangen in anderen Politikbereichen....................... 15
2.3. Anreize für den Markt zur Ausrichtung auf den Umweltschutz............................... 17
2.4. Stärkere Mitwirkung der Bürger und Verhaltensänderung....................................... 22
2.5. Berücksichtigung von Umweltbelangen in der Flächennutzungsplanung und in

Managemententscheidungen................................................................................... 24
3. Klimaschutz ........................................................................................................... 26
4. Natur und biologische vielfalt - schutz einer einzigartigen ressource....................... 32
5. Umwelt und Gesundheit ......................................................................................... 42
5.1. Problematik ............................................................................................................ 42
5.2. Gesamtziel für umweltbedingte Gesundheitsprobleme............................................ 43
5.3. Politisches Gesamtkonzept ..................................................................................... 43
5.4. Ziel der Chemikalienpolitik: eine nicht toxische Umwelt ........................................ 45
5.5. Pestizide ................................................................................................................. 47
5.6. Nachhaltige Nutzung und gute Qualität unserer Wasserressourcen ......................... 49
5.7. Luftverschmutzung................................................................................................. 52
5.8. Erreichen akzeptabler Werte für die Lärmbelastung................................................ 53
6. Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen und Abfallwirtschaft .................. 55
6.1. Effiziente Nutzung der Ressourcen und Abfallwirtschaft ........................................ 55
6.2. Abfallvermeidung und Abfallwirtschaft.................................................................. 57
7. Die Rolle der Europäischen Union auf der Weltbühne ............................................ 62
7.1. Eine erweiterte Europäische Union......................................................................... 62
7.2. Lösungen für internationale Probleme .................................................................... 63
8. Einbeziehung der Betroffenen und solide Kenntnisse als Grundlage der Politik ...... 67
8.1. Bessere Rechtsvorschriften..................................................................................... 67

Drucksache 14/6423 – 16 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

8.2. Informationen für die politische Entscheidungsfindung und für Bewertungen......... 69
8.3. Leitprinzipien der Umweltpolitik der EU................................................................ 71

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17 – Drucksache 14/6423

'Umwelt 2010: Unsere Zukunft liegt in unserer Hand'
Ein Aktionsprogramm für die Umwelt in Europa zu Beginn des

21. Jahrhunderts

1. HINTERGRUND DES NEUEN UMWELTAKTIONSPROGRAMMS
Eine saubere und intakte Umwelt ist eine wichtige Voraussetzung für den Wohlstand und die
Lebensqualität, die wir heute für uns und in Zukunft für unsere Kinder anstreben. Die
Menschen verlangen, dass die Luft, die sie atmen, das Wasser, das sie trinken, und die
Nahrung, die sie zu sich nehmen, unverschmutzt und schadsto

fffrei sind. Sie möchten ohne

Lärmbelästigung leben und die Schönheit der Landschaft und urwüchsiger Küsten und
Gebirge genießen. Sie wollen eine Welt, die nicht vom Klimawandel bedroht ist.
Die Weltbevölkerung wird aller Voraussicht nach weiter wachsen. Den Schätzungen zufolge
verbraucht jeder Mensch in westlichen Ländern in seinem Leben im Durchschnitt bis zu 50
mal mehr Ressourcen als ein Mensch in einem Entwicklungsland. Ein anhaltendes
Wirtschaftswachstum in den Industriestaaten verbunden mit einem weiteren
Bevölkerungswachstum und dem ganz natürlichen Wunsch der Entwicklungsländer, beim
materiellen Wohlstand aufzuholen, könnte zu einem drastischen Anstieg des
Ressourcenbedarfs führen. Wenn dieser Bedarf nicht auf andere, bessere Art und Weise als
bisher gedeckt wird, dann wird die Umwelt weltweit wie nie zuvor bedroht und belastet.
Der Umweltschutz stellt uns nicht nur vor Herausforderungen, sondern bietet auch Chancen.
Die Menschen dürfen nicht nur nach einer sauberen und intakten Umwelt verlangen, sondern
sie müssen auch anerkennen, dass die durch Umweltverschmutzung und Klimawandel
verursachten Kosten und Schäden erheblich sind. Umweltschutz ist nicht zwangsläufig mit
einer Drosselung des Wachstums oder des Konsums an sich gleichzusetzen. Strenge
Umweltschutzvorschriften sind auch Triebkraft für Innovation - neue Märkte und
Geschäftsmöglichkeiten entstehen. Stattdessen geht es darum, die Qualität des
Wirtschaftswachstums und anderer Tätigkeiten der Menschen zu verbessern, so dass unser
Bedarf an Gütern und Dienstleistungen gedeckt und gleichzeitig eine saubere und intakte
Umwelt gesichert wird. Wir müssen das Wirtschaftswachstum von Umweltauswirkungen und
einer Umweltschädigung abkoppeln, indem unter anderem die Ökoeffizienz erheblich
gesteigert wird - d.h. weniger natürliche Ressourcen für eine bestimmte Wirtschaftsleistung
oder eine bestimmte Wertsteigerung eingesetzt werden. Die Verbrauchsmuster müssen
umweltgerechter werden.
Wir müssen also die Gesellschaft so umgestalten, dass die Autos, die wir fahren, die Umwelt
nicht verschmutzen, der Abfall, den wir erzeugen, rezykliert oder sicher entsorgt wird, die
Energiequellen und -technologien, die wir nutzen, nicht zur Erderwärmung beitragen, die
Produkte, die wir herstellen - von Computern bis hin zu Kinderspielzeug -, die Umwelt,
unsere Nahrung oder unseren Körper nicht mit gefährlichen Stoffen belasten, die Wirtschaft,
der Tourismus, der Wohnungssektor und die Landwirtschaft auf den Erhalt der biologischen
Vielfalt und Habitate sowie den Landschaftsschutz ausgelegt sind.

Drucksache 14/6423 – 18 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

1.1. Eine solide Grundlage
In den letzten dreißig Jahren wurden bei der Einführung eines umfassenden Systems von
Umweltkontrollen in der EU große Fortschritte erzielt. In der Gesamtbewertung1 des fünften
Umweltaktionsprogramms von 1992 wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass in vielen
Bereichen Fortschritte erzielt wurden und neue Umweltschutzmaßnahmen, insbesondere im
Bereich der Luft- und Wasserverschmutzung, eingeführt wurden. Das Programm führte
zudem zu einer allgemeinen Verpflichtung, auch in anderen Politikbereichen
Umweltschutzziele zu berücksichtigen. Aus dem von der Europäischen Umweltagentur
verfassten Bericht über den Zustand der Umwelt2 und anderen Informationen geht hervor,
dass damit wichtige Verbesserungen erzielt wurden, darunter:

–Der industrielle Ausstoß giftiger Stoffe wie Blei und Quecksilber in die Luft wurde
drastisch gesenkt.

–Die auf den Schwefeldioxidausstoß (SO2) zurückzuführende Versauerung unserer
Wälder und Flüsse wurde stark eingedämmt.

–Dank der Gewässer- und Abwasserbehandlung konnte der Zustand vieler Seen und
Flüsse verbessert werden.

Auch in vielen anderen Bereichen, in denen auf der Grundlage von Rechtsvorschriften der
Gemeinschaft weitere umweltpolitische Verbesserungen erzielt werden können, sind
Fortschritte zu verzeichnen. Die Gesamtbewertung zeigte jedoch leider auch, dass die
Mitgliedstaaten oft mit der Umsetzung von Rechtsvorschriften, die auf europäischer Ebene
verabschiedet wurden, in Verzug sind, so dass diese den Bürger und der Umwelt nicht den
erwarteten Nutzen bringen. Die Mitgliedstaaten müssen weitere Anstrengungen unternehmen,
was die Umsetzung der Bestimmungen der Gemeinschaft in ihr innerstaatliches Recht und die
Anwendung in der Praxis anbelangt.
Das fünfte Umweltaktionsprogramm führte auch neue politische Konzepte für die
Bewältigung von Umweltproblemen ein. In dem Programm wurde darauf hingewiesen, dass
Umweltziele unbedingt in anderen Politikbereichen wie der Verkehrs-, Industrie- oder
Landwirtschaftspolitik berücksichtigt werden müssen. Auch wurden Wirtschaft,
Gebietskörperschaften und natürlich die Bürger aufgefordert, sich für eine Verbesserung der
Umwelt einzusetzen. Dazu wurde im fünften Umweltaktionsprogramm eine Erweiterung der
Palette von Instrumenten um Marktinstrumente, Information und Erziehung und
Flächennutzungsplanung empfohlen, die zu den Umweltschutzvorschriften hinzukommen
sollen. Diese Schwerpunkte werden auch im vorliegenden Programm beibehalten und
Vorrang haben.
Allerdings bleiben trotz Verbesserungen in bestimmten Bereichen manche Probleme ungelöst.
Anlass zur Sorge geben vor allem der Klimawandel, der Verlust der biologischen Vielfalt und
Habitate, der Bodenverlust und die Verschlechterung der Bodenqualität, das zunehmende
Abfallaufkommen, die Akkumulierung chemischer Stoffe in der Umwelt, Lärm und
bestimmte Luft- und Wasserschadstoffe. Darüber hinaus treten neue Probleme in Erscheinung
wie Schadstoffe, die in unseren Hormonhaushalt eingreifen. Prognosen zufolge werden sich
viele Umweltbelastungsfaktoren, die zu diesen Problemen führen, wie der Verkehr, der
Energieverbrauch, der Fremdenverkehr, die Inanspruchnahme von Flächen für Infrastruktur

1 'Die Umwelt Europas: Orientierungen für die Zukunft', KOM(1999)543 endg.
2 "Die Umwelt in der Europäischen Union an der Jahrhundertwende", Europäische Umweltagentur, 1999

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 19 – Drucksache 14/6423

usw. angesichts der sozioökonomischen Trends in den nächsten 10 Jahren weiter zuspitzen,
wenn es bei den derzeitigen Maßnahmen bleibt. Wir können daher nicht die Hände in den
Schoß legen.
In den kommenden 10 Jahren wird die Gemeinschaft auch weitere Mitgliedstaaten aufnehmen
und engere Beziehungen zu ihren Nachbarstaaten aufbauen. Die Gemeinschaft muss diese
Länder weiterhin beim Umweltschutz unterstützen und gleichzeitig sicherstellen, dass auch
innerhalb der Gemeinschaft Maßnahmen in Bereichen wie Verkehr und Landwirtschaft auch
einer nachhaltigen Entwicklung zugute kommen. Umweltpolitisch ist die Erweiterung sehr
zum Vorteil. Die Aufnahme weiterer Mitgliedstaaten bringt eine reichere biologische Vielfalt
und einen Zuwachs an urwüchsigen Landschaften mit sich und bietet Europa die Möglichkeit,
die Umwelt insgesamt zu verbessern.
Als Europäer und Angehörige der reichsten Gesellschaften der Welt sind wir uns unserer
Aufgabe und Verantwortung auf internationaler Ebene durchaus bewusst. Einerseits tragen
wir ebenso wie andere Industriestaaten in erheblichem Maße zu den weltweiten
Umweltproblemen wie den Treibhausgasemissionen bei und wir verbrauchen einen
wesentlichen, manche meinen, einen übermäßigen Anteil an den erneuerbaren und nicht
erneuerbaren Ressourcen der Erde, wie Mineralien, Fischbestände und Holz. Andererseits ist
Europa ein Verfechter internationaler Maßnahmen und Zusammenarbeit, wie der Entwicklung
der Agenda 213 und des Montrealer Protokolls4 zum Schutz der Ozonschicht, die eine
nachhaltige Entwicklung zum Ziel haben.
1.2. Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung
Ein umsichtiger Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde und der Schutz des
globalen Ökosystems sind neben wirtschaftlichem Wohlstand und einer ausgewogenen
sozialen Entwicklung die Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung. Bei der
nachhaltigen Entwicklung geht es um unser langfristiges Wohl hier in Europa und weltweit
und um das Erbe, das wir unseren Kindern und Kindeskindern hinterlassen.
In diesem Programm werden die Umweltprobleme herausgestellt, mit denen wir uns
auseinandersetzen müssen, wenn wir eine nachhaltige Entwicklung erreichen wollen - die
Klimaänderung, die Überbeanspruchung erneuerbarer und nichterneuerbarer natürlicher
Ressourcen, den Verlust der biologischen Vielfalt und die Akkumulierung langlebiger giftiger
Chemikalien in der Umwelt. Ferner sind die umweltpolitischen Gesamt- und Einzelziele
dargelegt, die es zu erreichen gilt, und wird beschrieben, wie die Instrumente der
Umweltpolitik der Gemeinschaft zur Lösung dieser Probleme eingesetzt werden, wobei auf
die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen in anderen Politikbereichen hingewiesen wird. Die
erforderlichen Veränderungen beispielsweise in der Landwirtschaft, der Energieversorgung,
im Verkehr und der Flächennutzung sind durch Veränderungen in den jeweiligen
Politikbereichen herbeizuführen. Dazu müssen Umweltschutzerfordernisse in andere
Politikbereiche einbezogen werden, und die Gemeinschaft muss ihre derzeitigen Strukturen
des Regierens überdenken und Änderungsmöglichkeiten finden, um zu gewährleisten, dass
unsere gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und umweltpolitischen Ziele sowie die auf diese
Ziele angelegten Strategien miteinander vereinbar sind.

3 Sie wurde von über 178 Regierungen auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und
Entwicklung (UNCED) angenommen, die vom 3.- 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro, Brasilien, stattfand.

4 Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, 1987 angenommen

Drucksache 14/6423 – 20 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Eine nachhaltige Entwicklung ist darüber hinaus eine wichtige Chance für das postindustrielle
Europa, das im Übergang zur wissensgestützten Wirtschaft oder Informationswirtschaft
begriffen ist. Wenn wir die Entwicklung eines auf den Umweltschutz ausgerichteten Marktes
unterstützen und fördern, werden Wirtschaft und Gesellschaft darauf mit technologischen und
verwaltungstechnischen Innovationen reagieren, die Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit,
Ertragskraft und die Schaffung von Arbeitsplätzen begünstigen. Eine progressive
Umweltpolitik kann so dazu beitragen, dass das in den Schlussfolgerungen des Europäischen
Rates von Lissabon genannte Ziel, die Europäische Union zur wettbewerbsfähigsten
wissensbasierten Wirtschaft der Welt zu machen. Führende Wirtschaftsverbände und
Unternehmen integrieren bereits Erwägungen der nachhaltigen Entwicklung in ihre
grundlegenden Geschäftsstrategien.
Die nachhaltige Entwicklung geht jedoch über eine saubere Umwelt hinaus. Auch die soziale
und wirtschaftliche Seite von Umweltschutzmaßnahmen ist bei Maßnahmen für eine
nachhaltige Entwicklung zu berücksichtigen. Während dieses Aktionsprogramm auf die
umweltpolitischen Aspekte der nachhaltigen Entwicklung abhebt, hat es daher auch zum Ziel,
die Umwelt und die Lebensqualität der Bürger in der Europäischen Union genereller zu
verbessern.
Die Kommission wird für den Europäischen Rat von Göteborg im Juni 2001 eine EU-
Strategie für eine nachhaltige Entwicklung vorlegen. In dieser Strategie sollen
umweltpolitische, sozialpolitische und wirtschaftliche Fragen behandelt werden. Dieses
Programm nimmt in keiner Weise weitere Maßnahmen vorweg, die in dieser Strategie
enthalten sein werden.
1.3. Zuschnitt des Programms
In diesem neuen Programm werden umweltpolitische Ziele für die kommenden 10 Jahre und
darüber hinaus festgelegt und die Aktionen dargelegt, die in den nächsten 5 bis 10 Jahren im
Hinblick auf diese Ziele zu ergreifen sind. Zwar konzentriert sich das Programm auf die
Aktionen und Selbstverpflichtungen, die auf der Ebene der Gemeinschaft ergriffen bzw.
eingegangen werden müssen, doch werden auch die Maßnahmen und Aufgaben aufgezeigt,
die auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene und in den einzelnen Wirtschaftszweigen
durchzuführen sind. Bei der Auswahl dieser Aktionen wurde auf eine möglichst umfassende
Harmonisierung und auf die Angleichung der Rechtsvorschriften Wert gelegt, damit ein
reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts sichergestellt werden kann. Dazu gehören
einzelne spezifische Strategien, (die eine Reihe von Instrumenten aus Rechtsvorschriften, die
dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat zur Annahme vorgelegt wurden, wie auch
die Informationsverbreitung umfassen können) die Bereiche betreffen, in denen nur ein Paket
koordinierter Maßnahmen ein Ergebnis erbringen wird. Im Rahmen der spezifischen
Strategien werden das politische Gesamtkonzept sowie das vorgeschlagene Maßnahmenpaket
dargelegt, das erforderlich ist, um die Gesamt- und Einzelziele kostenwirksam zu erreichen -
diese werden auf der Grundlage einer gründlichen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen
Kosten-Nutzen-Analyse und einem offenen Dialog und einer Befragung der Betroffenen
festgelegt.
Aufgrund der Schlussfolgerungen der Gesamtbewertung und der Berichte über den Zustand
und Entwicklungstrends der Umwelt zielt dieses Programm auf Schwerpunktbereiche ab, die
folgenden vier Themenbereichen zuzuordnen sind:
(i) Klimaschutz
(ii) Natur und biologische Vielfalt - Schutz einer einzigartigen Ressource

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21 – Drucksache 14/6423

(iii) Umwelt und Gesundheit
(iv) Gewährleistung eines auf eine nachhaltige Entwicklung ausgelegten Umgangs mit
natürlichen Ressourcen und Abfall
Das Programm wird 2005 überprüft und gegebenenfalls im Hinblick auf neue Entwicklungen
und Informationen abgeändert und aktualisiert.

Drucksache 14/6423 – 22 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

2. EIN STRATEGISCHESKONZEPT FÜR UNSERE UMWELTZIELE
Das Umweltrecht ist und bleibt ein wichtiger Grundpfeiler des Konzepts der Gemeinschaft
zur Erreichung ihrer Umweltziele. Einer der strategischen Schwerpunkte für das nächste
Jahrzehnt besteht ferner darin, die erheblichen Probleme der Nichtumsetzung in
innerstaatliches Recht in einigen Bereichen zu lösen.
Wenn wir die heutigen Umweltprobleme bewältigen wollen, müssen wir jedoch über rein
legislative Maßnahmen hinaus ein stärker strategisch ausgerichtetes Konzept verfolgen, um
die erforderlichen Änderungen an unseren Produktions- und Verbrauchsstrukturen
herbeiführen zu können. Wir müssen eine ganze Palette von Instrumenten und Maßnahmen
optimal einsetzen, um auf die Entscheidungen der Wirtschaft, der Verbraucher, Bürger und
für andere Politikbereiche Verantwortlichen Einfluss zu nehmen, beispielsweise bei
Entscheidungen auf lokaler Ebene in Sachen Flächennutzungsplanung und Verwaltung.
Daher werden in diesem Programm fünf Schwerpunktstrategien vorgeschlagen, mit denen
unsere Umweltziele erreicht werden sollen. Die erste Strategie besteht darin, bei der
Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften anzusetzen. Im Rahmen der zweiten Strategie
soll erreicht werden, dass bei Entscheidungen im Rahmen anderer Politikbereiche
Umweltbelange berücksichtigt werden. Die dritte ermittelt mit Hilfe von Unternehmen und
Verbrauchern neue Methoden, um sich enger am Markt zu orientieren. Bei der vierten geht es
darum, wie man den Einfluss der privaten Bürger stärken kann und wie man sie zu einer
Verhaltensänderung bewegen kann. Die fünfte schließlich zielt darauf ab, auf bessere
Entscheidungen in der Flächennutzungsplanung und Verwaltungsfragen hinzuwirken.
2.1. Verbesserung der Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften
Die Umsetzung der verschiedenen Umweltschutzvorschriften und des LIFE-Programms der
Gemeinschaft hat wesentlich zu den in Kapitel 1 genannten Verbesserungen beigetragen. Das
Gleiche gilt für die ersten freiwilligen Instrumente, die gemeinschaftsweit eingeführt wurden,
das Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung5
(EMAS) sowie das Umweltzeichen der Gemeinschaft. Diese Rechtsakte und -instrumente,
die das Rückgrat der Umweltpolitik der Gemeinschaft bilden, wurden in jüngster Zeit
teilweise überarbeitet, um mehr Kohärenz und bessere Wirksamkeit zu gewährleisten.
Die lückenlose Anwendung, Durchsetzung und Umsetzung sämtlicher geltender
Rechtsvorschriften ist ein strategisches Schwerpunktziel für die Laufzeit dieses Programms.
Die Kommission wird daher nicht nachlassen, Vertragsverletzungsverfahren gegen
Mitgliedstaaten einzuleiten und gegebenenfalls beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen
Mitgliedstaaten erheben, um sie zu zwingen, ihrer durch die Annahme der geltenden
Rechtsvorschriften eingegangenen Pflicht nachzukommen. Dadurch wird jedoch nicht das
Problem der Langwierigkeit der rechtlichen Verfahren gelöst, das dazu führt, dass Jahre
vergehen, bevor Maßnahmen getroffen werden.
Gerichtsverfahren müssen jedoch nicht unbedingt die einzigen Methoden sein, mit denen die
Einhaltung der Bestimmungen der Gemeinschaft sichergestellt wird. Transparenz ist sehr
wirksam, wenn es darum geht, Mitgliedstaaten und Behörden, die mit der Umsetzung der
Rechtsvorschriften der Gemeinschaft in innerstaatliches Recht und mit deren Anwendung in

5 Angaben zu EMAS, soweit vorhanden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 23 – Drucksache 14/6423

Verzug sind, zu einem Umdenken zu bewegen. Dazu gehört auch, dass positive Beispiele
einer besonders erfolgreichen Umsetzung herausgestellt werden, an denen sich andere Länder
ein Vorbild nehmen können. Die Kommission beabsichtigt, auch für andere ausgewählte
Rechtsvorschriften, soweit möglich, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament eine solche
Strategie des Aufzeigens guter und schlechter Beispiele zu verfolgen. Der Zugang zu
Informationen wird mit Hilfe einer regelmäßig aktualisierten Ergebnistabelle für die
Umsetzung von Rechtsvorschriften erleichtert. Die Ratifizierung und Umsetzung des Aarhus-
Übereinkommens über den Zugang zu Informationen und die Öffentlichkeitsbeteiligung an
Entscheidungsverfahren in Umweltangelegenheiten wird auf allgemeinerer Ebene ebenfalls
dazu beitragen, dass die Mitgliedstaaten die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft besser
umsetzen. Vorsätzlich begangene oder aus grober Nachlässigkeit resultierende
Umweltstraftaten, durch die das Umweltrecht der Gemeinschaft und mögliche
Durchführungsbestimmungen im einzelstaatlichen Recht gebrochen werden, und
insbesondere das organisierte Verbrechen müssen energisch bekämpft werden. Die
Kommission wird einen zweigleisigen Ansatz fördern, der darauf abzielt, auf nationaler
Ebene Sanktionen für den vorsätzlichen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht zu verhängen und
die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Umweltkriminalität
anzugleichen, einschließlich der justitiellen Zusammenarbeit.
Schließlich spielt der Austausch von Erfahrung und besten Praktiken für die Umsetzung der
Rechtsvorschriften der Gemeinschaft innerhalb eines Netzes der für die Umsetzung des
Umweltrechts der Gemeinschaft zuständigen nationalen Behörden (IMPEL) ebenfalls eine
wichtige Rolle im Umsetzungsprozess.
Aktionen

–Weiterhin Unterstützung des IMPEL-Netzes für den Austausch bester Praktiken für
die Umsetzung von Rechtsvorschriften unter den Mitgliedstaaten und Einbeziehung
der Beitrittskandidaten

–Berichterstattung über die Umsetzung durch Jahresberichte der Kommission über die
Überwachung der Anwendung des Gemeinschaftsrechts sowie durch eine jährliche
Umfrage über die Umsetzung des Umweltrechts der Gemeinschaft und Darstellung
dieser Information in Form einer Ergebnistabelle für die Umsetzung der
Rechtsvorschriften

–Fallbeispielstrategien, die die Kommission zu einzelnen Richtlinien entwickelt
–Förderung besserer Inspektionsstandards in den Mitgliedstaaten. Initiativen zur

Bekämpfung der Umweltkriminalität
– gegebenenfalls weitere Gerichtsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zur

Sicherstellung der Umsetzung
2.2. Berücksichtigung von Umweltbelangen in anderen Politikbereichen
Mit den Maßnahmen, für die die Umweltbehörden verantwortlich sind, lassen sich aber nicht
alle Umweltziele erreichen. Die erforderlichen Veränderungen beispielsweise in der
Landwirtschaft, der Energieversorgung, im Verkehr, der Nutzung erneuerbarer Ressourcen
und der Flächennutzung sind durch Veränderungen in den jeweiligen Politikbereichen sowie
in der allgemeinen Umweltpolitik herbeizuführen. Dazu müssen in den politischen
Entscheidungsprozessen in diesen verschiedenen Bereichen von Anfang an Umweltziele

Drucksache 14/6423 – 24 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

einbezogen werden. Ferner müssen auf viel längere Sicht Bewertungen und auf fundierten
Informationen beruhende Entscheidungen vorgenommen bzw. getroffen werden können.
Die Gemeinschaft hat die Bedeutung einer Einbeziehung des Umweltschutzes in andere
Politikbereiche bereits durch die Hinzufügung dieses Ziels in Artikel 6 EG-Vertrag anerkannt.
Der Europäische Rat hat sich auf seiner Tagung von Cardiff 1998 darum bemüht, dem Artikel
praktische Bedeutung zu geben, indem der Rat in seinen verschiedenen Zusammensetzungen
dazu aufgefordert wurde, Strategien und Programme zur Einbeziehung von Umweltbelangen
in andere Politikbereiche auszuarbeiten. Der Prozess muss begleitet werden von einer
wirksamen Umweltprüfung der neuen Vorschläge der Kommission. Außerdem müssen die
Arbeiten an Indikatoren zur Beurteilung des Fortschritts in verschiedenen Bereichen
fortgesetzt werden, in denen diese Arbeiten schon weit fortgeschritten sind.
Die folgenden Kapitel enthalten einige Anhaltspunkte dafür, in welche Politikbereiche
Umwelterfordernisse einzubeziehen sind, damit die Ziele in den vorrangigen Bereichen
erreicht werden können. In Kapitel 8 wird eine kontinuierliche Entwicklung von Indikatoren
für die Einbeziehung von Umweltbelangen als wichtiges Instrument zur Überwachung des
Fortschritts empfohlen. Darüber hinaus wird die Kommission ihre internen Mechanismen
ausbauen, um sicherzustellen, dass bei allen ihren Initiativen Umweltbelange berücksichtigt
werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25 – Drucksache 14/6423

Aktionen
–Gegebenenfalls Schaffung zusätzlicher ‚Integrations‘-Mechanismen, mit denen u. a.

sichergestellt werden soll, dass Umweltschutzerfordernisse bei der Ausarbeitung
politischer Initiativen der Kommission berücksichtigt werden.

–Fortsetzung von Maßnahmen zur Unterstützung der Umsetzung der
Vertragsbestimmungen über die Einbeziehung des Umweltschutzes, wie die
Unterstützung der auf dem Gipfel von Cardiff ins Leben gerufenen Initiative zur
Einbeziehung von Umweltbelangen in sämtliche Politikbereiche und
Gewährleistung, dass die Strategien in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.

–Weiterentwicklung von Indikatoren zur Überwachung des Fortschritts hinsichtlich der
Einbeziehung von Umweltbelangen in einzelne Bereiche sowie Berichterstattung
darüber.

2.3. Anreize für den Markt zur Ausrichtung auf den Umweltschutz
Bisher haben sich wirtschaftsbezogene Strategien weitgehend darauf beschränkt, Vorschriften
und Zielvorgaben festzulegen und dann sicherzustellen, dass sich die Unternehmen an diese
Vorschriften halten. Die Mitgliedstaaten haben diese Strategien zunehmend mit
Marktinstrumenten ergänzt, wie Umweltsteuern auf verschiedenen Produkten, um die
Preissignale auf dem Markt stärker auf umweltfreundliche Produkte, Verfahren und
Dienstleistungen auszulegen. Einige Mitgliedstaaten haben auch ökologische Steuerreformen
durchgeführt, bei denen neu eingeführte oder erhöhte Umweltsteuern mit einer verminderten
Besteuerung der Arbeit kombiniert werden, um Arbeitsplätze zu schaffen. Von
Umweltsteuern können unter den richtigen Bedingungen für die Kosten und den
Umweltschutz wichtige Signale ausgehen6, wie die unterschiedlichen Steuersätze für
verbleites und unverbleites Benzin gezeigt haben. Sie geben Unternehmen auch Anreize,
umweltfreundlichere oder weniger ressourcenintensive Technologien zu erkunden und in sie
zu investieren (dynamische Effizienz). Daher sind sie zur Lösung von Dauerproblemen ganz
besonders attraktiv. Ein Beispiel für Marktinstrumente, die die Gemeinschaft einsetzt, sind
vertragliche Vereinbarungen über Agrarumweltmaßnahmen, die finanzielle Anreize für
Landwirte vorsehen, welche sich zu bestimmten Umweltschutzmaßnahmen verpflichten.
Die Industrie lehnt in der Regel die Einführung von Umweltsteuern aus Angst vor einer
Schwächung ihrer Wettbewerbsfähigkeit ab. Das erklärt auch, warum bei der Einführung von
Umweltsteuern meistens gleichzeitig umfangreiche Steuerbefreiungen vorgesehen sind. Um
diese Befürchtung einer Schwächung der Wettbewerbsposition auszuräumen, muss das
Vorgehen der Mitgliedstaaten auf Ebene der Gemeinschaft miteinander abgestimmt werden.
Dies ist der Grundgedanke des Vorschlags der Kommission von 1997 zur Besteuerung von
Energieerzeugnissen. Der Vorschlag sieht vor, den Mindeststeuersatz für Energieerzeugnisse,
die zur Zeit besteuert werden (Mineralöl), zu erhöhen und diejenigen Energieerzeugnisse zu
besteuern, die in manchen oder sämtlichen Mitgliedstaaten bisher nicht besteuert wurden
(Erdgas, Strom, Kohle). Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten dazu bewegt werden, andere
Steuern zu senken, insbesondere die auf den Faktor Arbeit. Bisher hat dieser Vorschlag noch
nicht die erforderliche einmütige Unterstützung der Mitgliedstaaten erhalten.

6 Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament: Unsere Bedürfnisse mit
unserer Verantwortung in Einklang bringen - Einbeziehung des Umweltschutzes in die
Wirtschaftspolitik, KOM(2000) 576 endg. vom 20.9.2000.

Drucksache 14/6423 – 26 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Märkte und die Verbrauchernachfrage können auf Produkte und Dienstleistungen gelenkt
werden, die in ökologischer Hinsicht Konkurrenzprodukten überlegen sind. Das kann durch
Information, Erziehung und dadurch erfolgen, dass in den Preis der Produkte so weit wie
möglich die tatsächlichen Umweltkosten eingerechnet sind. Das gibt Unternehmen den
Anreiz, mit Innovationen und Managementinitiativen zu reagieren, die Wachstum,
Wettbewerbsfähigkeit, Ertragskraft und die Schaffung von Arbeitsplätzen begünstigen. Auch
wird es den Verbrauchern ermöglichen, sich bewusst für eine umweltgerechtere Lebensweise
zu entscheiden.
Partnerschaft mit der Wirtschaft
Die Gemeinschaft hat bereits verschiedene Programme und Initiativen zur Verbesserung der
Zusammenarbeit zwischen den Behörden und der Industrie und zur Förderung freiwilliger
Maßnahmen der Industrie entwickelt, mit denen ihre Umweltleistung verbessert werden soll.
So gibt das Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die
Umweltbetriebsprüfung (EMAS) den Unternehmen Anreize, freiwillig an einem Standort
oder in einem Unternehmen Systeme für das Umweltmanagement und die
Umweltbetriebsprüfung einzuführen und regelmäßig Umweltleistungsberichte zu
veröffentlichen, die von akkreditierten unabhängigen Betriebsprüfern überprüft werden. Zwar
war die Übernahme des EMAS-Systems in Unternehmen ermutigend, doch müssen
zusätzliche Maßnahmen in Betracht gezogen werden, die dazu beitragen sollen, den Anteil an
Unternehmen, die strenge und überprüfte Umweltberichte oder allgemeinere Berichte zur
nachhaltigen Entwicklung veröffentlichen (ähnlich der Global Reporting Initiative GRI7, die
Unternehmen einen Leitfaden zur Berichterstattung über Fortschritte im Hinblick auf Ziele
der nachhaltigen Entwicklung bietet), zu erhöhen. Das Gemeinschaftsprogramm LIFE wird
weiterhin einen wertvollen Beitrag leisten, indem es Möglichkeiten und Vorteile einer
besseren Umweltleistung der Unternehmen und der lokalen Verwaltungen aufzeigt.
Es bieten sich jedoch noch zahlreiche andere Möglichkeiten zur Förderung der Partnerschaft
und der Mitarbeit der Unternehmen. Ein erster einfacher Schritt besteht in der Entwicklung
eines Programms zur Unterstützung bei der Einhaltung der Vorschriften. Die Kommission
wird in Zusammenarbeit mit Gruppen der Industrie eine Reihe von Instrumenten entwickeln,
mit denen Unternehmen die Umweltbestimmungen der EG erläutert werden sollen und erklärt
werden soll, wie diese einzuhalten sind. Darunter sind beispielsweise Leitfäden zur
Einhaltung verschiedener Rechtsvorschriften, Zusammenfassungen von Rechtsvorschriften,
"Notizbücher" zu den besten Praktiken und umweltfreundlicheren Technologien in
verschiedenen Wirtschaftszweigen, die Zusammenstellung eines Angebotskatalogs für
Umweltdienstleistungen sowie Umweltmanagementsoftware, die direkt vom Internet
heruntergeladen werden kann.
Besondere Beachtung wird der Frage geschenkt, wie diese Instrumente auf die Bedürfnisse
kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zugeschnitten werden können. Die Kommission
wird beispielsweise prüfen, wie ein System entwickelt werden kann, das KMU Anreize gibt,
die Einhaltung der Vorschriften selbst zu überprüfen und ihre Umweltmanagementsysteme
entsprechend zu verbessern. Die stärkere Beteiligung von KMU am EMAS-Programm der
Gemeinschaft ist ein vorrangiges Ziel. Als Anreiz für KMU könnten die Mitgliedstaaten dazu

7 1987 eingerichtet von der 'Coalition for Environmentally Friendly Economies' (Bund für
umweltfreundliche Wirtschaft) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, siehe
www.globalreporting.org.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 27 – Drucksache 14/6423

angehalten werden, ihre Zulassungs- und Berichterstattungsverfahren für Unternehmen, die
im Rahmen des Systems akkreditiert sind, zu lockern.
Programme wie die Europäische Ökoeffizienz-Initiative (EEEI) sollten gefördert werden, da
sie zu einer Verbesserung des Kenntnisstands über die positiven Auswirkungen der
Ökoeffizienz-Konzepte auf die Unternehmensbilanzen beitragen.
Die Partnerschaft mit der Wirtschaft kann auch durch freiwillige Umweltvereinbarungen
ausgebaut werden. Diese müssen strenge Kriterien hinsichtlich klarer Ziele, Transparenz und
Überwachung erfüllen und müssen im Hinblick auf die Erreichung ehrgeiziger Umweltziele
wirksam sein.
Unternehmen, die die Umweltvorschriften nicht einhalten, werden bestraft. Doch werden
Unternehmen, die noch höheren Umweltstandards genügen, weder von der Regierung noch
vom Markt dafür belohnt. In Zusammenarbeit mit den Regierungen der Mitgliedstaaten wird
die Kommission die Entwicklung einzelstaatlicher, aber harmonisierter, Belohnungen für die
Umweltleistung von Unternehmen einführen, bei denen besonders verdiente Unternehmen
ermittelt und belohnt werden. Unter anderem wird dies mit gelockerten Zulassungs- und
Berichterstattungsverfahren verbunden.
Im Rahmen des vorgeschlagenen Konzepts der integrierten Produktpolitik (IPP) wird sich die
Kommission mit Möglichkeiten zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit von Produkten
während ihres gesamten Lebenszyklus befassen. Dadurch soll die Verbrauchernachfrage mit
einem geringeren Ressourcenverbrauch und einer geringeren Gefährdung der Umwelt gedeckt
werden und gleichzeitig das Abfallaufkommen an der Quelle verhindert werden. In diesem
Zusammenhang sind wirtschaftliche Anreize für umweltfreundliche Produkte, die Förderung
einer Nachfrage nach umweltgerechten Produkten durch eine bessere
Verbraucherinformation, die Entwicklung einer objektiven Grundlage für eine
umweltgerechte öffentliche Beschaffung sowie Maßnahmen zur Förderung eines
umweltfreundlicheren Produktdesigns vorgesehen. Dazu werden die betroffenen Gruppen mit
dem Ziel konsultiert werden, das Produktdesign durch Maßnahmen von Unternehmen und
Wirtschaftszweigen auf freiwilliger Basis zu verbessern. Diese Maßnahmen werden
gegebenenfalls u. a. durch die Normung und Rechtsvorschriften unterstützt.
Die Möglichkeiten für umweltpolitische Verbesserungen durch umweltfreundlichere
Technologien, Produktionsprozesse und Materialien sind immens, doch hindern ein
Informationsmangel oder Markthemmnisse die Unternehmen und insbesondere KMU häufig
daran, diese Möglichkeiten zu nutzen. Zusätzlich zur Förderung moderner "grüner"
Technologien durch ein Programm zur Unterstützung bei der Einhaltung der Vorschriften und
die integrierte Produktpolitik sind Technologiemessen und -verzeichnisse auf dem Internet
Möglichkeiten, wie man solche Hindernisse ausräumen kann. Die Kommission wird diese
und andere spezifische Maßnahmen prüfen, um sicherzustellen, dass die technologischen
Möglichkeiten im Interesse der europäischen Unternehmen und der Umwelt ausgiebig genutzt
werden.
Aktionen

–Förderung einer weiteren Verbreitung des Gemeinschaftssystems für das
Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) und zusätzlich dazu
Maßnahmen, um sicherzustellen, dass sehr viel mehr Unternehmen strenge und von
unabhängiger Stelle überprüfte Umweltberichte und Berichte zur nachhaltigen
Entwicklung veröffentlichen.

Drucksache 14/6423 – 28 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

–Einführung eines Programms zur Unterstützung bei der Einhaltung von Vorschriften
unter besonderer Berücksichtigung von KMU.

–Einführung von Belohungsregelungen für die Umweltleistung von Unternehmen.
–Förderung von freiwilligen Verpflichtungen und Vereinbarungen zur Erreichung von

klaren Umweltzielen.
–Spezielle Aktionen im Rahmen des Konzepts der integrierten Produktpolitik zur

Förderung umweltfreundlicher Produkte und Verfahren.
Information des Verbrauchers
Die Verbraucher müssen sachgerechte und leicht verständliche Informationen über die
Umweltleistung eines Produkts erhalten, wenn sie durch ihre Produktentscheidungen
umweltfreundliche Initiativen von Unternehmen unterstützen sollen. Auch die
Verantwortlichen für die Beschaffung in Behörden und Unternehmen benötigen diese
Informationen. Die Kommission wird prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass
Unternehmen den Verbrauchern über ihre Website und andere Kommunikationskanäle die
erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen.
Verschiedene Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft haben Umweltzeichensysteme für
Produkte eingeführt, um die Verbraucher zu ermuntern, sich für umweltfreundlichere
Produkte zu entscheiden, und um die öffentliche Beschaffung auf umweltfreundliche
Produkte und Dienstleistungen auszurichten. Die Gemeinschaft wird die Fortschritte und die
Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Systems zur Vergabe eines Umweltzeichens überprüfen
und es gegebenenfalls ändern. Die Gemeinschaft wird sich ferner im Rahmen der
vorgeschlagenen integrierten Produktpolitik mit Maßnahmen befassen, mit denen die
Verbreitung solcher Umweltzeichen gefördert wird, die den Verbraucher einen Vergleich der
Leistung von Produkten ermöglicht. Gute Beispiele dafür sind die Klassifizierung von Kühl-
und Gefrierschränken nach ihrem Energieverbrauch sowie die Klassifizierung von
Waschmaschinen nach ihrem Energie- und Wasserverbrauch. In Verbindung mit finanziellen
Anreizen, die Regierungen gewähren, wie ein Preisnachlass für Produkte, die den höchsten
Umweltleistungskriterien genügen, können diese Maßnahmen sehr wirksam sein. Die
Kommission wird darüber hinaus untersuchen, wie umweltfreundliche Produkte allgemein bei
der Preisbildung auf dem Binnenmarkt wettbewerbsfähiger gemacht werden können.
Auch Informationen über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein gefährlicher Stoffe,
über den Ursprung von in einem Produkt verwendeten Stoffen, über die Rezyklierbarkeit
eines Produkts usw. werden Wirkung zeitigen. Die Mitgliedstaaten und Unternehmen sollten
versuchen, in den nächsten Jahren Produktinformationsregeln für sämtliche Produktarten
einzuführen. Die Kommission wird dies im Rahmen der beschriebenen integrierten
Produktpolitik unterstützen. Unter die Richtlinie über irreführende Werbung, die derzeit
überarbeitet wird, fallen auch Umwelterklärungen des Herstellers über Produkte. Die
Kommission arbeitet Leitlinien aus, die Unternehmen dabei helfen sollen, der Richtlinie
nachzukommen. Die Regierungen der Mitgliedstaaten sollten geeignete Mechanismen zur
Überwachung der Richtigkeit dieser Umwelterklärungen einführen.
Rund 14 % der Nachfrage auf dem Markt ist auf die öffentliche Beschaffung zurückzuführen,
und die "Beschaffer" in Unternehmen sowie Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen
können dazu beitragen, dass der Markt umweltfreundlicher wird, indem sie die
Umweltleistung zu einem Beschaffungskriterium machen. Die Kommission wird weiterhin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29 – Drucksache 14/6423

auf ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes achten, dabei aber die Einführung
einer umweltfreundlichen Beschaffungspraxis unterstützen, indem sie auf einer Datenbank
Kriterien und Leitlinien veröffentlicht, die Unternehmen und Behörden dabei helfen, gute
Verfahren einzuführen, und die es ihnen ersparen, jedesmal das Rad neu zu erfinden. Die
Kommission wird darüber hinaus prüfen, ob eine umweltfreundliche Beschaffung gefördert
werden kann, indem vor dem Ankauf eines Produkts eine Bewertung der
Umweltauswirkungen der verschiedenen, den Bedürfnissen der Beschaffungsbehörde
entsprechenden Alternativen zur Vorschrift gemacht wird. Um mit gutem Beispiel
voranzugehen, werden die Kommission und andere Organe und Einrichtungen der
Gemeinschaft ihr eigenes Beschaffungswesen von Grund auf überdenken und die
erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltleistung ergreifen.
Aktionen

–Beurteilung der Fortschritte und der Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Systems zur
Vergabe eines Umweltzeichens

–Maßnahmen, darunter gegebenenfalls steuerliche Anreize, zur Förderung der
Einführung von Umweltzeichen, die den Verbrauchern einen Vergleich der
Umweltleistung (z.B. Energieeffizienz) von gleichartigen Produkten erlauben,

–Förderung einer umweltfreundlichen Beschaffung mit Hilfe von Leitlinien und
Überprüfung des Beschaffungswesens in den Institutionen der Gemeinschaft im
Hinblick auf ihre Umweltfreundlichkeit, damit sie mit gutem Beispiel vorangeht.

Umweltschädliche Subventionen und staatliche Beihilfen
Ein weiterer Bereich des Marktgeschehens, dem Aufmerksamkeit geschenkt werden muss,
sind staatliche Subventionen, die zu unbeabsichtigten Umweltauswirkungen führen.
Subventionen für Kohle hemmen die Umstellung auf umweltfreundlichere Energien, wie
Erdgas oder Windkraft, da die Verwendung von Kohle künstlich verbilligt wird.
Preisstützungsmaßnahmen in der Landwirtschaft und Zahlungen für bestimmte Waren können
zu umweltschädlichen landwirtschaftlichen Praktiken führen. Im Rahmen der Agenda 2000
wurden wichtige Fortschritte dabei erzielt, die Beihilfen der Gemeinsamen Agrarpolitik der
EG und aus den Kohäsions- und Strukturfonds zu überprüfen und zu ändern. Es bleibt jedoch
noch einiges zu tun, wenn in etwa fünf Jahren eine Überprüfung dieser Programme ansteht.
Andererseits können Subventionen auch nutzbringend eingesetzt werden, wenn mit ihnen der
Weg für eine Entwicklung umweltfreundlicher Produktionsverfahren und Produkte
freigemacht wird, sofern sie mit den EG-Vorschriften über staatliche Beihilfen in Einklang
stehen. Die Kommission hat gerade neue Leitlinien für staatliche Umweltbeihilfen
verabschiedet, durch die beispielsweise die Möglichkeiten zur Bereitstellung von
Subventionen für den Umweltschutz ausgebaut werden, wobei eine möglichst geringe
Auswirkung auf den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt gewährleistet wird.
Ökologischer Umbau der Finanzbranche
Die Vergabe von Darlehen und Investitionstätigkeiten in der Finanzbranche wirken sich
indirekt erheblich auf die Umwelt aus, indem darüber entschieden wird, welche Unternehmen
und Tätigkeiten zu welchen Bedingungen Kapital erhalten. Die Erleichterung der Weitergabe
der einschlägigen Informationen durch die Finanzbranche und Finanzierungsunternehmen
könnte Anreize für ein umweltbewussteres Verhalten schaffen. Darüber hinaus möchten
immer mehr Aktionäre und Verbraucher nicht nur wissen, dass ein Unternehmen gute

Drucksache 14/6423 – 30 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Produkte und Dienstleistungen zu fairen Preisen anbietet, sie verlangen auch eine
Zusicherung, dass diese Produkte auf umwelt- und sozialverträgliche Weise hergestellt
wurden. Die Kommission wird den Finanzierungseinrichtungen Hilfestellung leisten, indem
sie sich dafür einsetzt, dass die Umweltkosten systematisch in den Abrechnungen
berücksichtigt werden.
Für Fälle, in denen Finanzierungseinrichtungen Umweltinvestitionsfonds anbieten, können
wir freiwillige Leitlinien darüber festlegen, was genau als Umweltinvestitionen bezeichnet
werden kann. Darüber hinaus können wird durch die Europäische Investitionsbank und die
Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung direkteren Einfluss auf die
Bereitstellung von Finanzmitteln für umweltfreundliche Aktivitäten nehmen.
Aktionen

–Förderung eines Austausches bester Praktiken unter den Mitgliedstaaten.
–Prüfung der Möglichkeit einer freiwilligen Initiative der Finanzbranche,

beispielsweise ein Austausch bester Praktiken, eine Vereinbarung darüber, dass
harmonisierte Normen für die Berichterstattung der Unternehmen der Finanzbranche,
für die Vergabe von Darlehen, für Umweltinvestitionsfonds usw. einzuhalten sind.

–Verstärkte Einbeziehung der Umweltziele und -belange bei der Darlehensvergabe
durch die Europäische Investitionsbank.

Einführung einer Umwelthaftungsregelung der Gemeinschaft
Generell konzentrierten sich die Umweltrechtsvorschriften der EG bisher auf bestimmte
Aktivitäten oder Stoffe, die die Gesundheit des Menschen und die Umwelt gefährden. Die
Frage, was geschehen sollte, wenn trotz geltender Rechtsvorschriften eine Person und ihr
Eigentum oder die Umwelt geschädigt werden, ist selten rechtlich geregelt. Nach dem EG-
Vertrag sollte die Umweltpolitik auf bestimmten Grundprinzipien beruhen - darunter auf den
Grundsätzen der Vorsorge und der Vorbeugung8. Daher besteht eine der wichtigen Aufgaben
der Gemeinschaft darin zu gewährleisten, dass die Verursacher einer Gesundheitsschädigung
oder einer Umweltschädigung für ihr Tun zur Verantwortung gezogen werden und dass einer
solchen Schädigung und sonstigen Schäden möglichst vorgebeugt wird.
In ihrem Weißbuch zur Umwelthaftung vom Februar 20009 hat die Kommission eine
Regelung vorgeschlagen, die diejenigen haftbar macht, die einer Person oder ihrem Eigentum
Schaden zufügen, einen Ort verseuchen oder die biologische Vielfalt beeinträchtigen. Sie
arbeitet derzeit eine Rechtsvorschrift über die Umwelthaftung aus.
Aktion

–Rechtsvorschrift über die Umwelthaftung
2.4. Stärkere Mitwirkung der Bürger und Verhaltensänderung
Den Europäern ist der Umweltschutz ein zentrales Anliegen. In den letzten Jahren haben sich
die Bürger aktiver für den Umweltschutz eingesetzt. Viele Menschen versuchen inzwischen,
ihr persönliches Verhalten oder das ihrer Familie zu ändern, indem sie beispielsweise

8 Artikel 174 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
9 KOM(2000) 66 endg. vom 9. Februar 2000

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31 – Drucksache 14/6423

rezyklieren, umweltfreundliche Produkte kaufen und energiesparende Systeme in ihren
Wohnungen einbauen. Darüber hinaus sind informierte Bürger, die sich aktiv am
Entscheidungsprozess in Umweltangelegenheiten beteiligen, eine gewichtige neue Kraft,
wenn es darum geht, umweltpolitische Ergebnisse zu erzielen. Die Menschen verlangen mehr
Mitspracherecht bei Entscheidungen auf europäischer, regionaler, nationaler und
internationaler Ebene, die Auswirkungen auf unsere Gesundheit und die Qualität unserer
Umwelt haben. Um auch tatsächlich mitreden zu können, benötigen sie jedoch fundierte
Informationen, die sie verwenden und verstehen können. Außerdem müssen sie in
angemessener Form Zugang zu den Entscheidungsträgern erhalten, damit sie ihre Meinung
äußern können.
Im Übereinkommen von Aarhus sind die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten eine Reihe
von Verpflichtungen hinsichtlich von mehr Transparenz, des Zugangs auf
Umweltinformationen und der öffentlichen Beteiligung am Entscheidungsprozess in
Umweltangelegenheiten eingegangen. Es wurde bereits damit begonnen, Rechtsvorschriften
und Verfahren der Gemeinschaft zu ändern. In wenigen Jahren sollen diese Änderungen
abgeschlossen sein. Darüber hinaus hat die Kommission zugesagt, die Beteiligung von
Interessierten am politischen Entscheidungsprozess und an der Festlegung von Zielen, wie in
Abschnitt 8 beschrieben, zu verbessern.
Die vollständige Umsetzung der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung und die
vorgeschlagene strategische Umweltprüfung werden dazu beitragen, den Einfluss der Bürger
zu stärken, indem sie mehr Möglichkeiten zur Mitsprache bei Entscheidungen über Planung,
Projekte und politische Strategien erhalten.
Wenn Menschen als Wähler Einfluss nehmen und als Betroffene bei behördlichen
Entscheidungen auf allen Verwaltungsebenen ein Mitspracherecht ausüben sollen, müssen sie
wissen und verstehen, worum es genau geht, was zur Lösung der Probleme erforderlich ist
und wie sie dazu beitragen können. Daher sind Initiativen zur Umwelterziehung, zur
Information, beispielsweise in Form von Indikatoren und Karten, und zur Sensibilisierung in
diesem Zusammenhang von grundlegender Bedeutung. Es wurden bereits Initiativen zur
Entwicklung einer Reihe von Umweltindikatoren auf europäischer Ebene sowie zur
Verbesserung der Darstellung von Informationen in Kartenform ins Leben gerufen. Die
Erziehung und Ausbildung fällt ganz und gar in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen
Mitgliedstaaten, und sie sind aufgefordert, Umweltfragen in ihre Lehrpläne in den Schulen zu
aufzunehmen.
Informationen, die auf eine umweltgerechte Gestaltung des Lebensstils der Bürger hinwirken
sollen, können wahrscheinlich am besten auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene und
durch verschiedene Stellen, die Ansehen und Vertrauen genießen, angefangen von den
Behörden bis zu NRO, informiert werden. Praktische Informationen sind erforderlich, die den
Verbrauchern dabei helfen, alternative Produkte und Dienstleistungen zu verwenden bzw. in
Anspruch zu nehmen und zu kaufen, welche energieeffizient, rezyklierbar oder anderweitig
umweltgerecht sind. Es gibt bereits entsprechende Initiativen, darunter Websites und
Ausbildungsprogramme beispielsweise in Großbritannien und Schweden. Die Gemeinschaft
kann die Verbreitung solcher Aktivitäten durch Information über beste Praktiken und durch
praktische Instrumente zur Ankurbelung von Maßnahmen lokaler Behörden und anderer
Einrichtungen fördern.
Umweltpolitische lokale Maßnahmen sind weit verbreitet und zeigen, dass den Menschen
daran gelegen ist, dass sie weiterhin in einer angenehmen Umgebung leben können und dass
die Landschaft und die Natur, die sie umgeben, erhalten bleiben. Die Beteiligung der

Drucksache 14/6423 – 32 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Öffentlichkeit könnte durch leichter zugängliche und bessere Qualitätsinformationen
gefördert werden. Durch die Umweltberichterstattung von Unternehmen und Behörden
müssen Informationen auf lokaler Ebene zur Verfügung gestellt werden, so dass die
Menschen in einem Gebiet ohne weiteres an Daten über die Emissionen von Fabriken oder
anderen Einrichtungen herankommen können. Das ist in den Vereinigten Staaten bereits gang
und gäbe, wo Karten mit solchen Informationen auf dem Internet eingesehen werden können.
Die Überprüfung der Berichterstattungssysteme für Umweltinformationen wird in Abschnitt 8
behandelt. Der Zugang der Öffentlichkeit zu leicht verständlichen, lokalen Informationen soll
zu einem Ziel der Berichterstattung gemacht werden.
Aktionen

–Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs der Bürger zu Umweltinformationen und
zur Verbesserung ihrer Qualität (z.B. lokale Schadstoffemissionswerte).

–Entwicklung praktischer Instrumente für die regionale oder lokale Ebene, mit denen
die Bürger ihre eigene Umweltleistung oder die ihres Haushalts einordnen können
und mit denen sie Informationen darüber erhalten, wie sie diese Leistung verbessern
können.

2.5. Berücksichtigung von Umweltbelangen in der Flächennutzungsplanung und in
Managemententscheidungen

Im komplexen Wechselspiel der Kräfte und Belastungsfaktoren, die zu Umweltproblemen
führen, spielen die Flächennutzungsplanung und das Management wesentliche Rollen. Dies
betrifft sehr verschiedene Entscheidungen - in der Regel auf lokaler und regionaler Ebene -
von denen die Art und die Intensität der Flächennutzung und der Aktivitäten abhängt, die
häufig eine erhebliche Auswirkung auf die Umweltbedingungen haben. Diese Auswirkungen
können direkt sein, beispielsweise die Zerstörung von Habitaten und Landschaften, oder
indirekt, wie die Erzeugung zusätzlichen Verkehrs und die damit verbundenen Auswirkungen
auf die Verkehrsüberlastung, die Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen. Diese
Auswirkungen sind in städtischen Gebieten und an Küsten ein besonders großes Problem, da
diese Gebiete unter einem größeren Entwicklungsdruck stehen und verschiedene
Flächennutzungen oft miteinander in Konflikt stehen.
Die Gemeinschaftsrichtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung10 (UVP) und der
Vorschlag zu einer strategischen Umweltprüfung (SUP), mit denen sichergestellt werden soll,
dass die Umweltauswirkungen geplanter Infrastrukturprojekte und der Planvorhaben
gebührende Beachtung finden, werden ebenfalls dazu beitragen, dass in
Planungsentscheidungen Umweltbelange in größerem Maße berücksichtigt werden.
Ansonsten kann sich die Gemeinschaft nur unterstützend und fördernd für eine effektive
Planung und angemessene Politik auf lokaler und regionaler Ebene einsetzen. Das demnächst
erscheinende Grünbuch über den Stadtverkehr wird sich mit den besten Praktiken und
Leistungsvergleichen im Hinblick darauf befassen, den Verkehr durch eine rationelle Pkw-
Benutzung und die Förderung des öffentlichen Verkehrs umweltfreundlicher zu machen.
Initiativen wie das Netz zukunftsfähiger Städte und das Pilotprogramm für das integrierte
Management von Küstengebieten müssen weiterentwickelt und ausgeweitet werden. Die

10 Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 73 vom
14.3.1997, S. 5 - 15.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 33 – Drucksache 14/6423

Kommission plant darüber hinaus ein Programm speziell für Architekten, Planer,
Verwaltungsbeamte, Bauträger, Umweltschutzgruppen und Bürger, das das Ziel hat, die
Anwendung bester Praktiken in der Stadtplanung und eine nachhaltige Stadtentwicklung zu
fördern. In erster Linie sollen Netze für beste Praktiken beispielsweise durch den Aufbau
einer Website geschaffen werden, die als Forum für den Austausch von Ideen und
Erfahrungen und dem Praktizieren von nachhaltigem Tourismus.
Gemeinschaftsprogramme und insbesondere Maßnahmen der Regionalpolitik werden eine
wichtige Rolle dabei spielen, Anreize zu einem Ökomanagement zu geben. Im Rahmen der
gemeinsamen Agrarpolitik bieten sich durch Programme für Umweltschutz in der
Landwirtschaft zunehmend Möglichkeiten zur Förderung einer umweltverträglichen
Bodenbewirtschaftung. Das ist ein wichtiges Element zur Unterstützung der Umsetzung von
Natura 2000 und allgemeinerer Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt und der
Landschaft. Die Entwicklung von Netzen von Urlaubszielen wird zu einer aktiven
Partnerschaft im Interesse eines umweltverträglicheren Tourismus' beitragen.
Aktionen

–Sensibilisierung durch eine Mitteilung über Raumordnungsplanung und Umwelt - die
territorialen Aspekte.

–Maßnahmen zur Verbesserung der Umsetzung der Richtlinie über die
Umweltverträglichkeitsprüfung und die vollständige und sachgemäße Einführung
von strategischen Umweltprüfungen nach deren Annahme auf Ebene der
Gemeinschaft.

–Arbeitsprogramm der Kommission zur Verbreitung bester Praktiken für die auf
Zukunftsfähigkeit ausgerichtete Planung; das Arbeitsprogramm sieht u.a. die
Schaffung einer Website und dazugehöriger Instrumente vor.

–Weiterhin Unterstützung von Programmen und Netzen zur Förderung des
Erfahrungsaustausches und der Entwicklung bester Praktiken für eine nachhaltige
Stadtentwicklung.

–Beitrag zur Sicherstellung - bei der Kohäsionspolitik der Gemeinschaft, insbesondere
bei der Vergabe von Mitteln aus den Fonds der Gemeinschaft -, dass Fragen der
nachhaltigen Flächennutzungsplanung, einschließlich der nachhaltigen
Stadtentwicklung, angemessen berücksichtigt werden.

–Aufstockung der Mittel und Ausdehnung des Anwendungsbereichs von
Umweltschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft im Rahmen der gemeinsamen
Landwirtschaftspolitik.

–Förderung und Entwicklung von Netzen von Urlaubszielen, um eine aktive
Partnerschaft für einen umweltgerechten Tourismus zu fördern.

Drucksache 14/6423 – 34 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. KLIMASCHUTZ
3.1. Problematik
Alles deutet darauf hin, dass der Klimawandel bereits eingesetzt hat. Klimaschwankungen
können zwar natürliche Ursachen haben, doch führen Tätigkeiten des Menschen eindeutig zu
einer Erhöhung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre. Die Wissenschaftler
sind inzwischen fest davon überzeugt, dass dies höhere Temperaturen und ernsthafte
Konsequenzen für die Stabilität und das Gleichgewicht des Klimas zum Ergebnis haben wird.
Stichhaltige, in den Berichten des Zwischenstaatlichen Gremiums für Klimaveränderungen
aufgelistete Anhaltspunkte dafür sind:

– In den letzten 100 Jahren sind die Durchschnittstemperaturen in Europa um rund
0,8°C gestiegen.

–Das letzte Jahrzehnt war das wärmste Jahrzehnt seit Menschengedenken und das Jahr
1998 das wärmste Jahr.

– In Nordeuropa nehmen die Niederschläge zu, während sich in Südeuropa die
Trockenheit ausbreitet.

Neuen Prognosen11 zufolge soll die Klimaänderung mit einem Temperaturanstieg von
zwischen 1°C und 6°C bis zum Jahr 2100 einhergehen, was zu einem Anstieg des
Meeresspiegels um bis zu 90 cm und erheblichen Änderungen in den üblichen
Witterungsverhältnissen - wie zunehmende Trockenheit, Überschwemmungen,
Kälteeinbrüche und heftige Stürme - führen wird. Die nördlichen Gebiete Europas sollen den
Prognosen zufolge wärmer und feuchter werden, es wird häufiger zu Überschwemmungen
und orkanartigen Stürmen kommen. Im Süden hingegen soll die Trockenheit deutlich
zunehmen, was erhebliche Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft, die
Wasserspeicher und den Fremdenverkehr haben wird. Wenn keine Gegenmaßnahmen
getroffen werden, dürfte sich der Klimawandel mit einer Geschwindigkeit vollziehen, die es
Pflanzen und Tieren in den verschiedenen Klimazonen unmöglich macht, schnell genug in für
sie angemessene Klimazonen zu migrieren. Die Folgen für die biologische Vielfalt, die bereits
jetzt aus anderen Gründen stark bedroht ist, könnten verheerend sein.
Das alles könnte katastrophale Konsequenzen für die Gesellschaft haben. So könnte
zunehmende Trockenheit und der Zusammenbruch der Landwirtschaft in bestimmten
Regionen der Welt zu einer Bedrohung der Sicherheit und der gesellschaftlichen Stabilität
werden. Auch dürften sich Krankheiten in neue Teile der Welt ausbreiten, beispielsweise
werden tropische und subtropische Krankheiten in Gebieten neu auftreten, in denen das Klima
wärmer und feuchter wird. Die Kosten der wirtschaftlichen Folgen dieser Veränderungen
werden die Kosten von Abhilfemaßnahmen bei weitem übersteigen.12

11 Dritter Bewertungsbericht, IPPC, 2000.
12 European Environmental Priorities: An Integrated Economic and Environmental Assessment

(Umweltpolitische Prioritäten in Europa: Eine integrierte wirtschaftliche und umweltspezifische
Bewertung) GD Umwelt (2000)

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35 – Drucksache 14/6423

Die Treibhausgase, um die es dabei geht, sind Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4),
Distickstoffoxid (N2O) und die sogenannten fluorierten Gase13. Hauptverantwortlich für die
Erhöhung der Treibhausgasemissionen ist die Verbrennung fossiler Brennstoffe in
Kraftfahrzeugen, Lastwägen, Flugzeugen, Kraftwerken, Wohnungsheizungen, usw. Weitere
Treibhausgasquellen sind u.a. Methangasemissionen aus der Viehhaltung, Stickstoffoxide aus
dem Ackerbau, Methanemissionen aus Mülldeponien sowie Emissionen von fluorierten
Gasen aus Fertigungsprozessen. Die Entwaldung und Änderungen in der Flächennutzung
tragen ebenfalls maßgeblich zur Freisetzung von CO2 in die Atmosphäre bei. Auf der
anderen Seite können die CO2-Werte in der Atmosphäre abgebaut werden, indem Kohlenstoff
infolge einer Änderung der Flächennutzungsmuster und -praktiken in Biomasse (Wälder) und
Böden geologisch oder anderweitig gebunden wird.
Die Treibhauswirkung dieser Gase könnte die Regenerierung der Ozonschicht weiter
verzögern, was wiederum das Erdklima beeinflusst. Das Wissen über die Atmosphäre, ihre
chemische Zusammensetzung und ihre Dynamik muss verbessert werden.
Die EU hat ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2000 auf dem Niveau von 1990 stabilisieren
können und hat so ihre Verpflichtung erfüllt. Das war jedoch im wesentlichen auf
außerordentliche Emissionensverminderungen in Deutschland und Großbritannien
zurückzuführen. Der Umfang der Treibhausgasemissionen dürfte sich jedoch bis zum Jahr
2010 nicht weiter verringern, wenn keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden. Im
Verkehr sollen die CO2-Emissionen um bis zu 40 % ansteigen. Schon heute gehen auf diesen
Sektor fast 30 % der gesamten CO2-Emissionen in der EU zurück. Das folgende Schaubild
zeigt, wie sich die Zunahme voraussichtlich auf die wichtigsten Wirtschaftssektoren verteilen
wird.

0200
400600
8001000
12001400
1600

Ene
rgie

vers
org

ung
Ver

keh
r
Indu

strie

Hau
sha

lte

Lan
dwi

rtsc
haft

Die
nstl

eist
ung

en

Abf
allw

irtsc
haft

Emissionen 1990
Prognosen für
2010

Aufgliederung des Anteils der wichtigsten Sektoren an den Treibhausgasemissionen
Zahlenangaben in Mt CO2-Äquivalent14

Zugleich müssen Klimaschutzmaßnahmen nicht unbedingt ein verringertes
Wirtschaftswachstum und geringeren Wohlstand nach sich ziehen. Es bedeutet vielmehr einen

13 Neben diesen Gasen sind die Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, (wie FCKW) sehr
wirksame Treibhausgase. Sie werden durch das Montrealer Protokoll aus dem Verkehr gezogen. Daher
werden diese Gase bei Klimaschutzmaßnahmen nicht mehr berücksichtigt.

14 Economic Evaluation of Sectoral Emission Reduction Objectives for Climate Change (Wirtschaftliche
Bewertung der Emissionsreduktionsziele für die einzelnen Sektoren im Hinblick auf den Klimaschutz)
(Januar 2001), GD Umwelt

Drucksache 14/6423 – 36 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Umbau der Wirtschaft, so dass die Emissionen vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt
werden. Die Klimaänderung ist eine wirksame Triebkraft für die technologische Innovation
und für eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit.
3.2. Gesamtziele und Einzelziele
Gesamtziel
Stabilisierung der Konzentrationen der Treibhausgase in der Atmosphäre auf einem Niveau,
das nicht zu unnatürlichen Schwankungen im Weltklima führt, im Einklang mit dem
Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen.
Einzelziele
Nach Schätzungen der Wissenschaftler müssen die Treibhausgasemissionen zur Erreichung
dieses Zieles weltweit längerfristig um rund 70 % gegenüber den Werten von 1990 gesenkt
werden.
Im Hinblick auf das langfristige Ziel muss mit Hilfe eines wirksamen internationalen
Übereinkommens bis 2020 (entsprechend dem tatsächlichen Wirtschaftswachstum und somit
den Treibhausgasemissionen sowie entsprechend der Wirksamkeit der
Klimaschutzmaßnahmen) eine Verminderung in der Größenordnung von 20 - 40 % gegenüber
den Werten von 1990 angestrebt werden.
Auf kurze Sicht hat sich die EU im Kyoto-Protokoll verpflichtet, die Treibhausgasemissionen
bis 2008-2012 um 8 % gegenüber den Werten von 1990 zu senken.
3.3. Politisches Konzept
Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels
Die Bekämpfung des Klimawandels erfordert eine starke internationale Zusammenarbeit. Die
Europäische Union ist mit nur 5 % der Weltbevölkerung jedoch für 15 % der
Treibhausgasemissionen verantwortlich. Daher müssen wir bei der Reduzierung der
Emissionen vorangehen. Ein erster wichtiger Schritt ist die Einhaltung der Ziele von Kyoto,
die für die Gemeinschaft eine 8-prozentige Verminderung der Treibhausgasemissionen bis
2008-2012 gegenüber dem Niveau von 1990 bedeutet. Selbst dieses bescheidene Ziel
erfordert erhebliche Anstrengungen in sämtlichen Sektoren der Wirtschaft, die zu den
Emissionen beitragen. Parallel dazu sollte sich die Gemeinschaft dafür einsetzen, dass auf
internationaler Ebene eine Einigung über ehrgeizigere Reduktionsziele erzielt wird.
Im Hinblick auf wirksame gemeinschaftsweite Klimaschutzmaßnahmen hat die Europäische
Kommission eine Mitteilung über politische Konzepte und Maßnahmen der EU zur
Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie ein Grünbuch zum Handel mit
Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union herausgegeben15. In diesem
Zusammenhang hat die Kommission das Europäische Programm zur Klimaänderung16(ECCP)
eingeführt. Die Ergebnisse des ECCP werden die Grundlage für konkrete Vorschläge in den
Bereichen Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft und für eine EU-interne
Emissionshandelsregelung bilden.

15 Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union, KOM (2000) 87 endg.
16 Politische Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft zur Verringerung der Treibhausgasemissionen:

zu einem Europäischen Programm zur Klimaänderung (ECCP), KOM(2000)88 endgültig

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 37 – Drucksache 14/6423

Unsere Maßnahmen gliedern sich in folgende Aktionsschwerpunkte:
– spezielle Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz, zur Förderung der

Energieeinsparung, der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energieformen und
Rohstoffe und zur Reduzierung anderer Treibhausgase als CO2. Das kann
beispielsweise durch spezielle Rechtsvorschriften (darunter durch die
Rechtsvorschriften über die integrierte Vermeidung und Verminderung der
Umweltverschmutzung), Umweltvereinbarungen mit der Industrie, die Verwendung
von Marktinstrumenten und die Förderung fortschrittlicher Technologien
bewerkstelligt werden.

– die Einbeziehung der klimaschutzpolitischen Ziele in die sektoralen Politikbereiche
der Gemeinschaft wie Verkehr, Energie, Industrie, Regionalpolitik und
Landwirtschaft mit spezifischen Zielen, wobei konkrete Maßnahmen festgelegt und
angemessene Indikatoren entwickelt werden sollten.

– Strukturelle Veränderungen im Verkehr zur Bewältigung des Transportbedarfs,
die Förderung einer Verkehrsverlagerung auf die Eisenbahn, den
Schiffsverkehr und den öffentlichen Verkehr und die Verbesserung der
Effizienz im Verkehr sind in diesem Zusammenhang vorrangig. Alternative
Brennstoffe und geeignete Motortechnologien, die effizienter sind oder bei
denen kein oder wenig Kohlenstoff anfällt, müssen im Hinblick darauf
erforscht und genutzt werden, dass sie wirtschaftlicher werden. Die
Aufmerksamkeit wird auch auf die Emissionen aus der Luftfahrt gerichtet, die
den Schätzungen zufolge zwischen 1990 und 2010 um fast 100 % zunehmen
werden.

– In der Energiewirtschaft müssen eine weitere Umstellung der
Elektrizitätserzeugung von Kohle und Erdöl auf Quellen mit einem geringeren
CO2-Ausstoß, insbesondere Erdgas, und die Dekarbonisierung fossiler
Brennstoffe gefördert werden. Der Anteil der erneuerbaren Energieträger an
der Stromerzeugung soll kontinuierlich steigen und im Jahr 2010 einen Anteil
von 12 % erreichen. Die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung (bei der die bei
der Stromerzeugung entstandene Wärme in Gewerbe- oder Wohngebäude
geleitet wird) ermöglicht eine Erhöhung der Effizienz und eine Verminderung
der CO2-Emissionen. Bis zum Jahr 2010 sollte der Anteil der Kraft-Wärme-
Kopplung an der Elektrizitätsversorgung 18 % erreichen. Die Steuerung der
Energienachfrage wird ein wesentliches Element der Energiepolitik sein.

– Was andere Sektoren anbelangt, so sollten die Distickstoffoxid- und
Methanemissionen in der Landwirtschaft erheblich reduziert werden, die
Kohlenstoffbindung sollte genutzt werden, indem die Kohlenstoffsenken in der
Land- und Forstwirtschaft wirksamer gemacht werden, und Holzerzeugnisse
sollten in Wohnungen und in der Industrie verstärkt verwendet werden. Die
Industrie sollte sich um eine Erhöhung der Energieeffizienz bemühen und
dabei eine jährliche Verbesserung um mindestens 1 % anstreben, wie im
Aktionsplan der Europäischen Union zur Energieeffizienz vorgesehen ist.

– Entwicklung von sektorenübergreifenden Strategien, darunter die Einführung
einer EU-weiten Emissionshandelsregelung bis zum Jahr 2005 und einer
Energiesteuer, die zu einem steten und vorhersagbaren Anstieg der Energiepreise
führt.

Drucksache 14/6423 – 38 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– Förderung der Forschung in den Bereichen innovative Technologien und
Materialien, Kohlenstoffquellen und -senken im Meer, Auswirkungen der Chemie
der Atmosphäre, ferner Maßnahmen im Hinblick auf eine drastische Einschränkung
des Energieverbrauchs.

– Verbesserung der Information der Bürger und der Wirtschaft über den
Klimawandel, über dessen Auswirkungen auf lokaler Ebene und über den Beitrag,
den sie zum Klimaschutz leisten können. Regionale Beurteilungen, die die direkten
Auswirkungen auf die Gemeinden aufzeigen, werden von der Notwendigkeit von
Veränderungen überzeugen und zur Sensibilisierung beitragen.

Die Möglichkeit der Bindung von CO2 in stillgelegten Erdgas- und Ölfeldern sowie
Grundwasserspeichern muss erkundet und, wenn dies umweltverträglich und wirtschaftlich
durchführbar ist, genutzt werden.
Im Rahmen des Europäischen Programms für den Klimawandel17 wird die Kommission
entsprechende Politiken und Maßnahmen der Gemeinschaft in einem Verfahren ausarbeiten,
in das die verschiedenen Interessengruppen eingebunden sind. Die Mitgliedstaaten wie auch
die regionalen und lokalen Behörden sind jedoch für viele der erforderlichen Maßnahmen
zuständig, beispielsweise für die Verkehrspolitik, die Raumordnungspolitik und
Sensibilisierungskampagnen.
Durch den Beitritt mittel- und osteuropäischer Staaten zur Europäischen Union werden sich
Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz und dadurch zur Emissionsverringerung
in dieser Region bieten. Außerdem kann dadurch gewährleistet werden, dass die
Umweltkosten in die Energiepreise eingerechnet werden. Dabei muss sichergestellt werden,
dass die Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik in diesen Ländern nicht zu einem Anstieg
der Methan- und Distickstoffoxidemissionen führt.
Aktionen
– Schaffung einer EU-weiten Handelsregelung für CO2-Emissionen.
– Erstellen eines Verzeichnisses und Überprüfung sämtlicher Energiebeihilfen in den

Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Vereinbarkeit mit den Zielsetzungen
hinsichtlich des Klimawandels.

– Förderung erneuerbarer Energiequellen durch die neue Richtlinie und durch die
Sicherung einer angemessenen Unterstützung dieser Quellen auf einem
liberalisierten Energiemarkt.

– Nutzung von Marktinstrumenten, beispielsweise durch die Annahme von Vorschläge
für eine Energiesteuer.

– Förderung des Energiesparens bei der Beheizung und Kühlung von Gebäuden.
– Umweltvereinbarung mit der Industrie über Energieeffizienz und Reduzierung der

spezifischen Emissionen.

17 Politische Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft zur Verringerung der Treibhausgasemissionen:
zu einem Europäischen Programm zur Klimaänderung (ECCP), KOM(2000)88 endgültig

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 39 – Drucksache 14/6423

– Bestimmung von Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der
Luftfahrt, falls die Internationale Ziviluffahrt-Organisation sich bis 2002 nicht auf
entsprechende Maßnahmen geeinigt haben sollte.

– Klimawandel als wichtiger Bereich der Gemeinschaftspolitik für Forschung und
technologische Entwicklung, sowie in der Forschungskoordination in
Mitgliedsstaaten.

Für den Klimawandel gerüstet sein
Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen führt nur mit erheblicher zeitlicher
Verzögerung zu einer Verminderung der Konzentrationen. Selbst wenn es uns gelingt, die
Emissionen auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren, werden sich wahrscheinlich gewisse
Klimaänderungen einstellen, die auf die bereits erfolgte Akkumulierung von Treibhausgasen
in der Atmosphäre zurückzuführen ist. Daher müssen wir Maßnahmen konzipieren und
umsetzen, um uns auf die Auswirkungen des Klimawandels einzustellen.
Studien zufolge zeichnen sich bereits bestimmte Schwerpunktbereiche ab, darunter:
– Energieversorgungs- und Verkehrsnetze und die entsprechende Infrastruktur, die

extremen Witterungsbedingungen standhalten müssen,
– eine Stadtplanung, die mehr Parks und Grünanlagen vorsieht und die Verwendung

von Baumaterialien fördert, welche dazu beitragen, die Temperaturen in den Städten
zu senken,

– Anpassung der Flächennutzungs- und Landwirtschaftspraktiken an die geänderten
Witterungsverhältnisse,

– Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge zur Bekämpfung von Magen- und
Darmerkrankungen, die sich in Europa ausbreiten dürften, wenn das Klima feuchter
und wärmer wird,

– Anpassung und Modernisierung von Notdiensten, darunter Anschaffung geeigneter
Ausrüstungen und Festlegung von Verfahren und realistische Einschätzung der
potenziellen Gefahren des Klimawandels.

Für die Strategien zur Anpassung an den Klimawandel sind in erster Linie die Mitgliedstaaten
und die Gebietskörperschaften zuständig. Die Gemeinschaft kann deren Maßnahmen jedoch
unterstützen.
Aktionen
– Überprüfung der Gemeinschaftspolitik und insbesondere der die Kohäsion

betreffenden Politiken, um zu gewährleisten, dass bei Investitionsentscheidungen die
Fragen der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels angemessen
berücksichtigt werden,

– Entwicklung von Instrumenten für die Erstellung von regionalen Klimamodellen und
für die Beurteilung der Klimaänderung im Hinblick auf regionale
Anpassungsmaßnahmen und zur Unterstützung der Sensibilisierung der Bürger und
der Wirtschaft.

Vorreiterposition Europas bei internationalen Maßnahmen

Drucksache 14/6423 – 40 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Europäische Union muss bei der Festlegung und Überwachung von Zielen, welche zur
wirksamen Bekämpfung des Klimawandels beitragen, und bei der Durchsetzung der Ziele
weiterhin international an führender Position bleiben. Ein erster Schritt wird die rechtzeitige
Ratifizierung des Kyoto-Protokolls sein, so dass es 2002 in Kraft treten kann.
In künftige internationale Vereinbarungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen
müssen auch Länder eingebunden werden, die sich bisher im Kyoto Protokoll noch nicht zu
Emissionsverminderungen verpflichtet haben. Das betrifft vor allem die Länder, deren
Entwicklungsstand und Einkommensniveau bereits relativ hoch sind. Bei der Festlegung von
Zielen in künftigen Vereinbarungen sollte unter anderem auf eine gerechte Verteilung der
Treibhausgasemissionen geachtet werden.
Aktion

–Ratifizierung und Umsetzung des Kyoto-Protokolls.
Der Klimawandel ist eine große Herausforderung für die moderne Gesellschaft. Es gilt, ihm
auf internationaler Ebene mit konzertierten Aktionen und langfristiger Planung zu begegnen.
Wenn richtig gehandelt wird, werden unsere Maßnahmen gegen den Klimawandel
wahrscheinlich erhebliche Möglichkeiten und Vorteile für die Wirtschaft sowie
Nebenwirkungen in Form einer Verringerung der Luftverschmutzung mit sich bringen. Der
Industrie wird bei der Innovation, bei der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen
und bei ihrer Etablierung auf neuen Märkten in der Welt geholfen. In erster Linie werden
unsere Bemühungen, wenn sie erfolgreich sind, jedoch dazu beitragen, dass wir künftigen
Generationen eine intakte Umwelt und eine zukunftsfähige Gesellschaft hinterlassen.

4. NATUR UND BIOLOGISCHE VIELFALT - SCHUTZ EINER EINZIGARTIGEN RESSOURCE
4.1. Problematik
Gesunde natürliche Systeme, die sich im Gleichgewicht befinden, sind von grundlegender
Bedeutung für die Erhaltung des Lebens auf unserem Planeten. Die Gesellschaft ist darauf
angewiesen, dass die Natur die lebensnotwendigen Ressourcen liefert: Luft, Wasser, Nahrung,
Fasern, Arzneimittel und Baumaterial. Wir schätzen die Natur auch um ihrer selbst willen als
Dienstleister, als Quelle ästhetischen Genusses und wissenschaftlichen Interesses. Kinder
müssen mit einem Bewusstsein für die sie umgebende Natur aufwachsen. Als Spezies Mensch
kommt uns die Verantwortung zu, die inneren Werte der Natur für uns und für künftige
Generationen zu erhalten.
Das bedeutet, dass wir auf die von der menschlichen Aktivität ausgehenden Belastungen für
Natur und biologische Vielfalt reagieren müssen. Diese Belastungen lassen sich wie folgt
kategorisieren:
– Die Verschmutzung durch Verkehr, Industrie und Landwirtschaft bedroht weiterhin

Naturgebiete und wildlebende Pflanzen und Tiere. Ursachen der Verschmutzung
können unmittelbare und dramatische Ereignisse wie die Baia-Mare-Katastrophe in
Rumänien sein, bei der aus einer Goldmine in einen Fluss ausgetretenes Zyanid und
Schwermetalle zu einer Massenvernichtung von wildlebenden Pflanzen und Tieren
führten. Die Auswirkungen können auch allmählich entstehen, Beispiele sind etwa
der saure Regen, der Böden, Wälder und Seen belastet, oder Chemikalien, die die
Fortpflanzungsfähigkeit von Vögeln und anderen Tieren bedrohen. Die

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 41 – Drucksache 14/6423

"Eutrophierung", d.h. ein Nährstoffüberschuss in Gewässern, bewirkt das verstärkte
Wachstum von Algen oder anderen Pflanzen und könnte damit zu einer Bedrohung
für das Leben in Salz- und Süßwasser werden. Ionisierende Strahlung ist eine
potenzielle Bedrohung für Flora und Fauna, die überwacht werden muss.

– Eine weitere Umweltbelastung stellt die veränderte Bodennutzung dar. Außerdem
belasten wir die Umwelt, wenn wir die natürlichen Ressourcen, beispielsweise die
Fischbestände, schneller ausgebeuten, als sie wiederaufgefüllt werden können. Durch
den Bau neuer Straßen und Häuser und durch andere Entwicklungen wird die
Landschaft zunehmend zersplittert und das Überleben der Arten erschwert. Alles
deutet darauf hin, dass die Inanspruchnahme ländlicher Gebiete durch
Entwicklungsvorhaben in Zukunft zunehmen wird.

– Es gibt Bedenken hinsichtlich der potenziellen Gefahren für die biologische Vielfalt,
die von unvorgesehenen Auswirkungen der Ansiedlung bestimmter nicht heimischer
Arten, die nicht gut an die örtlichen Bedingungen angepasst sind, und/oder vom
Einsatz genetisch veränderter Organismen ausgehen können.

Die Ausbeutung der Meere und die zahlreichen Belastungen für die Meeresumwelt stellen
ähnliche, von menschlichen Aktivitäten ausgehende Bedrohungen dar.
Je mehr Lebensräume beeinträchtigt werden oder ganz verloren gehen, desto mehr sind
Wildtiere starken Umweltbelastungen ausgesetzt oder sogar vom Aussterben bedroht. In
Europa sind 38% der Vogelarten und 45% aller Schmetterlinge bedroht. In Nord- und
Westeuropa sind rund 60% aller Feuchtgebiete verloren gegangen. Rund zwei Drittel der
Bäume in der Europäischen Union sind gefährdet und im Süden stellen Waldbrände ein
Problem dar. Einigen Fischbeständen droht der Zusammenbruch, während andere Meerestiere
als auf dem Markt angebotener Fisch dezimiert wurden. Weltweit haben die Abholzung und
illegale Ausbeutung der Wälder zum Verlust von 90% der tropischen Küstenwälder
Südamerikas, eines Gebietes mit besonders großer biologischer Vielfalt, geführt. Der
internationale Handel mit Wildtieren gilt als Bedrohung für 30 000 Arten. 18

Der Erhalt von Natur und biologischer Vielfalt bedeutet nicht notwendigerweise das
Unterbinden menschlicher Aktivitäten. Ein großer Teil der heutigen wertvollen Landschaft
und naturnaher Lebensräume ist geprägt durch unsere traditionelle Landwirtschaft. Das
ökologische Gleichgewicht dieser modernen Landschaften mit verschiedenen Arten von Flora
und Fauna ist auch durch die Aufgabe von Grenzertragsflächen bedroht. Die Erhaltung
solcher wertvoller Landschaften erfordert geeignete Landbewirtschaftungsmaßnahmen.
Der Boden, eine nur begrenzt verfügbare Ressource und von lebenswichtiger Bedeutung für
die Landwirtschaft, ist ebenfalls Belastungen ausgesetzt. Die klima- und wetterbedingte
Erosion ist ein besonderes Problem in Südeuropa, aber auch zunehmend im Norden. Oft ist
die Erosion verbunden mit einem geringeren Gehalt an organischen Stoffen im Boden, was
zur Wüstenbildung beitragen kann. Einige landwirtschaftliche Verfahren und die Aufgabe
von Land zählen zu den begünstigenden Faktoren. Andere Bedrohungen schließen
Verschmutzung und die Inanspruchnahme von Land durch Entwicklungsvorhaben ein.
Fremdenverkehr und Umwelt sind eng miteinander verbunden. Ohne einen
verantwortungsvollen Umgang mit Natur, biologischer Vielfalt und auch dem kulturellen

18 "Die Umwelt in der Europäischen Union an der Jahrhundertwende", Europäische Umweltagentur, 1999

Drucksache 14/6423 – 42 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Erbe ist durch eine unkontrollierte Entwicklung des Fremdenverkehrs mit starken
Belastungen zu rechnen. Empfindliche Gebiete, wie Inseln, Küstengebiete und Gebirge
besitzen eine große biologische Vielfalt, der besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden
sollte; spezifische integrierte Bewirtschaftungsmaßnahmen sind im Hinblick auf die
Entwicklung des Fremdenverkehrs erforderlich.
Die Vielfalt, Verbreitung, Zusammensetzung in Bezug auf Größe und Alter sowie der
Reichtum der verschiedenen Arten sind Indikatoren für das Funktionieren der natürlichen
Systeme, auf das die Gesellschaft angewiesen ist. Wir müssen daher Maßnahmen ergreifen,
bevor es für die Erhaltung der unersetzlichen Ressourcen der Natur und der biologischen
Vielfalt zu spät ist.
4.2. Gesamtziele und Einzelziele
Schutz und nötigenfalls Wiederherstellung der Struktur und des Funktionierens der
natürlichen Systeme und Stopp des Verlustes der biologischen Vielfalt in der Europäischen
Union und weltweit.
Schutz der Böden gegen Erosion und Umweltverschmutzung.
4.3. Politisches Konzept
In Bezug auf den Schutz von Natur und biologischer Vielfalt wird in der Gemeinschaft ein
mehrgleisiger Ansatz verfolgt, der auf bereits bestehenden Politiken und Instrumenten
aufbauen kann:
– Errichtung des Netzes NATURA 2000, zur Ausweisung der repräsentativsten

Naturgebiete und Ökosysteme, die geschützt und bewirtschaftet werden müssen;
– Beitrag der Projekte im Rahmen des LIFE-Natur-Programms zur Umsetzung der

Naturschutzpolitik der Gemeinschaft;
– Gemeinschaftsstrategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt; als Follow-up

werden eine Reihe von Aktionsplänen aufgestellt, die sich auf die wichtigsten
Themen in den einzelnen wirtschafts- und sozialpolitischen Bereichen beziehen;

– gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zum Schutz von Wasserqualität und
Wasserressourcen, zur Verringerung der Luftverschmutzung, Versauerung und
Eutrophierung sowie über Umweltverträglichkeitsprüfungen für Projekte und (in
Zukunft) Flächennutzungspläne und Programme;

– Weiterentwicklung (im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik) der
Umweltschutzmaßnahmen im Agrarbereich seit 1992 und der Pläne zur ländlichen
Entwicklung mit stark umweltbezogenem Inhalt im Zeitraum 2000-2006 als
Reaktion auf die Agenda 2000. Darüber hinaus stellen die neuen, in der Agenda 2000
festgelegten Umweltschutzerfordernisse für die Landwirtschaft (einschließlich der
Möglichkeit, Direktzahlungen einzustellen oder zu kürzen, um deren Einhaltung
durchzusetzen) für die Mitgliedstaaten gleichzeitig einen Auftrag und eine Chance
dar, ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz
herzustellen.

– Revision der Gemeinsamen Fischereipolitik nach dem Jahr 2002, die zu einer
besseren Einbeziehung der Umweltschutzbelange führen wird;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 43 – Drucksache 14/6423

– Die Kommission hat desweiteren Empfehlungen für die Umsetzung des Integrierten
Küstenzonenmanagements vorgeschlagen. Dabei geht es um einen integrierten und
beteiligungsorientierten Ansatz für die zahlreichen, komplexen Probleme der
Küstengebiete.

4.4. Zukunftsperspektiven
Bedrohung durch Umweltverschmutzung
Umsetzung
Der Natur und der biologischen Vielfalt kommt die praktische Umsetzung der
Umweltschutzvorschriften in den Mitgliedstaaten bereits zugute. In einigen Fällen muss die
Umsetzung noch verstärkt werden. Wichtige Bereiche, in denen etwas getan werden muss,
sind Wasser und Luft.
Katastrophen und Katastrophenschutz
Die Gemeinschaft braucht eine kohärente und konsolidierte Politik für den Umgang mit
Naturkatastrophen und Unfallrisiken. Die Gemeinschaft kann die Mitgliedstaaten mit
langfristigen Vorbeugungsmaßnahmen unterstützen, indem sie beispielsweise die
Planungsinstrumente für die Flächennutzung, Bewertungs- und Frühwarninstrumente sowie
ein verbessertes Notfallmanagement fördert, bei dem zum Beispiel Satellitenüberwachung
(über das Satellitennavigationssystem GALILEO) und Erfahrungsaustausch zum Einsatz
kommen.
Mit der Seveso II-Richtlinie19 wurde eine gute Grundlage für das Management industrieller
Risiken geschaffen, sie sollte aber auf neue Bereiche wie Bergwerks- und Pipelineunfälle
ausgeweitet werden. Jüngsten Studien zufolge20 ist der Umgang mit schweren
Pipelineunfällen in den einzelnen Mitgliedstaaten in sehr unterschiedlichem Maße durch
Rechtsvorschriften abgedeckt; hier sind noch große Lücken zu schließen.
Aktionen
– Koordinierung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten bei Unfällen und

Naturkatastrophen durch die Gemeinschaft
– Maßnahmen zur Verhinderung von Industrieunfällen, einschließlich der Ausweitung

der Seveso-II-Richtlinie auf Pipelines und den Bergbau, und Maßnahmen betreffend
Bergbauabfälle

Strahlenschutz
Im Mittelpunkt des derzeitigen Strahlenschutzsystem steht der Schutz des Menschen.
International wird nun die Notwendigkeit diskutiert, auch Pflanzen und Tiere zu schützen. Die
Gemeinschaft sollte sich an dieser Arbeit beteiligen.

19 Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen
Stoffen, ABl. L 10 vom 14. Januar 1997

20 'Regulatory benchmark for the control of major accident hazards involving pipelines', GFS 1999

Drucksache 14/6423 – 44 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Aktion
– Prüfung des Bedarfs an Maßnahmen für den Schutz von Pflanzen und Tieren vor

ionisierender Strahlung und der Entwicklung entsprechender Umweltqualitätsstandards.
Flächennutzung
Zum Schutz natürlicher Gebiete, sowohl auf dem Land als auch im Meer, und der durch sie
geförderten biologischen Vielfalt müssen wir mit dem Entwicklungs- und Nutzungsdruck
verantwortungsbewusst umgehen. Wir müssen also die Bedeutung der Umweltbelange neben
einer gesunden Wirtschaft und Sozialstruktur in unseren ländlichen Gebieten und
Küstengebieten anerkennen.
Dieses Konzept setzt sich wie folgt zusammen:
Schutz und verantwortungsvoller Umgang mit Gebieten von besonderer Bedeutung - Natura
2000
Die europäische Politik zum Schutz der biologischen Vielfalt und der sie fördernden
Ökosysteme ist weiterhin auf die vollständige Umsetzung von Natura 2000 angewiesen. Ein
erster Schritt wird die Annahme einer Liste der Schutzgebiete durch die Kommission sein. In
einer zweiten Phase sollten die Mitgliedstaaten bis 2004 Bewirtschaftungspläne für jedes
Gebiet ausarbeiten.
Verantwortungsbewusster Umgang mit der Landschaft
Landwirtschaft
Die Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik haben sich positiv auf die ländliche Umwelt
ausgewirkt und werden dies auch weiterhin tun. Diese Entwicklung kann jedoch dadurch
unterstützt werden, dass ein größerer Teil der im Rahmen der GAP verfügbaren Mittel in
umweltfreundliche Maßnahmen fließt.
– In Mittel- und Osteuropa kann die Gemeinsame Agrarpolitik zur Modernisierung des

Agrarsektors beitragen; sie muss jedoch behutsam eingeführt werden und auf die
ländliche Entwicklung konzentriert sein. Die Durchführbarkeit der Ausweisung eines
bedeutenden Teils der Flächen als Agrarumweltbereich sollte geprüft werden.

Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung, einschließlich der Finanzierung im Rahmen der
'Sonderaktion zur Vorbereitung auf den Beitritt in den Bereichen Landwirtschaft und
ländliche Entwicklung' (SAPARD), sollten auf die Förderung des organischen Landbaus, von
Energiepflanzen, andere Bodenschutzmaßnahmen sowie die Entwicklung
nichtlandwirtschaftlicher Tätigkeiten in landwirtschaftlichen Betrieben abzielen.
Landschaften
Landschaften sind Systeme mit einer ihnen eigenen Geologie, Flächennutzung, natürlichen
und von Menschen geschaffenen Merkmalen, Fauna und Flora, Wasserläufen und Klima. Sie
werden geformt und gekennzeichnet durch sozioökonomische Bedingungen und
Siedlungsmuster. Die Erhaltung und Verbesserung von Landschaften ist wichtig für die
Lebensqualität und den ländlichen Fremdenverkehr sowie das Funktionieren der natürlichen
Systeme. Die Entwicklungsmaßnahmen und einige Arten von Landwirtschaft können jedoch
die Lebensfähigkeit von Landschaften bedrohen. Die Gemeinsame Agrarpolitik fördert bereits
landwirtschaftliche Produktionsverfahren, die besser zur Erhaltung traditioneller

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 45 – Drucksache 14/6423

Landschaften beitragen. Auf einer gesamteuropäischen Ebene sind in der Europäischen
Landschaftskonvention21 Maßnahmen zur Abgenzung und Einstufung von Landschaften, zur
Festlegung von Qualitätszielen für Landschaften und zur Einführung der notwendigen
Maßnahmen vorgesehen.
Auf Gemeinschaftsebene müssen Regional- und Agrarpolitik sicherstellen, dass
Landschaftsschutz, -erhaltung und -wiederherstellung richtig in die Ziele, Maßnahmen und
Finanzierungsmechanismen integriert werden.
Das Programm für Integriertes Küstenzonenmanagement ist ein Beispiel dafür, welche
Maßnahmen und Konzepte notwendig sind, um wirtschaftlichen Wohlstand und eine gute
Sozialstruktur mit dem Natur- und Landschaftsschutz zu vereinbaren.
Schutz und nachhaltige Entwicklung der Wälder
Die Wälder sind eine natürliche Ressource von grundlegender Bedeutung und ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor. Gut erhaltene und nachhaltig bewirtschaftete Wälder leisten einen
wichtigen Beitrag zu biologischer Vielfalt und ländlicher Entwicklung. Die nachhaltige
Bewirtschaftung wirkt wie eine Barriere gegen Umweltzerstörung und Waldbrände.
Maßnahmen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass die Wälder nicht nur kommerziellen
Zwecken dienen, sondern auch breitere Aufgaben in Bezug auf Wasser und Wasserqualität,
Bodenschutz und Stabilität sowie Schutz vor Erdrutschen und Lawinen erfüllen. Diese
Maßnahmen sollten innerhalb des Rahmes der 1998 Waldstrategie, welche im speziellen
regionale und lokale Handlungen unterstützt, getroffen werden.
Seit der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED), die
1992 in Rio de Janeiro stattfand, wurden weltweit bedeutende Anstrengungen unternommen,
um das Konzept der Nachhaltigkeit auf die Wälder anzuwenden. Im Rahmen
zwischenstaatlicher Gremien zum Schutz der Wälder (Intergovernmental Panel on Forests
und Intergovernmental Forum on Forests), des Internationalen Tropenholz-Übereinkommens,
des Übereinkommens über die biologische Vielfalt und anderer Foren wurde eine Einigung
über spezifische Empfehlungen für Maßnahmen erzielt. In Europa hat die Ministerkonferenz
für den Schutz der Wälder in Europa eine Plattform geschaffen, um auf die nachhaltige
Bewirtschaftung und den Schutz der Wälder hinzuarbeiten. In seiner Entschließung vom 15.
Dezember 1998 über eine Forststrategie der Europäischen Union hat der Rat die
multifunktionale Rolle der Wälder hervorgehoben und als wesentliches Element die
Umsetzung der von den Mitgliedstaaten und der Europäischen Gemeinschaft entwickelten
internationalen Verpflichtungen identifiziert.
Die Weiterentwicklung der Forstwirtschaft sollte im Rahmen der Pläne zur ländlichen
Entwicklung gefördert werden, wobei der Schwerpunkt auf einer Bewirtschaftung mit breit
gefächerten Zielsetzungen, einschließlich Erhaltung der biologischen Vielfalt, Naturschutz,
Schutz und Erholung liegen sollte. Programme zum Schutz der Wälder, durch die eine
nachhaltige Waldbewirtschaftung gefördert wird, sollten auf nationaler und regionaler Ebene
anhand geeigneter Leitlinien ausgearbeitet werden. Diese Programme sollten qualitative
Umweltziele in Bezug auf Produktion, biologischer Vielfalt, Auswirkungen auf das Wasser
und Erholung enthalten.

21 Die Europäische Landschaftskonvention wurde vom Ministerkomitee des Europarates am 19. Juli 2000
angenommen und am 20. Oktober 2000 auf einer Ministerkonferenz in Florenz von 18 Ländern
unterzeichnet

Drucksache 14/6423 – 46 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Mit der Zertifizierung der Wälder soll den Verbrauchern gezeigt werden, dass Holz und
Holzerzeugnisse aus Wäldern stammen, bei denen die kommerzielle Nutzung unter dem
Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und bewährter Umweltschutzpraktiken erfolgt. Zuverlässige
Waldzertifizierungssysteme sollten unterstützt werden.
Bodenschutz
Bislang wurde den Böden bei der Datenerhebung und Forschung wenig Aufmerksamkeit
geschenkt. Die wachsende Sorge in Bezug auf Erosion und Inanspruchnahme der Böden
durch Entwicklungsvorhaben sowie auf die Verschmutzung des Bodens zeigt jedoch deutlich,
dass ein systematisches Bodenschutzkonzept erforderlich ist, das folgende Themen abdeckt:
– Erosion und Wüstenbildung
– Verschmutzung durch Abfalldeponien, Industrie und Bergbau
– Verschmutzung durch Luft, Wasser und landwirtschaftliche Verfahren, das

Ausbringen von mit Schwermetallen kontaminierten Klärschlämmen sowie
organische Schadstoffe oder Krankheitserreger

– Verlust von Land und damit Boden durch Entwicklungsvorhaben
– Bedeutung des Bodens als Kohlenstoffsenke für die Klimaänderung.
Da die Belastungen des Bodens sehr komplexer Natur sind und eine auf einer soliden
Grundlage von Daten und Bewertungen basierende Bodenpolitik entwickelt werden muss,
wird eine spezifische Strategie für den Bodenschutz vorgeschlagen. Diese Arbeit sollte durch
die EU-Forschungsprogramme unterstützt werden.
Meeresumwelt
Ungeachtet seiner Bedeutung als Nahrungsquelle und für die Freizeitgestaltung sowie als
Klimafaktor sind die Kenntnisse über Aufbau und Funktionieren der Meeresumwelt
erstaunlich begrenzt. Unser Verständnis der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten auf die
Meeresumwelt und die Vorhersagbarkeit ist ebenso nur schwach ausgeprägt. Die Gesellschaft
hat jedoch große Auswirkungen auf die Meeresumwelt und ihre biologische Vielfalt,
insbesondere durch Verschmutzung der Flüsse, Küstengewässer und Meere durch Industrie
und private Haushalte. Andere Belastungen sind auf Schiffe zurückzuführen, die ihre Öltanks
entleeren, sowie auf Schiffsunfälle und die intensive Nutzung der Küstengebiete durch den
Menschen. Die Einführung nichtheimischer (allochthoner) Arten in neue Meeresumwelten
kann ebenfalls zu Umweltbelastungen führen.
Dies hat zu wachsender Verschlechterung und Verschmutzung unserer Meere mit negativen
Auswirkungen auf Lebensräume und die Tier- und Pflanzenwelt im Meer geführt.
In fast allen regionalen Meeren sind die Fischfangerträge zurückgegangen. Viele
Fischbestände werden überfischt. Die Befischungsintensität muss verringert werden. Dies
wird sich wiederum günstig auf die Fischbestände, Meeressäugetiere, Reptilien- und
Vogelpopulationen sowie die marinen Lebensräume auswirken. Die Gemeinsame
Fischereipolitik wird im Jahr 2002 überprüft, wobei auch andere Umweltbelange, die nicht
die nachhaltige Nutzung der befischten Bestände betreffen, voll und ganz in die Analyse und
die Empfehlungen für die Zukunft einbezogen werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 47 – Drucksache 14/6423

Der Schutz der Meeresumwelt und ihrer biologischen Vielfalt geht jedoch weit über die
nachhaltige Nutzung erneuerbarer Meeresressourcen hinaus und es bedarf einer integrierten
Strategie, um die Verschmutzung und Verschlechterung der marinen Lebensräume und
Küsten zu bekämpfen. Die Gemeinschaft muss diese Probleme mit Hilfe konzertierter
Aktionen ermitteln und quantifizieren, damit geeignete Maßnahmen getroffen werden
können. Im Rahmen dieser Strategie werden die zahlreichen Umweltbelastungen durch
unterschiedliche wirtschaftliche Aktivitäten der Menschen behandelt:
– Bevölkerungswachstum und Urbanisierung der Küstengebiete;
– die übermäßige Zufuhr von Stickstoff und Phosphor aus Tätigkeiten an Land und aus der

Luft können Eutrophierung bewirken;
– Missachtung des Nachhaltigkeitsprinzips im Fremdenverkehr an Land;
– Verschmutzung durch Unfälle, insbesondere durch Öltanker und andere Chemikalien

transportierende Tanker;
– Verschmutzung durch die Schifffahrt, beispielsweise durch die Reinigung von Öltanks;
– Verschmutzung durch Flüsse und Häfen;
– durch Kabelung und Pipelines entstehende Probleme; Verschmutzung durch die

Freisetzung radioaktiver Stoffe aus Verfahren, die das Risiko ionisierender Strahlung
bergen;

– Verklappung von Hafenschlamm und -sedimenten auf See;
– Befischungsintensität, die den Fortbestand der Fischvorkommen und der sonstigen Tier-

und Pflanzenwelt gefährdet;
Die richtige und vollständige Umsetzung der Richtlinie über kommunales Abwasser und der
Nitratrichtlinie werden wichtige Faktoren zur Verringerung der Eutrophierung sein, die eine
ernsthafte Bedrohung für die Meeresumwelt darstellt.

Drucksache 14/6423 – 48 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Aktionen
– Spezifische Strategie für den Boden
– Einbeziehung des Landschaftsschutzes und der Wiederherstellung der Landschaft in

Agrar- und Regionalpolitik
– Ausweitung von Natura 2000 auf die Meeresumwelt
– Unterstützung zuverlässiger Waldzertifizierungssysteme
– Weiterentwicklung der Forstwirtschaft und der bewährten Waldbewirtschaftung im

Rahmen von Plänen zur ländlichen Entwicklung
– Verstärkte Anstrengungen zur Einbeziehung der Umwelt in die Agrar-, Fischerei-

und Forstpolitik
– Überprüfung der Gemeinsamen Fischereipolitik
– Entwicklung einer Strategie für den Schutz der Meere
– Umsetzung des Integrierten Küstenzonenmanagements
Verstärkung der Kontrolle im Bereich der Überwachung, Kennzeichnung und
Rückverfolgbarkeit von genetisch veränderten Organismen
Die moderne Biotechnologie erleichtert die Bestimmung und Charakterisierung der
biologischen Vielfalt auf genetischer Ebene; dadurch werden Möglichkeiten für die
Entwicklung und Nutzung umweltfreundlicherer Produkte und Verfahren geschaffen. Auch
wenn der Einsatz der modernen Biotechnologie einschließlich der Freisetzung genetisch
veränderter Organismen von potenziellem Nutzen für die Verringerung der
Umweltverschmutzung und die Erhaltung der biologischen Vielfalt sein könnte, dürfen
jedoch die potenziellen langfristigen Risiken, insbesondere für die biologische Vielfalt, nicht
übersehen werden. Die Gemeinschaft verfügt über Rechtsvorschriften zur Kontrolle des
Inverkehrbringens dieser Erzeugnisse, die eine Bewertung der potenziellen Gefahren für die
menschliche Gesundheit und die Umwelt vorschreiben. Diese Rechtsvorschriften werden
verschärft durch die Einführung einer verbindlichen Überwachung sowie der Kennzeichnung
und Rückverfolgbarkeit in jeder Phase des Inverkehrbringens. Diese Maßnahmen sollten es
den für die Durchsetzung der Rechtsvorschriften zuständigen Mitgliedstaaten erleichtern, alle
langfristigen Auswirkungen auf die Umwelt zu überwachen. Von vorrangiger Bedeutung ist
auch die Ratifizierung und Umsetzung Protokolls von Cartagena über die biologische
Sicherheit.

Aktion
– Verstärkung der Kontrolle im Bereich der Überwachung, Kennzeichnung und

Rückverfolgbarkeit von genetisch veränderten Organismen
4.5. Internationale Maßnahmen
Auf internationaler Ebene hat die Europäische Union Interesse daran, die Nachhaltigkeit in
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau und Ölförderung sowie in anderen
Wirtschaftsbereichen zu fördern. Dadurch wird nicht nur zum Artenschutz beigetragen,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 49 – Drucksache 14/6423

sondern auch gewährleistet, dass die natürlichen Systeme der Erde weiterhin gut
funktionieren. So wird zur Entwicklung von zukunftsfähigen, wohlhabenden Gesellschaften
beigetragen, die besser Handel treiben können.
Um dies zu erreichen müssen in der Handels-, Entwicklungspolitik und bei Hilfsmaßnahmen
der Gemeinschaft22 weiterhin die Themen Natur und biologische Vielfalt aufgegriffen
werden, indem Hilfsprojekte diesbezüglich vollständig und ernsthaft geprüft werden. Im
Mittelpunkt dieses Konzepts werden Strategien zur Verminderung der Armut,
Umweltsicherheit, Nachhaltigkeit sowie die Erhaltung der natürlichen Ressourcen und der
biologischen Vielfalt stehen.
4.6. Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und Aktionspläne -

Wissenslücken schließen
Ergänzend zur Durchführung der Aktionspläne und Forschungsprogrammein den einzelnen
Bereichen müssen die künftigen Anstrengungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt durch
bessere Kenntnisse unterstützt werden. Wir müssen inbesondere mehr über den Zustand der
biologischen Vielfalt sowie die Belastungen und Tendenzen wissen. In diesem Bereich stehen
kaum Daten zur Verfügung und Organisationen wie die Europäische Umweltagentur und die
nationalen Statistik- und Informationsgremien müssen ihre Aufmerksamkeit auf die
Sammlung einschlägiger Basisinformationen richten.
Mit Hilfe guten Datenmaterials können nützlichere Indikatoren entwickelt werden, anhand
derer Tendenzen und Ursachen den politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit
verdeutlicht werden können. An der Festlegung der Landwirtschafts- und Umweltindikatoren
sowie der Ermittlung des entsprechenden Datenbedarfs wird bereits gearbeitet.
Ein besseres Verständnis der Auswirkungen unserer Gesellschaft und Wirtschaft auf die
biologische Vielfalt würde uns helfen, eine bessere, gezieltere Politik zu entwickeln. Dabei
sollte auf Nebenwirkungen und unerwartete Auswirkungen geachtet werden, beispielsweise
die Folgen von Steuerermäßigungen für Zweitwohnungen. Entsprechende Untersuchungen
sollten durchgeführt werden.
Aktionen
– Programm zur Sammlung von Daten und Informationen über Natur und biologische

Vielfalt
– Unterstützung der Forschung über biologische Vielfalt

22 In Einklang mit der in der Gemeinsamen Erklärung von Kommission und Rat vom 10. November 2000
erläuterten Entwicklungspolitik der Gemeinschaft

Drucksache 14/6423 – 50 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

5. UMWELT UND GESUNDHEIT
5.1. Problematik
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich immer stärker die Erkenntnis durchgesetzt, dass die
Qualität der Luft, des Wassers, der Böden und unserer Nahrungsmittel sich auf unsere
Lebensqualität auswirkt. Diese Auswirkungen reichen vom häufigeren Auftreten von
Allergien zu Erkrankungen der Atemwege, zu Krebs und Störungen des Hormon- und
Fortpflanzungssystems und können bei den Betroffenen zu einer geringeren Lebenserwartung
führen. Umweltbedingte Gesundheitsprobleme haben zahlreiche Ursachen: Verschmutzung
durch Verkehr, Landwirtschaft und Industrie, kommunales Abwasser und Abfallwirtschaft.
Deshalb muss bei Maßnahmen und Initiativen im Zusammenhang mit umweltbedingten
Gesundheitsproblemen auf zahlreichen verschiedenen Fronten vorgegangen werden.
Während der letzten 30 Jahre hat die Gemeinschaft im Umweltbereich zahlreiche erfolgreiche
Maßnahmen durchgeführt und konnte somit dazu beitragen, Schadstoffemissionen und -
konzentrationen zu verringern. Die Werte zahlreicher Luftschadstoffe sind in einigen Städten
und ländlichen Gebieten deutlich gefallen. Die Konzentrationen von polychlorierten
Biphenylen und Dioxinen, die in der Umwelt und in Lebensmitteln festgestellt werden, sind
gesunken, aber es sind noch lange nicht alle Probleme gelöst.23 Unser Trinkwasser ist viel
sauberer als vor 20 Jahren. Dank der in jüngerer Vergangenheit erfolgten Revision und
Aktualisierung gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften und Normen, die an neue Kenntnisse
und an den technischen Fortschritt angepasst wurden, können die europäischen Bürger - unter
der Voraussetzung, dass die Mitgliedstaaten diese Rechtsvorschriften vollständig umsetzen -
mit weiteren Verbesserungen auf zahlreichen Gebieten rechnen.
Trotz all dieser Fortschritte leiden aber immer mehr Kinder unter Asthma, ist in vielen
Flüssen und Seen immer noch kein sicheres Baden möglich und häufen sich die Nachweise,
dass Feststoffteilchen (Staub) und bodennahes Ozon jedes Jahr die Gesundheit von
Tausenden gefährden und bei den Betroffenen zu einer geringeren Lebenserwartung führen.
Hunderte, wenn nicht tausende künstlich hergestellter Chemikalien, einschließlich Pestiziden,
akkumulieren sich im Laufe der Zeit in der Umwelt, und wir beginnen eigentlich erst, die
Auswirkungen auf unsere Gesundheit zu verstehen. Eine schwache Exposition gegenüber
Schadstoffgemischen in Luft, Wasser, Lebensmitteln, Verbrauchsgütern und Gebäuden kann
signifikante Auswirkungen auf das Auftreten von Asthma, Allergien, einigen Krebsarten,
Neurotoxizität und Immunschwächen haben. Zudem sehen wir uns auch einem zunehmenden
Lärmproblem ausgesetzt.24

Bisher wissen wir noch wenig über die Folgen der Akkumulierung geringer
Schadstoffmengen in unserem Körper. Auch die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen
Schadstoffen in unserem Körper ("Cocktaileffekt") sind noch weitgehend unbekannt. Einige
der heutigen Normen orientieren sich am "durchschnittlichen" Erwachsenen, ohne daran zu
denken, dass bestimmte anfällige Bevölkerungsgruppen wie Kinder und ältere Menschen
besonders geschützt werden müssen. Angesichts dieser Situation muss Fragen
umweltbedingter Gesundheitsprobleme wieder mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

23 'Environment in the European Union at the turn of the Century' ("Die Umwelt in der Europäischen
Union an der Jahrhundertwende"), Europäische Umweltagentur, 1999

24 'Environment in the European Union at the turn of the Century' ("Die Umwelt in der Europäischen
Union an der Jahrhundertwende"), Europäische Umweltagentur, 1999

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 51 – Drucksache 14/6423

5.2. Gesamtziel für umweltbedingte Gesundheitsprobleme
Erreichen einer Umweltqualität, bei der künstlich hergestellte Schadstoffe, einschließlich
verschiedener Arten von Strahlung, keine signifikanten Gesundheitsauswirkungen bzw. -
gefahren verursachen.
Gesundheit ist definiert als Zustand eines vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen
Wohlbefindens, d.h. Gesundheit ist nicht auf die Abwesenheit von Krankheiten oder
Behinderungen beschränkt.
5.3. Politisches Gesamtkonzept
In der Vergangenheit konzentrierte man sich bei der Behandlung von umweltbedingten
Gesundheitsproblemen lediglich auf einzelne Schadstoffe und wurden Normen jeweils für ein
bestimmtes Medium (z.B. Luft, Wasser, Abfälle) festgelegt. Je mehr wir jedoch lernen, desto
deutlicher wird, dass die Zusammenhänge zwischen Umwelt und Gesundheit sich nicht auf
eine so einfache Sichtweise reduzieren lässt. So kann Verschmutzung an sich mitunter nicht
direkt gefährlich sein, aber gefährliche Auswirkungen haben, wenn sie über Boden oder
Wasser aufgenommen wird. Zudem können Maßnahmen zur Bekämpfung eines bestimmten
Problems auch - positive oder negative - Auswirkungen auf andere Probleme haben. Deshalb
wird ein ganzheitlicher und umfassender Ansatz benötigt.
Ferner muss auch den Prinzipien der Vorbeugung und der Vorsorge mehr Aufmerksamkeit
geschenkt werden. Wir müssen auch die Hersteller bzw. Benutzer stärker in die
Verantwortung nehmen, damit diese in größerem Umfang Daten bereitstellen und
Bewertungen der Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit der Verwendung einer
bestimmten Chemikalie vornehmen. Vorbeugung und Vorsorge bedeuten zudem, dass wir
gefährliche Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe ersetzen sollten, wo immer dies technisch
und wirtschaftlich machbar ist.
Die Gemeinschaft möchte in den kommenden Jahren nach folgendem allgemeinen politischen
Konzept vorgehen. Für jede Schadstoffgruppe
– werden die Gefahren für die menschliche Gesundheit ermittelt und entsprechende

Normen festgesetzt, wobei auch besonders anfällige Bevölkerungsgruppen wie
Kinder und ältere Menschen berücksichtigt werden. Diese Normen werden in
regelmäßigen Abständen geprüft und überarbeitet, um sie an neue wissenschaftliche
Erkenntnisse und technische Fortschritte anzupassen. Ist man sich über die
tatsächlichen Gefahren im Ungewissen, muss aber mit potenziell ernsten
Auswirkungen rechnen, kommt das Prinzip der Vorsorge25 zur Anwendung;

– wird geprüft, auf welchem Wege die Schadstoffe in den menschlichen Körper
gelangen und wie die Exposition am effizientesten minimiert oder zumindest auf
akzeptable Werte (d.h. in manchen Fällen auf Null) gebracht werden kann;

– werden die Prioritäten der Umwelt- und Gesundheitspolitik als Grundlage für
politische Maßnahmen und Normen für Luft, Wasser, Abfall und Böden sowie die
neue integrierte Produktpolitik herangezogen, um auf diesem Wege herauszufinden,
wie Emission und Verwendung gefährlicher Stoffe in Produkten und Prozessen
unterbunden werden kann.

25 KOM (2000) 1 endg., Mitteilung über das Prinzip der Vorsorge.

Drucksache 14/6423 – 52 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Das Konzept der integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
wird bei der Bewertung der Auswirkungen industrieller Anlagen weiterhin eine wichtige
Rolle spielen. Eine vollständige Umsetzung ist jedoch nur möglich, wenn alle relevanten
Referenzdokumente über die besten verfügbaren Techniken vorliegen. Diese Dokumente
müssen aktualisiert werden, um Entwicklungen in Technik und Technologie zu
berücksichtigen. Die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
ist auch ein wichtiges Thema der Beitrittsverhandlungen.
Das in der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der
Umweltverschmutzung vorgesehene Europäische Verzeichnis der Schadstoffemissionen
(European Pollutant Emission Register, EPER) wird sehr hilfreich sein, um zugängliche und
vergleichbare Umweltinformationen über die Emission von Schadstoffen aus industriellen
Quellen zur Verfügung stellen zu können. Das EPER dient der Sensibilisierung der
Öffentlichkeit und stellt zudem einen weiteren Schritt in Richtung eines "Rechts" der Bürger
auf Unterrichtung über die Verschmutzung durch die Industrie dar. Das Verzeichnis ist eine
erste Etappe auf dem Weg zu einem umfassenderen Register der Freisetzung und Übertragung
von Schadstoffen, das im Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen,
die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in
Umweltangelegenheiten gefordert wurde.
In den Beitrittsländern sind vor allem Probleme mit der Luft- und Wasserverschmutzung und
die davon ausgehenden Gesundheitsauswirkungen und Gesundheitsgefahren zu behandeln.
Bei Umsetzung des gemeinschaftlichen Umweltrechts können diese Probleme dort
angegangen werden, aber deshalb dürfen nicht andere wichtige Punkte aus dem Auge verloren
werden wie Technologietransfer, beste Praxis und Unterstützung bei der Verbesserung der
institutionellen Infrastruktur für Entwicklung und Umsetzung der Umweltpolitik.
Aktionen
– Stärkung der Forschung und der wissenschaftlichen Fachkenntnisse in der

Gemeinschaft, um das Erreichen der umwelt- und gesundheitspolitischen Ziele zu
unterstützen, insbesondere durch:
- Unterstützung bei der Festlegung der prioritären Bereiche für

Forschungstätigkeiten und sonstige Maßnahmen;
- Beschreibung und Entwicklung von Gesundheits- und Umweltindikatoren;
- Überprüfung bestehender Normen und Grenzwerte, die angesichts der

Bedenken, die z.B. im Hinblick auf anfällige Gruppen (ältere Menschen,
Kinder, Asthmatiker) geäußert werden, gegebenenfalls aktualisiert werden
müssen, und falls dies der Fall ist, Beschreibung einer optimalen
Vorgehensweise;

- Erfassung, Prüfung und Validierung der neuesten Entwicklungen in Forschung
und Überwachung mit dem Ziel, ein Frühwarnsystem für mögliche neue oder
entstehende Probleme zu ermöglichen;

- weitere Umsetzung und Weiterentwicklung der Richtlinie über die integrierte
Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 53 – Drucksache 14/6423

– Weiterentwicklung des Europäischen Verzeichnisses der Schadstoffemissionen
(EPER) zu einem umfassenderen Verzeichnis der Freisetzung und Übertragung von
Schadstoffen;

5.4. Ziel der Chemikalienpolitik: eine nicht toxische Umwelt
Problematik
Derzeit werden rund 30.000 künstlich hergestellte Chemikalien produziert und in Mengen von
über einer Tonne verwendet. Bei der Mehrzahl dieser Stoffe haben wir, wenn überhaupt, nur
sehr begrenzte Kenntnisse über die Gefahren, die sie für Mensch und Umwelt darstellen.
Potenziell gibt es viele Gefahren, die sehr ernst sein können und von Krebs zu
Geburtsschäden, Störungen des Hormonsystems, Schäden an lebenswichtigen Organen,
Hautkrankheiten, Allergien oder Asthma reichen können. Allerdings bieten die Chemikalien
der Gesellschaft aber auch viele Vorteile wie z.B. eine bessere Gesundheitspflege und
Hygiene.
Die Herausforderung besteht somit darin, ein neues System für Risikobewertung und –
handhabung von hergestellten, benutzen und auf den Markt gebrachten Chemikalien zu
schaffen, das es der Gesellschaft ermöglicht, sich Chemikalien zunutze zu machen, ohne
inakzeptable Risiken für Mensch und Umwelt einzugehen. .

Drucksache 14/6423 – 54 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Gesamtziele und Einzelziele
Gesamtziel
Schaffung einer Umwelt, in der von künstlich hergestellten Chemikalien keine inakzeptablen
Auswirkungen bzw. Gefahren für Mensch und Umwelt ausgehen.
Einzelziel
Eine Schritt für Schritt Bewertung mit klaren Ziel- und Fristsetzungen aller in großen Mengen
hergestellten Chemikalien (wie im Weispapier über die neue Chemikalienstrategie festgelegt).
Begonnen werden soll mit den in großen Mengen produzierten Chemikalien und
Chemikalien, die besonderen Anlaß zu Besorgnis geben.

Politisches Konzept
In den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für Chemikalien wird zwischen Chemikalien
unterschieden, die sich bereits auf dem Markt befinden, und solchen, die neu in Verkehr
gebracht werden sollen. Die Gemeinschaft hat umfassende und strenge Rechtsvorschriften26
erlassen und Verfahren für die Notifizierung neuer Chemikalien geschaffen. Dadurch ist
gewährleistet, dass potenzielle Gefahren gründlich bewertet werden und dann aufgrund der
entsprechenden Prüfungen entschieden wird, ob, und falls ja, in welcher Form eine neue
Chemikalie hergestellt und verwendet werden kann, ohne dass signifikante Gefahren für
Mensch und Umwelt entstehen.
Das Hauptproblem verursachen die bereits auf dem Markt befindlichen Chemikalien
(Chemikalien, die vor 1981, d.h. vor Inkrafttreten des oben genannten Rechtsaktes hergestellt
wurden). Derzeit werden mindestens 30.000 dieser Stoffe hergestellt, wovon die Kommission
2.500 als in großen Mengen hergestellte und verwendete Chemikalien eingestuft hat.
Hinsichtlich der Gefahren, die von zahlreichen dieser Stoffe ausgehen, stehen wir mit unseren
Kenntnissen erst am Anfang. Die Kommission hat bereits eine Liste von 140 gefährlichen
Stoffen erstellt, deren Behandlung und Risikobewertung Priorität genießen sollte. Leider sind
die einschlägigen Arbeiten bisher extrem langsam vorangeschritten.
Auf internationaler Ebene ist die Kommission fest zu Abschluss und Ratifizierung des POP-
Protokolls der UN über persistente organische Schadstoffe entschlossen, mit dem angestrebt
wird, die Herstellung und Verwendung von 12 persistenten organischen Schadstoffen
einzustellen, alte Lagerbestände und kontaminierte Gebiete zu sanieren und neue
Verbindungen zu bestimmen, die in das Protokoll aufgenommen werden sollen. Die
Gemeinschaft hat verschiedene weitere Übereinkommen (z.B. OSPAR27 und HELCOM28)
ratifiziert und ist nun mit deren Umsetzung befasst. Diese dienen dem Ziel, die Meeresumwelt
der Gemeinschaft vor Verschmutzung zu schützen, und enthalten auch Bestimmungen zur
Einschränkung bzw. zum schrittweisen Ausstieg aus der Herstellung und Verwendung
bestimmter Chemikalien.

26 Vollständiger Verweis auf Richtlinien, Verordnungen etc.
27 Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks.
28 Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks, 1992.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 55 – Drucksache 14/6423

Auf Gemeinschaftsebene möchte die Kommission die gemeinschaftliche Chemikalienpolitik
überarbeiten, um die oben genannten Ziele zu erreichen und folgende Maßnahmen ergreifen
zu können.

Aktionen
– Schaffung eines neuen einheitlichen Systems für die Testung, Beurteilung und

Risikobewertung vorhandener und neuer Chemikalien;
– Entwicklung eines Prüfsystems, das auf die jeweiligen Eigenschaften, die

Verwendung, die Exposition und die Mengen der produzierten oder importierten
Chemikalien zugeschnitten werden kann. Sämtliche Chemikalien müssen registriert
werden. Im Falle von Tonnenzunahmen oder bei speziellen und definierten
gefährlichen Eigenschaften ist das Augenmerk besonders auf lange andauernde und
chronische Auswirkungen zu richten.

– Stoffe mit bestimmten gefährlichen Eigenschaften, die besonders besorgniserregend
sind, müssen vor ihrer Anwendung neuen, spezifischen Risikobewertungen
unterzogen.

– Aktualisierung der Informationen der Industrie über die Eigenschaften jeder
Chemikalie, die sie herstellen und verwenden, wobei nicht nur Gesundheitsrisiken
am Arbeitsplatz, sondern auch potenzielle Gefahren für die Umwelt zu prüfen sind;

– Angleichung der Ressourcen und Ausbau der Infrastruktur für den Umgang mit
Chemikalien auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten, um gewährleisten zu
können, dass die oben genannten Ziele erreicht und die entsprechenden Maßnahmen
ergriffen werden können.

5.5. Pestizide
Problematik
Einer bestimmten Chemikaliengruppe muss besondere Aufmerksamkeit gelten, nämlich den
Pestiziden (d.h. Pflanzenschutzmittel und Biozide). Diese können über eine Verschmutzung
des Grundwassers, der Böden, der Nahrungsmittel und sogar der Luft die menschliche
Gesundheit gefährden. Da hier noch Informationslücken bestehen, können wir Umfang und
allgemeine Trends nicht exakt einschätzen, aber es gibt genügend Nachweise dafür, dass es
hier um ein immer ernsteres Problem geht. Besonders gravierend ist die Verschmutzung des
Grundwassers. Rund 65 % des europäischen Grundwassers werden dem Grundwasserkörper
entnommen und trotz Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Verschmutzung dauert es
häufig sehr lange, ehe verschmutztes Wasser eine akzeptable Qualität aufweist. Auch die
Verunreinigung unserer Lebensmittel und die Nachweise auf eine fortgesetzte
Akkumulierung bestimmter Pestizide in Pflanzen und Tieren und die damit einher gehenden
Auswirkungen auf Gesundheit und Fortpflanzungsvermögen bereiten Anlass zur Sorge.
Gesamtziel
Erreichen einer Situation, in der die Verwendung von Pestiziden und deren Konzentration in
der Umwelt keine signifikanten Gefahren für Mensch und Umwelt bewirken und keine
wesentlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben. Dies erfordert eine

Drucksache 14/6423 – 56 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Verringerung des Gesamtrisikos in Verbindung mit der Verwendung von Pestiziden.

Politisches Konzept
Es gibt bereits strenge Qualitätsnormen für den Pestizidgehalt von Trinkwasser bei der
Entnahme aus dem Wasserhahn, aber wir müssen uns natürlich vor allem darum bemühen,
dass Pestizide gar nicht erst in unsere Trinkwasserquellen gelangen. Zudem müssen wir die
Gesundheitsrisiken aufgrund einer Verunreinigung unserer Lebensmittel durch Pestizide und
die negativen Auswirkungen von Pestiziden auf Pflanzen und Tiere minimieren.
Die Gemeinschaft verfolgt bei der Minimierung der Gefahren aufgrund der Verwendung von
Pestiziden eine doppelte Strategie:
a) Verbot bzw. strenge Einschränkung des Inverkehrbringens und der Verwendung der
gefährlichsten Pestizide;
b) beste Praxis beim Umgang mit den sonstigen, zugelassenen Pestiziden.
Die Gemeinschaft hat bereits einige konkrete Schritte in diese Richtung unternommen und
u.a. Höchstwerte für Pestizidrückstände in und auf Getreide, Obst, Gemüse und anderen
Lebensmitteln festgelegt und Regeln für das Inverkehrbringen neuer Pestizide sowie die
erneute Zulassung bereits vorhandener Pestizide verabschiedet. Die Erneuerung der
Zulassung bereits vorhandener Pestizide geht viel zu langsam voran und die Gemeinschaft hat
unlängst Maßnahmen erlassen, um die betreffenden Arbeiten zu beschleunigen. Nun wird
erwartet, dass einige der besonders problematischen Pestizide freiwillig vom Markt
genommen werden. Ferner müssen die grundlegenden Rechtsvorschriften über Pestizide
überarbeitet werden, um das Zulassungssystem insgesamt zu verbessern.
Was bisher noch fehlt, sind eine Gemeinschaftsstrategie und ein gemeinschaftlicher
Aktionsplan für eine nachhaltige Verwendung von Pestiziden. Nur wenn Pestizide
verantwortungsvoll verwendet werden, können wir die Auswirkungen auf Gesundheit und
Umwelt unter Kontrolle bekommen. Ein Großteil der Verantwortung für Maßnahmen zur
Förderung der besten Praxis bei der Verwendung von Pestiziden liegt natürlich bei den
Mitgliedstaaten und beim Landwirtschaftssektor.
Pestizide, die in der EU problematisch sind, verursachen in Entwicklungsländern und
Schwellenländern (d.h. auch in Beitrittsländern) häufig noch viel größere Probleme. Die
Gemeinschaft sollte diese Länder zumindest korrekt über die Ergebnisse ihrer Bewertung
informieren. Bei den problematischsten Stoffen sollte überlegt werden, ob die Ausfuhr
gegebenenfalls zu verbieten ist. Ferner sollte geprüft werden, wie die Infrastruktur dieser
Länder im Hinblick auf den Umgang mit Chemikalien und Pestiziden verbessert werden
könnte. Dies gilt insbesondere für die Beseitigung der wachsenden Mengen alter
Pestizidebestände.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 57 – Drucksache 14/6423

Aktionen
–Leitsätze einer guten Praxis für die Verwendung von Pestiziden;
–Änderung der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von
Pflanzenschutzmitteln mit dem Ziel, das Zulassungssystem insgesamt zu verbessern,
indem insbesondere eine vergleichende Bewertung eingeführt wird;

– spezifische Strategie der Gemeinschaft für eine nachhaltige Verwendung von
Pestiziden. Diese dürfte u.a. folgende Elemente umfassen:

– Minimierung der Gefahren, die bei der Verwendung von Pestiziden aufgrund
von deren Toxizität entstehen, und Überwachung der erzielten Fortschritte;

– bessere Kontrolle der Verwendung und Verbreitung von Pestiziden;
– Substitution der gefährlichsten Wirkstoffe durch unbedenklichere, auch nicht

chemische Alternativen;
– Sensibilisierung und Ausbildung der Verwender;
– Förderung einer pestizidarmen oder pestizidfreien Landwirtschaft und der

integrierten Schädlingsbekämpfung;
– Förderung der Einführung steuerlicher Anreize zur Verringerung der

Verwendung der gefährlichsten Pestizide, z.B. Pestizidsteuer;
– Verknüpfung der Vergabe von Mitteln aus dem Fonds für die ländliche

Entwicklung mit der Befolgung der Leitsätze einer guten Praxis für die
Verwendung von Pestiziden;

–Ratifizierung des Rotterdamer Übereinkommens über das Verfahren der vorherigen
Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien und
Pestizide im internationalen Handel;

–Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2455/92 des Rates über die Ausfuhr und
Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien mit dem Ziel, diese an das
Übereinkommen von Rotterdam anzupassen und die Verfahren sowie die
Informationen für Entwicklungsländer zu verbessern;

–Entwicklung/vollständige Umsetzung von Gemeinschaftsprogrammen zur
Verbesserung des Umgangs mit Chemikalien und Pestiziden in Entwicklungsländern
und Beitrittsländern, einschließlich der Beseitigung alter Pestizidebestände;

–Förderung von Forschungstätigkeiten mit dem Ziel der Verringerung und nachhaltigen
Verwendung von Pestiziden.

5.6. Nachhaltige Nutzung und gute Qualität unserer Wasserressourcen
Problematik
Während der letzten zwei bis drei Jahrzehnte konnten bei der Wasserqualität in vielerlei
Hinsicht signifikante Fortschritte erzielt werden, aber die aktuellen Daten und Voraussagen

Drucksache 14/6423 – 58 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

weisen immer noch auf einige Probleme und negative Entwicklungen hin wie z.B. die
Verschmutzung des Grundwassers durch Pestizide und Nitrate aus landwirtschaftlichen
Quellen. Auch bei den Badegewässern an der Küste, deren Qualität sich insgesamt zwar
allmählich verbessert, bleibt an einigen Orten noch Einiges zu tun.
Gesamtentnahme und Gesamtverbrauch der Wasserressourcen der EU können langfristig
gesehen als nachhaltig bezeichnet werden. Allerdings sind in einigen Gebieten - vor allem in
Südeuropa - auch gegenläufige Trends zu beobachten. Die drei größten Wasserverbraucher
sind Landwirtschaft, Industrie und Haushalte. In der Industrie konnten bei der Wassernutzung
im Großen und Ganzen signifikante Verbesserungen erzielt werden, während es bei
Landwirtschaft und privaten Haushalten diesbezüglich nur langsam vorangeht.
Gesamtziel
Erreichen einer Wasserqualität, von der keine inakzeptablen Auswirkungen oder Gefahren für
Mensch und Umwelt ausgehen, und Gewährleistung einer langfristig nachhaltigen
Wasserentnahme.
Politisches Konzept
Viele der politischen Maßnahmen, Rechtsvorschriften und Normen, die wir benötigen, um die
gesetzten Qualitätsziele zu erreichen, wurden bereits erlassen. Die wichtigste
Herausforderung besteht nun darin, für eine vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung
der vorhandenen Rechtsvorschriften zu sorgen und eine Berücksichtigung der
gemeinschaftlichen Wasserqualitätsziele bei anderen politischen Maßnahmen z.B. in den
Bereichen Landwirtschaft, Industrie und Regionalpolitik zu erreichen. Einige
Rechtsvorschriften wie etwa die Badegewässerrichtlinie29 müssen aktualisiert werden, um
neue wissenschaftliche und technische Entwicklungen zu berücksichtigen. Die
Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass eine solche Einbeziehung auch bei der lokalen
Planung und Raumordnung gegeben ist. Ferner müssen die Mitgliedstaaten die Nitrat-
Richtlinie30 vollständig umsetzen.
Die Gemeinschaft hat unlängst eine neue Wasserrahmenrichtlinie31 verabschiedet, mit der die
Schutzbestimmungen auf alle Gewässer ausgedehnt werden und für diese das rechtlich
verbindliche Ziel eines "guten Zustands" festgelegt wird. Ferner werden die Mitgliedstaaten
verpflichtet, die Preise für Wasserdienstleistungen so zu gestalten, dass diese einen Anreiz zur
rationellen Wassernutzung bieten. Damit wird angestrebt, in den Wasserpreisen auch die
Umweltkosten widerzuspiegeln. Da erkannt wurde, dass Wasserpolitik und Wasserqualität
auf lokale Gegebenheiten und Ansprüche abgestimmt werden muss und deshalb auch mit
regionalen Unterschieden zu rechnen ist, wurde in der Wasserrahmenrichtlinie besonderer
Wert auf die Feststellung gelegt, dass die Entscheidungsträger auf den verschiedenen Ebenen
ihre Verantwortung wahrnehmen müssen. So müssen die nationalen, regionalen und lokalen
Behörden unter anderem Maßnahmen zugunsten einer rationellen Wassernutzung und zur
Förderung von Veränderungen in der landwirtschaftlichen Praxis ergreifen, um die

29 Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer, ABl.
L 31 vom 5.2.1976, S. 1-7, geändert durch die Richtlinie 90/656/EWG des Rates vom 4. Dezember
1990, ABl. L 353 vom 17.12.1990 und die Richtlinie 91/692/EWG des Rates vom 23. Dezember 1991,
ABl. L 377 vom 31.12.91/689/EWG.

30 Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor
Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen, ABl. L 375 vom 31.12.1991, S. 1-8.

31 Richtlinie 2000/../.. des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines
Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 59 – Drucksache 14/6423

Wasserressourcen und die Wasserqualität zu schützen. Wenn die Wasserrahmenrichtlinie
ordnungsgemäß umgesetzt wird, kann die Qualität von Oberflächengewässern und
Grundwasserkörpern noch deutlich verbessert werden.
Auch die gemeinschaftlichen Forschungsprogramme können einen Beitrag dazu leisten, dass
moderne Techniken, optimale Managementpraktiken sowie Verfahren und Instrumente
entwickelt werden, die die Anwendung der Gewässerschutzvorschriften erleichtern.
Aktionen
– vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie;
– vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung der Nitrat-Richtlinie mit dem Ziel, die

Eutrophierung von Seen, Flüssen und Meeren in der Gemeinschaft zu verhindern und
die Auswirkungen auf die Grundwasserkörper noch über die Ziele der
Trinkwasserrichtlinie hinaus zu begrenzen;

– schrittweise Einstellung der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in Gewässer
der Gemeinschaft innerhalb der in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen Fristen
(d.h. spätestens 2020);

– Änderung der Badegewässerrichtlinie;
– Einbeziehung der in der Wasserrahmenrichtlinie und anderen Wasserqualitätszielen

zum Ausdruck gebrachten politischen Konzepte in die Gemeinsame Agrarpolitik und
die Politik für die regionale Entwicklung.

Drucksache 14/6423 – 60 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

5.7. Luftverschmutzung
Problematik
Die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, z.B. über Emissionen von Kraftwerken,
Industrieanlagen und Kraftfahrzeugen, haben in den vergangenen Jahren bereits erhebliche
Verbesserungen der Luftqualität bewirkt. Weitere Fortschritte werden in diesem Jahrzehnt
noch erzielt werden. Allerdings gibt es weiterhin Probleme mit bestimmten Schadstoffen wie
Feststoffteilchen (Staub) und bodennahem Ozon, die jedes Jahr die Gesundheit vieler Bürger
gefährden und weitere Maßnahmen erforderlich machen. Aufgrund der Konzentration der
Verschmutzungsquellen (Gebäudeheizung und -kühlung, Verkehr und Industrie) und der
klimatischen und geographischen Gegebenheiten treten die Probleme gehäuft in bestimmten
Gebieten und Städten auf. In solchen Fällen sind vor allem die zuständigen lokalen und
regionalen Behörden aufgerufen, Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen einzuleiten.
Während der Gesamttrend bei der Luftqualität durchaus ermutigend ist, sind doch noch
weitere Anstrengungen und ausreichende Wachsamkeit erforderlich, um - z.B. im Hinblick
auf die Versauerung - auch in Zukunft gute Fortschritte zu erzielen.
Gesamtziel
Erreichen einer Luftqualität, von der keine inakzeptablen Auswirkungen bzw. Gefahren für
Mensch und Umwelt ausgehen.
Politisches Konzept
Die Gemeinschaft bemüht sich auf verschiedenen Ebenen darum, die Luftverschmutzung
einzudämmen: sie erlässt eigene Rechtsvorschriften, strebt auf internationaler Ebene eine
Verringerung der grenzüberschreitenden Verschmutzung an, arbeitet mit den
verschmutzenden Industriezweigen, mit den nationalen und regionalen Behörden und mit
NROs zusammen und fördert Forschungstätigkeiten.
In den nächsten zehn Jahren wird der Schwerpunkt auf folgende Ziele gelegt:
– Umsetzung: Die neuen Luftqualitätsnormen, einschließlich der Normen für

Feststoffteilchen, Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, Kohlenmonoxid, Schwermetalle
und aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol, müssen bis 2005 bzw. 2010
eingehalten werden; Normen für mobile und ortsfeste Verschmutzungsquellen sind
ebenfalls zu erfüllen;

– Kohärenz: Initiative "Saubere Luft für Europa" zur Schaffung eines umfassenden,
integrierten und kohärenten Rahmens für sämtliche Rechtsvorschriften über die
Luftqualität und damit verbundene politische Initiativen.

Hinsichtlich der Luftverschmutzung in Gebäuden muss der derzeitige Kenntnisstand
überprüft werden und sind Forschung und Datenerhebung zu verbessern, damit wir
Zusammenhänge besser verstehen, Prioritäten festlegen und die Notwendigkeit von
Gemeinschaftsmaßnahmen beurteilen können. Probleme mit der Luftqualität in Gebäuden
hängen zum Teil natürlich von Problemen mit der Qualität der Außenluft ab; hierfür werden
wie oben beschrieben Lösungen gesucht. Auch die Freisetzung von chemischen Stoffen, die
in Teppichen, Klebstoffen, Farben und Baustoffen verwendet werden, spielt eine Rolle.
Sobald Inhalte und Prioritäten eindeutiger beschrieben sind, müssen diese in Initiativen der
Kommission und der Mitgliedstaaten für eine integrierte Produktpolitik und in die revidierte
Chemikalienpolitik der Gemeinschaft einfließen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 61 – Drucksache 14/6423

Aktionen
– Prüfung der Wirksamkeit der von den Mitgliedstaaten im Rahmen des

Gemeinschaftsrechts durchgeführten Programme für die Verbesserung der
Luftqualität durch die Kommission;

– bessere Überwachung, bessere Indikatoren und bessere Informierung der
Öffentlichkeit über die Luftverschmutzung und deren Ursachen;

– Entwicklung einer spezifischen Strategie für die Bekämpfung der
Luftverschmutzung mit Schwerpunkt auf

– der Feststellung von Lücken und der Beschreibung von Prioritäten für weitere
Aktionen (z.B. im Hinblick auf Feststoffteilchen, Smog, Stickstoffoxide) unter
Berücksichtigung der Gefahren für besonders anfällige Bevölkerungsgruppen;

– der Überprüfung und nötigenfalls Änderung von Luftqualitätsnormen und
nationalen Emissionsgrenzwerten (unter Berücksichtigung der besonders
anfälligen Bevölkerungsgruppen);

– besseren Systemen für die Informationserfassung, für Modelle und
Vorhersagen.

– Untersuchung und Erforschung der Luftqualität in Gebäuden und von deren
Auswirkungen auf die Gesundheit mit dem Ziel, Prioritäten festzulegen und die
Notwendigkeit einer Gemeinschaftsstrategie und eines Aktionsplans zu prüfen.

5.8. Erreichen akzeptabler Werte für die Lärmbelastung
Problematik
Die Lärmbelästigung wird in Europa zunehmend zu einem echten Problem, das sich auf
Gesundheit und Lebensqualität von mindestens 25 % der EU-Bevölkerung auswirkt. Lärm
führt zu Stress, stört den Schlaf und kann die Gefahr von Herzkrankheiten erhöhen. Die
Probleme entstehen großenteils durch Verkehr und Bautätigkeiten, durch Autos, LKW,
Flugzeuge sowie Baufahrzeuge und -maschinen.
Gesamtziele und Einzelziele
Verringerung der Anzahl der Personen, die regelmäßig unter anhaltenden hohen Lärmpegeln
leiden, von geschätzten 100 Millionen im Jahr 2000 um 10 % bis zum Jahr 2010 und um
20 % bis zum Jahr 2020.
Politisches Konzept
Bisher wurden bei Gemeinschaftsinitiativen zur Bekämpfung der Lärmbelastung vor allem
Grenzwerte für die Lärmemissionen von Geräten wie Stromgeneratoren, Rasenmähern und
Motorfahrzeugen festgelegt. Damit wurde zwar ein wichtiger Beitrag zur Lösung des
Problems geleistet, aber die größte Herausforderung liegt in der Bekämpfung der
Lärmbelastung durch den Verkehr insgesamt, mit besonderem Augenmerk auf Straßen- und
Luftverkehr.
Die Kommission möchte den Mitgliedstaaten nicht von oben Ziele für die Lärmbekämpfung
vorgeben, sondern eher Maßnahmen beschreiben, die auf lokaler Ebene Lärm verringern

Drucksache 14/6423 – 62 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

helfen können, und entsprechende Aktionen politisch fördern. Ein erster Schritt im zeitlichen
Rahmen dieses Programms wären Erlass und Umsetzung von Rechtsvorschriften über die
Bewertung der Lärmbelastung. Wichtigste Elemente solcher Rechtsvorschriften wären
harmonisierte Indikatoren, die es ermöglichen, ein gemeinsames Verständnis und eine
gemeinsame Lärmterminologie zu entwickeln, sowie die Anforderung, Lärmkarten zu
erstellen und bei lokalen Planungsentscheidungen Lärmschutzziele festzulegen.
Informationen über Lärm müssen auch der Öffentlichkeit zugänglich sein. Sofern erforderlich
wird die Kommission für bestimmte Fahrzeuge, Maschinen und andere Produkte
Lärmgrenzwerte ändern oder festlegen.
Aktion
– Erlass und Umsetzung der vorgeschlagenen Gemeinschaftsrichtlinie über Lärm.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 63 – Drucksache 14/6423

6. NACHHALTIGE NUTZUNG DER NATÜRLICHEN RESSOURCEN UND
ABFALLWIRTSCHAFT

6.1. Effiziente Nutzung der Ressourcen und Abfallwirtschaft
6.1.1. Problematik
Die Ressourcen der Erde - insbesondere Umweltressourcen und erneuerbare Ressourcen
wie Boden, Wasser, Luft, Nutzholz, die biologische Vielfalt und Fische - geraten unter
starken Druck, da aufgrund des Bevölkerungswachstums und der derzeitigen Modelle für
Wirtschaftswachstum die Nachfrage nach diesen Ressourcen ständig zunimmt. Mittlerweile
häufen sich die Hinweise darauf, dass wir in verschiedenen Bereichen die Tragfähigkeit der
Umwelt überschreiten. Die Nachfrage nach Süßwasser übersteigt in vielen Teilen der Erde
bereits die Wiederauffüllrate. Zahlreiche Regionen leiden in alarmierendem Maße unter
Wüstenbildung, Entwaldung und einer Verschlechterung der Böden.
Indikatoren für die wachsende Ressourcennachfrage des Menschen
Indikator Maßeinheiten 1950 1972 1997
Bevölkerung (Mrd. Personen) 2,5 3,8 5,8
Megastädte (Städte mit mehr als 8 Mio. Einwohnern) 2 9 25
Lebensmittel (durchschnittliche Tagesproduktion in

Kalorien pro Kopf) 1980 2450 2770
Fischerei (jährlicher Fischfangertrag in Mio. t) 19 58 91
Wasserverbrauch (jährliche Wassernutzung in Mio. t) 1300 2600 4200
Fahrzeuge (Mio. angemeldete Fahrzeuge) 70,3 279,5 6291
Einsatz von
Düngemitteln

(Mio. Tonnen) 36,52 83,7 140,33
Regenwaldfläche (Index der Waldfläche 1950 = 100) 100 85 70
Elefanten (Millionen Tiere) 6,0 2,0 0,6
Fußnoten: Quelle: World Resources Institute
1. Angaben für 1994
2. Angaben für 1961
3. Angaben für 1994
Durch die Nutzung von nicht erneuerbaren Ressourcen wie Metallen, Mineralien und
Kohlenwasserstoffen und die damit verbundene Erzeugung von Abfällen entstehen zahlreiche
Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Der Verbrauch knapper, nicht erneuerbarer
Ressourcen wirft auch ethische Fragen auf: Wie viel dürfen wir heute verbrauchen und wie
viel sollten wir den künftigen Generationen hinterlassen? Dies ist jedoch kein reines
Umweltproblem und sollte eher im Rahmen einer breiter angelegten Entwicklungsstrategie
behandelt werden.
6.1.2. Gesamtziele
Vermeidung des Überschreitens der Tragfähigkeit der Umwelt im Hinblick auf den

Drucksache 14/6423 – 64 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Verbrauch erneuerbarer und nicht erneuerbarer Ressourcen sowie die damit verbundenen
Auswirkungen, Abkopplung des Wirtschaftswachstums von der Nutzung von Ressourcen
dank einer deutlich rationelleren Ressourcennutzung, einer Entmaterialisierung der Wirtschaft
und der Abfallvermeidung.
6.1.3. Politisches Konzept
Ein Großteil der gemeinschaftlichen Umweltvorschriften diente bisher dem Ziel, Umwelt-
und Gesundheitsauswirkungen aufgrund der Nutzung natürlicher Ressourcen zu beschränken.
Hierzu gehören beispielsweise Gemeinschaftsmaßnahmen für eine rationellere
Energienutzung sowie für eine nachhaltige Nutzung von Wasser und Böden. Bei nicht
erneuerbaren Ressourcen liegt die Situation allerdings etwas anders. Hier zeigen zahlreiche
politische Maßnahmen ihre Auswirkungen, aber bisher hat es die Gemeinschaft noch nicht
geschafft, eine kohärente Politik zu entwickeln, um Wirtschaftswachstum von der
Ressourcennutzung abzukoppeln.
Deshalb muss die Gemeinschaft als ersten Schritt eine spezifische Strategie für die
nachhaltige Nutzung von - insbesondere nicht erneuerbaren - Ressourcen entwickeln. Das
grundlegende Konzept wird wie folgt aussehen:
– Schaffung eines kohärenten analytischen Rahmens zur Beschreibung von Kriterien

für die Festlegung von Prioritäten; Durchführung der erforderlichen Analysen und
Datenerhebungen, um festzustellen, bei welchen Ressourcen die größten Bedenken
bestehen. Bei der Beschreibung der Kriterien ist z.B. zu prüfen, ob die aufgrund der
Nutzung einer bestimmten Ressource entstehenden Umweltschäden sich als
langfristig oder irreversibel erweisen könnten und ob künftige Generationen über
Ersatzstoffe verfügen werden;

– Beschreibung und Durchführung politischer Maßnahmen zur Verringerung des
Ressourcenverbrauchs, z.B. durch Herbeiführen einer Nachfrageänderung,
Förderung einer rationelleren Nutzung, Vermeidung der Ressourcenverschwendung
und Verbesserung der Recyclingquoten, d.h. der Rückführung in die Wirtschaft nach
Nutzung.

Eine solche spezifische Strategie könnte u.a. folgende Maßnahmen umfassen:
– Erforschung und technologische Entwicklung von Produkten und

Produktionsverfahren, die weniger ressourcenintensiv sind;
– "Beste-Praxis"-Programme für die Industrie;
– Umverteilung der Steuerbelastung auf die Nutzung natürlicher Ressourcen,

Einführung einer Steuer auf den Verbrauch von Rohstoffen und Nutzung anderer
wissenschaftlicher Instrumente (z.B. handelbare Genehmigungen) zur Förderung
ressourceneffizienter Technologien, Produkte und Dienstleistungen;

– Streichung von Subventionen, die einen Raubbau an Ressourcen fördern;
– Berücksichtigung von Fragen der rationellen Ressourcennutzung bei der Integrierten

Produktpolitik (IPP), der Vergabe von Umweltzeichen, der nach ökologischen
Kriterien ausgelegten Beschaffungspolitik und der Umweltberichterstattung.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 65 – Drucksache 14/6423

Eine geringere und rationellere Nutzung der Ressourcen durch Wirtschaft und Gesellschaft
erfordert Maßnahmen auf verschiedenen Verwaltungsebenen und in verschiedenen
Wirtschaftszweigen. Eine rationellere Ressourcennutzung wird allerdings generell positive
Auswirkungen auf die wirtschaftliche Effizienz haben und kommt somit auch der
Wettbewerbsfähigkeit und der Innovation zugute.
Aktion
– Spezifische Strategie für eine nachhaltige Ressourcennutzung.
6.2. Abfallvermeidung und Abfallwirtschaft
6.2.1. Problematik
Wenn Nichts unternommen wird, dürfte das Abfallvolumen in der Gemeinschaft in nächster
Zukunft immer weiter ansteigen. Für die Bewirtschaftung der Abfälle werden nicht nur
wertvolle Flächen in Anspruch genommen, zudem werden zahlreiche Schadstoffe -
einschließlich Treibhausgasen aus Deponien und Abfalltransport - in Luft, Wasser und Boden
freigesetzt. Darüber hinaus ist Abfall oft gleichbedeutend mit dem Verlust wertvoller - häufig
knapper - Ressourcen, die wieder verwertet und rezykliert werden könnten, um die Nachfrage
nach Rohstoffen zu verringern.
Die Gesellschaft wird reicher und immer produktiver, die Nachfrage nach Produkten steigt.
Dies führt in Verbindung mit der kürzeren Lebensdauer von Produkten dazu, dass immer
mehr Abfälle durch ausgediente Produkte und bei dem Abbau von Rohstoffen und den
Herstellungsprozessen anfallen. Gleichzeitig werden viele Produkte immer komplexer und
enthalten eine ganze Bandbreite von Stoffen, die Gesundheits- und Umweltgefahren noch
verschärfen können. Wenn wir unsere derzeitigen Verbrauchs- und Produktionsmuster nicht
ändern, wird immer mehr Abfall erzeugt, von dem ein erheblicher Anteil weiterhin gefährlich
sein wird.
Da auf EU-Ebene nicht genügend aggregierte Daten vorliegen, kann nur schwierig beurteilt
werden, ob die Umweltauswirkungen sich bei der Bewirtschaftung von Abfällen verringern
oder vergrößern. Neue Abfallbehandlungsanlagen erfüllen extrem strenge Betriebsauflagen,
so dass Emissionen und Risiken signifikant verringert werden. Allerdings wird nach wie vor
ein hoher Anteil unserer Abfälle in älteren und weniger effizienten Anlagen behandelt, was
teilweise darauf zurückzuführen ist, dass die Mitgliedstaaten die Abfallvorschriften der
Gemeinschaft nicht ordnungsgemäß umsetzen. Die Auswirkungen von Abfallwirtschaft und
Abfalltransport bleiben somit in vielen Gebieten der Gemeinschaft problematisch.

Drucksache 14/6423 – 66 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

6.2.2. Gesamtziele und Einzelziele
Gesamtziele
 Abkopplung des Wirtschaftswachstums von der Abfallerzeugung und signifikante

Verringerung des Gesamtabfallvolumens durch bessere Initiativen zur Abfallvermeidung,
eine rationellere Ressourcennutzung und nachhaltigere Verbrauchsmuster;

Für Abfälle, die nach wie vor erzeugt werden, wird folgende Situation angestrebt:
 die Abfälle sind nicht gefährlich oder verursachen zumindest nur sehr geringe Gefahren

für Umwelt und Gesundheit;
 die Mehrzahl der Abfälle wird entweder rezykliert und erneut im Wirtschaftskreislauf

genutzt oder in nützlicher (z.B. kompostierter) oder zumindest harmloser Form in die
Umwelt zurückgeführt;

 die Menge der Abfälle, die endgültig entsorgt werden müssen, ist auf das absolute
Minimum reduziert; diese Abfälle werden sicher vernichtet oder entsorgt;

 Abfall wird so nah wie möglich am Entstehungsort behandelt.
Einzelziele – Im Rahmen einer allgemeinen Strategie für Abfallvermeidung und Recycling
soll während der Laufzeit des Programms eine signifikante Verringerung der Menge
endgültig zu entsorgender und gefährlicher Abfälle erreicht werden;
 Verringerung der Menge zur endgültigen Entsorgung bestimmter Abfälle um 20 % bis

zum Jahr 2010 und um 50 % bis zum Jahr 2050 gegenüber dem Stand von 2000;
 Verringerung der Erzeugung gefährlicher Abfälle um 20 % bis zum Jahr 2010 und um

50 % bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Stand von 2000.

6.2.3. Politisches Konzept
Die Abfallpolitik der Gemeinschaft basiert auf dem Prinzip einer Abfallhierarchie, der
zufolge die Prioritäten wie folgt verteilt sind: an erster Stelle steht die Abfallvermeidung, es
folgen Wiederverwertung (die Wiederverwendung, Recycling und Energierückgewinnung
umfasst, wobei der Wiederverwertung von Werkstoffen der Vorzug gegeben werden sollte)
und zuletzt die Abfallbeseitigung (die die Verbrennung ohne Energierückgewinnung und die
Deponierung umfasst). Die derzeitige Abfallpolitik der Gemeinschaft und die einschlägigen
Rechtsvorschriften umfassen drei Hauptelemente:
(i) Rahmenbestimmungen für Abfalldefinitionen, die Genehmigung von Anlagen, die
Kontrolle der Verbringung von Abfällen usw.;
(ii) Bestimmungen für den Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen wie Deponien und
Verbrennungsanlagen;
(iii) Bestimmungen über spezifische prioritäre Abfallströme wie Altfahrzeuge mit dem
vornehmlichen Ziel, die Wiederverwertungs- und inbesondere die Recyclingrate zu erhöhen
und die Gefährlichkeit dieser Abfälle zu reduzieren.
Hinzu kommen Rechtsvorschriften, die dem Ziel dienen, die Verfügbarkeit von Indikatoren
und Statistiken zur Messung der Fortschritte in Richtung einer besseren Abfall- und
Ressourcenwirtschaft zu verbessern.
Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament unterstützen dieses
Konzept, das auch in Zukunft ein zentrales Element der Abfallstrategie der Kommission sein

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 67 – Drucksache 14/6423

wird. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf eine deutlich bessere Umsetzung bestehender
Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten gelegt.
Da mit der Umsetzung des gemeinschaftlichen Abfallrechts häufig die lokalen Behörden
beauftragt sind, möchte die Kommission diese besser in die Vorbereitung der
Rechtsvorschriften einbeziehen und den Austausch von Erfahrungen und besten Praktiken
zwischen diesen Behörden stärker fördern.
In den Beitrittsländern dürften der steigende Verbrauch und der sich ändernde Lebensstil dazu
führen, dass die ohnehin bereits überlasteten Systeme und Infrastrukturen der Abfallwirtschaft
einer noch stärkeren Belastung ausgesetzt werden. Deshalb gilt die Priorität dort nicht nur der
Verbesserung der Abfallwirtschaft, sondern auch Investitionen zur Förderung von
Abfallvermeidung und Recycling sowie der Verbesserung der Infrastrukturen.
Abfallvermeidung: geringere Mengen weniger gefährlichen Abfalls
Dank der oben beschriebenen Vorgehensweise konnte die Bewirtschaftung der Abfälle
insgesamt zwar verbessert werden, aber bisher ist es noch nicht gelungen, die ständig
wachsende Abfallmenge einzudämmen. Deshalb müssen wir den Schwerpunkt nun auf die
quantitative und qualitative Abfallvermeidung (d.h. weniger Abfälle und weniger gefährliche
Abfälle) legen. Für die Politiker ist dies eine der größten Herausforderungen der Abfallpolitik.
Diese kann nur bewältigt werden, wenn es gelingt, Wirtschaftswachstum von der Erzeugung
von Abfällen abzukoppeln.
Wer Abfälle vermeiden will, muss die Ressourcennutzung effizienter machen, das
Verbraucherverhalten beeinflussen und die Menge der Abfälle verringern, die in der gesamten
Produktkette von der Produktion über die Nutzung der Produkte bis zur Entsorgung als Abfall
entstehen. Abfallvermeidung findet deshalb in erster Linie "an der Quelle" statt. Dies bedeutet
zum einen, dass Wege gefunden werden müssen, um die Lebensdauer der Produkte zu
verlängern, in den Produkten selbst weniger Ressourcen zu verwenden und so zu einer
sauberen, weniger abfallintensiven Produktionsweise überzugehen; zum anderen müssen
Verbraucherverhalten und Marktnachfrage im Sinne weniger abfallintensiver Produkte und
Dienstleistungen beeinflusst werden. Damit sind die geplante spezifische Strategie für das
Ressourcenmanagement, die Integrierte Produktpolitik und - im Hinblick auf die
Gefährlichkeit der Abfälle - die gemeinschaftliche Chemikalienpolitik in ihrem Kern
beschrieben.
Im Einzelnen bedeutet dies:
– Beschreibung der gefährlichen Stoffe, die in den verschiedenen Abfallströmen die

größten Probleme verursachen und, sofern möglich, Förderung der Substitution
durch weniger gefährliche Stoffe oder eines alternativen Produktdesigns; ist dies
nicht möglich, sollte auf ein System des geschlossenen Kreislaufs hingearbeitet
werden, in dem der Hersteller dafür zu sorgen hat, dass Abfälle so gesammelt,
behandelt und rezykliert werden, dass Umweltgefahren und -auswirkungen minimiert
werden;

– Einbeziehung von Zielen und Prioritäten der Abfallvermeidung in die Integrierte
Produktpolitik (IPP) der Gemeinschaft mit dem Ziel, u.a. in den Produkten den
Gehalt an gefährlichen Stoffen zu verringern, die Lebensdauer der Produkte zu
verlängern und Recycling und erneute Nutzung zu vereinfachen;

Drucksache 14/6423 – 68 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– Förderung wirtschaftlicher Instrumente wie Ökosteuern, die auf ressourcen- und
abfallintensive Produkte und Verfahren erhoben werden;

– sofern sinnvoll, sollten die Hersteller die Verantwortung für die Abfälle aus ihren
Produkten tragen;

– Beeinflussung der Verbrauchernachfrage zugunsten von Produkten und Verfahren,
bei denen weniger Abfälle entstehen, z.B. nach ökologischen Kriterien ausgelegte
Beschaffungspolitik, Vergabe von Umweltzeichen, Informationskampagnen und
sonstige Instrumente;

– Vergabe einer Studie mit dem Ziel der Beschreibung der problematischsten und
gefährlichsten Abfallströme nach Produktionssektoren (z.B. Bergbau,
Energiegewinnung, verarbeiteden Industrie, Bau, Landwirtschaft) und
partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den betreffenden Sektoren, um diese
Abfallströme zu verringern und gänzlich zu eliminieren. Denkbare Lösungen wären
z.B. die Kofinanzierung der Erforschung und Entwicklung sauberer, innovativer
Verfahrenstechnologien sowie die Förderung der Verbreitung der besten Techniken
und Praktiken.

Aktion
– Einbeziehung von Zielen und Prioritäten der Abfallvermeidung in die Integrierte

Produktpolitik (IPP) der Gemeinschaft und in die gemeinschaftliche
Chemikalienstrategie.

Förderung von Recycling
Der Abfallhierarchie zufolge sollten Abfälle, die nicht zu vermeiden sind, so weit wie
möglich der Wiederverwertung zugeführt werden, wobei dem Recycling der Vorzug gegeben
werden sollte. Dadurch kann die Nachfrage nach Rohstoffen eingedämmt werden. Ferner
würden die Bürger dafür sensibilisiert, welche Auswirkungen ihre Entscheidungen als
Verbraucher auf das Abfallaufkommen haben, so dass sie sich häufiger für weniger
abfallintensive Produkte und Verpackungen entscheiden werden.
Die Gemeinschaft konzentriert sich bei ihrer Recyclingpolitik auf "prioritäre" Abfallströme
wie Verpackungsabfälle und Altfahrzeuge und legt in ihren Rechtsvorschriften
Recyclingvorgaben für die Mitgliedstaaten fest. Gleichzeitig wurde versucht, für die
Bewirtschaftung der Abfälle und für die Verringerung des Gehalts an gefährlichen Stoffen die
Hersteller der betreffenden Produkte verantwortlich zu machen. Die Erfahrungen aus der
Umsetzung dieser Rechtsvorschriften verdeutlichen die Notwendigkeit einer kohärenten
Gemeinschaftspolitik zur generellen Förderung des Recycling. Dabei muss an sämtliche
Umweltauswirkungen, an die gegebenenfalls erforderliche Abwägung zwischen Vor- und
Nachteilen sowie an wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte gedacht werden.
Wiederverwertung und Recycling von Abfällen müssen sinnvoll sein, d.h. es muss unter der
Voraussetzung wirtschaftlicher und technischer Machbarkeit ein Nettonutzen für die Umwelt
entstehen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 69 – Drucksache 14/6423

Aktionen
– Änderung der Richtlinie über Klärschlamm
– Empfehlung für Bau- und Abbruchabfälle
– Rechtsvorschriften für biologisch abbaubare Abfälle
– spezifische Strategie über das Abfallrecycling, einschließlich folgender Maßnahmen:

– Beschreibung der Abfälle, die prioritär dem Recycling zuzuführen sind; dies
wird anhand von Kriterien entschieden, die verschiedene Elemente
widerspiegeln: Prioritäten des Ressourcenmanagements, Analyse der
Bedingungen, unter denen Recycling einen eindeutigen Nettonutzen für die
Umwelt bietet, sowie Komplexität und Kosten des Abfallrecycling;

– politische und sonstige Maßnahmen zur Sicherstellung von Sammlung und
Recycling der prioritären Abfallströme, einschließlich hinweisender
Recyclingziele und Überwachungssysteme, die es ermöglichen, die von den
Mitgliedstaaten erzielten Fortschritte zu ermitteln und zu vergleichen;

– politische Maßnahmen und Instrumente zur Förderung der Entstehung von
Märkten für rezyklierte Stoffe.

Drucksache 14/6423 – 70 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

7. DIE ROLLE DER EUROPÄISCHEN UNION AUF DERWELTBÜHNE
7.1. Eine erweiterte Europäische Union
Die in diesem Programm in groben Zügen dargestellten Aktionen gelten für eine erweiterte
Europäische Union. Die neuen Mitgliedstaaten werden noch während der Laufzeit des
Umweltaktionsprogramms das Gesicht der Europäischen Union ändern. Die Erweiterung von
15 auf 28 oder mehr Mitgliedstaaten bringt der Union 170 Millionen zusätzliche Einwohner,
eine um 58 % gewachsene Fläche und eine einzigartige Kombination von Umweltproblemen
und Umweltvorteilen.
In den 10 Beitrittsländern in Mittel- und Osteuropa sind die Landschaften großenteils noch
unzerstört und umfassen auch Gebiete alten Waldbestndes. Die Landwirtschaft ist in der
Regel eher extensiv ausgerichtet und unterstützt eine reiche biologische Vielfalt. Das
entgegengesetzte Extrem sind stark verschmutzte Industriestandorte oder ehemalige
Militäranlagen, deren Sanierung enorme Anstrengungen erforderlich machen wird.
Die Europäische Union verfügt weltweit über die umfassendsten und fortschrittlichsten
Umweltvorschriften. Indem die Beitrittsländer diese Rechtsvorschriften übernehmen und
umsetzen, erfüllen sie nicht nur die grundlegenden Bedingungen für ihren Beitritt zur
Europäischen Union, sondern schaffen langfristig auch eine saubere und gesündere Umwelt.
Dass die Beitrittsländer diese Vorteile erkannt haben, zeigte sich bei ihrer Entscheidung, sich
noch vor Beitritt zur Europäischen Union an der Europäischen Umweltagentur zu beteiligen.
Vorrangig bleibt natürlich die vollständige Umsetzung der Rechtsvorschriften, und dies ist
nur möglich, wenn die zuständigen Behörden eine starke Position innehaben und gut
ausgestattet sind. Häufig müssen allerdings Prioritäten gesetzt werden. Die Gemeinschaft
kann hier - insbesondere bei der Umsetzung kostspieliger Richtlinien wie etwa der Richtlinie
über die Abwasserbehandlung - finanzielle Hilfe leisten, wobei sicherzustellen ist, dass die
Bedingungen für die Vergabe dieser Mittel an lokale Umstände und Bedürfnisse angepasst
werden kann. Je nach Land, Region und Örtlichkeiten sind somit unterschiedliche Lösungen
zu finden. Die vollständige Umsetzung der gemeinschaftlichen Umwelt- und
Gesundheitsschutzvorschriften ist eine der Hauptaufgaben der Beitrittsländer.
Zur Steuerung des Prozesses der allmählichen vollständigen Übernahme der
Umweltschutzvorschriften der Gemeinschaft durch die Beitrittsländer müssen diese
Vorschriften vor ihrem Beitritt in innerstaatliches Recht umgesetzt sein. Vorrang sollte die
Umsetzung der Rahmenrichtlinien sowie der horizontalen Richtlinien erhalten.
Die wichtigsten Themen neben der Umsetzung der gemeinschaftlichen Umweltvorschriften
betreffen die Einbeziehung von Umweltaspekten in die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik.
Die größten Herausforderungen dabei sind:
– Nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung
Die wirtschaftliche Umstrukturierung und Erneuerung in den Beitrittsländern bieten die
Chance, Wirtschaftswachstum auf neue und saubere Techniken sowie auf ein besseres
Umweltmanagement zu stützen. Viele der exportorientierten Unternehmen, die in den
Beitrittsländern niedergelassen sind, sehen das Umweltmanagement als Schlüssel zur
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dieser Trend sollte gefördert werden. Die
Beitrittsländer haben die Möglichkeit, zukunftsfähige Gesellschaften zu schaffen, die ein
angenehmes Lebensklima und Wohlstand bieten. Die politischen Entscheidungsträger müssen

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 71 – Drucksache 14/6423

davon überzeugt werden, dass eine gesunde Umwelt auch im Hinblick auf die Ressourcen-
und Finanzwirtschaft Vorteile bietet. Organisationen wie das Regionale Umweltzentrum
können hier eine wichtige Rolle spielen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt bei der Nutzung
strategischer Umweltbewertungen und der Berücksichtigung von Umweltzielen in anderen
Sektoren.
– Öffentlicher Nahverkehr – eine schützenswerte Errungenschaft
In den Beitrittsländern besteht im Vergleich zur Europäischen Union derzeit ein besseres
Gleichgewicht zwischen öffentlichem und privatem Verkehr. Allerdings fehlt es in Mittel-
und Osteuropa bereits an Investitionen in die Nahverkehrssysteme. Die Alternativen zum
Straßenverkehr müssen in Zukunft gefördert werden. Die Gemeinschaft kann hier beispielhaft
vorausgehen, indem sie ihr eigenes Verkehrssystem entsprechend finanziell fördert; ein
Beispiel wären die derzeit laufenden Schienenvorhaben. Der Straßenverkehr muss sorgfältig
geplant werden, damit neue Entwicklungen weder den Städten noch der Natur oder wild
lebenden Tieren schaden. In der Gemeinschaft laufen derzeit verschiedene Initiativen zur
Förderung des Schienenverkehrs, zur Nutzung der Wasserwege und zur Förderung des
kombinierten Verkehrs. Diese Initiativen sollten in den Beitrittsländer ihre Entsprechung
finden.
– Planung der Entwicklung
Die Ausbreitung der Ballungsgebiete sollte in den Beitrittsländern durch eine sorgfältige
Städteplanung gefördert werden und darf nicht zu Lasten der Umwelt gehen. In der Praxis
bedeutet dies, der Stadtsanierung den Vorzug vor der Erschließung neuer Flächen zu geben.
– Bewusstseinsbildung
Die Umweltproteste waren Ausdruck des Widerstands gegen das alte Regime in den Ländern
Mittel- und Osteuropas. Dadurch wurde ein Bewusstsein geschaffen, auf das nun gebaut
werden sollte. Deshalb muss gezeigt werden, dass Umweltschutz und Wirtschaftswachstum
sich nicht gegenseitig ausschließen. Die Beitrittsländer haben die Chance, eine moderne und
wohlhabende Gesellschaft zu schaffen, die urwüchsige Landschaften unangetastet lassen.
Dies ist die Botschaft, die vermittelt werden muss. Bei Sensibilisierungsmaßnahmen darf die
Jugend nicht vernachlässigt werden, die in Zukunft eine Kraft für positive Veränderungen in
der Umwelt sein kann.
Aktionen
– Vertiefte Gespräche mit den Behörden der Beitrittsländer zum Thema nachhaltige

Entwicklung;
– Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen

Umweltorganisationen und der Wirtschaft in den Beitrittsländern.
7.2. Beitrag zu Lösungen für internationale Probleme
Die wirtschaftliche Globalisierung hat dazu geführt, dass der Bedarf an international
abgestimmten Umweltschutzmaßnahmen heute noch viel größer ist als vor ein paar Jahren.
Die Globalisierung zeigt ihre Wirkung in fast allen Ländern und betrifft Menschen und
Politik. Waren, Dienstleistungen, Geld, Informationen und Menschen reisen um die ganze
Erde. Die Globalisierung hat auch signifikante Umweltauswirkungen und erfordert neue
politische Lösungen.

Drucksache 14/6423 – 72 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Als Europäer und Bürger einiger der reichsten Gesellschaften der Erde sind wir uns unserer
internationalen Rolle und Aufgabe durchaus bewusst. Einerseits sind wir in starkem Maße für
globale Umweltprobleme wie die Emission von Treibhausgasen mitverantwortlich und
verbrauchen einen hohen - Einige würden sagen übermäßigen - Anteil an erneuerbaren und
nicht erneuerbaren Ressourcen wie Bodenschätzen, Fisch und Nutzholz. Andererseits ist
Europa Verfechter internationaler Maßnahmen und Zusammenarbeit im Umweltbereich. Bei
dieser Zusammenarbeit sollte danach gestrebt werden, einen breiten internationalen Konsens
zu erzielen, der es ermöglicht, Handelskonflikte zu vermeiden und nötigenfalls dem Prinzip
der Vorsorge mehr Akzeptanz zu verleihen.
Mit der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen den einzelnen Ländern wächst der Bedarf an
globalen Partnerschaften. In Zukunft entfällt ein höherer Anteil der Umweltbelastung auf die
Entwicklungsländer, und deshalb werden strenge Umweltnormen benötigt. Laxe Normen
gehen erwiesenermaßen Hand in Hand mit Armut. Eine erfolgreiche wirtschaftliche
Entwicklung bringt dagegen auch eine Verbesserung der Umweltbedingungen, aber die
Entwicklungsländer müssen natürlich über die erforderlichen Instrumente und Ressourcen
verfügen, um ihre Produktivität zu erhöhen und die Produktionsmethoden verbessern zu
können. Handel und Auslandsinvestitionen können diesbezüglich eine positive Rolle spielen.
Den Bürgern der Entwicklungsländer muss einsichtig gemacht werden, dass zwischen
Entwicklung, Umweltqualität und Lebensstandard eine positive Verbindung besteht.
Gesamtziele
Einbeziehung von Umweltaspekten und Umweltzielen in alle Maßnahmen der
Außenbeziehungen der Europäischen Union;
angemessene Berücksichtigung der Umwelt und entsprechende Mittelausstattung für
Umweltbelange in internationalen Organisationen;
Umsetzung internationaler Übereinkommen, insbesondere zu den Themen Klimaschutz,
biologische Vielfalt, Chemikalien und Wüstenbildung.

Hilfe beim Umweltschutz in Nachbarländern
Die Gemeinschaft muss mit ihren Nachbarn zusammenarbeiten, um das Umweltbewusstsein
von Bürgern und Politikern zu schärfen und bei Umweltschutzmaßnahmen der Europäischen
Union und ihrer Nachbarn Unterstützung zu leisten.
Aktionen
– Einführung eines Umweltschwerpunkts in der Partnerschaft Europa-Mittelmeer und

dem TACIS-Programm in den neuen unabhängigen Staaten;
– Festlegung des Ziels einer nachhaltigen Entwicklung für die künftige

Freihandelszone Europa-Mittelmeer.
Einbeziehung von Umweltaspekten in die Außenpolitik der Europäischen Union
Die Umweltaspekte sollten grundsätzlich in alle Bereiche der Außenpolitik der Europäischen
Union einbezogen werden, insbesondere:

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 73 – Drucksache 14/6423

– Die Entwicklungspolitik muss weiterhin die nachhaltige Bewirtschaftung von
Wasser, Böden und Wäldern fördern und weitere Schwerpunkte auf
Ressourcenzugang und -bewirtschaftung, den Zugang zu nachhaltigen
Energiequellen und die Wechselwirkungen zwischen Gesundheit, Armut und
Städteentwicklung legen;

– in der internationalen Handelspolitik sowie im Rahmen regionaler und bilateraler
Handelsübereinkünfte sollte darauf geachtet werden, dass der Umweltschutz
gefördert wird. Handel, internationale Investitionen und Exportkredite müssen zu
positiveren Faktoren des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung werden;

– der Umweltschutz sollte Teil der Gesamtpolitik der Europäischen Union zur
Konfliktverhütung und Konfliktlösung im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik sein. Dabei sollte der Schwerpunkt zunächst auf die Wasser- und
Bodennutzung gelegt werden.

Aktionen
– Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass der

Umweltschutz in die Entwicklung und Zusammenarbeit im Bereich der Außenpolitik
einbezogen wird, wobei ein Austausch über bewährte Verfahren erfolgen sollte;

– weiterhin Entwicklung von Verfahren und Kriterien für die Bewertung sämtlicher
multilateralen und bilateralen Handelsübereinkünfte im Hinblick auf ihre
Auswirkungen auf eine nachhaltige Entwicklung.

– Weiterhin Bemühungen zur Förderung umweltfreundlicher Verfahren bei
ausländischen Direktinvestitionen und Exportkrediten.

Stärkung des internationalen Umweltschutzes
Die bestehenden internationalen Gremien, die sich mit Umweltfragen befassen, müssen nun
verstärkt werden, damit sie an Gewicht und Einfluss gewinnen und effizienter werden. Dies
bedeutet kurzfristig eine Stärkung der internationalen, institutionellen Rahmenbedingungen,
im Besonderen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP).
Außerdem muß eine bessere Koordinierung von Umweltinstitutionen gewährleistet werden,
was eine verbesserte Koordinierung von Übereinkommen durch eine Zusammenlegung von
Sekretariaten, und durch gemeinsame Finanzierung und Durchführungsverfahren, beinhaltet.
Darüberhinaus müssen mehr Finanzierungssicherheit und mehr politisches Gewicht verliehen
werden.
Bei der Entwicklung des internationalen Umweltrechts muß der Schwerpunkt stärker auf die
Umsetzung und Überwachung bestehender Übereinkommen gelegt werden.
Eine aktivere Rolle der EU in internationalen Gremien
Die Europäische Union muss in internationalen Gremien eine aktive Rolle spielen und
insbesondere in internationalen Umweltorganisationen wie der UNEP mehr Profil zeigen. Die
Europäische Union sollte sich ferner für die stärkere Einbeziehung der Umweltbelange in die
Tätigkeit anderer UN-Gremien und der internationalen Finanzinstitute einsetzen. Dies sollte
mit einem starken und vereinten Auftreten in den einschlägigen Finanzgesprächen
einhergehen, was wiederum eine bessere Koordinierung mit den Mitgliedstaaten voraussetzt.

Drucksache 14/6423 – 74 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Auch die Gespräche mit Drittländern, unter denen sich einige der wichtigsten
Entwicklungsländer befinden, können noch verbessert werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 75 – Drucksache 14/6423

8. EINBEZIEHUNG DER BETROFFENEN UND SOLIDE KENNTNISSE ALS GRUNDLAGE DER
POLITIK

8.1. Bessere Rechtsvorschriften
Förderung der Innovation durch Rechtsvorschriften
Die Schaffung eines umweltpolitischen Ordnungsrahmens war Voraussetzung für die Erfolge
der gemeinschaftlichen Umweltpolitik beispielsweise bei der Bekämpfung der
Verschmutzung von Luft und Gewässern. Allerdings sind die Quellen der
Umweltverschmutzung nicht mehr auf einzelne Industrieanlagen beschränkt, sondern sind mit
ganz unterschiedlichen wirtschaftlichen Tätigkeiten und Verbraucherverhalten verbunden.
Damit können Lösungen nicht mehr ohne weiteres dank einfacher Vorschriften und
Kontrollverfahren gefunden werden.
In dieser Situation kommt der Industrie große Bedeutung zu, da sie beim Erreichen der
Umweltziele eine wichtige Rolle zu spielen hat. Verschmutzung ist Ausdruck eines schlecht
geführten Unternehmens. Unternehmen, die innovativ tätig sind, um neue Märkte zu
gewinnen oder ihre Wettbewerbsposition zu verbessern, sollten sich auch darum bemühen,
weniger Verschmutzung zu verursachen und Abfälle zu erzeugen. Es gibt zahlreiche
Vorbilder für Unternehmen, die erfolgreich modernisieren, um Abfälle zu rezyklieren und
Kosten zu senken.
Die richtigen ordnungspolitischen Rahmenbedingungen können sowohl im Hinblick auf den
Markterfolg als auch auf die Umweltpolitik vorteilhafte Innovationen fördern. Durch die
Vorschriften sollten angemessen strenge Normen festgelegt werden, wobei das Augenmerk
aber eher auf die Resultate zu richten ist, als dass ein bestimmter Weg zur Erreichung des
Ziels vorgeschrieben wird. Vorschriften müssen flexibel sein, die große Bandbreite
unterschiedlicher wirtschaftlicher und geografischer Bedingungen berücksichtigen und
Übergangsphasen ermöglichen, wo diese benötigt werden. Sie können den Unternehmen
positive Anreize bieten, um sogar über die gesetzten Normen hinauszugehen.
In manchen Fällen sind andere Methoden als Rechtsvorschriften die geeignetsten und
flexibelsten Mittel in Umweltfragen. Die Kommission befasst sich derzeit mit neuen
Methoden des Regierens, darunter mit Alternativen zur traditionellen Rechtsetzung wie
freiwillige Verpflichtungen und Vereinbarungen, die es den Unternehmen leichter machen,
Innovationen und Veränderungen einzuführen. Darunter fällt gegebenenfalls auch die
Schaffung eines ordnungsrechtlichen Rahmens, der politische Ziele vorgibt, bei dem aber die
Industrie in einem Konsensverfahren über die Einzelheiten der praktischen Umsetzung der
Maßnahmen zur Erfüllung der rechtlichen Rahmenvorschriften entscheidet ('gemeinsame
Regelung').
Umfassender Dialog und solide wissenschaftliche Grundlagen
Im Programm werden der strategische Rahmen und die allgemeinen Prioritäten für die
gemeinschaftliche Umweltpolitik des nächsten Jahrzehnts vorgegeben. Um ein vernünftiges
Maß und wirksame Regelungen zu erzielen, sollten die Ziele und politischen Maßnahmen im
offenen Dialog mit allen Betroffenen entwickelt werden.
Dieser Dialog muss sich auf solide wissenschaftliche und wirtschaftliche Analysen sowie auf
Informationen und Daten über den Zustand der Umwelt stützen können und sich daran

Drucksache 14/6423 – 76 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

orientieren, welcher Belastung die Umwelt ausgesetzt ist und welche Ursachen dahinter
stehen. Die entsprechenden Arbeiten sollten so weit wie möglich durch die Erstellung von
Szenarios und Vorhersagemodellen unterstützt werden. Dies erfordert eine deutliche
Verbesserung der Qualität der Umwelt- und Wirtschaftsdaten sowie der Analysen und
politischen Bewertungen, die derzeit bei der Entscheidungsfindung herangezogen werden
können. Die beim fünften Umweltaktionsprogramm gemachten Erfahrungen mit Initiativen
wie etwa der Festlegung von Luftqualitätsnormen haben gezeigt, dass diese Vorgehensweise
zwar zeit- und ressourcenaufwendig ist, aber eine stärkere Einbeziehung der Betroffenen
ermöglicht und dazu beiträgt, ehrgeizige, aber realistische Ziele festzulegen. Wenn
systematisch geprüft wird, welche politische Maßnahmen möglich sind, können die
wirkungsvollsten Instrumente ausgewählt und ein gutes Gleichgewicht zwischen den
verschiedenen Zuständigkeitsebenen (gemeinschaftliche, nationale, lokale Maßnahmen)
gefunden werden.
Die Umweltprobleme, mit denen wir heute zu tun haben, sind viel komplexer als noch vor 20
Jahren; auch Wechselwirkungen und Kompromisse, die mitunter eingegangen werden
müssen, sind viel deutlicher geworden. Die Bekämpfung eines Problems kann sich positiv
oder negativ auf Lösungen für andere Probleme auswirken. Deshalb ist eine integrierte
Prüfung aller Maßnahmen erforderlich, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden.
Kosten-Nutzen-Analysen sind ein wichtiges Element von Vorschlägen im Umweltbereich,
und die Erfahrungen mit den Auto-Öl-Programmen sind ein gutes Beispiel für eine
Maximierung des Umweltnutzens bei Minimierung der Kosten. Auf diese Art kann dafür
gesorgt werden, dass die eingesetzten finanziellen Mittel einen optimalen Ertrag bringen, was
ein Kernprinzip der im Rahmen dieses Programms ergriffenen Maßnahmen sein wird.
Erweiterung des Dialogs
Die Kommission hat sich dazu verpflichtet, für mehr Offenheit und Transparenz zu sorgen,
um die europäischen Institutionen dem Bürger näher zu bringen. Dies gilt insbesondere für
die politische Entscheidungsfindung, bei der noch viel zu tun ist, um allen interessierten
Gruppen die Möglichkeit einer Einflussnahme zu bieten. Dabei sind wirtschaftliche Interessen
zu berücksichtigen sowie die Belange nationaler, regionaler und lokaler Behörden sowie
Umweltgruppen.
Nichtregierungsorganisationen (NRO) kommt hier eine wichtige Rolle zu, da sie bei der
Entscheidungsfindung als Sprachrohr für den "Mensch auf der Straße" fungieren, an
Experten- und Fachgruppen teilnehmen und die Umsetzung der Rechtsvorschriften
überwachen können. Diese Organisationen vertreten das breitere öffentliche Interesse an der
Politik.
Aktionen
– Neue Politik- und Planungsstrategie der Kommission, bei der sämtliche relevanten

Gruppen frühzeitig über geplante Vorschläge der Kommission unterrichtet werden;
– Fortsetzung der finanziellen Unterstützung der Gemeinschaft für im Umweltbereich

tätige NROs, um deren Beteiligung am Dialog zu erleichtern.
Die Rolle der Forschung
Die gemeinschaftliche Umweltpolitik baut auf die Forschung, da diese uns hilft, besser zu
verstehen, wie sich unsere Tätigkeiten auf die Umwelt auswirken und welche

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 77 – Drucksache 14/6423

Wechselwirkungen bestehen. Unsere Umwelt ist so komplex, dass dieses Wissen geradezu
Voraussetzung für wirksame Maßnahmen ist. Weiter oben hat sich gezeigt, dass dies nicht nur
von allgemeinem Interesse ist, sondern in bestimmten Bereichen auch ganz spezielle
Bedeutung hat. Dies gilt etwa für die Wechselbeziehungen zwischen Klimaänderungen und
Gesundheit, für Ökosysteme, die biologische Vielfalt sowie den Schutz und die nachhaltige
Bewirtschaftung von natürlichen Ressourcen und Abfällen. Die Forschung spielt ferner eine
zentrale Rolle für die Entwicklung innovativer Techniken und Managementpraktiken, die
auch in Zukunft benötigt werden, um Lösungen für Umweltprobleme zu finden.
Vorschläge und Entscheidungen müssen optimal wissenschaftlich fundiert sein, um die
Zustimmung der Betroffenen zu gewinnen und überflüssige Konflikte mit unseren
Handelspartnern zu vermeiden. Der Europäische Forschungsraum bietet in dieser Hinsicht
interessante Möglichkeiten, die voll genutzt werden sollten.
Wie in der Mitteilung der Kommission über das Europäischen Forschungsraumes erklärt
wurde, stehen den Forschungsprogrammen der Gemeinschaft ungefähr 5% der öffentlichen
Forschungsfonds zur Verfügung. Es ist daher unerläßlich, daß zusätzlich zu den
Forschungsprogrammen der Gemeinschaft in diesem Gebiet die Koordinierung von
nationalen Forschungsprogrammen gefördert wird, um deren Einfluß zu vergrößern.
Die Forschungsergebnisse müssen noch besser verbreitet werden, um die
Entscheidungsfindung in der Politik zu vereinfachen und der Öffentlichkeit ein besseres
Verständnis der Umweltproblematik zu vermitteln.
Aktionen
– zweimal jährlich Überarbeitung der Umweltforschungsprogramme und Prüfung von

neuem Forschungsbedarf und Forschungsprioritäten;
– Schaffung von Foren für die Betroffenen zur Förderung von Interaktion, Austausch

von Informationen und besten Praktiken sowie zur Gewährleistung einer wirksamen
Verbreitung der Forschungsergebnisse;

– Unterstützung der Mitgliedsstaaten in deren weiteren Bemühungen, Umweltfragen in
ihren Forschungsprogrammen prioritär zu berücksichtigen. Um deren Mehrwert zu
erhöhen, sollten diese auf Gemeinschaftsebene koordiniert werden.

– Festlegung, daß Umweltfragen auch weiterhin in Forschungsprogrammen der
Gemeinschaft einen hohen Stellenwert behalten.

8.2. Informationen für die politische Entscheidungsfindung und für Bewertungen
Zustand der Umwelt, Trends und Einflussfaktoren
Eine Bewertung des Programms und politische Entscheidungen auf der Grundlage der
richtigen Informationen erfordern solide Kenntnisse über die aktuellen Umweltprobleme, ihre
geografische Verbreitung und die sozioökonomischen Trends, die häufig Ursache für eine
Verschlechterung der Umweltqualität sind. Das heißt, wir müssen über einen bestimmten
Zeitraum hinweg relevante und köhärente Daten erfassen und eine sinnvolle Auslegung und
Präsentation dieser Daten sicherstellen. Diese Rolle wird von der Europäischen
Umweltagentur und von Eurostat erfüllt, die sich dabei auf die von den Mitgliedstaaten
gelieferten Informationen stützen. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten sich ganz
offensichtlich intensiver um die Bereitstellung der erforderlichen Daten bemühen. Fragen der

Drucksache 14/6423 – 78 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Umweltpolitik und der Nachhaltigkeit müssen in Wissenschaft und Statistik einen höheren
Stellenwert erhalten; Lücken bei den grundlegenden Daten müssen unbedingt geschlossen
werden. Nur so können wir ein umfassendes Bild der vorhandenen Umweltprobleme
gewinnen.
Politischen Entscheidungen ist auch gedient, wenn wir die Trends hinter den einzelnen
Problemen besser verstehen und auf dieser Grundlage Szenarios und Modelle erstellen, die
Aussagen über die voraussichtliche Wirksamkeit von Maßnahmen ermöglichen. Auch
sozioökonomische Trends sind häufig Ursache für Umweltprobleme und dürfen bei
politischen Maßnahmen nicht außer Acht gelassen werden.
Messung der Fortschritte - Berichterstattung, Indikatoren und Bewertung
Um feststellen zu können, inwiefern wir unseren Zielen näher kommen, benötigen wir
Informationen über den Zustand der Umwelt und über die Gründe für festgestellte Probleme.
Weitere Voraussetzung ist eine gute Berichterstattung über Umsetzung, Anwendung und
Wirksamkeit unserer politischen Maßnahmen. Die Daten und das Berichterstattungssystem,
mit denen wir derzeit arbeiten, vermitteln uns nur ein ungefähres Bild vom Zustand der
Umwelt in Europa und der damit verbundenen sozioökonomischen Trends. Auch hinsichtlich
der Umsetzung und Anwendung des gemeinschaftlichen Umweltrechts sind noch einige
Informationslücken zu schließen. Eine sinnvolle Bewertung unserer Politik und der
Umweltauswirkungen menschlicher Tätigkeiten ist damit nur beschränkt möglich.
Die Kommission möchte eine systematische Bewertung vornehmen, um künftige politische
Maßnahmen und deren praktische Anwendung zu verbessern und sich einen besseren
Eindruck wahrscheinlicher Entwicklungen zu verschaffen. Die nach Hälfte der Laufzeit
vorgesehene Wirksamkeitsprüfung des Programms erfordert einen umfassenden Satz von
Indikatoren.
Eindeutige und kohärente Indikatoren sind Voraussetzung für eine Bewertung der Fortschritte
im Hinblick auf die festgelegten Ziele. Hierzu gehören auch Indikatoren, die den monetären
Wert einer Schädigung der Umwelt ausdrücken. Indikatoren können ferner hilfreich sein, um
sowohl Entscheidungsträger als auch Öffentlichkeit für bestimmte Situationen und Trends zu
sensibilisieren. Zur Zeit wird an einem Satz eindeutiger und kohärenter Indikatoren
gearbeitet, um Fortschritte im Hinblick auf die gesetzten Ziele bewerten zu können. Auf
Ebene der EU festgelegte Hauptindikatoren werden die Grundlage für eine Bewertung der bei
den großen Themen dieses Programms erzielten Fortschritte bieten. Hinzu kommen stärker
detaillierte Indikatoren für die Umweltqualität und Kernindikatoren für die einzelnen
politischen Bereiche wie Verkehr, Landwirtschaft und Energie (beim Verkehr sind diese
Arbeiten dank der Initiative für ein Berichterstattungssystem für Verkehr und Umwelt bereits
gut fortgeschritten).
Um diesen Prozess zu vereinfachen, sollte das gesamte System umfassend geprüft werden
(dabei sind der Zustand der Umwelt und dort festgestellte Trends ebenso zu berücksichtigen
wie die statistische Berichterstattung, rechtliche Anforderungen und politische Analysen).
Ferner soll auch festgestellt werden, wo besonders dringender Datenbedarf besteht, so dass
die Mitgliedstaaten die zur Verfügung stehenden Ressourcen auf die Erfassung solcher
prioritären Daten konzentrieren können. Eine Rationalisierung und Harmonisierung der Daten
über die Einhaltung der Rechtsvorschriften und der statistischen Daten würde bereits eine
deutliche Verbesserung darstellen. Bei der Prüfung werden alle Tätigkeiten erfasst, die uns
mit Daten, Indikatoren und Informationen versorgen und damit in die Lage versetzen,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 79 – Drucksache 14/6423

Fortschritte zu messen, politische Maßnahmen zu überprüfen und zu verbessern und künftige
Entwicklungen vorherzusagen.
Aktionen
– regelmäßige Erstellung und Veröffentlichung eines Berichts über die

Hauptindikatoren;
– regelmäßige Erstellung von Indikatorenberichten über den Zustand der Umwelt;
– Regelmäßige Fortschrittsberichte über Indikatoren für die Einbeziehung von

Umweltaspekten insbesondere in die Bereiche Land- und Forstwirtschaft, Energie,
Fischerei und Meerespolitik, Fremdenverkehr, Industrie, Regionalpolitik und
Verkehr sowie Berichterstattung über die erzielten Fortschritte;

– Erstellung von epidemiologischen Indikatoren und Indikatoren für die Kosten einer
Umweltschädigung sowie Einrichtung von Datenbanken für die Bewertung;

– umfassende Überprüfung der Informations- und Berichterstattungssysteme mit dem
Ziel eines kohärenten und wirkungsvollen Systems für Berichterstattung und
Bewertung unter Verwendung qualitativ hochwertiger und vergleichbarer
Umweltdaten und -informationen;

– Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Schaffung von Datenerfassungssystemen
und insbesondere bei der Festlegung von Prioritäten im Hinblick auf eine optimale
Nutzung der knappen Haushaltsressourcen;

– stärkere Förderung von geografischen Informationssystemen und
Satellitenüberwachung unter Berücksichtigung der Initiative "globale Umwelt- und
Sicherheitsüberwachung" mit dem Ziel, die politische Entscheidungsfindung und die
praktische Umsetzung der Aktionen zu vereinfachen.

8.3. Leitprinzipien der Umweltpolitik der EU
Die gemeinschaftliche Umweltpolitik stützt sich auf einige feste Prinzipien. Die Prinzipien
der Vorsorge, der Vermeidung von Verschmutzung an der Quelle, das Verursacherprinzip
und das Prinzip der Vorbeugung sind allesamt im Vertrag verankert und sind Grundlage für
einen Großteil der derzeitigen Umweltvorschriften. Im Vertrag ist ferner das Prinzip der
Einbeziehung der Umweltbelange festgelegt, dem zufolge bei allen politischen
Entscheidungen die von der Gemeinschaft verfolgten Umweltziele umfassend und
angemessen zu berücksichtigen sind.
Zusätzlich sollten wir die mögliche Anwendung folgender Konzepte auf einer breiteren
Grundlage prüfen:
Förderung des Ersatzes gefährlicher Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe, wenn geeignete
Alternativen verfügbar sind ("Ersatz"), und
die Hersteller müssen nachweisen, dass jegliche gefährlichen Stoffe, die sie verwenden,
erzeugen oder zu verwenden beabsichtigen, keine unnötigen oder inakzeptablen Gefahren für
Mensch und Umwelt verursachen ("Umkehrung des Prinzips der Beweislast").

Drucksache 14/6423 – 80 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über das Umweltaktionsprogramm der Gemeinschaft (2001-2010)

(Vorlage der Kommission)

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 81 – Drucksache 14/6423

BEGRÜNDUNG

1. EINLEITUNG
1992 wurde das fünfte Umweltaktionsprogramm "Für eine dauerhafte und
umweltgerechte Entwicklung" verabschiedet. Bei Ende dieses Programms zeigte sich
deutlich, dass der Umweltschutz trotz des umfassenden Regelwerks noch weiter
verbessert werden muss.
In diesem neuen Aktionsprogramm werden Bereiche beschrieben, in denen neue
Maßnahmen oder aber neue Ansätze benötigt werden. Zahlreiche Schlussfolgerungen
und Maßnahmen, die im fünften Programm vorgeschlagen wurden, behalten ihre
Gültigkeit, wobei allerdings noch Fragen der praktischen Umsetzung zu klären sind.
Für einige hartnäckige und schwierige Probleme wie die Klimaänderungen wird
jedoch eine bessere Abstimmung auf Gemeinschaftsebene benötigt. In diesem
Aktionsprogramm wird ein Zeitplan festgelegt und werden die Herausforderungen
der Umweltpolitik in den breiteren Kontext der nachhaltigen Entwicklung, der
Wechselwirkungen zwischen Wirtschaftswachstum und einer gesunden Umwelt, der
Globalisierung und der Erweiterung der Europäischen Union gebracht.

2. GESAMTBEWERTUNG DES FÜNFTEN UMWELTAKTIONSPROGRAMMS
Bei der Prüfung des fünften Umweltaktionsprogramms wurde die Kommission
ersucht, eine globale Bewertung der erzielten Fortschritte vorzunehmen. Diese
Bewertung, die sich auf den Bericht der Europäischen Umweltagentur über den
Zustand der Umwelt stützte, führte zum Schluss, dass zwar Fortschritte in Richtung
der gesetzten Umweltziele erzielt wurden, aber noch viel zu tun sei. Die
Gesamtbewertung wurde veröffentlicht, um eine Grundlage für Gespräche über die
künftigen Prioritäten der Umweltpolitik zu bieten.

3. EXTERNEKONSULTATION
Nach der Veröffentlichung der "Gesamtbewertung" fanden umfassende Gespräche
mit den Betroffenen in den Mitgliedstaaten statt. Dies erfolgte in 12 Seminaren, die
von nationalen Behörden veranstaltet wurden, einem Seminar mit Vertretern von
Wirtschaft und Industrie, in Sitzungen und Kontakten mit zahlreichen
Nichtregierungsorganisationen und in Form schriftlicher Bemerkungen von
regionalen Behörden und Einzelpersonen. Um diesen Prozess einfacher zu gestalten,
wurde eine öffentlich zugängliche Internetseite eingerichtet.
Auch die Beitrittsländer wurden ersucht, ihren Standpunkt zu den Prioritäten des
Aktionsprogramms vorzubringen, dessen Laufzeit den Zeitraum nach der ersten
Beitrittswelle umfasst. Das Regionale Umweltzentrum in Ungarn koordinierte die
umfangreichen Beiträge von nationalen Behörden und Nichtregierungs-
organisationen.

Drucksache 14/6423 – 82 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

4. DAS UMWELTAKTIONSPROGRAMMUND DIE NACHHALTIGE ENTWICKLUNG
Dank des fünften Umweltaktionsprogramms konnte die nachhaltige Entwicklung als
Ziel der Europäischen Union etabliert werden. Die Bestätigung kam mit dem Vertrag
von Amsterdam.
Eine nachhaltige Entwicklung kann nicht durch Umweltpolitik alleine erreicht
werden, sondern erfordert das Engagement aller Politiker in sämtlichen politischen
Tätigkeitsfeldern der Gemeinschaft, da nur so ein optimales Gleichgewicht zwischen
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Zielen erzielt werden kann.
Dieses neue Umweltaktionsprogramm hat somit einen anderen Charakter als sein
Vorgänger. Es steht für die Umweltdimension einer umfassenderen Strategie der
Gemeinschaft für eine nachhaltige Entwicklung. Es beschreibt die wichtigsten
Umweltprobleme und die Ursachen dahinter. Dank der Einbeziehung der
Umweltbelange soll gewährleistet werden, dass Umweltprobleme auch bei
Maßnahmen in den anderen politischen Bereichen erfolgreich angegangen werden.

5. FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN
Im Aktionsprogramm werden die prioritären Ziele genannt, die es zu erreichen gilt,
um eine saubere und gesunde Umwelt möglich zu machen. Ferner sind die größten
Herausforderungen der Zukunft beschrieben, ohne jedoch die Art der erforderlichen
Aktionen und Maßnahmen bis ins Detail vorzuschreiben. Diese werden Gegenstand
künftiger Initiativen sein, bei denen jeweils auf die finanziellen Auswirkungen der
betreffenden Maßnahmen eingegangen wird.

6. SUBSIDIARITÄT
Im Aktionsprogramm werden Umweltprobleme angesprochen, für die Maßnahmen
und Führung auf europäischer Ebene benötigt werden. Diese Notwendigkeit ergibt
sich aus dem grenzüberschreitenden Charakter der Umweltprobleme und der
entsprechenden Lösungsansätze.

7. VEREINBARKEIT MIT ANDEREN POLITISCHENMASSNAHMEN DER GEMEINSCHAFT
Im Aktionsprogramm werden die wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen der
Gemeinschaft immer in Verbindung mit ihren Umweltauswirkungen betrachtet. Die
in Artikel 6 EG-Vertrag verankerte Einbeziehung der Umweltbelange ist ein
zentraler Bestandteil des Aktionsprogramms.

8. EINE LAUFZEIT VON 10 JAHREN
Für das Programm wird ein Zeitrahmen von 10 Jahren vorgeschlagen. Dies wird als
Minimum betrachtet für:
– die Entwicklung neuer Maßnahmen,
– die Umsetzung und Anwendung der Maßnahmen,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 83 – Drucksache 14/6423

– die Wirkungsentfaltung der Maßnahmen,
– die Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen.
Um Änderungen des Umfelds berücksichtigen zu können, ist eine Überprüfung des
Programms nach Hälfte der Laufzeit vorgesehen. Entsprechende Indikatoren werden
in regelmäßigen Abständen veröffentlicht, um feststellen zu können, welche
Fortschritte erzielt wurden, und um nötigenfalls einschlägige Maßnahmen zu fördern.

Drucksache 14/6423 – 84 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

2001/0029(COD)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über das Umweltaktionsprogramm der Gemeinschaft (2001-2010)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN
UNION -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf
Artikel 175 Absatz 3,
auf Vorschlag der Kommission1,
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses2,
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen3,
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags4,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1) Wohlbefinden und Wohlstand der Gesellschaft können auf Dauer nur

gewährleistet werden, wenn für eine saubere und gesunde Umwelt gesorgt ist. Das
kontinuierliche weltweite Wachstum wird die Umwelt jedoch stärker belasten als
je zuvor.

2) Die Laufzeit des fünften Umweltaktionsprogramms der Gemeinschaft "Für eine
dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung" endete am 31. Dezember 2000.
Dieses Programm hat einige wichtige Verbesserungen gebracht.

3) Allerdings bleiben einige ernsthaften Umweltprobleme weiterhin bestehen und
erfordern zusätzliche Maßnahmen.

4) Ein umsichtiger Umgang mit den natürlichen Ressourcen, der Schutz des globalen
Ökosystems, wirtschaftlicher Wohlstand und eine ausgewogene gesellschaftliche
Entwicklung sind Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung.

1 ABl. C ... vom ..., S. ....
2 ABl. C ... vom ..., S. ....
3 ABl. C ... vom ..., S. ....
4 ABl. C ... vom ..., S. ....

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 85 – Drucksache 14/6423

5) Dieses Programm befasst sich mit den Umweltaspekten einer nachhaltigen
Entwicklung und dient dem Ziel einer generellen Verbesserung der Umwelt- und
Lebensqualität in der Europäischen Union.

6) In diesem Umweltaktionsprogramm werden die Umweltprioritäten der
gemeinschaftlichen Umweltpolitik für einen Zeitraum von zehn Jahren festgelegt,
damit genügend Zeit zur Verfügung steht, um neue Maßnahmen zu beschreiben,
diese umzusetzen und ihre Wirksamkeit zu bewerten.

7) Die in diesem Beschluss genannten Ziele, Prioritäten und Aktionen werden auch
für die erweiterte Gemeinschaft gelten.

8) Rechtsvorschriften spielen bei der Suche nach Lösungen für Umweltprobleme
weiterhin eine zentrale Rolle, so dass die vollständige und ordnungsgemäße
Umsetzung der vorhandenen Rechtsvorschriften vorrangig sichergestellt werden
muss.

9) Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen in die Wirtschafts- und
Sozialpolitik einbezogen werden, damit die Ursachen der Umweltbelastung
beseitigt werden können. Auf diesem Gebiet sind noch weitere Fortschritte
erforderlich.

10) Um Produktionsmodelle und Verbraucherverhalten mit Auswirkungen auf den
Zustand der Umwelt und auf Umwelttrends ändern zu können, wird eine
strategische Vorgehensweise benötigt, durch die neue Wege der Zusammenarbeit
mit dem Markt eingeschlagen werden, den Bürgern mehr Macht verliehen wird
und sinnvollere Raumplanungsentscheidungen gefördert werden.

11) Die Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass Tätigkeiten des Menschen eine
Zunahme der Konzentration von Treibhausgasen verursachen, was zu weltweit
höheren Temperaturen und Klimaänderungen führt.

12) Die Klimaänderungen haben starke Auswirkungen auf die Gesellschaft und die
Natur und erfordern Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen von
Treibhausgasen.

13) Die Klimaänderungen können ohne Abstriche an Wachstum und Wohlstand
vermieden werden, wenn es gelingt, Wirtschaftswachstum von der Erzeugung von
Emissionen abzukoppeln.

14) Gesunde natürliche Systeme, die sich im Gleichgewicht befinden, sind
Voraussetzung für das Leben auf der Erde.

15) Natur und biologische Vielfalt geraten unter immer stärkeren Druck durch
menschliche Tätigkeiten, insbesondere durch Verschmutzung, durch die Nutzung
von Land und Meeren.

16) Die Böden sind eine begrenzte Ressource, die stark belastet ist.

Drucksache 14/6423 – 86 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

17) Trotz der Verbesserungen bei den Umweltnormen wird die menschliche
Gesundheit durch die Qualität von Luft, Wasser und Lebensmitteln beeinträchtigt
und häufen sich die Hinweise auf eine Zunahme von Allergien, Erkrankungen der
Atemwege, Krebs und anderen Krankheiten.

18) Die Verschmutzung durch den Verkehr, durch landwirtschaftliche Tätigkeiten,
industrielle Verfahren, kommunales Abwasser und die Abfallwirtschaft schaden
der Qualität der Umwelt und wirken sich damit nachteilig auf die menschliche
Gesundheit aus.

19) Beim Gesundheits- und Umweltschutz muss mehr Gewicht auf Vorbeugung und
Vorsorge gelegt werden.

20) Die Erde kann nur eine bestimmte Ressourcennachfrage befriedigen und eine
bestimmte Abfallmenge aufnehmen. Da hier die Grenzen erreicht werden,
entstehen nachteilige Folgen für die Nutzung von Metallen, Mineralien und
Kohlenwasserstoffen.

21) Das Abfallvolumen steigt in der Gemeinschaft weiterhin an, was zum Verlust von
Flächen und Ressourcen und zu Verschmutzung führt.

22) Ein signifikanter Anteil der Abfälle ist gefährlich.
23) Die wirtschaftliche Globalisierung führt zu einem zunehmenden Bedarf an

international abgestimmten Umweltaktionen, so dass die Gemeinschaft neue
politische Lösungen in den Bereichen Handel, Entwicklung und
Außenbeziehungen benötigt.

24) Umweltpolitische Maßnahmen müssen wegen der Komplexität der behandelten
Themen auf soliden wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Analysen basieren,
bei denen im Einklang mit Artikel 174 EG-Vertrag Umweltbedingungen und
Umwelttrends berücksichtigt werden.

25) Informationen für die politischen Entscheidungsträger und die allgemeine
Öffentlichkeit müssen relevant, aktuell und verständlich sein.

26) Die Fortschritte im Hinblick auf die gesetzten Umweltziele müssen gemessen und
bewertet werden.

27) Bei Hälfte der Laufzeit des Programms sollte geprüft werden, welche Fortschritte
bis dahin erzielt wurden und ob Bedarf an einer neuen Ausrichtung des Programm
besteht -

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 87 – Drucksache 14/6423

BESCHLIESSEN:

Artikel 1
Schaffung des Programms

1. Mit diesem Beschluss wird ein Programm für Gemeinschaftsaktionen im
Umweltbereich geschaffen, das im Folgenden "das Programm" genannt wird und die
zu verfolgenden Ziele aufzeigt.

2. Die Laufzeit des Programms beginnt am 1. Januar 2001 und endet am 31. Dezember
2010.

Artikel 2
Gesamtziele und Einzelziele

1. Im Programm werden auf der Grundlage einer Bewertung der Umweltbedingungen
und der Umwelttrends sowie einer Beschreibung von hartnäckigen
Umweltproblemen, die Gemeinschaftsmaßnahmen erforderlich machen, die
wichtigsten Umweltziele und -prioritäten der Gemeinschaft vor und nach der
Erweiterung im Hinblick auf eine Gemeinschaftsstrategie für eine nachhaltige
Entwicklung festgelegt.

2. Ziel des Programms ist eine vollständige Einbeziehung von Anforderungen des
Umweltschutzes in andere politische Maßnahmen der Gemeinschaft, wobei auch bei
Maßnahmen, die zum Schutz der Umwelt vorgeschlagen und verabschiedet werden,
die wirtschaftlichen und sozialen Ziele einer nachhaltigen Entwicklung zu
berücksichtigen sind, alle Optionen und Instrumente geprüft werden, ein umfassender
Dialog stattfindet und alle Maßnahmen auf soliden wissenschaftlichen Kenntnissen
basieren.

3. Ziel des Programms ist eine Stabilisierung der Konzentration von Treibhausgasen in
der Atmosphäre auf einem Niveau, das keine unnatürlichen Klimaänderungen
verursacht. Deshalb müssen weitere Fortschritte zur Erfüllung des vom
Zwischenstaatlichen Gremium für Klimaveränderungen formulierten langfristigen
Ziels erzielt werden, dem zufolge die Emissionen von Treibhausgasen gegenüber dem
Stand von 1990 um 70 % verringert werden sollen. Zu diesem Zweck sind folgende
Einzelziele zu erfüllen:

– Ratifizierung des Kyoto-Protokolls und bis 2008-12 Verringerung der
Emissionen in den derzeitigen Mitgliedstaaten um 8 % im Vergleich zum
Stand von 1990;

Drucksache 14/6423 – 88 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– glaubwürdige politische Maßnahmen der Gemeinschaft, die auf ein
internationales Übereinkommen über ein neues Ziel zur signifikanten
Verringerung der Emissionen für den Zeitraum nach Kyoto drängen sollte.

4. Ziele des Programms sind Schutz und Wiederherstellung der Funktionsweise
natürlicher Systeme sowie der Schutz der biologischen Vielfalt in der Europäischen
Union und weltweit, wobei folgende Einzelziele zu erfüllen sind:

– Schutz der natürlichen Umwelt vor schädigenden Schadstoffemissionen;
– Schutz der Böden vor Erosion und Verschmutzung;
– Schutz der biologischen Vielfalt im Einklang mit der Gemeinschaftsstrategie

zur Erhaltung der Artenvielfalt5;
– Schutz von biologischer Vielfalt und wertvollen Landschaften in den

ländlichen Gebieten der Gemeinschaft.
5. Ziel des Programms ist eine Umwelt, in der vom Menschen hergestellte Schadstoffe

keine signifikanten Gesundheitsauswirkungen haben bzw. keine inakzeptablen
Gesundheitsgefahren verursachen. Mit dem Programm werden diesbezüglich
folgende Einzelziele verfolgt:

– besseres Verständnis der Gefahren für die menschliche Gesundheit;
– Eine Schritt für Schritt Bewertung mit klaren Ziel- und Fristsetzungen aller in

großen Mengen hergestellten Chemikalien (wie im Weißpapier über die neue
Chemikalienstrategie festgelegt);

– Verhindern, dass in der Umwelt vorhandene Pestizide signifikante Gefahren
für Mensch und Umwelt bewirken bzw. signifikante Auswirkungen auf
Mensch und Umwelt haben, und generell eine geringere Verwendung von
Pestiziden;

– Erreichen einer Wasserqualität, die keine signifikanten Auswirkungen auf
Mensch und Umwelt hat und keine signifikante Gefahren für Mensch und
Umwelt verursacht, sowie Gewährleistung einer langfristig nachhaltigen
Wasserentnahme;

– Erreichen einer Luftqualität, die keine signifikanten Auswirkungen auf
Mensch und Umwelt hat und keine inakzeptablen Gefahren für Mensch und
Umwelt bewirkt;

5 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über eine
Gemeinschaftsstrategie zur Erhaltung der Artenvielfalt, KOM (98)42 endg.: Ratsbeschlüsse, 21.
May 1998

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 89 – Drucksache 14/6423

– substanzielle Verringerung der Anzahl Personen, die regelmäßig anhaltenden
und signifikanten Lärmpegeln ausgesetzt sind.

6. Ziele des Programms sind eine rationellere Ressourcennutzung und eine bessere
Ressourcenbewirtschaftung und Abfallwirtschaft, wobei folgende Einzelziele zu
erfüllen sind:

– Gewährleisten, dass durch den Verbrauch von erneuerbaren und nicht
erneuerbaren Ressourcen sowie durch die damit verbundenen Auswirkungen
die Tragfähigkeit der Umwelt nicht überschritten wird;

– während der Laufzeit des Programms signifikante Verringerung der Menge
an Abfällen, die endgültig entsorgt werden müssen, sowie der Menge
gefährlicher Abfälle;

– signifikante Verringerung des Gesamtabfallvolumens durch bessere
Initiativen zur Abfallvermeidung, eine rationellere Ressourcennutzung und
den Übergang zu einem nachhaltigeren Verbraucherverhalten und damit eine
Abkopplung von Wirtschaftswachstum und Abfallerzeugung;

– für Abfälle, die nach wie vor erzeugt werden, wird folgende Situation
angestrebt: die Abfälle sollten nicht gefährlich sein oder möglichst geringe
Gefahren verursachen; Wiederverwertung und insbesondere Recycling sollten
Priorität genießen; die Menge der Abfälle, die endgültig entsorgt werden,
sollte auf das Minimum reduziert und die Abfälle sollten sicher vernichtet
oder entsorgt werden; die Abfälle sollten so nah wie möglich am
Entstehungsort behandelt werden, sofern dies mit dem Gemeinschaftsrecht
vereinbar ist und nicht zu Lasten der wirtschaftlichen und technischen
Effizienz der Abfallbehandlung geht.

7. Ziel des Programms ist die Verabschiedung politischer Maßnahmen und Konzepte,
die einer nachhaltigen Entwicklung in den Beitrittsländern dienen.

8. Förderung des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung in den
Beitrittsländern durch:

– Ausweitung des Dialogs mit den Behörden der Beitrittsländer über
nachhaltige Entwicklung;

– Zusammenarbeit mit im Umweltbereich tätigen NRO und Unternehmen in
den Beitrittsländern zur Schärfung des Umweltbewusstseins.

9. Ziel des Programms sind die Förderung einer weltweiten Partnerschaft für die
Umwelt und die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, indem sichergestellt
wird,

Drucksache 14/6423 – 90 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– dass Argumente und Ziele der Umweltpolitik und der nachhaltigen
Entwicklung in allen Aspekten der gemeinschaftlichen Außenbeziehungen
berücksichtigt werden;

– dass internationale Organisationen sich mit Umweltfragen befassen und für
eine angemessene Mittelausstattung sorgen;

– dass internationale Übereinkommen zum Schutz der Umwelt umgesetzt
werden;

– dass hinsichtlich der Bewertung von Gefahren für Mensch und Umwelt aktiv
nach einer Einigung gestrebt wird, die auch den Informationsaustausch und
die Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung von Prüfverfahren
umfasst, um so einen internationalen Konsens über
Risikobewältigungskonzepte unter Beachtung des Vorsorgeprinzips erzielen
zu können, wo dies erforderlich ist.

10. Durch das Programm wird gewährleistet, dass die Gemeinschaft eine integrierte
Umweltpolitik betreibt, die auf einem umfassenden und breit angelegten Dialog mit
den Akteuren, auf der Einbeziehung der Bürger, einer Kosten-Nutzen-Analyse und
auf soliden wissenschaftlichen Daten aufbaut, wobei der neueste Stand in Forschung
und Technik zugrunde gelegt wird.

Artikel 3
Strategische Konzepte zur Erfüllung der Umweltziele

Zur Erfüllung der in Artikel 2 beschriebenen Ziele für die strategischen Konzepte werden
unter anderem folgende prioritären Aktionen durchgeführt:
1. Förderung einer wirksameren Umsetzung des gemeinschaftlichen Umweltrechts,

wozu - unbeschadet des Rechts der Kommission zur Einleitung von
Vertragsverletzungsverfahren - folgende Maßnahmen dienen:

– Förderung des Informationsaustauschs über die besten Praktiken bei der
Umsetzung des IMPEL-Netzes;

– Maßnahmen zur Bekämpfung von Umweltkriminalität;
– Förderung einer besseren Praxis für Inspektionen und Überwachung durch

die Mitgliedstaaten.
2. Einbeziehung von Anforderungen des Umweltschutzes in alle politischen und

sonstigen Maßnahmen der Gemeinschaft. Dies erfordert:

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 91 – Drucksache 14/6423

– Maßnahmen zur Gewährleistung einer tatsächlichen Umsetzung der
Strategien des Rates für die Einbeziehung der Umweltbelange in andere
politische Bereiche in die Praxis;

– eine regelmäßige Überwachung anhand entsprechender Indikatoren und die
Berichterstattung über die Einbeziehung der Umweltbelange in den einzelnen
Sektoren;

– eine stärkere Berücksichtigung von Umweltkriterien in den
Finanzierungsprogrammen der Gemeinschaft.

3. Förderung des Verursacherprinzips durch die Nutzung von Marktinstrumenten,
einschließlich des Handels mit Emissionsrechten, Umweltsteuern, -abgaben und
-subventionen, mit dem Ziel einer Internalisierung negativer und positiver
Umweltauswirkungen.

4. Die Förderung von Zusammenarbeit und Partnerschaft mit Unternehmen und deren
Verbänden im Bereich der Umwelt erfordert:

– die Förderung einer umfassenderen Anwendung des Gemeinschaftssystems
für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung6 sowie
Initiativen zur Ermutigung der Unternehmen, strenge und von unabhängiger
Seite überprüfte Umweltberichte bzw. Leistungsberichte für die nachhaltige
Entwicklung zu veröffentlichen;

– die Schaffung eines Programms zur Unterstützung der Unternehmen bei der
Einhaltung der Vorschriften, wobei kleinen und mittleren Unternehmen
besondere Hilfe geboten wird;

– die Förderung der Einführung von Regelungen zur Belohnung besonderer
Umweltleistungen in den Unternehmen;

– die Förderung eines integrierten Konzepts zugunsten einer stärkeren
Berücksichtigung von Umweltaspekten während des gesamten Lebenszyklus
von Produkten sowie einer stärkeren Verbreitung von umweltfreundlichen
Prozessen und Produkten;

– die Förderung freiwilliger Verpflichtungen und Vereinbarungen zur
Erreichung klarer Umweltziele.

5. Die Gewährleistung einer besseren Verbraucherinformation über die
Umweltauswirkungen von Prozessen und Produkten erfordert:

– die Förderung von Umweltzeichen, die es dem Verbraucher ermöglichen,
Produkte gleicher Art anhand ihrer ökologischen Aspekte zu vergleichen;

6 Vollständiger Verweis, wenn verfügbar.

Drucksache 14/6423 – 92 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– Förderung der Verwendung zuverlässiger Umweltangaben durch die
Hersteller und Vermeidung irreführender Angaben;

– Förderung einer nach ökologischen Kriterien ausgelegten Beschaffungspolitik
unter Berücksichtigung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln und der
Regeln für den Binnenmarkt, Erstellung von Leitlinien für die beste Praxis
und Beginn mit einer nach ökologischen Kriterien ausgelegten
Beschaffungspolitik in den Institutionen der Gemeinschaft.

6. Die Förderung der Einbeziehung der Umweltbelange im Finanzsektor erfordert:
– die Prüfung der Möglichkeiten für eine freiwillige Initiative des

Finanzsektors, einschließlich der Erstellung von Leitlinien für die Darstellung
der Umweltkosten in den Jahresabschlussberichten der Unternehmen und
dem Austausch der besten politischen Praxis zwischen den Mitgliedstaaten;

– eine Aufforderung an die Europäische Investitionsbank, bei der Vergabe von
Krediten Umweltziele und -kriterien stärker zu beachten.

7. Die Schaffung einer gemeinschaftlichen Haftungsregelung erfordert:
– Rechtsvorschriften über die Umwelthaftung.

8. Die Förderung eines besseren Verständnisses von Umweltfragen bei den
europäischen Bürgern erfordert:

– die Bereitstellung von Umweltinformationen für die Bürger;
– die Unterstützung lokaler und regionaler Behörden oder sonstiger

Organisationen bei der Kommunikation mit dem Bürger über Umweltfragen
und insbesondere über die Umweltbilanz von Privathaushalten sowie
Bereitstellung von Informationen, die eine Verbesserung dieser Umweltbilanz
ermöglichen.

9. Die Förderung einer wirklich umweltfreundlichen Raumplanung unter
Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips erfordert:

– die Förderung der besten Praxis für eine nachhaltige Raumplanung mit
besonderem Schwerpunkt auf dem Programm für das integrierte
Küstenzonenmanagement;

– die Förderung von Programmen und Netzen für den Erfahrungsaustausch und
die Entwicklung einer guten Praxis für die nachhaltige Städteplanung und
Meeresnutzung;

– die Aufstockung der finanziellen Mittel und die Erweiterung des
Anwendungsbereichs für umweltfreundliche Maßnahmen in der
Landwirtschaft im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 93 – Drucksache 14/6423

Artikel 4
Prioritäre Aktionsbereiche für die Bekämpfung der Klimaänderungen

Zur Erfüllung der in Artikel 2 beschriebenen Ziele für die Klimaänderungen werden unter
anderem folgende prioritären Aktionen durchgeführt:
1. Zur Erreichung der Ziele des Kyoto-Protokolls:

– Ratifizierung und Umsetzung des Kyoto-Protokolls;
– Festlegung von kostengünstig zu erreichenden Zielen für die Verringerung

der Treibhausgasemissionen in den einzelnen Sektoren unter
Berücksichtigung des Europäischen Programms für den Klimawandel;

– Schaffung eines gemeinschaftsweiten Systems für den Handel mit
CO2-Emissionen;

– Erstellung und Überarbeitung eines Verzeichnisses der
Energiesubventionen in den Mitgliedstaaten. Dabei ist zu prüfen, ob
Kompatibilität mit den Zielen für die Klimaänderungen gegeben ist;

– Förderung des Übergangs zu kohlenstoffarmen Brennstoffen in der
Stromwirtschaft;

– Förderung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen mit dem Ziel eines
Anteils von 12 % bis zum Jahr 2010;

– Förderung des Einsatzes fiskaler Maßnahmen, auch auf Ebene der
Gemeinschaft, Schaffung von Anreizen für den Übergang zu einer
sauberen Energiewirtschaft und sauberem Verkehr sowie Förderung der
technischen Innovation, einschließlich der Schaffung der
Rahmenbedingungen für die Besteuerung von Energie;

– Förderung von Umweltvereinbarungen mit der Industrie zu Fragen der
rationellen Energienutzung;

– Beschreibung spezifischer Maßnahmen zur Verringerung der
Treibhausgasemissionen im Luftverkehr, sofern die Internationale
Zivilluftfahrtorganisation bis zum Jahr 2002 nicht entsprechende
Maßnahmen beschließt;

– Gewährleistung, dass die Klimaänderungen ein wichtiger Bereich der
gemeinschaftlichen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sind.

– Unterstützung der KMU beim Anpassungsprozess, bei der Innovation und
bei der Leistungsverbesserung;

Drucksache 14/6423 – 94 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– Schaffung von Anreizen für die Kraft-Wärme-Kopplung;
– Förderung ökologisch effizienter Praktiken und Techniken in der

Industrie;
– Förderung der Energieeinsparung bei Heizung und Kühlung von

Gebäuden.
2. Vorbereitung von Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der Klimaänderungen:

– Prüfung der politischen Maßnahmen der Gemeinschaft, insbesondere im
Bereich der Kohäsionspolitik, um sicherzustellen, dass bei
Investitionsentscheidungen die Anforderungen der Anpassung an die
Klimaänderungen angemessen berücksichtigt werden;

– Förderung regionaler Klimamodelle und -bewertungen zur Vorbereitung
regionaler Anpassungsmaßnahmen und zur Bewusstseinsbildung bei Bürgern
und Industrie.

Artikel 5
Prioritäre Aktionsbereiche für den Schutz von Natur und biologischer Vielfalt

Die nachstehend genannten prioritären Aktionen dienen der Erreichung der in Artikel 2
beschriebenen Ziele für den Schutz und die Wiederherstellung von natürlichen Systemen
und biologischer Vielfalt. Dies erfordert:
1. Bei Unfällen und Naturkatastrophen:

– gemeinschaftliche Koordinierung von Maßnahmen der Mitgliedstaaten nach
Unfällen und Naturkatastrophen;

– Verhinderung der größten Unfallgefahren durch Pipelines und
Bergbautätigkeiten sowie Maßnahmen für Bergbauabfälle;

2. Entwicklung einer spezifischen Strategie für den Schutz der Böden;
3. Förderung der Einbeziehung von Landschaftsschutz und -wiederherstellung in andere

politische Maßnahmen;
4. Förderung positiver Aspekte im Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Umwelt bei

künftigen Änderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik;
5. Förderung einer stärkeren Einbeziehung der Umweltbelange in die Gemeinsame

Fischereipolitik anläßlich der Überprüfung im Jahr 2002;
6. Entwicklung von Strategien und Maßnahmen zum Schutz der Wälder unter

Einbeziehung folgender Elemente:

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 95 – Drucksache 14/6423

– Förderung der nationalen und regionalen Forstwirtschaft und einer
nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder im Rahmen regionaler
Entwicklungspläne im Einklang mit den Arbeiten des zwischenstaatlichen
Forums für die Wälder und der Konferenz zum Schutz der Wälder in Europa;

– Fortsetzung bereits laufender Maßnahmen der Gemeinschaft zum Schutz der
Wälder mit Schwerpunkt auf der Beobachtung der vielfältigen Funktionen
der Wälder;

– Unterstützung zuverlässiger Waldzertifizierungssysteme
– weiterhin aktive Beteiligung der Gemeinschaft an der Umsetzung von

Entschließungen der Ministerkonferenzen zum Schutz der Wälder in Europa
und an den internationalen Gesprächen und Verhandlungen über Fragen der
Forstwirtschaft;

7. Entwicklung einer spezifischen Strategie für den Schutz der Meeresumwelt;
8. Verschärfung der Kontrollen von Überwachung, Kennzeichnung und

Rückverfolgbarkeit von GVO;
9. Überwachung der Umsetzung der Gemeinschaftsstrategie für die biologische Vielfalt

und von Aktionsplänen im Rahmen eines Programms für die Daten- und
Informationserfassung.

Artikel 6
Prioritäre Aktionsbereiche für Umwelt und Gesundheit

Zur Erfüllung der in Artikel 2 beschriebenen Ziele im Bereich Gesundheit und Umwelt
werden folgende prioritären Aktionen durchgeführt:
1. Förderung der Forschung und Ausbau der wissenschaftlichen Kenntnisse in der

Gemeinschaft und Förderung der Koordination nationaler Forschungsprojekte im
Hinblick auf die gesundheits- und umweltpolitischen Ziele, insbesondere:

– Ermittlung der prioritären Forschungs- und Aktionsbereiche und
Formulierung entsprechender Empfehlungen;

– Festlegung und Weiterentwicklung von Gesundheits- und
Umweltindikatoren;

– Prüfung der Notwendigkeit einer Änderung bestehender Normen und
Grenzwerte für den Gesundheitsschutz, auch im Hinblick auf die
Auswirkungen auf anfällige Gruppen wie Kinder oder ältere Menschen;

Drucksache 14/6423 – 96 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– Beobachtung der Trends und Einrichtung eines Frühwarnsystems für neue
oder entstehende Probleme;

2. Chemikalien:
– Schaffung eines neuen, einheitlichen Systems zur Testung, Beurteilung und

Risikobewertung von neuen und bereits existierenden Substanzen;
– Entwicklung eines Prüfsystems, das auf die jeweiligen Eigenschaften, die

Verwendung, die Exposition und die Mengen der produzierten oder
importierten Chemikalien zugeschnitten werden kann;

– Einsetzen von neuen, spezifischen und schnelleren Risikobewertungs-
Verfahren, denen Substanzen, die Anlaß zu großer Besorgnis geben,
unterzogen werden müssen, bevor sie in jeglichen Gebrauch kommen;

– Einbeziehung der potenziellen Gefahren für Umwelt und Gesundheit in die
Informationen der Industrie über die Eigenschaften der Chemikalien, die sie
herstellen und verwenden;

– Verbesserungen beim Umgang mit Chemikalien auf Ebene der Gemeinschaft
und der Mitgliedstaaten;

3. Pestizide:
– Spezifische Strategie für eine umweltverträgliche Verwendung von

Pestiziden;
– Ratifizierung des Rotterdamer Übereinkommens über das Verfahren der

vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche
Chemikalien und Pestizide im internationalen Handel;

– Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2455/927 des Rates über die Ausfuhr
und Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien mit dem Ziel, diese an das
Übereinkommen von Rotterdam anzupassen und die Verfahren sowie die
Informationen für Entwicklungsländer zu verbessern;

– Verbesserungen beim Umgang mit Chemikalien und Pestiziden in
Entwicklungs- und Beitrittsländern, einschließlich der Beseitigung von
Beständen alter Pestizide;

4. Nachhaltige Nutzung von Wasser und gute Wasserqualität:
– Einstellung der Ableitung gefährlicher Stoffe in Gewässer;

7 Verordnung (EWG) Nr. 2455/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Ausfuhr und Einfuhr
bestimmter gefährlicher Chemikalien, ABl. L 251 vom 29.8.1992, S. 13 - 22.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 97 – Drucksache 14/6423

– Änderung der Badegewässerrichtlinie8;
– Gewährleistung der Einbeziehung des Ansatzes der Wasserrahmenrichtlinie

und der Wasserqualitätsziele in die Gemeinsame Agrarpolitik und die Politik
für die regionale Entwicklung;

5. Luftverschmutzung:
– Verbesserung der Überwachung der Luftqualität und Information der

Öffentlichkeit u.a. anhand von Indikatoren;
– spezifische Strategie für die Bekämpfung der Luftverschmutzung, die

Prioritäten für weitere Aktionen, eine Überprüfung und Änderung von
Luftqualitätsnormen und nationalen Emissionsgrenzwerten und die
Entwicklung besserer Systeme für die Informationserfassung, für Modelle
und Voraussagen vorsieht;

– Behandlung der Luftqualität in Gebäuden und der Auswirkungen auf die
Gesundheit, gegebenenfalls mit Empfehlungen für künftige Maßnahmen.

Artikel 7
Prioritäre Aktionsbereiche für die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und

die Abfallwirtschaft
Zur Erfüllung der in Artikel 2 beschriebenen Ziele im Bereich Abfall- und
Ressourcenwirtschaft werden folgende prioritären Aktionen durchgeführt:
1. Spezifische Strategie für eine nachhaltige Ressourcenverwendung, darunter:

– Prüfung der Möglichkeit eines "Beste-Praxis"-Programms für die Industrie;
– Ermittlung des Forschungsbedarfs;
– wirtschaftliche Instrumente;
– Streichung von Subventionen, die einen Raubbau an Ressourcen fördern;
– Einbeziehung von Erwägungen der Ressourceneffizienz in das Konzept der

integrierten Produktpolitik;
2. Abfallvermeidung:

8 Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer,
ABl. L 31 vom 5.2.1976, S. 1-7, geändert durch die Richtlinie 90/656/EWG des Rates vom 4.
Dezember 1990, ABl. L 353 vom 17.12.1990 und die Richtlinie 91/692/EWG des Rates vom 23.
Dezember 1991, ABl. L 377 vom 31.12.91.

Drucksache 14/6423 – 98 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– Einbeziehung der Abfallvermeidungsziele und -prioritäten in das Konzept der
integrierten Produktpolitik;

3. Änderung der Rechtsvorschriften über Klärschlamm9;
4. Empfehlungen für den Umgang mit Bau- und Abbruchabfällen;
5. Rechtsvorschriften über biologisch abbaubaren Abfall;
6. Spezifische Strategie für das Abfallrecycling, darunter Maßnahmen zur

Sicherstellung von Sammlung und Recycling prioritärer Abfallströme.

Artikel 8
Prioritäre Aktionsbereiche für internationale Fragen

Zur Erfüllung der in Artikel 2 beschriebenen Ziele für internationale Fragen werden
folgende prioritären Aktionen durchgeführt:
1. Einbeziehung von Umweltbelangen und Erwägungen der nachhaltigen Entwicklung

in sämtliche aussenpolitischen Maßnahmen der Gemeinschaft;
2. Festlegung eines kohärenten Pakets von umwelt- und entwicklungspolitischen Zielen,

das dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 zur Annahme vorgelegt
werden und auf eine Stärkung internationaler Umweltkontrolle hinarbeiten soll;

3. Förderung guter Umweltschutzpraktiken bei direkten Auslandsinvestitionen und
Exportkrediten;

4. Verstärkung der Bemühungen auf internationaler Ebene um eine Einigung über die
Methoden zur Einstufung der Gefahren für die Gesundheit und die Umwelt sowie
über Risikobewältigungskonzepte gegebenenfalls auch unter Einhaltung des
Vorsorgeprinzips;

5. Gewährleistung, dass Handelsübereinkünfte im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf
eine nachhaltige Entwicklung bewertet werden.

Artikel 9
Gestaltung der Umweltpolitik auf der Grundlage der Einbeziehung der Betroffenen

und solider Kenntnisse
Zur Erfüllung der in Artikel 2 beschriebenen Ziele der Gestaltung der Umweltpolitik auf
der Grundlage der Einbeziehung der Betroffenen und solider Kenntnisse werden folgende
prioritären Aktionen durchgeführt:

9 Richtlinie 86/278/EWG des Rates vom 12. Juni 1986 über den Schutz der Umwelt und
insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft, ABl. L 181
vom 4.7.1986, S. 6 - 12.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 99 – Drucksache 14/6423

1. Mechanismen zur umfassenden Konsultation möglichst vieler Betroffener, besonders
derjenigen, die direkt von Vorschlägen und anderen Initiativen betroffen sind, in
sämtlichen Phasen, um die wirksamsten Maßnahmen auswählen und ein in
umweltpolitischer Hinsicht zufriedenstellendes Ergebnis bei der Anwendung der
vorgeschlagenen Maßnahmen sicherstellen zu können;

2. Fortsetzung der finanziellen Unterstützung der Gemeinschaft für im Umweltbereich
tätige NRO, um deren Beteiligung am Dialog zu erleichtern;

3. Sicherung der vorrangigen Stellung der Umwelt in den Forschungsprogrammen des
Gemeinschaft; Sicherung der Forschungskoordination hinsichtlich Umweltfragen in
Mitgliedsstaten.

4. regelmäßige Information der Öffentlichkeit über die Umwelt und umweltrelevante
Fragen durch die Veröffentlichung von Jahresberichten über die
Hauptumweltindikatoren und Indikatoren für die Einbeziehung von Umweltaspekten
in andere Bereiche;

5. Überprüfung der Informations- und Berichterstattungssysteme im Hinblick auf den
Aufbau eines kohärenten und wirkungsvollen Systems für eine Berichterstattung
anhand qualitativ hochwertiger vergleichbarer Umweltdaten und -informationen;

6. Förderung der Entwicklung von geografischen Informationssystemen und der
Nutzung der Satellitenüberwachung zur Unterstützung der politischen
Entscheidungsfindung und der praktischen Umsetzung der Maßnahmen.

Artikel 10
Überwachung und Bewertung der Ergebnisse

1. Die Kommission wird den Fortschritt bei der Umsetzung des Programms im vierten
Jahr seiner Laufzeit bewerten. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament
und dem Rat diesen Zwischenbericht gegebenenfalls mit den von ihr als zweckmäßig
befundenen Änderungsvorschlägen vor.

2. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat im Laufe des letzten
Programmjahres eine Abschlussbewertung des Programms und einen Bericht über
den Zustand der Umwelt und Umwelttrends vor.

Artikel 11
Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

Drucksache 14/6423 – 100 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Geschehen zu Brüssel, am ...

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates
Der Präsident Der Präsident
[…] […]

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