Vom 21. Juni 2001
Deutscher Bundestag Drucksache 14/6377
14. Wahlperiode 21. 06. 2001
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (18. Ausschuss)
zu dem Antrag der Abgeordneten Heidi Lippmann, Eva-Maria Bulling-Schröter,
Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/5165 –
Aktuelle Menschenrechtssituation in der Türkei
A. Problem
Seit dem 20. Oktober 2000 befinden sich Hunderte von Gefangenen in türki-
schen Gefängnissen im Hungerstreik oder Todesfasten, um gegen die Verle-
gung in die so genannten F-Typ-Gefängnisse zu protestieren. In der Zeit vom
19. bis 22. Dezember 2000 wurden 20 Gefängnisse von Spezialeinheiten ge-
stürmt. Dabei ist es zu schweren Menschenrechtsverletzungen an den Gefange-
nen gekommen. Bis zum 10. Januar 2001 sollen 30 Gefangene und zwei Poli-
zisten getötet worden sein. Viele Gefangene erlitten Verletzungen, die nicht
medizinisch behandelt wurden. In den letzten Monaten hat sich die Lage der
Menschenrechte in der Türkei insgesamt zunehmend verschlechtert.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Übergriffe türkischer Sicherheits-
kräfte zu verurteilen und eine lückenlose Aufklärung zu fordern, eine Regie-
rungsdelegation in die Türkei zu entsenden, einen sofortigen Abschiebestopp in
die Türkei zu erlassen und ein sofortiges Rüstungsexportverbot auszusprechen.
B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimme der Fraktion der PDS
bei Enthaltung der Fraktion der F.D.P.
C. Alternativen
Annahme des Antrags.
D. Kosten
Wurden nicht erörtert.
Drucksache 14/6377 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Beschlussempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen
den Antrag – Drucksache 14/5165 – abzulehnen.
Berlin, den 30. Mai 2001
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Christa Nickels
Vorsitzende und Berichterstatterin
Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin
Dr. Heiner Geißler
Berichterstatter
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin
Carsten Hübner
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6377
Bericht der Abgeordneten Angelika Graf, Dr. Heiner Geißler, Christa Nickels,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Carsten Hübner
I. Überweisung
Der Antrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/5165
wurde in der 152. Sitzung des Deutschen Bundestages am
15. Februar 2001 dem Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung und dem
Auswärtigen Ausschuss, dem Verteidigungsausschuss und
dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung zur Mitberatung überwiesen.
II. Wesentlicher Inhalt der Volage
In der Zeit vom 19. bis 22. Dezember 2000 wurden in der
Türkei 20 Gefängnisse von Spezialeinheiten gestürmt. Da-
bei ist es zu schweren Menschenrechtsverletzungen an den
Gefangenen gekommen. Bei diesen Auseinandersetzungen
sind nach Angaben des Türkischen Menschenrechtsvereins
bis zum 10. Januar 2001 30 Gefangene und zwei Polizisten
getötet worden. Viele Gefangene erlitten Verletzungen, die
nicht medizinisch behandelt wurden.
Hunderte von Gefangenen befinden sich seit dem 20. Okto-
ber 2000 im Hungerstreik oder Todesfasten, um gegen die
Verlegung in die so genannten F-Typ-Gefängnisse zu pro-
testieren.
Vertreter von Menschenrechts- und anderen Organisationen
berichten, dass sich die Lage der Menschenrechte in der
Türkei in den letzten Monaten zunehmend verschlechtert
habe. Angesichts des Kandidatenstatus der Türkei wird das
Schweigen der europäischen Regierungen kritisiert. Voraus-
setzung für den Beitritt zur EU ist insbesondere die institu-
tionelle Stabilität, die demokratische und rechtsstaatliche
Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung
und Schutz von Minderheiten.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Übergriffe tür-
kischer Sicherheitskräfte zu verurteilen und eine lückenlose
Aufklärung zu fordern, eine Regierungsdelegation in die
Türkei zu entsenden, einen sofortigen Abschiebestopp in
die Türkei zu erlassen und ein sofortiges Rüstungsexport-
verbot auszusprechen.
III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses
Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner
65. Sitzung am 4. April 2001 beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen die Stimme der Fraktion
der PDS die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag in seiner
68. Sitzung am 14. März 2001 beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen die Stimme der Fraktion
der PDS die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner Sitzung am 7. Feb-
ruar 2001 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.
bei zwei Stimmenenthaltungen der Fraktion der SPD gegen
die Stimme der Fraktion der PDS die Ablehnung des An-
trags empfohlen.
IV. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat in seiner 61. Sitzung am 16. Mai 2001 beschlos-
sen, die Beratung des Antrags zu verschieben. In seiner
62. Sitzung am 30. Mai 2001 wurde der Antrag, in Verbin-
dung mit dem Bericht über eine Reise von drei Ausschuss-
mitgliedern in die Türkei sowie einer Unterrichtung durch
die Bundesregierung über ihre Politik angesichts der aktuel-
len Menschenrechtslage in der Türkei, beraten.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimme der Fraktion der PDS bei Enthaltung der Frak-
tion der F.D.P. dem Deutschen Bundestag die Ablehnung
des Antrags zu empfehlen.
Berlin, den 30. Mai 2001
Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin
Dr. Heiner Geißler
Berichterstatter
Christa Nickels
Berichterstatterin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin
Carsten Hübner
Berichterstatter