BT-Drucksache 14/6216

a) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Hasselfeldt, Seiffert, Kalb, weiterer Abg. CDU/CSU -14/4938 (neu) Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Trinkgeldfreibetrages b) zu dem Gesetzentwurf der Abg. Burgbacher, Schüßler, Solms, weiterer Abg. F.D.P. -14/5233- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung)

Vom 1. Juni 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

6216

14. Wahlperiode

01. 06. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht

des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt,
Heinz Seiffert, Bartholomäus Kalb, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 14/4938 (neu) –

Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Trinkgeldfreibetrages

b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Ernst Burgbacher,
Gerhard Schüßler, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der F.D.P.
– Drucksache 14/5233 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes
(Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung)

A. Problem

Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/4938 (neu)
sieht vor, den Freibetrag für freiwillig gezahlte T rinkgelder (§ 3 Nr. 51 EStG)
aus Gründen der Steuervereinfachung von 2 400 DM auf 4 200 DM anzuheben.
Die Fraktion der F.D.P. schlägt in dem von ihr eingebrachten Gesetzentwurf in
Drucksache 14/5233 vor , die Besteuerung freiwillig gewährter T rinkgelder
vollständig abzuschaffen, da diese nicht mehr zeitgemäß sei.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU wurde mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU
bei Stimmenthaltung der Fraktionen der F.D.P. und PDS abgelehnt.

Der Gesetzentwurf der Fraktion der F .D.P. wurde mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der F .D.P. und
PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU abgelehnt.
Drucksache

14/

6216

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

14/

6216

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/4938 (neu) und

b) den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/5233 abzulehnen.

Berlin, den 16. Mai 2001

Der Finanzausschuss

Christine Scheel

Vorsitzende

Horst Schild

Berichterstatter

Klaus-Peter Willsch

Berichterstatter

Ernst Burgbacher

Berichterstatter
Drucksache

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– 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Horst Schild, Klaus-Peter Willsch und
Ernst Burgbacher

1. Verfahrensablauf

Der von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachte Entwurf
eines Gesetzes zur Erhöhung des T rinkgeldfreibetrages auf
Drucksache 14/4938 (neu) und der von der Fraktion der
F.D.P. eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
des Einkommensteuergesetzes (Abschaffung der Trinkgeld-
besteuerung) auf Drucksache 14/5233 wurden dem Finanz-
ausschuss in der 150. Sitzung des Deutschen Bundestages
am 9. Februar 2001 zur federführenden Beratung und dem
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, dem Ausschuss
für Arbeit und Sozialordnung und dem Ausschuss für T ou-
rismus zur Mitberatung sowie dem Haushaltsausschuss zur
Beratung gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen.
Der Ausschuss für W irtschaft und T echnologie hat am
4. April 2001 zu den beiden V orlagen Stellung genommen,
während der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung und
der Ausschuss für Tourismus am 9. Mai 2001 zu den Geset-
zesvorlagen votiert haben. Seine Stellungnahme zu den Ge-
setzentwürfen gemäß § 96 der Geschäftsordnung wird der
Haushaltsausschuss gesondert abgeben.

2. Inhalt der Vorlagen

a) Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Trinkgeldfrei-
betrages in Drucksache 14/4938 (neu)

Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU zielt auf
eine Erhöhung des Freibetrags für freiwillig gezahlte
Trinkgelder (§ 3 Nr . 51 EStG) von 2 400 DM auf
4 200 DM. Begründet wird diese Forderung insbeson-
dere mit dem Ar gument der Steuervereinfachung. Eine
Erhöhung dieses Freibetrages sei aber auch zur Anpas-
sung an die allgemeinen Preissteigerungen angebracht,
die seit der letztmaligen Aufstokkung dieses Freibetra-
ges vor zehn Jahren eingetreten seien. Ein weiterer
Grund für die Anhebung des Freibetrags liege darin,
dass die Motivation des Personals in bestimmten Dienst-
leistungsberufen nicht durch eine zu rigide Besteuerung
geschwächt werden solle.

b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommen-
steuergesetzes (Abschaf fung der T rinkgeldbesteuerung)
in Drucksache 14/5233

Der von der Fraktion der F .D.P. eingebrachte Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer ge-
setzes (Abschaf fung der T rinkgeldbesteuerung) sieht
eine Abschaf fung der Besteuerung freiwillig gezahlter
Trinkgelder vor . Dementsprechend soll in § 19 Abs. 1
EStG geregelt werden, dass freiwillig gezahlte Trinkgel-
der keinen Arbeitslohn darstellen. Der Freibetrag gemäß
§ 3 Nr. 51 EStG soll aufgehoben werden.

Begründet wird dieser Gesetzesvorschlag damit, dass

– die Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung,
freiwillig gezahlte T rinkgelder seien Arbeitslohn,
weil sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem
betreffenden Dienstverhältnis zuflössen, un

– die Ar gumentation des Bundesfinanzhofs, selbst be
freiwilligen Trinkgeldern liege keine vom Dienstver -
hältnis losgelöste, aus privaten Motiven erfolgte
Schenkung an den T rinkgeldempfänger, sondern ein
zusätzliches Entgelt für die Dienstleistung vor,

nicht mehr zeitgemäß seien. Freiwillig geleistete T rink-
gelder würden nicht als zusätzliches Entgelt für in An-
spruch genommene Dienstleistung gewährt. V ielmehr
seien sie als nicht steuerpflichtige, besondere persönli
che Belohnung des Dienstleistungserbringers durch den
Dienstleistungsempfänger zu werten, die nicht im Zu-
sammenhang mit dem Dienstverhältnis stehe. Damit
seien die rechtlichen Anforderungen an die Einstufung
von freiwillig geleisteten T rinkgeldern als Arbeitslohn
nicht gegeben.

Gegen eine Besteuerung solcher T rinkgelder spricht
nach Auffassung der Antragsteller auch, dass die Gleich-
heit der Besteuerung bei allen T rinkgeldempfängern
nicht gewährleistet sei. Die Finanzverwaltung sei auf die
Erklärungsbereitschaft der Steuerpflichtigen angewiese
und verfüge über keine Kontrollmöglichkeiten hinsicht-
lich der Höhe der T rinkgelder. In der Praxis werde der
Umfang der Trinkgelder in der Regel geschätzt, wobei es
in erster Linie um in der Gastronomie gezahlte Trinkgel-
der gehe. Da Trinkgelder aber in vielen Dienstleistungs-
bereichen gezahlt würden, komme es insoweit zu einer
ungleichmäßigen Besteuerung, die nicht vertretbar sei.
Dieses nicht zu behebende Vollzugsdefizit spreche eben
falls gegen die Besteuerung freiwillig gezahlter T rink-
gelder. Das Bundesverfassungsgericht bezweifele die
Rechtmäßigkeit einer solchen Besteuerung.

3. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

a) Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Trinkgeldfrei-
betrages in Drucksache 14/4938 (neu)

Der

Ausschuss für W irtschaft und Technologie

emp-
fiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gege
die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU bei Stimment-
haltung der Fraktionen der F.D.P. und PDS, den Gesetz-
entwurf abzulehnen.

Der

Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung

emp-
fiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und de
Fraktion der F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion der
CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS,
den Gesetzentwurf abzulehnen.

Der

Ausschuss für Tourismus

empfiehlt mit den Stim
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Fraktion der CDU/CSU bei einer Stimmenthaltung und
bei Stimmenthaltung der Fraktionen der F.D.P. und PDS
die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Darüber hinaus
schlägt er vor, die Bundesregierung um die Vorlage einer
konkreten bzw. geschätzten Zahl für die jährlichen Ein-
nahmen aus der Trinkgeldbesteuerung zu bitten.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 –

Drucksache

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6216

b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommen-
steuergesetzes (Abschaf fung der T rinkgeldbesteuerung)
in Drucksache 14/5233

Der

Ausschuss für W irtschaft und Technologie

emp-
fiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gege
die Stimmen der Fraktionen der F .D.P. und PDS bei
Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU, den Ge-
setzentwurf abzulehnen.

Der Ausschuss für

Arbeit und Sozialordnung

schlägt
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Frak-
tion der CDU/CSU gegen die Stimmen der Fraktionen der
F.D.P. und der PDS vor, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Der

Ausschuss für Tourismus

empfiehlt mit den Stim
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Fraktion der F .D.P. und der Fraktion der PDS sowie
eines Teils der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthal-
tung eines weiteren T eils der Fraktion der CDU/CSU,
den Gesetzentwurf abzulehnen. Die Bitte, die Einnah-
men aus der Besteuerung des Trinkgeldes zu quantifizie
ren (vgl. Nr . 3a), bezieht sich auch auf den Gesetzent-
wurf der Fraktion der F.D.P.

4. Ausschussempfehlung

Bei der Beratung der beiden Gesetzesvorlagen im federfüh-
renden Finanzausschuss haben die antragstellenden Fraktio-
nen die von ihnen eingebrachten Gesetzentwürfe nochmals
begründet. Die Fraktion der CDU/CSU hat dabei insbeson-
dere ihre Auf fassung unterstrichen, dass der Freibetrag ge-
mäß § 3 Nr. 51 EStG aufgrund der seit seiner letzten Erhö-
hung zu verzeichnenden Geldentwertung einer Anpassung
bedürfe. Sie hat betont, dass sie keine Abschaf fung der
Trinkgeldbesteuerung anstrebe, sondern den W eg der Frei-
betragserhöhung gehen wolle.

Die Fraktion der F.D.P. dagegen hat dargelegt, dass sie eine
Aufhebung der Besteuerung freiwillig gezahlter Trinkgelder
für erforderlich halte, wogegen die Besteuerung der in der
Rechnung enthaltenen Bedienungszuschläge beizubehalten
sei. In der Praxis werde die Besteuerung der freiwillig ge-
leisteten T rinkgelder von der Finanzverwaltung in der
Weise durchgeführt, dass im Gaststättengewerbe im W ege
der Schätzung 1 % bis 4 % des Umsatzes als T rinkgeld an-
gesetzt würden. Diese Daten würden an die Sozialversiche-
rungsträger weitergeleitet, die auf dieser Basis Sozialversi-
cherungsbeiträge erhöben. Ein Verzicht auf die Besteuerung
freiwillig gezahlter Trinkgelder werde zu einem Steueraus-
fall von netto ca. drei bis vier Mio. DM führen. Die von der
Fraktion der CDU/CSU in deren Gesetzentwurf genannten
Steuermindereinnahmen von ca. 130 Mio. DM seien nicht
belegbar, zumal die Bundesregierung auf parlamentarische
Anfragen erklärt habe, dass die Kosten einer Aufhebung der
Trinkgeldbesteuerung nicht quantifizierbar seien. Zu letzte
rem ist zu bemerken, dass die Bundesregierung vom Aus-
schuss gebeten worden ist, diese Frage nochmals zu über -
prüfen und ihn über das Er gebnis dieser Prüfung zu
informieren.

Die Fraktion der F .D.P. hat auch darauf hingewiesen, dass
der von einem Arbeitskreis unter Leitung von Prof. Dr. Paul
Kirchhof erarbeitete „Karlsruher Entwurf“ eines neuen Ein-
kommensteuergesetzes auf die Besteuerung freiwillig ge-
zahlter Trinkgelder verzichte. Schließlich hat sie angeführt,
dass Trinkgelder in einigen anderen Staaten faktisch steuer-
frei seien, da sie dort zwar im Grundsatz der Steuerpflich
unterlägen, diese Gesetzgebung in der Praxis jedoch nicht
vollzogen werde.

Die Koalitionsfraktionen haben darauf verwiesen, dass im
Finanzausschuss ver gleichbare Anträge bereits mehrfach
behandelt und abgelehnt worden seien. Zutref fend sei es,
dass der „Karlsruher Entwurf“ von einer Steuerpflicht frei
willig gezahlter Trinkgelder absehe. Demgegenüber sei aber
im sog. Bareis-Gutachten gefordert worden, der mit einer
solchen Befreiung verbundenen Missbrauchsgefahr zu be-
gegnen. Entsprechende V orkehrungen sehe der Gesetzent-
wurf der Fraktion der F .D.P. aber nicht vor . Eine vollstän-
dige Befreiung freiwilliger T rinkgelder sei u. a. deshalb
nicht gerechtfertigt, weil diese im Rahmen der T arifver-
handlungen bei der Bemessung der Tarife als Lohn- und Ge-
haltsbestandteile berücksichtigt würden. Der Bundesfinanz
hof habe die Steuerpflicht freiwillig gewährter rinkgelder
bejaht. Die von der Fraktion der CDU/CSU geforderte Er -
höhung des Freibetrags gemäß § 3 Nr. 51 EStG halte sich
zwar im Rahmen des geltenden Systems der T rinkgeldbe-
steuerung, sei aber mit möglichen Präjudizwirkungen ver -
bunden, z. B. beim Freibetrag für Arbeitnehmerrabatte. Für
eine generelle Erhöhung solcher Freibeträge sei der notwen-
dige finanzielle Spielraum nicht vorhanden. Im Übrigen se
die geforderte Freibetragserhöhung nicht mit dem von den
Koalitionsfraktionen verfolgten Konzept einer breiten steu-
erlichen Bemessungsgrundlage bei niedrigen Steuersätzen
zu vereinbaren.

Die Fraktion der PDS hat den Gesetzentwurf der Fraktion
der F.D.P. als konsequente Lösung unterstützt. Als tragen-
den Grund dafür hat sie das Erfassungsdefizit in diesem Be
reich herausgestellt, das zu einer ungleichmäßigen Besteue-
rung führe. Die von der Fraktion der PDS gesehene Gefahr
einer T endenz zu niedrigeren Löhnen und Gehältern im
Dienstleistungsgewerbe werde durch eine Freistellung der
freiwillig gezahlten T rinkgelder von der Steuer nicht ver -
stärkt. Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU sei
lediglich als „Nachbesserung“ zu werten, die das Problem
als solches nicht löse.

In der Abstimmung über die beiden Gesetzesvorlagen
wurde der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU in
Drucksache 14/4938 (neu) mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU
bei Stimmenthaltung der Fraktionen der F.D.P. und der PDS
abgelehnt. Der Gesetzentwurf der Fraktion der F .D.P. in
Drucksache 14/5233 wurde mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktion der F .D.P.
und der Fraktion der PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion
der CDU/CSU abgelehnt.

Berlin, den 16. Mai 2001

Horst Schild

Berichterstatter

Klaus-Peter Willsch

Berichterstatter

Ernst Burgbacher

Berichterstatter

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