BT-Drucksache 14/6209

Die internationale Attraktivität und Leistungsfähigkeit des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschland für ausländische Studierende und junge Wissenschaftlerinnen stärken

Vom 1. Juni 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6209
14. Wahlperiode 01. 06. 2001

Antrag
der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Peter Eckardt, Klaus Barthel
(Starnberg), Hans-Werner Bertl, Willi Brase, Ursula Burchardt, Lothar Fischer
(Homburg), Klaus Hagemann, Ulrich Kasparick, Siegrun Klemmer, Ernst Küchler,
Lothar Mark, Dietmar Nietan, Dr. Edelbert Richter, René Röspel,
Siegfried Scheffler, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Heinz Schmitt (Berg),
Dr. Angelica Schwall-Düren, Bodo Seidenthal, Wieland Sorge,
Dr. Margrit Spielmann, Jörg Tauss, Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Grietje Bettin, Hans-Josef Fell,
Rita Grießhaber, Irmingard Schewe-Gerigk, Christian Simmert, Dr. Antje Vollmer,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die internationale Attraktivität und Leistungsfähigkeit des Wissenschafts- und
Forschungsstandortes Deutschland für ausländische Studierende und junge
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Zur Bedeutung der Internationalität von Bildung und Wissenschaft

Die Globalisierung der ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen
Entwicklung und die internationale Vernetzung von Wissenschaft und For-
schung stellen für nationale Bildungs- und Forschungssysteme eine wachsende
Herausforderung dar. Wissen, Kreativität und Innovation sind in der Gesell-
schaft entscheidende Faktoren bei der Bewältigung von Zukunftsproblemen
und im internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb. Die Internationalisierung
von Bildung, Wissenschaft und Forschung wird durch die Globalisierung, ver-
stärkte europäische Integrationsprozesse und eine allgemeine Transformation
der hochentwickelten Industriestaaten zu Wissens- und Informationsgesell-
schaften zu einer politischen Aufgabe ersten Ranges.

Die bestehenden Netzwerke in Wissenschaft und Forschung müssen auf neue
Anforderungen reagieren. Die Gewährleistung einer offenen und globalen wis-
senschaftlichen Kommunikation und die Förderung der internationalen akade-
mischen Zusammenarbeit ist wichtig. Dies gilt auch, weil sich Bildung und
Forschung zu europa- und weltweit gehandelten Dienstleistungsprodukten ent-
wickeln, deren direkter wirtschaftlicher Charakter rasant an Bedeutung ge-
winnt. Zu dem weltweiten Wettbewerb um Rohstoffe, Produktionsstandorte
und Absatzmärkte tritt ein globaler Wettbewerb um qualifizierte Nachwuchs-
kräfte an den Universitäten, in der Wissenschaft und Forschung und in den
neuen Dienstleistungsbereichen hinzu, der weder kulturelle noch nationale oder

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kontinentale Grenzen kennt. In diesem Wettbewerb ist gleichzeitig sicherzu-
stellen, dass die Chancen zur erfolgreichen gesellschaftlichen Entwicklung und
ökonomischen Teilhabe aller Nationen über ausreichende eigene qualifizierte
Kräfte in Wissenschaft und Forschung gewahrt bleiben oder gezielt gefördert
werden.

Um diesen Zukunftsaufgaben gerecht zu werden, ist es notwendig, dass Bil-
dung, Wissenschaft und Forschung auch in Deutschland internationaler wer-
den. Dazu brauchen wir Studierende und Forscherinnen und Forscher aus der
ganzen Welt. Der Ausbau der internationalen Attraktivität und Leistungsfähig-
keit des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschand ist unabdingbar
für die künftige wirtschaftliche Stellung Deutschlands in der Welt und die
Gestaltungsmöglichkeiten und Einwirkungschancen bei der Bewältigung der
globalen Aufgaben der Sicherung von Prosperität, Emanzipation, Chancen-
gleichheit und ökologischer Nachhaltigkeit. Indem ein qualitativ hochwertiges
und weltoffenes Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungssystem verstärkt zu
einem Markenzeichen Deutschlands in der Welt werden, wird Deutschland
sowohl als Studienort für Studierende aus anderen hochentwickelten Industrie-
ländern und Dienstleistungsgesellschaften als auch aus den Schwellen- und
Transformationsländern attraktiv. So schaffen wir Chancen für eine Eigenent-
wicklung in diesen Ländern und sichern den Aufbau und die Intensivierung der
Kooperation von Deutschland mit diesen Staaten auch im eigenen Interesse ab.

Zur aktuellen Konkurrenz um die internationale Attraktivität als Wissen-
schafts- und Forschungsstandort

Die Debatte um den IT-Fachkräftemangel hat in jüngster Zeit beispielhaft deut-
lich gemacht, dass die bestehenden Barrieren hinsichtlich wissenschaftlicher
Arbeitsmöglichkeiten für ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler und für die Beschäftigung internationaler Experten in der Wirtschaft
abgebaut werden müssen. Deutschland braucht mehr Weltoffenheit auf dem
Arbeitsmarkt. Die USA als stärkster Wettbewerber auf dem Bildungs- und For-
schungsmarkt geben vielen ausländischen Absolventen ihrer Hochschulen die
Möglichkeit, nach dem Examen im Lande zu arbeiten und eine lebenslange
Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu erwerben. Die hohen Bildungsinvestitio-
nen werden für das Land damit wirtschaftlich genutzt.

Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Stärkung des Wissenschafts- und For-
schungsstandortes Deutschland wird in den kommenden Jahren darin liegen,
seinen Anteil am internationalen Bildungs- und Forschungsmarkt zu sichern
und auszubauen. In den vergangenen Jahren hat sich ein globaler Bildungs-
markt mit ca. 1,5 Millionen mobilen Studierenden entwickelt, bei dem die
Schwellen- und Entwicklungsländer hauptsächlich Nutzer, die hochentwickel-
ten Industriestaaten Anbieter und Nutzer von Studien- und Qualifizierungsleis-
tungen sind. Die hier nachgefragten Dienstleistungen bilden einen wissen-
schaftlich-ökonomischen und vor allem politisch bedeutenden Bildungsmarkt,
der in den kommenden Jahrzehnten erhebliche Entwicklungspotentiale ver-
spricht. Es geht um die gewinnträchtige Teilnahme am Bildungsmarkt und
darum, dass junge Menschen Deutschland als ein Land erfahren, in dem sie ar-
beiten und forschen können und mit dem es eine fruchtbare Zusammenarbeit
gibt, die auch zum ökonomischen und kulturellen Nutzen ihres Herkunftslandes
ist.

Seit Jahren entscheiden sich die meisten jungen Leute, die im Ausland studie-
ren wollen, für die USA oder Großbritannien. Auch Frankreich, Australien oder
Neuseeland umwerben mit speziellen Studien- und Forschungsangeboten qua-
lifizierte Studierende und Wissenschaftler in allen Regionen der Welt und
betreiben eine offensive Informationspolitik, die durch Werbekampagnen in
Zusammenarbeit mit den nationalen Regierungen auf jeweilige Studien- und
Forschungsmöglichkeiten hinweist.

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Zu den Gründen der unbefriedigenden Attraktivität in der Vergangenheit

Als Gründe dafür, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb um Nach-
wuchskräfte nur unbefriedigende Erfolge erzielt, sind vorrangig folgende
Punkte zu nennen:

 Es ist in der Vergangenheit nur unzureichend gelungen, die bestehenden
Standortvorteile Deutschlands (z. B. sehr gute Infrastruktur, zukunftsträch-
tige Arbeitsplätze, Studiengebührenfreiheit, hohe Lebensqualität, kulturelle
Vielfalt) erfolgreich im Ausland darzustellen und für die Attraktivität unse-
rer Bildungs- und Forschungslandschaft zu werben. Auf internationalen Bil-
dungsmessen und Forschungspräsentationen, in der Repräsentanz im Inland
und auch im Internet hat Deutschland in der Vergangenheit kein einheitli-
ches Bild geboten.

Als problematisch haben sich zudem die derzeitige schwache Stellung und
die zu geringen Karrierechancen des wissenschaftlichen Nachwuchses an
deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen erwiesen. Dies gilt
besonders für ausländische Studierende, die derzeit vor einem Arbeitsver-
tragsabschluss einer strikten und zeitraubenden Vorrangprüfung unterliegen.
Sie stellen ein deutliches Hindernis dar, die internationale Attraktivität
Deutschlands als Arbeits- und Lebensumfeld insbesondere für junge Wis-
senschaftlerinnen und Wissenschaftler zu erhöhen und erfolgreich darzustel-
len.

 Ausländerrecht und Verwaltungspraxis sind entscheidende Voraussetzungen
dafür, dass bildungs- und wissenschaftspolitische Ziele der Internationalisie-
rung realisiert werden können. Solange ausländische Studierende nach dem
Studium keine Arbeitserlaubnis in Deutschland erhalten, ist eine Integration
in das deutsche System für sie nicht lohnend. Die Arbeits- und aufenthalts-
rechtlichen Regelungen müssen auch nach dem Inkrafttreten der neuen Ver-
waltungsvorschriften zum Ausländergesetz in vielen konkreten Fällen wei-
ter verbessert werden.

 Mit der Einführung und zunehmenden Verbreitung eines internationalen
Studien- und Abschlusssystems (Bachelor, Master) wird erst seit wenigen
Jahren eine bessere Kompatibilität mit Bildungsinstitutionen und Studien-
phasen in anderen Ländern erreicht.

 Positive Auswirkungen auf die Nachfrage von Ausländerinnen und Auslän-
dern nach deutschen Bildungsangeboten sind nur dann zu erwarten, wenn
Sprachbarrieren abgebaut werden. Hier ist in Deutschland erst relativ spät
damit begonnen worden, eine Verbesserung des Sprachangebotes im Aus-
land und kompakte Deutschkurse im Inland gezielt auszubauen und Studien-
angebote auch in englischer Sprache anzubieten.

 IT-gestützte Online-Studien- und Bildungsangebote haben in den letzten Jah-
ren deutlich an Bedeutung gewonnen. Sie entwickeln sich zu einem eigen-
ständigen Marktsegment und können auch ein Einstieg in die vielfältigen
Angebote deutscher Hochschulen und Forschungseinrichtungen für auslän-
dische Studierende sein. Noch stehen zu wenige virtuelle Qualifizierungs-
varianten zur Verfügung.

 Die bisher nur wenig strukturierte Promotion und das Fehlen von regulären
Promotionsstudiengängen sind nicht dazu geeignet, internationale Promo-
vendinnen und Promovenden für den Wissenschaftsstandort Deutschland zu
begeistern. Eine positive Entwicklung ist hier nur zu erwarten, wenn ver-
stärkt „Graduate Schools“ und Promotionsstudiengänge eingeführt werden.

 Der Erfolg um den mobilen wissenschaftlichen Nachwuchs im zunehmen-
den internationalen Wettbewerb, qualifizierte Fachkräfte und auch um aus-
ländische Studierende hängt nicht zuletzt von der Wahrnehmung Deutsch-

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lands im Ausland ab. Die Attraktivität Deutschlands als Bildungs- und
Forschungsstandort, als Lebens- und Berufsort, leidet erheblich unter den
aktuellen Übergriffen auf Ausländer und sozial benachteiligte Gruppen. In
Anbetracht der historischen Verantwortung Deutschlands werden gewalt-
same rechtsextremistische, fremdenfeindliche oder diskriminierende Über-
griffe im Ausland zurecht besonders kritisch registriert.

Zu den bisherigen Maßnahmen für eine Erhöhung der Attraktivität für
ausländische Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag ist es seit 1999 gelungen,
auf nationaler Ebene strukturelle Defizite abzubauen, Grundlagen für eine
Dynamisierung der Innovationspotenziale zu schaffen, die internationale
Attraktivität des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschland zu er-
höhen und damit auch Schritte zu einer erhöhten Attraktivität für ausländische
Studierende einzuleiten.

 Mit ihrer zukunftsgerichteten Bildungs- und Forschungspolitik hat die Bun-
desregierung dem Reformstau der 90er Jahre entgegengewirkt und auch im
internationalen Rahmen zu einem neuen Verständnis von Modernisierung
und gleichzeitiger sozialer Gerechtigkeit beigetragen. Darüber hinaus wurde
eine öffentliche Debatte initiiert, die das Bewusstsein für den Stellenwert
von Bildung und Forschung für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Entwicklung unseres Landes nachhaltig gestärkt und auch das Verständnis
und die Zustimmung zu einer stärkeren Internationalisierung des Wissen-
schafts- und Forschungsstandortes Deutschland gefördert hat.

 Die Öffnung der gesellschaftlichen Debatte für Fragen der Zuwanderung,
der gezielten Werbung und Integration ausländischer Fachkräfte, wie der
Internationalisierung in der Wissensgesellschaft der Zukunft, ist in Gang
gebracht worden. Beispielhaft ist die Green-Card-Regelung, mit der die
Bundesregierung auf den akuten Fachkräftemangel im IT-Bereich reagiert
hat, um vorübergehend die noch bestehenden nationalen Engpässe zu über-
brücken.

 Beginnend mit dem Haushalt 1999 wurden entgegen dem Trend der 90er
Jahre zusätzliche Investitionen für Bildungs- und Wissenschaftseinrichtun-
gen und die vom Bund finanzierten Forschungsprogramme bereitgestellt.
Mit der vorgenommen Weichenstellung konnte die Ausstattung der Hoch-
schulen verbessert werden. Den Wissenschaftsgemeinschaften und auch den
Großforschungseinrichtungen wurden zusätzliche Mittel und neue Entfal-
tungsmöglichkeiten gegeben.

 Zusätzliche Fördermittel sind insbesondere auf die Förderung von qualifi-
zierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler
ausgelegt worden. Die Begabtenförderungswerke wurden für Studierende
aus ganz Europa geöffnet. Durch die Ausweitung und Internationalisierung
der Graduiertenkolleges, das Programm „Promotion an Hochschulen in
Deutschland“ (PhD), das Emmy-Noether-Programm sowie durch die Ver-
stärkung der Mittel für die Humboldt-Stipendiaten, mit denen besonders
qualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Ausland ge-
wonnen werden, hat es einen deutlichen Zuwachs an Internationalität von
Forschung und Wissenschaft gegeben. Durch die Einführung der Junior-
professur und deren Förderung werden Voraussetzungen und Möglichkeiten
geschaffen, in der Vergangenheit abgewanderte junge Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler wieder oder erstmals für eine Tätigkeit in Deutschland
zu interessieren.

 Mit einem auf drei Jahre angelegten und hoch dotierten Förderungspro-
gramm im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogrammes „Zukunftsinitiative

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/6209

Hochschule“ (ZIH) sollen jetzt gezielt exzellente Spitzenkräfte, und zwar
hochqualifizierte ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
wie auch vielversprechende Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nach-
wuchswissenschaftler aus aller Welt, nach Deutschland geholt werden.

 Ein zentrales Thema des ZIH-Programmes ist der Bereich „Virtuelles Stu-
dium und virtuelle Hochschulprojekte“, wodurch die Qualität der Hoch-
schulausbildung nachhaltig verbessert und die Attraktivität für ausländische
Studierende erhöht werden soll. Fragen der Weiterentwicklung der Quali-
tätssicherung im Hochschulbereich auf europäischer Ebene werden insbe-
sondere durch die Mitarbeit von Bund und Ländern im European Network
for Quality Assurance in Higher Education (ENQA) vorangetrieben.

 Im Hochschulrahmengesetz sind Maßnahmen vorgesehen, die einen besse-
ren Wettbewerb mit ausländischen Bildungssystemen ermöglichen und zur
Strukturierung und Verkürzung des Studiums beitragen sollen. Es sind dies:

– die Möglichkeit, die international bekannten Hochschulgrade „Bachelor“
und „Master“ zu verleihen,

– die Einführung eines Leistungspunktsystems („credit point system“) zur
Akkumulation und zum Transfer von Studien- und Prüfungsleistungen,

– die Neufestlegung der Regelstudienzeiten und die Einführung von Zwi-
schenprüfungen in allen Studiengängen mit einer Regelstudienzeit von
mindestens vier Jahren sowie

– die Verstärkung der Studienberatungspflicht der Hochschulen.

 Die Regelungen des neuen BAföG zum Auslandsstudium stellen sicher, dass
deutsche Studierende im EU-Ausland ohne wesentliche zeitliche Begren-
zung studieren und internationale Erfahrungen sammeln können. Auch die
EU-Programme zum europäischen Austausch von Studierenden sind ebenso
wie die Austauschprogramme für junge Berufstätige und junge Menschen in
einer Berufsausbildung ausgeweitet worden (Leonardo, Sokrates).

 Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) initiierten und finanzierten Modellprogramms „International aus-
gerichtete Studiengänge“ werden zurzeit an deutschen Hochschulen über 40
international ausgerichtete Modellstudiengänge erprobt, die überwiegend je
zur Hälfte von in- bzw. ausländischen Studierenden belegt werden. Es sind
Bachelor- und Masterstudiengänge in allen Fachrichtungen, die sich durch
effiziente fachliche Qualifizierung, Mehr-sprachigkeit, Auslandspraxis so-
wie besondere Betreuung insbesondere der ausländischen Studierenden aus-
zeichnen. Diese Studiengänge beginnen zumindest in den ersten Semestern
in englischer Sprache. Das Programm, dessen Durchführung der Deutsche
Akademische Austauschdienst (DAAD) in Zusammenarbeit mit der Hoch-
schulrektorenkonferenz (HRK) absichert, ist zunächst bis zum Jahre 2003
ausgelegt. Ein ähnlich ausgerichtetes, bis 2002 laufendes, DAAD Programm
„Master +“ aus Mitteln des Auswärtigen Amts fördert zurzeit über 20 wei-
tere Studiengänge.

 Mit der Ausschreibung des Programmes der Bundesregierung „Neue Me-
dien in der Bildung“ erhöht sich die Attraktivität der deutschen Hochschulen
auch für ausländische Studierende. Viele der dazu eingereichten Projekte
sind strukturell z. B. durch Mehrsprachigkeit, Bachelor/Master-Strukturen,
Anwendung von Credit-Point-Systemen so angelegt, dass sie auch ausländi-
sche Studierende ansprechen. Bis Mitte des Jahres 2001 werden mehr als
100 länderübergreifende Hochschulkooperationen in diesem Rahmen ihre
Projekte beginnen.

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 Von der Bundesregierung wurde durch die Übernahme der Federführung
einer Konzertierten Aktion für ein „Internationales Marketing für den Bil-
dungs- und Forschungsstandort Deutschlands“ Bund-Länder-Kommission
für Bildungsplanung und Forschungsförderung ([BLK]-Beschluss vom
30. Oktober 2000) begonnen, alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Han-
deln zu bewegen. Beim DAAD wurde ein internationales Hochschulmarke-
ting-Konsortium „GATE-Germany“ gegründet. Gemeinsam mit der HRK
sollen die beigetretenen Hochschulen systematisch und professionell mit
Hilfe von GATE für den Hochschulstandort Deutschland werben.

 Zum Abbau von Sprachbarrieren haben Bundesregierung, Ständige Konfe-
renz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland
(KMK), DAAD, HRK und weitere Institutionen einen zentralen standardi-
sierten Test für Deutsch als Fremdsprache (TESTDAF) nach dem Muster
des englischen Test of English as a Foreign Language (TOEFL) entwickelt.
In Hagen wurde hierzu das TestDaF-Institut gegründet. Damit soll Auslän-
derinnen und Ausländern in zwei Jahren die Möglichkeit eröffnet werden,
bereits in ihrem Heimatland den für den Hochschulzugang in Deutschland
erforderlichen Sprachtest abzulegen und den deutschen Hochschulen eine
differenzierte Einstufung der Studierenden bei der Hochschulzulassung er-
möglicht werden. Im In- und Ausland sind etwa 80 Teststellen vorgesehen.

 Zentraler – und bisher nicht genügend berücksichtigter – Faktor für die Ent-
scheidung ein Studium in Deutschland aufzunehmen sowie für ein erfolgrei-
ches Studium von Ausländerinnen und Ausländern in Deutschland ist die
soziale und fachliche Betreuung während ihres Studienaufenthaltes. Das
Deutsche Studentenwerk bietet ausländischen Studierenden hierzu als erste
Hilfestellung bei und nach der Einreise an zahlreichen Hochschulen ein
Servicepaket an, das zu einem attraktiven Gesamtpreis Wohnung, Verpfle-
gung, Semesterbeitrag und Betreuung umfasst. Auch das Auswärtige Amt
hat über den DAAD ein verstärktes Betreuungsprogramm aufgelegt. Zur
fachlichen Betreuung der ausländischen Studierenden, die in der Regel mit
der deutschen Studienorganisation und -gestaltung wenig vertraut sind, wer-
den an verschiedenen Hochschulen in den einzelnen Fachbereichen gemein-
sam mit den Akademischen Auslandsämtern der Hochschule vor allem zu
Semesterbeginn Orientierungsveranstaltungen und Studienfachberatungen
durchgeführt. Der studienbegleitende Einsatz von Fachtutoren für ausländi-
sche Studierende – insbesondere für Studierende aus Entwicklungsländern –
wird zum Teil durch Tutorenprogramme gefördert. In Zukunft werden
darüber hinaus Modelle intensiviert, bei denen Hochschulen an jedem Fach-
bereich einen besonderen Vertrauensdozenten für die ausländischen Studie-
renden benennen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

Zu den Leitzielen und zusätzlichen konkreten Maßnahmen für die Zukunft

Die Bundesregierung soll im Rahmen ihrer Möglichkeiten zusammen mit den
Ländern, den Hochschulen, Mittlerorganisationen und der Wirtschaft an der
Verwirklichung der folgenden Ziele und Maßnahmen mitwirken und die vor-
handenen Aktivitäten verstärken:

Die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen müssen nachhaltig in die
Lage versetzt werden, attraktive Studien- und Arbeitsbedingungen für ausländi-
sche Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserem
Land anzubieten. Der Anteil der Studierenden, die aus dem Ausland nach
Deutschland kommen, sollte in den nächsten fünf Jahren um 50 Prozent von
jetzt 105 000 auf 150 bis 160 000 gesteigert werden. Dazu sind von den Län-
dern, Kommunen, Hochschulen und Studentenwerken die personellen und

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/6209

sachlichen Voraussetzungen zu schaffen und das soziale und kulturelle Umfeld
entsprechend zu gestalten.

Der Anteil der zeitweilig im Ausland studierenden und wissenschaftlich arbei-
tenden Deutschen sollte, auch unter dem Gesichtspunkt der damit verbundenen
Werbung für den Standort Deutschland im Ausland, bis zum Ende dieses Jahr-
zehnts auf 20 Prozent verdoppelt werden, indem deutsche Studierende, Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftler sowie qualifizierte Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer durch zusätzliche Anreize zu einer Ausbildung, Weiterqualifizie-
rung oder wissenschaftlichen Tätigkeit im Ausland motiviert werden.

Der Deutsche Bundestag hält im Einzelnen die Einführung bzw. den Ausbau
folgender Maßnahmen für vorrangig:

Hochschulreform und Internationalität

 Erhalt der Gebührenfreiheit für das Erststudium

 Flexibilität der Besoldungsstruktur

 Einführung der Juniorprofessuren

 Ausbau der Bachelor- und Master-Studiengänge

 Verstärkung der fremdsprachigen Studiengänge

 Modernisierung der Hochschulbibliotheken und Aufbau digitaler Bibliothe-
ken

 Verstärkung der internationalen Hochschulkooperation bei Studienabschlüs-
sen

 Gründung von Außenstellen und Auslandsstudiengängen deutscher Hoch-
schulen im Ausland speziell in den Schwellen- und Transformationsländern

 Ausstellung von Zeugnissen auch in englischer Sprache

 IT-gestützte Online-Studiengänge für ausländische Studierende im Rahmen
einer virtuellen Hochschule Deutschland

 Erhöhung der Attraktivität virtueller Studiengänge deutscher Hochschulen
durch Mehrsprachigkeit und geeignete Strukturen für Studierende aus dem
In- und Ausland

Förderprogramme, Stipendien und Arbeitsmöglichkeiten

 Ausbau der Stipendien für ausländische Studierende

 Gemeinsame Initiative von Industrie und Wirtschaft für ein Patenschafts-
programm

 Fächerübergreifende Netze von „Graduate Schools“ mit Öffnung für qualifi-
zierte ausländische Studierende

 Aufbau von Weiterbildungsangeboten für ausländische Studierende

 Ausbau von Sommerakademie-Programmen

 Ausbau der Gastprofessoren-Programme und Gastlehrstühle für ausländi-
sche Hochschullehrer und Wissenschaftler

 Förderung einer Dachorganisation für ehemalige ausländische Studierende
und Wissenschaftler; Aufbau von Alumni-Beziehungen

 Erleichterung des Zugangs zu beruflicher Tätigkeit und studienbegleitender
Arbeit

 Einführung einer Arbeitserlaubnis für erfolgreiche ausländische Studien-
absolventen

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Soziale Maßnahmen

 Verstärkung der Studienberatung und Studienbegleitung für ausländische
Studierende

 Einrichtung von Kontakt- und Servicebüros

 Ausbau der kulturellen Aktivitäten an den Hochschulstandorten

 Ausbau und Förderung der erforderlichen Wohnheimkapazitäten als kosten-
günstige und integrationsfördernde Wohnform für ausländische Studierende

 Ausbau und Förderung von Tutorinnenprogrammen u. a. in den Wohnanla-
gen der Studentenwerke

 Ausbau von Gästehäusern für Gastdozenten und ausländische Wissenschaft-
lerinnen und Wissenschaftler

Hochschulmarketing und Werbung für den Hochschul- und Wissenschafts-
standort Deutschland

 Ausbau eines weltweiten Studienberatungssystems und Verstärkung des
Beratungsservices im Ausland

 Stärkere Präsenz im Ausland auf Messen und Informationsveranstaltungen

 Profilierung in der Darstellung der besonderen Stärken des deutschen Hoch-
schulsystems und Studienangebotes

 Professionelle Vermittlung von Servicepaketen der Studentenwerke an Stu-
dieninteressierte im Ausland

 Verstärkung der internationalen Kooperation von Einrichtungen der Studien-
beratung

 Nutzung der modernen Medien und Aufbau eines zentralen Internet-Ange-
botes

 Verbesserung der Internet-Präsentation der deutschen Hochschulen

 Durchführung einer offensiven Marketing-Strategie u. a. in den Schwellen-
und Transformationsländern sowie in den westlichen Staaten

 Erhaltung und Förderung von Deutsch als Wissenschaftssprache

 Entwicklung eines Berichtsystems über den internationalen Austausch von
Studierenden und Nachwuchsforschern

Berlin, den 31. Mai 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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