BT-Drucksache 14/6162

Arbeit vermitteln statt Arbeitslosigkeit verwalten - Mehr Beschäftigung durch Effizienz, Transparenz und Subsidiarität im Arbeitsförderungsrecht

Vom 29. Mai 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6162
14. Wahlperiode 29. 05. 2001

Antrag
der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Karl-Josef Laumann, Brigitte
Baumeister, Cajus Caesar, Rainer Eppelmann, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof),
Julius Louven, Wolfgang Meckelburg, Claudia Nolte, Hans-Peter Repnik,
Franz-Xaver Romer, Anita Schäfer, Heinz Schemken, Johannes Singhammer,
Dorothea Störr-Ritter, Andreas Storm, Matthäus Strebl, Peter Weiß
(Emmendingen), Gerald Weiß (Groß-Gerau) und der Fraktion der CDU/CSU

Arbeit vermitteln statt Arbeitslosigkeit verwalten – Mehr Beschäftigung durch
Effizienz, Transparenz und Subsidiarität im Arbeitsförderungsrecht

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland stagniert auf hohem Niveau. Saisonbereinigt
ist die Erwerbslosigkeit seit mehreren Monaten nicht zurückgegangen. Beson-
ders alarmierend ist, dass die bislang gute Konjunktur sich dramatisch ver-
schlechtert. Diese hat im Zusammenspiel mit dem demographisch bedingten
Rückgang des Erwerbslosenpotentials bislang den – international bescheidenen –
Rückgang der Arbeitslosenzahlen in Deutschland hervorgerufen. In dem abseh-
baren Umfeld eines Wachstums unter zwei Prozent wird das Versäumnis der
Bundesregierung, eine mittelstandsfreundliche und beschäftigungsfördernde
Steuerreform durchzusetzen ebenso wie die zunehmende Regulierung statt
Deregulierung des Faktors Arbeit eine mögliche grundlegende Erholung des
Arbeitsmarktes verhindern. Deutschland belegt beim Abbau der Erwerbslosen-
zahlen einen der hintersten Plätze in Europa. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen
in der Gesamtstatistik nimmt zu und erreicht in Ostdeutschland Höchststände.
Gerade in den neuen Bundesländern ist die Situation dramatisch, ohne dass die
Regierung Anstalten erkennen lässt, dort wirksam für mehr Beschäftigung
sorgen zu können und zu wollen.

Dringend notwendig für mehr Beschäftigung ist neben einer mittelstandsfreund-
lichen Steuerpolitik, einer vernünftigen Deregulierung des Arbeitsmarktes und
einer zukunftsorientierten und praxisnahen Bildungspolitik vor allem eine
Reform des Arbeitsförderungsrechtes. Zumindest in diesem Punkt hat die
Bundesregierung dem Drängen von Tarifpartnern und Experten nachgegeben.
Allerdings wird es im Rahmen dieser Novellierung nicht ausreichen, wie von
der Regierung beabsichtigt, bislang mögliche Sanktionen für Arbeitsunwillige
verbindlich festzuschreiben oder einige mehr oder weniger innovative Hilfs-
angebote in das Sozialgesetzbuch III (SGB III) aufzunehmen. Auch ist es un-
abdingbar, auf die Praktikabilität der Reformvorschläge zu achten: So sind indi-
viduelle Eingliederungspläne für Erwerbslose sicher wünschenswert, aber nach
Aussagen von Experten der Bundesanstalt für Arbeit für die hohe Zahl von
Arbeitslosen nicht sinnvoll durchzuführen.

Drucksache 14/6162 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Im Gegenteil ist es nötig, vor allem in den Bereichen Effizienz der Arbeitsmarkt-
politik, Erfolgskontrolle der Maßnahmen, Erweiterung von Hilfsangeboten bei
gleichzeitiger Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs sowie Deregulierung und
Dezentralisierung des Arbeitsmarktes konzertiert neue Wege zu gehen. Durch
umfassende Evaluation der Arbeitsmarktpolitik und weitestgehende Trans-
parenz innerhalb der Maßnahmen und bezüglich der erzielten Erfolge wird es
möglich sein, effektive Programme und Instrumente zu unterscheiden von in-
effizienten und teuren Beschäftigungsprogrammen: Während die ersten gezielt
auf den ersten Arbeitsmarkt führen und dies anhand ihrer Vermittlungsbilanz
belegen, dienen letztere bestenfalls als Drehtür zwischen verschiedenen Sozial-
absicherungen oder zu einem wiederholten Durchlaufen arbeitsmarktpolitischer
Maßnahmen. Dabei darf im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Hilfe für den
Arbeitssuchenden kein Unterschied gemacht werden zwischen öffentlichen,
halböffentlichen und privaten Maßnahmeträgern. Entscheidend darf nur Quali-
tät und Vermittlungsquote sein. Nur so ist es möglich, die jährlich über 40 Mrd.
DM, die von der Bundesregierung und der Bundesanstalt für Arbeit für arbeits-
marktpolitische Programme ausgegeben werden, sinnvoll zu verwenden. Er-
folgskriterium darf nicht mehr die Teilnehmerzahl, sondern die Anzahl der in
Arbeit vermittelten und verbliebenen Menschen sein.

Auch nach einer wissenschaftlich fundierten Unterscheidung zwischen erfolg-
reichen und weniger erfolgreichen arbeitsmarktpolitischen und qualifizierenden
Maßnahmen wird eine Reihe verschiedener Programme zur Qualifizierung und
Vermittlung den jeweiligen Kostenträgern – im Kontext des SGB III vor allem
den Arbeitsämtern – zur Auswahl stehen. Diese sollten nach den jeweiligen
regionalen Gegebenheiten eingesetzt werden. Um den Arbeitsämtern hierzu die
Möglichkeit zu geben, ist es nötig, den Grundsatz der Dezentralisierung und der
Subsidiarität umfassender umzusetzen. Am sinnvollsten wird dies durch eine
Ausweitung der den Arbeitsämtern zur Verfügung gestellten Mittel für eigene
Ermessensleistungen erreicht werden können. Flexibilität und Zielorientierung
auf den ersten Arbeitsmarkt darf nicht nur von den Erwerbslosen gefordert wer-
den, sondern im SGB III muss auch für die Arbeitsämter und ihre Beschäftigten
die Voraussetzungen geschaffen werden, den Erwerbslosen flexibel und effek-
tiv zu helfen. Denn wer die Mittel für Arbeitsmarktpolitik nach diesen Grund-
sätzen einsetzt, wird auch ohne Ausweitung des finanziellen Rahmens und
eventuell sogar mit Einsparungen einer größeren Zahl von Erwerbslosen besser
und schneller als bisher helfen können.

Eine Regierung, die behauptet, Erwerbslose seien zu einem relevanten Prozent-
satz faul, sucht eine billige Ausrede für eigene Untätigkeit. Dies gilt speziell für
Regionen in den neuen Bundesländern, in denen – trotz ihres erklärten Status
als „Chefsache“ – selbst junge, gut ausgebildete und hochmotivierte Fachkräfte
nicht oder nur schwierig eine Beschäftigung finden können.

Dennoch ist klar, dass Beschäftigungsverweigerung offensichtlich arbeitsunwil-
liger Arbeitslosenhilfebezieher nicht hingenommen werden kann. Einerseits be-
lastet Missbrauch des Sozialsystems die Bereitschaft der Bürger zur Solidarität,
andererseits vermindert unberechtigter Leistungsbezug die Mittel, arbeitswillige
Erwerbslose bei der Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt zu unterstützen.
Deshalb ist bei einer Reform des SGB III entschieden darauf hinzuwirken, dass
Leistungsbezieher, die arbeiten können, aber nicht arbeiten wollen bzw. illegal
arbeiten, von jeglicher Unterstützung ausgeschlossen werden. Das bislang
hierzu im SGB III vorgesehene Instrumentarium ist hierfür bei konsequenter
Anwendung generell ausreichend. Allerdings erscheint es sinnvoll, gerade über
erweiterte Beschäftigungs- und Qualifizierungsangebote sowie kompetente und
zielorientierte Hilfe bei der Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt nicht nur
die Arbeitswilligen besser zu unterstützen, sondern auch die Arbeitsunwilligen
bei Ablehnung dieser Angebote mit Leistungsentzug zu sanktionieren.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6162

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. Bei einer Reform des SGB III für mehr Effizienz bei den arbeitsmarkt-
politischen Maßnahmen zu sorgen. Hierzu sind insbesondere folgende
Schritte notwendig:

Bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im Besonderen, aber auch bei der
Vermittlung Erwerbsloser auf den ersten Arbeitsmarkt ist es nötig, mehr Effizi-
enz durch Wettbewerb zu schaffen. Deshalb hat die Bundesregierung als Mit-
glied des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit sowie als Genehmi-
gungsinstanz für deren Haushalt darauf hinzuwirken, dass zukünftig keine
„freihändige“ Vergabe arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen an Träger erfolgt. Im
Gegenteil sollen alle arbeitsmarktpolitischen und qualifizierenden Maßnahmen
unter genereller Einbeziehung privatwirtschaftlicher Träger ohne Einschränkung
nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Effizienz ausgeschrieben werden.

Die Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt muss wieder in den Vordergrund
aller arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen gerückt werden. Diesem Grundsatz
sind auch die Kriterien für den Erfolg einer Maßnahme anzugleichen. Als
erfolgreiche Vermittlung soll in Zukunft nur gelten, wenn das neue Beschäf-
tigungsverhältnis sozialversicherungspflichtig ist, die Entgelthöhe über den
bisherigen Transferleistungen liegt und das Arbeitsverhältnis auch sechs
Monate nach der Vermittlung noch besteht. Hierdurch soll eine Nachbetreuung
sichergestellt werden.

Bei den arbeitsmarktpolitischen Programmen sind verbindliche Prozentsätze
von schwervermittelbaren Langzeitarbeitslosen als Teilnehmer festzuschreiben
(z. B. Personen ohne Schul- und Berufsabschluss, Menschen mit Schulden- und
Drogenproblemen, Alleinerziehende etc.). Andererseits sind Effizienzkriterien
zu vereinbaren, ohne deren Anerkennung Träger arbeitsmarktpolitischer Maß-
nahmen nicht zur Vergabe zugelassen werden. Hierzu gehören Mindest-
übergangsquoten in Arbeit, geringe Abbruchquoten, maximale Verweildauer,
Festsetzung eines Höchstbetrages pro Maßnahmenplatz sowie eine hohe Eigen-
wirtschaftlichkeit der Projekte. Im Gegenzug soll mit dem Maßnahmeträger ein
Prämiensystem vereinbart werden, das nicht nur die Tatsache der Vermittlung
als Erfolg berücksichtigt, sondern auch die Schwere der Vermittelbarkeit des
einzelnen Teilnehmers in die Prämienhöhe einbezieht.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sind auf regionaler Ebene verbindliche
Leistungsvereinbarungen zwischen Arbeitsämtern und Projektträgern festzu-
schreiben. Insgesamt sollte die Leistungsvereinbarung (z. B. auf eineinhalb
Jahre) zeitlich befristet sein und nach Fristende geprüft werden, ob die festge-
legten Quoten erreicht wurden. Bei Nichterreichung hat der Träger vertraglich
festgelegte Abzüge hinzunehmen, bei Erfüllung über die vereinbarten Quoten
hinaus zahlt das Arbeitsamt dem Träger Erfolgsprämien.

2. Bei einer Reform des SGB III für mehr Erfolgskontrolle bei den ar-
beitsmarktpolitischen Maßnahmen zu sorgen. Hierzu sind insbesondere
folgende Schritte notwendig:

Die Erfolgskontrolle der arbeitsmarktpolitischen Instrumente des Bundes und
der Bundesanstalt für Arbeit ist in hohem Maße ungenügend. Dies haben in
letzter Zeit mehrere wissenschaftliche Institute und ein Gutachten des Bundes-
finanzministeriums festgestellt. Der entscheidende Schwachpunkt der heutigen
Praxis der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist eindeutig, dass die Bewertung nach
Teilnehmerzahlen, nicht nach Vermittlungszahlen erfolgt. Es wird nicht geprüft,
ob denn der Teilnehmer einer Maßnahme in eine Beschäftigung des ersten
Arbeitsmarktes vermittelt wird. Deshalb ist die Erfolgskontrolle auf diesem
Gebiet grundsätzlich zu verbessern.

Drucksache 14/6162 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Um detailliertere Auskünfte zum Erfolg von Beschäftigungsmaßnahmen tref-
fen zu können, sind die Eingliederungsbilanzen zu verbessern. So sind als ein
erster Schritt bei den Eingliederungsbilanzen der Arbeitsämter als Erfolgskrite-
rium die Anzahl der Abgänge aus Arbeitslosigkeit in reguläre Beschäftigung
unmittelbar nach Ende der Maßnahme auszuweisen.

Die Weitergabe von Daten an externe Forschungsinstitute ist effizienter als
bisher und unter Beachtung des geltenden Datenschutzes für die Institute so
weitgehend wie möglich zu handhaben, um die aus der Arbeit der Forschungs-
einrichtungen zu erwartenden Ergebnisse in der Arbeitsmarktpolitik berück-
sichtigen zu können.

Neben dem derzeit benutzten sozioökonomischen Panel und regionalen
Arbeitsmarkt-Monitoren sind Daten der computerunterstützten Arbeitsvermitt-
lung in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen.

Durch eine einheitliche personenbezogene Kundennummer (ähnlich der
„social-security-number“ in den USA) könnten alle Aktivitäten des Arbeits-
amtes dokumentiert und mit anderen Dateien (z. B. Daten über sozialversiche-
rungspflichtige Beschäftigte, Sozialhilfeempfänger) verglichen werden. Die
Bundesregierung wird aufgefordert, eine derartige Möglichkeit zu prüfen.

Der von den deutschen Großstädten durchgeführte Benchmarking-Vergleich
zur Sozialhilfe ist (durch Unterstützung der Bundesanstalt für Arbeit) um den
Bereich Arbeitsmarktpolitik zu erweitern. Zudem wird die Bundesregierung
aufgefordert, in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeit die Möglich-
keit zu einem Benchmarking-Vergleich der einzelnen Arbeitsamtsbereiche be-
züglich deren Vermittlungs- und Qualifizierungsergebnisse zu prüfen.

3. Bei einer Reform des SGB III müssen Hilfsangebote ausgebaut und
konzentriert sowie Leistungsmissbrauch intensiver bekämpft werden.
Hierzu sind insbesondere folgende Schritte nötig:

Bei einer Reform des Arbeitsförderungsrechts sollte nicht der Gedanke ver-
stärkter Sanktionen, sondern der zielgenaue und effiziente Einsatz der Hilfs-
angebote im Vordergrund stehen. Eine stärkere Bekämpfung des Leistungs-
missbrauchs und einer ausreichenden Heranziehung und Überprüfung
Arbeitsunwilliger ist mit dem bereits bestehenden rechtlichen Instrumentarium
möglich. Die vorhandenen Möglichkeiten zur Verhängung von Sperrzeiten
müssen nur konsequenter angewandt werden. Dennoch ist es überlegenswert,
verstärkt arbeitsmarktpolitische Instrumente zur Prüfung der Arbeitsbereit-
schaft einzusetzen. Zudem muss im weiteren Kontext des SGB III eine Zusam-
menlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe rascher als bisher von der Bun-
desregierung vorgesehen erfolgen, um die Hilfe und Arbeitsvermittlung zu
konzentrieren und „Drehtüreffekte“ zwischen Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe
zu vermeiden. Vor einer engeren Koordination der beiden Sicherungssysteme
ist sicherzustellen, dass es zu keiner Kostenverlagerung auf die Kommunen
kommt. Ohne diese grundlegenden Voraussetzungen, für deren Umsetzung die
Fraktion der CDU/CSU bereits eine umfassende Planung vorgelegt hat, wird
jede Reform des Arbeitsförderungsgesetzes mehr oder weniger Stückwerk
bleiben und nur kurzfristig Bestand haben.

Analog dem Bundessozialhilfegesetz sind auch im SGB III gemeinnützige
Arbeiten für arbeitsfähige Arbeitslosenhilfeempfänger einzuführen. Dabei
erhalten Langzeitarbeitslose für Gemeinschaftsarbeiten zusätzlich zu ihrer
Arbeitslosenunterstützung eine Aufwandsentschädigung.

Der § 122 des SGB III ist so zu ändern, dass eine Meldung bis zu zwei Monaten
vor einer zu erwartenden Arbeitslosigkeit nicht nur zulässig ist, sondern dass
ein Arbeitnehmer sofort nach Erhalt einer Kündigung verpflichtet ist, sich beim
zuständigen Arbeitsamt arbeitslos zu melden. Dadurch kann der drohenden

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/6162

Erwerbslosigkeit rasch entgegengewirkt werden und diese u. U. bereits im Vor-
feld verhindert werden.

Die von der jetzigen Regierungskoalition abgeschaffte Meldepflicht für
Erwerbslose in dreimonatigem Abstand bei dem zuständigen Arbeitsamt ist
wieder einzuführen. Sie dient nicht nur zur Prüfung einer minimalen Koopera-
tionsbereitschaft des Erwerbslosen mit der Arbeitsvermittlung, sondern verfolgt
auch den Zweck, dem Arbeitsvermittler im Gespräch mit dem Erwerbslosen
einen Eindruck über seinen Zustand, eventuelle persönliche Probleme sowie
seine Bemühungen zur Arbeitsaufnahme zu vermitteln.

Das Arbeitsamt hat zukünftig nach 10 erfolglosen Bewerbungsgesprächen eine
Arbeitsassistenz (auch von einer vom Arbeitsamt beauftragten privaten Ver-
mittlungsagentur) beizuordnen, um einerseits bei Vorstellungsgesprächen zu
helfen andererseits die Arbeitsbereitschaft zu kontrollieren. Die Arbeitgeber
werden zukünftig zwingend verpflichtet, das Nichterscheinen zu einem Vorstel-
lungstermin bzw. das demonstrative Desinteresse eines leistungsbeziehenden
Erwerbslosen dem zuständigen Arbeitsamt zu melden.

Notwendig ist es die Voraussetzungen für eine bessere Koordination von Maß-
nahmen und Datenaustausch zwischen Sozial- und Arbeitsämtern (vorbehalt-
lich datenschutzrechtlicher Regelungen) zu schaffen, um den Betroffenen bes-
ser zu helfen und Leistungskürzungen effizienter zu handhaben.

Im SGB III werden die Voraussetzungen für eine verstärkte Verzahnung inner-
halb der Arbeitsämter, z. B. durch Bündelung der Zuständigkeiten bei jeweils
einem Arbeitsamtsberater geschaffen. Auch die Möglichkeit des Outsourcings
der Handlungsfelder Information, Beratung, Stellenvermittlung und Weiterver-
mittlung in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sollte verstärkt genutzt werden.
Ziel sollte die Einrichtung einer Anlaufstelle oder Zuteilung einer festen Be-
zugsperson für Langzeitarbeitslose („Fallmanager“ bzw. „Lotse“) sein. Hier-
durch könnten auch gezielter und schneller berechtigte Sanktionen verhängt
werden.

Ausländische Erwerbslose sind wegen ihrer hohen Quote innerhalb der Ge-
samtarbeitslosenzahl explizit als besonders förderungsbedürftige Personen-
gruppe aufzunehmen (§ 7 SGB III).

Längerfristig muss zudem versucht werden, mit gezielten Früherkennungsver-
fahren potentielle Langzeitarbeitslose herauszufiltern und durch einen frühzeitig
aufgestellten individuellen Eingliederungsplan eine längerfristige Arbeitslosig-
keit zu verhindern. Frühzeitige Prävention wird hierdurch mit sparsamen Mitte-
leinsatz verknüpft. In einer Neufassung des SGB III muss sichergestellt werden,
dass effiziente und praxisnahe Methoden zur frühen Feststellung der von Lang-
zeitarbeitslosigkeit Gefährdeten eingeführt, wissenschaftlich begleitet und eva-
luiert sowie ausgebaut werden. Nur über den Weg von zielgenauer Orientierung
der arbeitsmarktpolitischen und qualifizierenden Maßnahmen auf potentielle
Langzeitarbeitslose und der daraus folgernden Effizienz kann diesem Personen-
kreis ohne zusätzliche Kosten sinnvoll und mit einer wirklichen Perspektive auf
einen Arbeitsplatz geholfen werden.

Die Fraktion der CDU/CSU lehnt entschieden alle Pläne ab, durch Manipula-
tion der bisherigen Berechnungsgrundlage zur Gesamterwerbslosenstatistik den
Eindruck zu erwecken, ältere Erwerbslose über 58 Jahre seien generell nicht
mehr vermittelbar. Gedanken wie diese setzen ein verheerendes psychologi-
sches Signal und konterkarieren Aktionen wie „50 plus – die können es!“ der
Bundesanstalt für Arbeit. Zudem zeugen sie angesichts eines von vielen Ex-
perten prognostizierten baldigen Facharbeitermangels von einer wenig voraus-
schauenden Politikperspektive. Im Gegenteil ist es notwendig, ältere Erwerbs-
tätige in Beschäftigung zu halten und ältere Erwerbslose durch Qualifizierung
und sinnvolle Arbeitsmarktprogramme wieder in Arbeit zu bringen.

Drucksache 14/6162 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Ein geeignetes Mittel hierzu ist die „Job-Rotation“. Die Fraktion der CDU/CSU
hat dieses arbeitsmarktpolitische Instrument bereits im März 2000 – ein Jahr vor
einer ähnlichen Initiative der Regierungsfraktionen – in einem Antrag (Bundes-
tagsdrucksache 14/2909) im Deutschen Bundestag zur Diskussion gestellt, der
jedoch von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht unter-
stützt wurde. Nach wie vor hält die Fraktion der CDU/CSU jedoch die „Job-Ro-
tation“ unter der Voraussetzung einer praktikablen und unbürokratischen gesetz-
lichen Umsetzung für ein geeignetes Mittel, gerade die Qualifizierung und
Vermittlung älterer Erwerbstätiger und Erwerbsloser zu fördern.

Zur besseren Vermittlung von älteren Arbeitslosen sind die im Antrag der Frak-
tion der CDU/CSU (Bundestagsdrucksache 14/5139) vorgelegten Maßnahmen
in ein neugefasstes SGB III zu übernehmen. Hierzu zählen insbesondere: För-
derung von „Weiterbildungsverbünden“ kleinerer und mittlerer Betriebe, die
Förderung des „Tandem-Modells“, befristete Arbeitsverträge für Arbeitnehmer
ab 55 Jahren ohne jede Einschränkung sowie die Absenkung der Rentenversi-
cherungsbeiträge für Arbeitnehmer ab 55 Lebensjahren nach einer Mitglied-
schaft in der gesetzlichen Rentenversicherung von mindestens 35 Jahren. Für
Erwerbslose über 50 Jahre wird die Beschränkung, nicht über 15 Stunden
ehrenamtlich zu arbeiten, aufgehoben, und auf 20 Stunden erhöht. Auch ist zu
prüfen, inwieweit für diese Personengruppe ein höherer Freibetrag gewährt
werden kann.

Von der Möglichkeit der Zuschüsse der Bundesanstalt für Arbeit zu Sozialplan-
maßnahmen von Betrieben (§ 254 ff. SGB III) muss stärker Gebrauch gemacht
werden. Hier müssen Lösungswege wie z. B. die Bildung eines transparenten
Finanzierungspools sowie Verwaltungsvereinfachungen (u. a. vorab die Ge-
währung pauschaler Zuschüsse) geprüft werden. Auch ist zu überlegen, inwie-
weit die Einschränkung, dass keine Förderung möglich ist, wenn der Sozialplan
ein Wahlrecht für den einzelnen Arbeitnehmer zwischen Abfindungen und Ein-
gliederungsmaßnahmen vorsieht, entfallen kann.

Nach derzeitiger Rechtslage bekommen Existenzgründer nur einen Zuschuss,
wenn sie Arbeitslose einstellen. Unter Berücksichtigung, dass derzeit im Mit-
telstand eine Welle von – altersbedingten – Firmenübernahmen anstehen (allein
beim Handwerk in den nächsten Jahren rd. 100 000 Betriebe) sollten auch bei
Betriebsübernahmen Zuschüsse gewährt werden (begrenzt auf höchstens zwei
Arbeitslose in den ersten zwei Jahren der Firmenübernahme).

4. Bei einer Reform des SGB III ist es nötig, die Arbeitsmarktpolitik ver-
stärkt zu deregulieren, zu dezentralisieren und das Subsidiaritätsprin-
zip auszubauen. Hierzu sind vor allem folgende Schritte einzuleiten:

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind ebenso wie Qualifizierungsmaßnah-
men gesamtgesellschaftliche Aufgaben und nicht oder nur zu einem weitaus ge-
ringeren Teil über die Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung zu finanzie-
ren. Insofern sind hierzu auch Personenkreise heranzuziehen, die wie Beamte
und Selbständige keine Beiträge leisten. Als ein erster Schritt sollten Arbeits-
beschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen (rd. 11 Mrd. DM
im Jahr 2000) nicht mehr über den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit,
sondern in enger fachlicher Abstimmung mit der Bundesanstalt für Arbeit aus
dem Bundeshaushalt finanziert werden. In der Folge könnte der Beitragssatz
zur Arbeitslosenversicherung um einen drei viertel Prozentpunkt gesenkt wer-
den. Die Einschränkung auf diese beiden Arbeitsmarktinstrumente ergibt sich
wie gesagt aus deren gesamtgesellschaftlichen Charakter. Bei dem Instrument
Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen scheint vorerst aufgrund des Nutzens der
Arbeitgeber eine weitere paritätische Beitragsfinanzierung sinnvoll.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/6162

Die Landesarbeitsämter sind zu Direktionen umzuwandeln mit der Folge, dass
die Selbstverwaltung auf mittlerer Ebene entfallen kann, was zu Personal- und
Sacheinsparungen führt.

Gemäß des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU/CSU (Bundestagsdrucksache
14/1211) vom Juni 1999 sind nicht mehr notwendige Vorschriften über die
Regulierung des Arbeitnehmerüberlassungsverhältnisses zwischen Verleiher
und Entleiher sowie des Leiharbeitsverhältnisses zwischen Verleiher und Leih-
arbeitnehmer im Interesse einer wirkungsvolleren Nutzung des Instruments der
Arbeitnehmerüberlassung für einen flexiblen Arbeitskräfteeinsatz und zum
Abbau der Arbeitslosigkeit zurückzunehmen.

Die den Arbeitsämtern zur Verfügung gestellten Mittel für eigene Ermessungs-
leistungen werden von bis zu 10 auf 25 v. H. der im Eingliederungstitel enthal-
tenen Mittel erhöht (§ 10 SGB III). Den Arbeitsämtern ist bei Einsatz ihrer
freien Mittel die Beachtung der Zielgruppenorientierung verpflichtend fest-
zuschreiben. Es soll eine Prüfung erfolgen, inwieweit regional erfolgreiche
Projekte (ENIGMA/Existenzgründerförderprogramm, BAFF/Modell zum Ab-
bau von Überstunden durch Einstellung Arbeitsloser) in die Regelförderung
aufgenommen werden können und somit eine weitgehend flächendeckende
Umsetzung neuer innovativer Ideen erfolgen kann.

Berlin, den 29. Mai 2001

Birgit Schnieber-Jastram
Karl-Josef Laumann
Brigitte Baumeister
Cajus Caesar
Rainer Eppelmann
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Julius Louven
Wolfgang Meckelburg
Claudia Nolte
Hans-Peter Repnik
Franz-Xaver Romer
Anita Schäfer
Heinz Schemken
Johannes Singhammer
Dorothea Störr-Ritter
Andreas Storm
Matthäus Strebl
Peter Weiß (Emmendingen)
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.