BT-Drucksache 14/6046

über die 104. Interparlamentarische Konferenz vom 15. Oktober bis 21. Oktober 2000 in Jakarta/Indonesien

Vom 15. Mai 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6046
14. Wahlperiode 15. 05. 2001

Unterrichtung
durch die Delegation der Interparlamentarischen Gruppe
der Bundesrepublik Deutschland

über die 104. Interparlamentarische Konferenz vom 15. Oktober
bis 21. Oktober 2000 in Jakarta/Indonesien

Inhal tsverzeichnis
Seite

I. Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

III. Reden deutscher Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

IV. Sitzungen des Interparlamentrischen Rates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

V. Treffen der Parlamentarierinnen in der IPU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

VI. Sitzungen der Gruppe der Zwölf Plus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

VII. Personalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

VIII. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Drucksache 14/6046 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

I. Teilnehmer
Die 104. Interparlamentarische Konferenz fand auf Einla-
dung des indonesischen Parlaments vom 15. bis 21. Ok-
tober 2000 in Jakarta statt. Der deutschen Delegation
gehörten folgende Mitglieder an:
Abg. Prof. Dr. Rita Süssmuth, Leiterin der Delegation
Abg. Dieter Schloten (SPD), Stellvertretender Leiter der
Delegation und Vorsitzender der Gruppe der Zwölf Plus
Abg. Detlev Dzembritzki (SPD)
Abg. Petra Ernstberger (SPD)
Abg. Hans-Günther Bruckmann (SPD)
Abg. Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU)
Abg. Hans Raidel (CDU/CSU)
Abg. Ulrich Irmer (FPD)

II. Zusammenfassung
Vom 15. bis 21. Oktober 2000 folgten Delegationen aus
108 nationalen Parlamenten der Einladung des Parla-
ments der Republik Indonesien zu der 104. Interparla-
mentarischen Konferenz in die Indonesische Hauptstadt
Jakarta. An der Konferenz nahmen 566 Abgeordnete so-
wie 20 Beobachter verschiedener internationaler Organi-
sationen teil. Unter den Teilnehmern befanden sich
28 Parlamentspräsidenten sowie 36 stellvertretende Par-
lamentspräsidenten. Die Zahl der weiblichen Abgeordne-
ten betrug 132. Dies entspricht einem Anteil von ca. 23,8 %.
Insgesamt kamen 1 229 Delegierte nach Jakarta.
1. Die Herbsttagung der Interparlamentarischen Union
in Jakarta stand ganz im Zeichen der jüngsten Eskalation
der Gewalt im Nahen Osten und der Bemühung zur Be-
endigung der Gewalt und der Rückkehr zum Verhand-
lungstisch. Nachdem insbesondere von Seiten Indone-
siens schon im Vorfeld der Konferenz eine scharfe
Verurteilung Israels gefordert worden war, was unter an-
derem zur Absage der israelischen Delegation geführt
hatte, konnte, nicht zuletzt durch maßgeblichen Einfluss
deutscher Delegationsmitglieder, die in dem ursprüngli-
chen Entwurf Algeriens, Marokkos und Indonesiens ent-
haltene pauschale Verurteilung Israels verhindert und der
Text um positive Elemente (Würdigung der Sharm-el-
Sheikh-Ergebnisse) ergänzt werden.
Zweites Hauptthema der Konferenz waren – allerdings
weitgehend in den IPU-Leitungsorganen und den geopo-
litischen Gruppen – die insbesondere im Rahmen der
Zwölf Plus unter dem deutschen Vorsitz des Abgeordne-
ten Dieter Schloten (SPD) erarbeiteten Vorschläge zur Re-
form der IPU. Ziel des Reformkonzeptes ist es, die IPU
durch Straffung ihrer Struktur und Präzisierung der Ar-
beitsweisen zu einer „Parlamentarischen Dimension der
VN“ zu verhelfen.
Für Aufregung sorgte ein Brief von US-Außenministerin
Madeleine Albright, wonach die USAden Austritt aus der
IPU erklärten. Zuvor hatte die Gruppe der Zwölf Plus die

USAwegen mehrjähriger ausstehender Mitgliedsbeiträge
und angesichts zahlreicher unbeantworteter Aufforderun-
gen, diesen nachzukommen, aus der Gruppe der Zwölf
Plus ausgeschlossen.
Malawi und Togo wurden während der 104. IPU-Konfe-
renz wegen ausstehender Beiträge suspendiert. Neu auf-
genommen wurden Liechtenstein, Samoa und Sao Tomé
und Principe.
2. Themenschwerpunkte der Konferenz waren „Die
Vorbeugung gegen Militärcoups und andere Anschläge
gegen demokratisch gewählte Regierungen und gegen
den durch direkte Wahl geäußerten freien Willen des
Volkes sowie Maßnahmen gegen schwere Verletzungen
der Menschenrechte von Parlamentariern“ (TOP 4) sowie
„Ein neues Paradigma für die wirtschaftliche und soziale
Entwicklung zur Beseitigung der Armut“ (TOP 5). Der
Zusatztagesordnungspunkt behandelte „Die Rolle von
Embargos und Sanktionen in der internationalen Politik“
(ZTOP).
a. Das Thema „Die Vorbeugung gegen Militärcoups und
andere Anschläge gegen demokratisch gewählte Regie-
rungen und gegen den durch direkte Wahl geäußerten
freien Willen des Volkes sowie Maßnahmen gegen
schwere Verletzungen der Menschenrechte von Parla-
mentariern“ (TOP 4) wurde auf Initiative der deutschen
Delegation während der 103. IPU-Konferenz in Amman
um den letztgenannten Aspekt ergänzt. Nachdem der
deutsche Resolutionsentwurf bereits erfolgreich auf der
103. IPU-Konferenz in Amman zur Grundlage der Ent-
schließung gemacht werden konnte, war die deutsche De-
legation diesmal nicht im Redaktionsausschuss vertreten.
Der Text der Resolution ist im Anhang 1 abgedruckt.
b. Zu dem Thema „Ein neues Paradigma für die wirt-
schaftliche und soziale Entwicklung zur Beseitigung der
Armut“ (TOP 5) hatte die deutsche Delegation ebenfalls
einen Resolutionsentwurf eingebracht. Im Redaktions-
ausschuss, der seiner Arbeit einen japanischen Resoluti-
onsentwurf zugrunde legte, war Deutschland durch den
Abgeordneten Detlef Dzembritzki (SPD) vertreten.
Der von der deutschen Delegation eingebrachte Resoluti-
onsentwurf, von dem Elemente in der von der Konferenz
verabschiedeten Resolution enthalten sind, ist in Anhang
5 abgedruckt.
c. Als Zusatztagesordnungspunkt wählte die Konferenz
das Thema „Sind Embargos und Wirtschaftssanktionen
noch ethisch vertretbar, funktionieren sie noch und sind
sie in einer immer stärker globalisierten Welt noch zweck-
mäßig?“ (ZTOP). Zu Beginn der Konferenz lagen insge-
samt neun Anträge auf Aufnahme eines Zusatztagesord-
nungspunkts vor. Die deutsche Gruppe hatte auf einen
Antrag verzichtet, da sie bereits ein Zusatz zum Gene-
ralthema eingebracht hatte. Die Entscheidung fiel zuguns-
ten eines von Belgien vorgelegten Resolutionsentwurfes.
Der Text fordert in ausgewogener und differenzierter
Weise eine regelmäßige Kontrolle von Sanktionsbe-
schlüssen unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf
die Zivilbevölkerung. In der Resolution wird allerdings

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6046

auch die Überprüfung und schrittweise Aufhebung des
Embargos gegen Irak gefordert. Der Text der Resolution
ist im Anhang 3 abgedruckt.
d. Neben diesen Themen war der dringliche Zusatzta-
gesordnungspunkt zentrales Thema der 104. Konferenz
der Interparlamentarischen Union. Nachdem einige Län-
der ihre Anträge während der ersten Sitzung am 16. Ok-
tober zurückgezogen hatten, konnte sich ein von Algerien
(für die Gruppe der arabischen Staaten), Marokko und In-
donesien verschmolzener Vorschlag mit dem Titel „Been-
digung der Spannungen und der Gewalt im Nahen Osten,
Schutz der Zivilisten gemäß der vierten Genfer Konven-
tion und Maßnahmen zur Rettung des Friedensprozesses
entsprechend den einschlägigen Resolutionen der Verein-
ten Nationen“ durchsetzen. Der Text der Resolution ist im
Anhang 4 abgedruckt.
Im Verlauf der Konferenz entwickelte sich eine kontro-
vers geführte Debatte, geprägt durch das Bemühen der
arabischen Staaten, aber auch von großen Teilen der in-
donesischen Delegation, Israel an den Pranger der Weltöf-
fentlichkeit zu stellen. Durch das Zusammenwirken
gemäßigter Kräfte im Redaktionsausschuss – hier ent-
wickelte sich eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit
zwischen der deutschen Delegationsleiterin Dr. Rita
Süssmuth und dem Vorsitzenden des Auswärtigen Aus-
schusses der russischen Staatsduma Kosochov – gelang
es, eine Kompromissformulierung zu finden, die den ur-
sprünglich einseitig und ausschließlich auf die palästi-
nensische Lage reduzierten Resolutionsentwurf ab-
schwächte und somit ein ausgewogeneres Bild der Krise
im Nahen Osten wiedergab. Der Wunsch der Gruppe der
Zwölf Plus, den Antrag im Konsens zu verabschieden, um
so eine gewisse Distanz verdeutlichen zu können, wurde
zwar von allen politischen Gruppen akzeptiert, durch ei-
nen entgegenstehenden Antrag des slowenischen Delega-
tionsleiters aber verhindert. Die Konferenz nahm dann die
Resolution mit Zustimmung der deutschen Delegation bei
987 Ja-Stimmen, 61 Nein-Stimmen und 131 Enthaltungen
ohne Aussprache an, wodurch eine polarisierende Nah-
ostdebatte im Plenum verhindert werden konnte. Ein ein-
gangs vereinbartes einheitliches Verhalten der westlichen
Gruppe der Zwölf Plus konnte allerdings aufgrund der
Abstimmung nicht mehr gewahrt werden. Kanada, Groß-
britannien und die Slowakei stimmten gegen die An-
nahme, alle übrigen Delegationen der Zwölf Plus dafür. In
der anschließenden Aussprache erläuterte Abgeordnete
Dr. Rita Süssmuth (CDU/CSU) ausführlich das deutsche
Stimmverhalten und betonte, dass es nicht um eine Verur-
teilung Israels gehe, sondern um einen Aufruf zum Frie-
den. Die Rede, die große Zustimmung erfuhr, ist im An-
hang 10 abgedruckt.

III. Reden der deutschen Teilnehmer
1. Zum Tagesordnungspunkt „Die Vorbeugung gegen
Militärcoups und andere Anschläge gegen demokratisch
gewählte Regierungen und gegen den durch direkte Wahl
geäußerten freien Willen des Volkes sowie Maßnahmen

gegen schwere Verletzungen der Menschenrechte von
Parlamentariern“ (TOP4) sprach die Berichterstatterin für
die deutsche Delegation, Abg. Petra Ernstberger (SPD).
Der von der deutschen Delegation eingebrachte Resoluti-
onsentwurf, von dem zahlreiche Elemente in der von der
Konferenz verabschiedeten Resolution enthalten sind, ist
in Anhang 5 abgedruckt.
Abgeordnete Petra Ernstberger unterstrich in ihrer Rede
die Rolle der IPU als Beobachterin von Verletzungen der
Demokratie in anderen Ländern. Besorgt blickte sie auf
die Situation in Birma, wo Parlamentsmitglieder einge-
sperrt wurden und die Nobelpreisträgerin Aung San Suu
Kyi unter Hausarrest gestellt wurde, und auf Pakistan, wo
die Militärjunta Wort halten müsse, um im Oktober 2002
demokratische Wahlen zu organisieren. Insgesamt be-
tonte sie, dass das Militär nicht einen „Staat im Staate“
bilden dürfe, sich der Politik unterzuordnen habe und erst
freie Wahlen eine Demokratie legitimierten. Sie mahnte
die IPU-Mitglieder, wachsam zu bleiben. Bei nicht demo-
kratischen Ländern sei es notwendig, Instabilität vorzu-
beugen, Armut zu bekämpfen und demokratische Institu-
tionen zu stärken. Ebenso betonte sie, dass Frauen ein
Stabilitätsfaktor in Politik und Wirtschaft und als solche
zu fördern seien. Sie brachte ihre Hoffnung zum Aus-
druck, die Resolution der Menschenrechtskommission
würde insgesamt weiter verbreitet und durchgeführt. Sie
erinnerte an die Ergebnisse der „Warschauer Erklärung“
im Juni 2000. Damals einigten sich 102 Staaten darüber,
demokratischen Rechten eine universelle Geltung zu ver-
schaffen. Daran gelte es festzuhalten.
Der Redetext ist in vollem Wortlaut in Anhang 6 abge-
druckt.
2. Zum Tagesordnungspunkt „Ein neues Paradigma für
die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zur Beseiti-
gung der Armut“ (TOP 5) sprach von deutscher Seite Ab-
geordneter Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU).
Er forderte die IPU auf, „als Mahner (...) aufzutreten, um
den Problemen der Armut ständige internationale und na-
tionale Aufmerksamkeit zu verschaffen“. Abgeordneter
Fuchtel nannte eine bessere Kooperation zwischen den
Entwicklungshilfe-Geber-Ländern dringend notwendig,
um die internationale Solidarität, insbesondere aus den
Ländern der Europäischen Union noch besser zu koordi-
nieren. Er betonte in diesem Zusammenhang auch die So-
lidarität zwischen Gebern und Nehmern (sog. Initiative
„20 zu 20“).
Als weiteren Aspekt der Armutsbekämpfung nannte er
den Kampf gegen die Immunschwäche AIDS. Er be-
zeichnete es als untragbar, „dass der Präsident von Süd-
afrika die AIDS-Problematik verharmlost“. Als Voraus-
setzung für Zukunftschancen führte er schließlich den
Vorrang der Grundbildung für alle Kinder und Zugang zu
Wissen und Information an.
Der Redetext ist in vollem Wortlaut in Anhang 7 abge-
druckt.
3. Zum dringlichen Zusatztagesordnungspunkt „Been-
digung der Spannungen und der Gewalt im Nahen Osten,

Drucksache 14/6046 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Schutz der Zivilisten gemäß der vierten Genfer Konven-
tion und Maßnahmen zur Rettung des Friedensprozesses
entsprechend den einschlägigen Resolutionen der Verein-
ten Nationen“ sprachen die Abgeordneten Dr. Rita
Süssmuth (CDU/CSU) und Dieter Schloten (SPD).
Abgeordnete Dr. Rita Süssmuth betonte zunächst die
Bedeutung der IPU als einziges internationales Forum für
Parlamentarier und hob das Ziel der Reformbemühungen
hervor, eine parlamentarische Dimension der Vereinten
Nationen zu schaffen. Dann erläuterte sie die Diskussion
innerhalb der IPU um die Lage im Nahen Osten. Hier
seien der Kampf um Menschenrechte, Demokratie und
Friede vordringliches Ziel der Parlamentarier. Sie drückte
ihr Bedauern über die Eskalation der Gewalt aus und
zeigte Anteilnahme an den Kriegsopfern. Gleichzeitig er-
suchte sie alle Teilnehmer, die Friedensbemühungen zu
unterstützen. Als positives Signal wertete sie die öffent-
lich proklamierte Forderung der israelischen und palästi-
nensischen Führung nach Frieden. Dies setzte zum einen
voraus, das Selbstbestimmungsrecht der palästinensi-
schen Bevölkerung zu respektieren und ihnen einen un-
abhängigen Staat zu ermöglichen. Zum anderen seien der
israelischen Bevölkerung Friede und Sicherheit sowie an-
erkannte Grenzen zu garantieren. Im Anschluss würdigte
sie die Ergebnisse des Gipfels in Sharm-el-Sheikh, insbe-
sondere die Friedensbemühungen von US-Präsident Bill
Clinton und Generalsekretär Kofi Annan. Die Auseinan-
dersetzungen in Hebron, Gaza-Streifen und Ramallah
zeigten, wie wichtig es weiterhin sei, stetig und unbeirrt
Gewalt entgegenzuwirken. Sie forderte alle Beteiligten
auf, tatkräftig eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaf-
fen und sich auszusöhnen.
Der Redetext ist in vollem Wortlaut in Anhang 11 abge-
druckt.
Abgeordneter Dieter Schloten (SPD) gab im Namen der
„Zwölf-Plus-Gruppe“ eine Erklärung zum Abstimmungs-
verhalten ab und betonte, dass das Konferenzdokument
einen Kompromiss darstelle. Die Gruppe stimme zwar
nicht mit allen darin enthaltenen Ansichten überein, trotz-
dem würden die Mitglieder der „Zwölf-Plus-Gruppe“
nicht gegen den Entwurf der Resolution sprechen, da eine
konsensuale Entscheidung der IPU ein Beitrag zum Ende
der Gewalt im Mittel-Osten sein könne.
Der Redetext ist in vollem Wortlaut in Anhang 10 abge-
druckt.
4. In der „Generaldebatte über die politische, wirt-
schaftliche und soziale Lage in der Welt“ sprach Abge-
ordneter Dieter Schloten (SPD) am Mittwoch, dem
18. Oktober 2001 und am Freitag, dem 20. Oktober 2001.
In seiner Rede vor der Generalversammlung am 18. Ok-
tober 2001 erinnerte Abgeordneter Dieter Schloten
(SPD) daran, wie notwendig es sei Menschen zu ermun-
tern, in Frieden zusammen zu leben. Darin liege die He-
rausforderung der Zukunft. Er zitierte Präsident Wahid in
seiner Eröffnungsrede, „dass Gefühle der nationalen
Überlegenheit oder des religiösen Fundamentalismus nie-
mals das parlamentarische Streben nach Frieden fehllei-

ten dürfen“. Von Bedeutung sei hingegen eine dezentrale
Verwaltung mit aktiver Bürgerteilnahme. Separatistische
Bewegungen seien häufig Ergebnis eines Mangels an De-
mokratie. Als Musterbeispiel dafür nannte er Jugosla-
wien. Diktator Milosevic habe Krieg und Terror verur-
sacht, ethnische Säuberungen befohlen und Demokratie,
Bürger- und Menschenrechte verletzt. Er begrüßte den de-
mokratischen Wandel in Jugoslawien und nannte es
„wichtig und richtig, Parlamentswahlen schnell abzuhal-
ten und Rechte von Minderheiten zu respektieren“.
Dauerhafter Friede könne nicht dadurch erreicht werden,
dass bestehende Staaten in nur kleinere „ethnisch reine“
Stücke zerlegt würden. Demokratische Stabilität in neuen
Staaten könne nur durch internationale Zusammenarbeit
und Einbindung in supranationalen Organisationen si-
chergestellt werden. Dieses Thema könne auf einer der
nächsten IPU-Konferenzen diskutiert werden.
In seiner Dankesrede zum Abschluss der Konferenz am
20. Oktober 2001 ging AbgeordneterDieter Schloten auf
die besondere Situation Indonesiens ein: „die geographi-
sche Dimension, die ethnische Zusammensetzung der in-
donesischen Bevölkerung und die Vielfalt der Kulturen
der indonesischen Nation zeigen uns, dass eine starke
Führung auf der Grundlage der parlamentarischen Demo-
kratie notwendig ist, um auch weiterhin eine Nation zu-
sammen zu führen“.
Er appellierte an alle Staaten, bei ihren bilateralen und
auch multilateralen Beziehungen die Republik Indonesien
bei ihren in der jüngsten Vergangenheit so erfolgreichen
Anstrengungen zu unterstützen. Dabei gelte es zu berück-
sichtigen, dass eine „globalisierte Welt immer noch als
wirtschaftlicher Prozess fortgeführt wird, wobei Politiker
und Parlamentarismus noch weit hinterher hinken“. Dies
zeige deutlich, „dass die Politik den wirtschaftlichen Pro-
zess aufholen muss, um Schritt mit dem wirtschaftlichen
Prozess halten zu können“. An die Delegierten gerichtet
bat Schloten „alle Anstrengungen darauf auszurichten,
unsere Interparlamentarische Union weiter zu stärken und
eine engere Zusammenarbeit einschließlich mit unseren
Partnern aus dieser Region anzustreben“.
Beide Reden sind in vollem Wortlaut in Anhang 8 bzw. 11
abgedruckt.

IV. Sitzungen des Interparlamentarischen
Rates

Der Interparlamentarische Rat der Interparlamentarischen
Union trat am Montag, dem 16. Oktober, und am Sams-
tag, dem 21. Oktober, unter dem Vorsitz der Präsidentin
Dr. Najma Heptulla zu seiner 167. Sitzungsperiode zu-
sammen. Der Vorschlag der thailändischen Delegation,
den Präsidenten des indonesischen Parlamentes, Akbar
Tandjung, zum Konferenzpräsidenten zu wählen, wurde
per Akklamation angenommen.
Der Interparlamentarische Rat nahm auf Empfehlung des
Exekutivausschusses die Parlamente von Liechtenstein,
Samoa und Sao Tomé und Principe als Mitglieder in die
IPU auf. Auf der gleichen Sitzung entschied der Interpar-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/6046

lamentarische Rat, die Mitgliedschaft des Parlaments von
Fidschi zu suspendieren. Als Ergebnis dieser Entschei-
dungen umfasst die Interparlamentarische Union nun-
mehr 140 nationale Parlamente und 5 internationale par-
lamentarische Vereinigungen als assoziierte Mitglieder.
In ihrem Überblick über ihre Aktivitäten seit der letzten
Sitzung ging die Präsidentin des Interparlamentarischen
Rates, die Vizepräsidentin des indischen Unterhauses,
Dr. Najma Heptulla, insbesondere auf ihre in den Verei-
nigten Staaten mit zahlreichen Kongressabgeordneten so-
wie Hillary Clinton geführten Gespräche zur Mitglied-
schaft der USA in der IPU ein, die sie als hoffnungsvoll
bezeichnete.
Anschließend berichtete der Generalsekretär der Interpar-
lamentarischen Union, Anders B. Johnsson, über seine
Arbeit im vergangenen Halbjahr. Er betonte das hohe In-
teresse der Öffentlichkeit an der Parlamentspräsidenten-
Konferenz der IPU am Sitz der Vereinten Nationen vom
29. August bis 1. September 2000 in New York.
Der Interparlamentarische Rat begrüßte die Debatte zu ei-
ner Reform der Satzung und bat den Generalsekretär, alle
Vorschläge gebündelt im April in Havanna vorzulegen.
Die Mitgliedsparlamente forderte der Rat auf, ihre Vor-
schläge schriftlich dem Sekretariat in Genf zuzuleiten.
Der Rat stimmte der Einberufung einer Sondersitzung des
Exekutivausschusses zu diesem Thema im Dezember
2000 in Neu-Delhi zu.
Er legte zudem die Themen der 105. Interparlamentari-
schen Konferenz vom 1. bis 7. April 2001 in Havanna
(Kuba) fest:
– „Die Gewährleistung der Einhaltung der völkerrecht-

lichen Grundsätze im Interesse des Weltfriedens und
der Weltsicherheit“ (TOP 4/Ausschuss I);

– „Bildung und Kultur als grundlegende Faktoren zur
Förderung der Beteiligung von Männern und Frauen
am politischen Leben und als Voraussetzung für die
Entwicklung der Völker“ (TOP 5/Ausschuss IV).

Der IPU-Exekutivausschuss trat am 19. Oktober 2000 un-
ter dem Vorsitz der Präsidentin des Interparlamentari-
schen Rates, Dr. Najma Heptulla, zu seiner 231. Sitzung
zusammen. Bei seiner Sitzung beschäftigten sich die Mit-
glieder mit der Formulierung von Empfehlungen zu den
Tagesordnungspunkten der Konferenz, die dem Interpar-
lamentarischen Rat zur Entscheidung vorgelegt wurden.
Des Weiteren hat der Exekutivausschuss die Vorschläge
zur Reform der Statuten, Strukturen und Arbeitsmethoden
der Interparlamentarischen Union mit dem Ziel einer en-
geren Verbindung zwischen der IPU und den nationalen
Parlamenten diskutiert.

V. Treffen der Parlamentarierinnen in der IPU
Zum 4. offiziellen Parlamentarierinnentreffen der IPU ka-
men am Sonntag, dem 15. Oktober, etwa 110 Parlamenta-
rierinnen aus 78 Ländern sowie einige männliche Parla-
mentarier zusammen.

Nach der Eröffnung der Sitzung durch Präsidentin Abge-
ordnete Furubjelke (Schweden) gab die designierte Vor-
sitzende des Parlamentarierinnentreffens der 104. IPU-
Konferenz, Abg. Murti (Indonesien), zunächst einen
Überblick über die zu diesem Zeitpunkt feststehenden sta-
tistischen Zahlen zur Beteiligung weiblicher Parlamenta-
rier an der Konferenz. Auf die Frage von Abgeordnete
Dr. Rita Süssmuth nach einem Vergleich mit der Anzahl
rein männlicher Delegationen und dem Hinweis auf die
Notwendigkeit von Sanktionen für solche Fälle, erläuterte
die Sekretärin des Ausschusses, Christine Pintat, dass die-
ser Fall immer seltener wird (in Jakarta noch 18 rein
männliche Delegationen).
Schließlich brachte die Präsidentin die Lage der vor zehn
Jahren gewählten birmesischen Abgeordneten zur Spra-
che, die bis zum heutigen Tage an der Ausübung ihres
Mandats gehindert würden. Sie äußerte den Wunsch, dass
die Frauen ihre Solidarität mit den Abgeordneten erklären
und die Konferenz eine Erklärung zu Myanmar ausarbei-
ten solle. AbgeordneteDr. Rita Süssmuth schlug vor, die
laufende Unterschriftenaktion des National Coalition Go-
vernment of the Union of Burma zu Myanmar durch das
Sammeln von Unterschriften während des Parlamenta-
rierinnentreffens zu unterstützen. Der Ausschuss einigte
sich auf eine Erklärung der Präsidentin des Koordinie-
rungsausschusses zu Birma, die während des Treffens der
Parlamentarierinnen verlesen wurde.
Im Übrigen wurden die Ergebnisse der „Beijing + 5“-Son-
dersitzung der Generalversammlung der Vereinten Natio-
nen vom 5. bis 9. Juni 2000 sowie die Ergebnisse und
Folgeaktivitäten des gleichzeitig stattfindenden IPU-UN-
DAW (United Nations Division for the Advancement of
Women)-Dreiparteientreffens zu „Demokratie durch Part-
nerschaft zwischen Mann und Frau“ vom 7. Juni 2000 und
der Stand der Ratifizierung des UN-Übereinkommens zur
Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
(CEDAW) sowie des dazugehörigen Zusatzprotokolls
diskutiert und an die Parlamente zur schnellstmöglichen
Ratifizierung weitergeleitet. Zum Schluss des Parlamen-
tarierinnentreffens wählte der Ausschuss als weiteres
stellvertretendes Mitglied der Eurasia-Gruppe den Abge-
ordneten F. Ziatdinova aus der Russischen Föderation in
den Koordinierungsausschuss.
Ein ausführlicher Bericht des Treffens ist in Anhang 11
abgedruckt.

VI. Treffen der Parlamentarier der Gruppe der
Zwölf Plus

Die Sitzungen der geopolitischen Gruppe der Zwölf Plus
fanden unter dem engagiertem Vorsitz des Abgeordneten
Dieter Schloten (SPD) am 29. April, 2., 3., und 5. Mai
2000 statt. Wie in der Vergangenheit dienten diese Treffen
vor allem der Koordinierung und Vorbereitung der politi-
schen Arbeit bei Interparlamentarischen Konferenzen.
Besonders eingehend diskutierte die Gruppe der Zwölf
Plus, die mittlerweile aus 43 Staaten besteht, die deut-
schen Vorschläge zur Reform der IPU. Ziel sei die Ver-
einfachung der IPU-Strukturen und Verfahrensweisen

Drucksache 14/6046 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

durch Änderung der Statuten, um die Organisation effizi-
enter und handlungsfähiger zu machen. Langfristig soll
die IPU den institutionalen Beziehungen und insbeson-
dere der VN eine parlamentarische Dimension hinzufü-
gen. Besprochen wurde auch der informelle Resolutions-
entwurf der Generalversammlung der VN („Co-operation
between the United Nations and the Inter-Parliamentary
Union“). Die Gruppe sprach sich für einen Prüfungsauf-
trag des VN-Generalsekretärs aus, die Möglichkeiten ei-

ner formalisierten Zusammenarbeit zwischen der IPU und
den VN zu eruieren und der VN-Generalversammlung im
Mai 2001 darüber zu berichten.
Die Gruppe schloss die Vereinigten Staaten von Amerika
und Georgien aus, da sie trotz wiederholter Mahnung seit
mehreren Jahren keine Mitgliedsbeträge gezahlt haben.
Der Vorsitzende Abgeordneter Dieter Schloten wurde per
Akklamation für ein weiteres Jahr im Amt bestätigt.

Dr. Rita Süssmuth, MdB
Leiterin der Delegation

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/6046

VII. Personalien
1. Akbar Tandjung (Indonesien) wurde am 16. Ok-
tober 2000 einstimmig zum Sitzungspräsidenten der
104. Interparlamentarischen Konferenz gewählt.
2. Übersicht über die neugewählten bzw. neuen ex
officio Mitglieder des Exekutivausschusses
– Herr W. Abdala (Uruguay)
– Herr N. Enkhbold (Mongolei)
– Frau Z. Rios Montt Sosa (Guatemala)
– Herr J. Al-Hamad Al-Saqer (Kuwait)
3. Übersicht über die neuen Ausschussvorsitzenden
und ihre Stellvertreter
a. Ausschuss für nachhaltige Entwicklung:

– Ordentliches Mitglied: Herr E. S. Nahum (Benin)
– Ordentliches Mitglied: Herr J. Wagner (Brasilien)

b. Ausschuss für Nahostfragen
– Als Vorsitzender: Y. Tavernier (Frankreich)
– Ordentliche Mitglieder: Frau P. Chagsuchinda

(Thailand) und Herr Ahouandjinou (Benin)
– Stellvertretende Mitglieder: Frau B. Ray (Indien),

Herr P. Osusky (Slowakei)

VIII. Anhang
1. Vorbeugung gegen Militärcoups und andere An-

schläge gegen demokratisch gewählte Regierun-
gen und gegen den durch direkte Wahl geäußer-
ten freien Willen des Volkes sowie Maßnahmen
gegen schwere Verletzungen derMenschenrechte
von Parlamentariern
(Auf der 104. Konferenz am 20. Oktober 2000 in
Jakarta im Konsenswege angenommene Resolu-
tion)

2. Die Entwicklungsfinanzierung und ein neues Pa-
radigma für wirtschaftliche und soziale Entwick-
lung zur Beseitigung der Armut
(Auf der 104. Konferenz am 20. Oktober 2000 in Ja-
karta ohne Abstimmung angenommene Resolution)

3. Sind Embargos und Wirtschaftssanktionen noch
ethisch vertretbar, funktionieren sie noch und
sind sie in einer immer stärker globalisierten
Welt noch zweckmäßig?
(Auf der 104. Konferenz am 20. Oktober 2000 in Ja-
karta mit 834 Ja-Stimmen bei 245 Gegenstimmen
und 159 Enthaltungen angenommene Resolution)

4. Beendigung der Spannungen und der Gewalt im
Nahen Osten, Schutz der Zivilisten gemäß der
vierten Genfer Konvention und Maßnahmen
zur Rettung des Friedensprozesses entspre-

chend den einschlägigen Resolutionen der Ver-
einten Nationen
(Von der 104. Konferenz am 19. Oktober 2000 in Ja-
karta mit 987 Ja-Stimmen bei 61 Gegenstimmen und
131 Enthaltungen angenommene Resolution)

5. Vorbeugung gegen Militärcoups und andere An-
schläge gegen demokratisch gewählte Regierun-
gen und gegen den durch direkte Wahl geäußer-
ten freien Willen des Volkes sowie Maßnahmen
gegen schwere Verletzungen derMenschenrechte
von Parlamentariern
(Von der Gruppe der Bundesrepublik Deutschland
vorgelegter Resolutionsentwurf)

6. Ein neues Paradigma für die wirtschaftliche und
soziale Entwicklung zur Beseitigung der Armut
(TOP 5)
(Von der Gruppe der Bundesrepublik Deutschland
vorgelegter Resolutionsentwurf)

7. Ansprache von Petra Ernstberger, MdB, am
17. Oktober 2000 anlässlich der 104. IPU-Konfe-
renz in Jakarta zum Thema „Vorbeugung gegen
Militärcoups und andere Anschläge gegen demo-
kratisch gewählte Regierungen und gegen den
durch direkte Wahlen geäußerten freien Willen
des Volkes sowie Maßnahmen gegen schwerwie-
gende Verletzungen der Menschenrechte von
Parlamentariern“ (TOP 4)

8. Rede von Hans-Joachim Fuchtel, MdB auf der
104. IPU-Konferenz in Jakarta zum Thema „Ein
neues Paradigma für die wirtschaftliche und so-
ziale Entwicklung zur Beseitigung der Ar-
mut“(TOP 5)

9. Rede von Dieter Schloten, MdB, Amtierender
Leiter der deutschen Delegation und Vorsitzen-
der der Zwölf-Plus-Gruppe, auf der 104. Inter-
parlamentarischen Konferenz in Jakarta,
Indonesien, am 18. Oktober 2000 in der Gene-
raldebatte

10. Ansprache von Dieter Schloten, MDB, Stellver-
tretender Leiter der deutschen Delegation und
Vorsitzender der Zwölf-Plus-Gruppe, auf der
104. Interparlamentarischen Konferenz in Ja-
karta, Indonesien, am 19. Oktober 2000 zum
dringlichen Zusatztagesordnungspunkt

11. Rede von Dr. Rita Süssmuth, MdB, Leiterin der
deutschen Delegation, auf der 104. Interparla-
mentarischen Konferenz in Jakarta, Indonesien,
am 19. Oktober 2000 zum dringlichen Zusatz-
tagesordnungspunkt

12. Abschiedsrede des Vorsitzenden der Gruppe der
Zwölf Plus, Dieter Schloten, MdB, zum Abschluss
der 104. IPU-Konferenz am 19. Oktober 2000

13. Bericht über das Treffen der Parlamentarierin-
nen in der IPU

Drucksache 14/6046 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Anhang 1
Vorbeugung gegen Militärcoups und andere An-
schläge gegen demokratisch gewählte Regierungen
und gegen den durch direkte Wahl geäußerten freien
Willen des Volkes sowie Maßnahmen gegen schwere
Verletzungen der Menschenrechte von Parlamenta-
riern
Auf der 104. Konferenz am 20. Oktober 2000 in Ja-
karta im Konsenswege angenommene Resolution
Die 104. Interparlamentarische Konferenz,
bekräftigend, dass die Erhaltung der konstitutionellen De-
mokratie von grundlegender Bedeutung für die Men-
schenrechte der Völker und insbesondere für ihr Recht ist,
von frei gewählten Vertretern regiert zu werden;
feststellend, dass militärische und andere Zwangsmittel
zur Entfernung demokratisch gewählter Regierungen
diese beiden Rechte sowie die Grundsätze der Interparla-
mentarischen Union mitten ins Herz treffen und zu verur-
teilen sind;
hervorhebend, dass die Interparlamentarische Union die
parlamentarische Demokratie aktiv befürwortet und daran
erinnernd, dass der Interparlamentarische Rat 1997 in
Kairo eine Universelle Erklärung zur Demokratie und
1994 in Paris eine Erklärung zu Kriterien für freie und
faire Wahlen annahm und dass diese die Grundsätze vie-
ler internationaler Rechtsinstrumente, darunter auch der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, ergänzten;
in der Überzeugung, dass ein frei und fair gewähltes Par-
lament die beste Garantie für Menschenwürde und den
Wohlstand der Bürger darstellt;
ferner davon überzeugt, dass das aktive und das passive
Wahlrecht, das Recht, Vereinigungen und Parteien zu bil-
den, das Recht auf freie Meinungsäußerung und gleichen
Zugang zu den Medien sowie das Recht, sich friedlich zu
versammeln und zu demonstrieren für das sachgerechte
Funktionieren eines offenen demokratischen Systems von
wesentlicher Bedeutung sind;
in der Erkenntnis, dass eines der wesentlichen Mittel zur
Verhinderung von Bedrohungen der Demokratie darin be-
steht, die volle Teilnahme aller Schichten der Gesell-
schaft, unter Einschluss der Frauen, der Minderheiten und
gefährdeter Gruppen, am demokratischen Prozess zu ge-
währleisten;
außerdem die Notwendigkeit anerkennend, in Staaten,
in denen die rechtmäßige Regierung gestürzt wurde,
die Wiederherstellung der Demokratie sicherzustellen
und mit der dringenden Aufforderung an autoritäre Re-
gime, die erforderliche politische Transformation vorzu-
nehmen;
hervorhebend, dass die Interparlamentarische Union bei
der Verhütung von Coups eine führende Rolle spielen und
die Regierungen dazu auffordern sollte, die Demokratie
zu stärken, die Menschenrechte zu fördern und den Dialog
und Verhandlungen zur Beilegung innerer Streitigkeiten

als Mittel zu unterstützen, der Ursache von Meinungsver-
schiedenheiten auf den Grund zu gehen, die zu Versuchen
führen, demokratische Regierungen zu stürzen;
unterstreichend, dass den Beteiligten an einem undemo-
kratischen Sturz von Regierungen keine Hilfe oder För-
derung zuteil werden darf und die Notwendigkeit aner-
kennend, solche Regime durch wirksame Sanktionen und
andere geeignete praktische Maßnahmen international zu
isolieren und die legitimen, demokratisch gewählten Re-
gierungen wieder einzusetzen;
erneut erklärend, dass die Rechte der Parlamentarier ge-
schützt werden müssen, wenn sie in ihren jeweiligen Staa-
ten die Menschenrechte und Grundfreiheiten schützen
und fördern sollen und in Anerkennung der erfolgreichen
Arbeit des IPU-Ausschusses für die Menschenrechte von
Parlamentariern;
Verurteilung
1. verurteilt nachdrücklich alle – erfolgreichen oder

gescheiterten – Versuche, demokratisch gewählte
Regierungen mit militärischen oder anderen unde-
mokratischen Mitteln zu stürzen;

2. verurteilt entschieden alle Personen, die bei ihrer
Beteiligung an Militärcoups und anderen Anschlä-
gen die Menschenrechte von Parlamentariern und
anderer Bürger missbrauchen;

3. fordert alle Parlamente nachdrücklich auf, ihre je-
weiligen Regierungen dazu anzuhalten, für die in-
ternationale Isolierung von Regimen zu sorgen, die
durch einen undemokratischen Sturz gewählter Re-
gierungen an die Macht kommen und die Anwen-
dung wirksamer Sanktionen und anderer praktischer
Maßnahmen zu erwägen;

4. ruft alle Parlamente auf, soweit möglich neue Ge-
setze und/oder Verfassungsänderungen zu be-
schließen, um – vor allem bei Gewaltanwendung –
eine angemessene Bestrafung der Beteiligten an ei-
nem undemokratischen Sturz gewählter Regierun-
gen durchzusetzen und darum sicherzustellen, dass
die Bestrafung solcher Handlungen weder aufgeho-
ben wird noch einer Verjährung unterliegt;

Vorbeugung
5. fordert ferner die Parlamente auf, von den Regie-

rungen nachdrücklich zu verlangen, die internatio-
nalen und regionalen Organisationen, denen sie an-
gehören, dazu anzuweisen, für eine Kultur der
Demokratie, der guten Regierungsführung und der
demokratischen Rechte der Bürger einzutreten;

6. legt allen Parlamenten und Regierungen dringend
nahe, über alle Meinungsverschiedenheiten hinweg,
die zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien
bestehen mögen, gemeinsam gegen alle Versuche
und Handlungen Widerstand zu leisten, die auf die
Zerstörung des Systems der parlamentarischen De-
mokratie mit Waffengewalt oder anderen gewaltsa-
men Maßnahmen abzielen;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/6046

7. unterstreicht die wichtige und entscheidende Rolle
der Bildung für das Entstehen einer demokratischen
Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit;

8. fordert alle Parlamente und Regierungen nachdrück-
lich auf, die volle und gleichberechtigte Teilnahme
aller Teile der Gesellschaft, darunter auch der
Frauen, der Minderheiten und gefährdeter Gruppen,
am demokratischen Prozess und an der Demokrati-
sierung sicherzustellen;

9. fordert ferner alle Parlamente und Regierungen
nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass für
die Sicherheit zuständige Einrichtungen, insbeson-
dere die Sicherheitskräfte, gegenüber den gewählten
Zivilbehörden wie auch der Zivilgesellschaft Re-
chenschaft ablegen und in Übereinstimmung mit na-
tionalen und internationalen rechtstaatlichen Nor-
men tätig werden;

Maßnahmen der Interparlamentarischen Union
11. beglückwünscht den Ausschuss für die Menschen-

rechte der Parlamentarier zu seiner wertvollen Ar-
beit bei der Verteidigung der Menschenrechte der
Parlamentsabgeordneten und ruft alle Mitgliedspar-
lamente auf, seine Arbeit aktiv zu unterstützen, ins-
besondere durch geeignete Nachfolgemaßnahmen in
konkreten Fällen von Menschenrechtsverletzungen
gegenüber Abgeordnetenkollegen, die der Aus-
schuss in seinem öffentlichen Verfahren prüft;

12. fordert die IPU nachdrücklich auf, durch Nutzung
des Internets (E-Mail, Websites) und anderer
kostengünstiger, aber eingängiger Massenkommu-
nikationsmittel eine besondere Rolle zu übernehmen
und einen Rahmen zu schaffen, der zur frühzeitigen
Meldung von Menschenrechtsverletzungen anregt,
damit Parlamentarier schnell handeln können, um
die Rechte von Parlamentariern und anderer Bürgern
überall auf der Welt zu schützen;

13. bittet den Generalsekretär der IPU zu prüfen, ob ein
Mechanismus errichtet werden kann, mit dem sich
Verletzungen der Menschenrechte und der bürgerli-
chen Freiheiten überwachen und anklagen lassen
und anschließend den Lenkungsorganen der IPU auf
ihrer nächsten Tagung zu berichten.

Anhang 2
Die Entwicklungsfinanzierung und ein neues Para-
digma fürwirtschaftliche und soziale Entwicklung zur
Beseitigung der Armut
Auf der 104. Konferenz am 20. Oktober 2000 in Ja-
karta ohne Abstimmung angenommene Resolution
Die 104. Interparlamentarische Konferenz,
in der Erkenntnis, dass Armut die Folge verschiedener
wirtschaftlicher, politischer, sozialer und institutioneller
Prozesse ist, die miteinander im Wechselspiel stehen und
einander unter Umständen in einer Form verstärken,
durch die die Armen noch weiter geschwächt werden;

ferner in der Erkenntnis, dass Armut nicht nur ein unzu-
reichendes Einkommen oder Mängel der menschlichen
Entwicklung, sondern auch Verwundbarkeit und das Feh-
len von Gehör, Macht und angemessener Vertretung be-
deutet;
in dem Bewusstsein, dass heute über eine Milliarde Men-
schen in absoluter Armut leben und in der Gesellschaft an
den Rand gedrängt sind, womit ihnen die Möglichkeit
verwehrt wird, sich am produktiven Wirtschaftsleben zu
beteiligen und dass vor allem die Zahl der in Armut le-
benden Frauen gestiegen ist;
bedauernd, dass drei Milliarden Männer und Frauen von
weniger als zwei Dollar pro Tag leben, während die offi-
zielle Entwicklungshilfe, die von der Mehrheit der rei-
chen Staaten bereitgestellt wird, in den letzten Jahren
deutlich zurückgegangen ist, sodass die armen Länder
nicht mehr die Mittel haben, um ihre Entwicklung zu fi-
nanzieren;
in der Feststellung, dass viel zu viel Geld aus den als Ent-
wicklungshilfe bezogenen Mitteln in die Rückzahlung
der Schulden fließt, insbesondere im Fall der hoch ver-
schuldeten armen Länder (HIPCs);
in der Erwägung, dass die privaten Kapitalströme, die in
den letzten beiden Jahrzehnten schnell angewachsen
sind, sich auf einige wenige Entwicklungsländer konzen-
trieren, während die meisten übrigen weitgehend auf of-
fizielle Hilfe angewiesen sind;
feststellend, dass die inländischen Ersparnisse der armen
Länder nur allzu oft in unproduktive Ausgaben investiert
und von den großen Kapitalmärkten der reichen Staaten
angezogen werden;
in der Erwägung, dass die von Industrieländern und zwi-
schen Entwicklungsländern errichteten Handelsschran-
ken das Wirtschaftswachstum letzterer Staaten beein-
trächtigen und dass der sich daraus ergebende
Einkommensverlust mehr als das Doppelte des Gesamt-
betrags der Entwicklungshilfe ausmacht;
in der Überzeugung, dass der Fortschritt in einigen Ent-
wicklungsländern durch das Fehlen einer guten Regie-
rungsführung beeinträchtigt wird;
unter Hinweis auf die Resolutionen der IPU, insbeson-
dere die auf der 73. Interparlamentarischen Konferenz
(Lomé, 1985) angenommenen Resolutionen über die
Rolle der Parlamente und ihren Beitrag zur Beseitigung
der Armut durch Beseitigung der internationalen Schul-
denlast; die der 74. Interparlamentarischen Konferenz
(Ottawa, 1985) über den Beitrag der Parlamente zur Su-
che nach Maßnahmen und Schritten zur Tilgung der Aus-
landsschulden, die die Entwicklungsländer belasten; die
der 88. Interparlamentarischen Konferenz (Stockholm,
1992) über die Notwendigkeit einer radikalen Lösung
des Schuldenproblems in den Entwicklungsländern und
die der 102. Interparlamentarischen Konferenz (Berlin,
1999) über die Notwendigkeit einer Änderung des derzei-
tigen weltweiten Finanz- und Wirtschaftsmodells sowie
des Schlussdokuments der 1993 in Ottawa von der IPU

Drucksache 14/6046 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

organisierten Interparlamentarischen Konferenz „Nord-
Süd-Dialog für weltweiten Wohlstand“;
unter Billigung der feierlichen Zusagen der Vereinten Na-
tionen, der Weltbank und des IWF, die Ausrottung der Ar-
mut und die Minderung der Schulden für die am wenigs-
ten entwickelten Länder zu einer der Hauptprioritäten
ihrer Arbeit zu machen;
mit Genugtuung über die laufenden Vorbereitungen für
das Hohe Regierungstreffen zur Entwicklungsfinanzie-
rung, das 2001 von den Vereinten Nationen abgehalten
werden soll sowie mit Genugtuung über die zahlreichen
regionalen Initiativen zur Bekämpfung der Armut, bei de-
nen eine Vielzahl von Staaten mit Unterstützung interna-
tionaler Finanzinstitutionen mobilisiert wird;
feststellend, dass die Vierte Weltfrauenkonferenz die
Gleichstellung von Männern und Frauen als Menschen-
rechtsfrage und als Voraussetzung für eine sozial gerechte
Existenz definiert hat;
ruft die Industriestaaten wie die Entwicklungsländer auf,
die Entwicklung mit einem menschlichen Gesicht durch
wirtschaftliche Entwicklungsmaßnahmen voranzutrei-
ben, wie zum Beispiel Krediterleichterungen für Klein-
und Mittelbetriebe, Mikrokreditinitiativen und Schulden-
erlass für Haushalte sowie, im Interesse der menschlichen
Sicherheit, durch Initiativen auf Gebieten wie dem Aus-
bau des Gesundheits- und Bildungswesens und entspre-
chender Einrichtungen, dem Schutz der Menschenrechte
und dem Umweltschutz;
unterstützt die Einführung solcher neuer Ansätze in die
nachhaltige Entwicklung im Rahmen der Globalisierung,
in dem Maße wie hierdurch Wachstum, Umweltschutz
und soziale Entwicklung sowie die Schaffung neuer
Arbeitsplätze sichergestellt werden, während gleichzeitig
die für künftige Generationen benötigten Ressourcen be-
wahrt werden;
fordert die Industriestaaten wie die Entwicklungsländer
nachdrücklich auf, einen politischen Dialog über die Ent-
wicklung voranzubringen, die Errichtung demokratischer
Systeme, die Einführung guter Regierungsführung und
hoher Transparenzstandards anzustreben und die Rolle
der Zivilgesellschaft und der Nichtregierungsorganisatio-
nen anzuerkennen;
fordert die Industriestaaten nachdrücklich auf, eine wirk-
same offizielle Entwicklungshilfe entsprechend den Be-
dingungen der Entwicklungsländer zu leisten und ihre
mehrfach gegebene Zusage zu erfüllen, 0,7 % ihres BSP
für die offizielle Entwicklungshilfe aufzuwenden;
fordert die Entwicklungsländer nachdrücklich auf, Maß-
nahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass diese
Hilfe den wirklich Bedürftigen zugute kommt;
hebt hervor, dass ein Schuldenerlass für HIPCs und eine
Schuldenminderung für andere Entwicklungsländer un-
verzüglich gewährt werden und sich fast ausschließlich
auf Maßnahmen zur Verringerung der Armut konzentrie-
ren sollten, die der misslichen Lage der Frauen insbeson-
dere im ländlichen Raum sowie der Beseitigung der Un-
gleichheit Rechnung tragen;

schließt sich Vorschlägen an, die darauf abzielen, kurzfris-
tigen Kapitalströmen Einhalt zu gebieten, die für die Pro-
duktion in Entwicklungsländern besonders dramatische
Folgen haben und unterstützt dabei insbesondere den Ge-
danken an eine Steuer auf kurzfristige Kapitalströme, die
einem von den Vereinten Nationen verwalteten Weltsoli-
daritätsfonds zufließen könnte und ersucht die Interparla-
mentarische Union, die internationalen Finanzinstitutio-
nen zu bitten, auf der nächsten Interparlamentarischen
Konferenz auf Kuba einen Bericht über die technischen
Vorkehrungen für die Einführung einer solchen Steuer so-
wie über deren Folgen vorzulegen;
fordert die Empfängerländer nachdrücklich auf, einen
rechtlichen und sozialen Rahmen aufzubauen, der ge-
währleistet, dass die bereitgestellten Mittel wirksam für
die soziale und wirtschaftliche Entwicklung sowie für das
Wohlergehen der Bevölkerung eingesetzt werden;
schließt sich dem Aufruf der internationalen Gemein-
schaft im Rahmen der 20/20-Initiative an, wonach 20 %
der offiziellen Entwicklungshilfe der Geberländer für die
Bekämpfung der Armut und 20 % der öffentlichen Aus-
gaben der Empfängerländer für grundlegende Sozialdiens-
te wie Bildung, Gesundheit und Wohnen aufgewandt
werden sollen;
unterstreicht die Notwendigkeit, die nationalen Anstren-
gungen weg von militärischen Prioritäten und dem inter-
nationalen Waffenhandel unter Berücksichtigung der Fol-
gen für die nationale Sicherheit auf produktivere und
friedliche Ziele auszurichten;
bekräftigt, dass der Kampf gegen Armut und Ungleichheit
das Bestehen eines effektiven, demokratischen und trans-
parenten Staates verlangt, der die Menschenrechte achtet
und betont, dass dieser Kampf die bürgerlichen und poli-
tischen Freiheiten fördern muss, um den Armen die Mög-
lichkeit zu geben, ihre sozialen, wirtschaftlichen und kul-
turellen Rechte einzufordern und außerdem auch die
Korruption bekämpfen muss, die die Armen stets am här-
testen trifft;
fordert die Parlamentarier der Welt nachdrücklich auf,
bei der Verwirklichung von Entwicklungshilfemaßnah-
men im Inland wie weltweit eine zentrale Rolle zu über-
nehmen.

Anhang 3
Sind Embargos und Wirtschaftssanktionen noch
ethisch vertretbar, funktionieren sie noch und sind sie
in einer immer stärker globalisierten Welt noch
zweckmäßig?
Auf der 104. Konferenz am 20. Oktober 2000 in Ja-
karta mit 834 Ja-Stimmen bei 245 Gegenstimmen und
159 Enthaltungen angenommene Resolution
Die 104. Interparlamentarische Konferenz,
unter Bekräftigung der Grundsätze und Ziele der Charta
der Vereinten Nationen und der Rolle der Vereinten Na-
tionen bei der Erhaltung des Friedens und der Sicherheit;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/6046

daran erinnernd, dass in den 90er-Jahren Sanktionen, ins-
besondere Wirtschaftssanktionen gemäß Artikel 41 der
Charta der Vereinten Nationen, deutlich häufiger wurden
als in früheren Jahrzehnten und außerdem erinnernd an
Artikel 1.3 der Charta der Vereinten Nationen;
in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft
auf diesem Gebiet mittlerweile genügend Erfahrung be-
sitzt, um zu einer Beurteilung solcher Maßnahmen über-
zugehen;
mit Genugtuung über die diesbezüglichen Diskussionen
in den Vereinten Nationen und vor allem im Sicherheits-
rat und in Würdigung der in diesem Zusammenhang auf
Initiative einiger Regierungen und seitens von Nichtre-
gierungsorganisationen vorgenommenen bemerkenswer-
ten Untersuchungen und Überlegungen;
überzeugt von der Notwendigkeit, die Universalität der
von den Vereinten Nationen ergriffenen Maßnahmen zu
sichern und alle ihnen entgegenstehenden Hindernisse zu
beseitigen und besorgt darüber, dass das Ergebnis der von
den Vereinten Nationen durchgeführten Wirtschaftssank-
tionen nicht immer erfolgreich ist und dass einige Sankti-
onsregelungen stark angefochten werden, was zuneh-
mende Skepsis und wachsendes Misstrauen in Bezug auf
ein Instrument entstehen lässt, dass von dem Sicherheits-
rat verwendet werden soll, um den Weltfrieden und die in-
ternationale Sicherheit zu gewährleisten;
in Anbetracht der Tatsache, dass die Anwendung der von
dem Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen durch die
Mitgliedstaaten oft viel zu wünschen übrig lässt;
in dem Bewusstsein, dass Wirtschaftssanktionen huma-
nitäre Folgewirkungen haben, die in einer von wirtschaft-
licher Interdependenz gekennzeichneten globalisierten
Welt noch verstärkt werden und mehr als alles andere
dazu beigetragen haben, die öffentliche Unterstützung für
Sanktionen zu untergraben;
hervorhebend, dass insbesondere umfassende Sanktions-
regelungen negative Folgen für die Lebensverhältnisse in
dem Zielland haben, die die Grenzen des Hinnehmbaren
überschreiten, da sie unterschiedslos die Bevölkerung
treffen, während sie die Regierung (oder, je nach Situa-
tion, bestimmte nichtstaatliche Konfliktteilnehmer) dazu
anhalten sollen, die Resolutionen des Sicherheitsrats zu
beachten;
in der Erwägung, dass die unerwünschten Wirkungen auf
die Bevölkerung deutlich verstärkt werden, wenn umfas-
sende Sanktionen für unbestimmte Zeit angewandt wer-
den oder sie Entwicklungsländern auferlegt werden, de-
nen es an den für die Begrenzung dieser Wirkungen
benötigten Ressourcen fehlt;
eingedenk der negativen Auswirkungen von Wirtschafts-
sanktionen, die die Vereinten Nationen gegen Drittstaaten
verhängt haben, auf die Handelspartner des sanktionierten
Staats, insbesondere Nachbarländer, die oft beträchtliche
Verluste erleiden und von der übrigen internationalen Ge-
meinschaft ungeachtet der Bestimmungen von Artikel 50
der Charta der Vereinten Nationen nur unzureichende Hil-
festellung erhalten;

die Notwendigkeit betonend, deutlich zwischen von dem
Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen und von den
Staaten als Instrument ihrer Außenpolitik einseitig oder
gemeinsam angewandten Sanktionen zu unterscheiden;
hervorhebend, dass die Charta der Vereinten Nationen
zwar nicht das souveräne Recht eines jeden Staates (oder
einer Gruppe von Staaten) infrage stellt, darüber zu ent-
scheiden, mit welchen anderen Staaten er Wirtschafts-
und Handelsbeziehungen unterhält und somit solche Be-
ziehungen mit einem anderen Staat zu unterbrechen,
wenn ihm dies richtig erscheint, um seine Ablehnung der
von einem bestimmten Land geführten Politik zu bekun-
den, dass aber dennoch
a) Wirtschaftssanktionen dieser Art für Drittstaaten

oder ihre Staatsangehörigen niemals bindend sein
können;

b) der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die
Generalversammlung dafür zuständig sind, diese
Sanktionen unter dem Blickwinkel des Weltfriedens
und der internationalen Sicherheit gemäß den Arti-
keln 34 und 35 der Charta der Vereinten Nationen zu
bewerten;

c) einseitige Sanktionen den Menschen der betroffenen
Staaten, vor allem den Frauen, Kindern und alten
Menschen, die zunehmend davon betroffen sind, un-
gerechtfertigtes Leid zufügen;

beklagend, das einseitige Sanktionen als Instrument zur
Förderung außenpolitischer und weiterführender Ziele
verwendet werden;
feststellend, dass der völkerrechtliche Status des Instru-
ments der Wirtschaftssanktionen – ob sie nun von den
Vereinten Nationen oder von Staaten verhängt werden –
nicht das ganze Spektrum ihrer weiteren Folgen abdeckt,
soweit es um humanitäre Erfordernisse und die negativen
Auswirkungen auf Drittstaaten geht;
1. ist der Auffassung, das Wirtschaftssanktionen nach

Möglichkeit vermieden werden sollten, aber ein
nützliches und legitimes Instrument sein können, um
den Sicherheitsrat in die Lage zu versetzen, den
Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu ge-
währleisten und dass sie, wann immer sie angewandt
werden müssen, sorgfältig durchdacht und sachge-
recht umgesetzt werden sollten;

2. unterstreicht, dass der Grundsatz der internationalen
Solidarität sowohl bei der Umsetzung von Sanktio-
nen als auch bei der Minimierung ihrer humanitären
Auswirkungen und der wirtschaftlichen Folgen für
Drittstaaten gelten muss;

3. unterbreitet, um die Sanktionen der Vereinten Natio-
nen wirksamer und gerechter werden zu lassen und
ihre allgemeine Annahme und Anwendung zu ge-
währleisten, insbesondere folgende Empfehlungen:
a) die Verhängung von Wirtschaftssanktionen

durch den Sicherheitsrat muss auf einem klaren
Konzept für alle Mittel beruhen, die dem Rat zu

Drucksache 14/6046 – 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Gebote stehen, um einen widerstrebenden Staat
zur Einhaltung seiner Resolutionen zu bewegen
und Sanktionen sollten keine einfache Antwort
sein, die anstelle anderer Maßnahmen gewählt
wird, welche unter den obwaltenden Umständen
geeigneter wären, der internationalen Gemein-
schaft aber größere Anstrengungen abverlangen
wür-den;

b) die Gestaltung der Sanktionen selbst muss be-
trächtlich verbessert werden:
– die Ziele müssen klar umrissen und realis-

tisch sein, was bedeutet, dass von Anfang an
objektive Kriterien für die teilweise oder
vollständige Aufhebung von Sanktionen fest-
gelegt werden müssen;

– auch die Einschränkungen unterliegenden
Aktivitäten müssen möglichst genau festge-
legt werden, um jede Unklarheit in Bezug auf
den Umfang der Sanktionen zu vermeiden
und ihre Anwendung dadurch zu erleichtern,
insbesondere wenn es um Waffenembargos
oder finanzielle Einschränkungen geht;

– umfassende wirtschaftliche Sanktionen sind
nach Möglichkeit zu vermeiden, da sie zu
viele Unschuldige leiden lassen; die bevor-
zugte Lösung sind die Sanktionen, die die po-
litische Führung des jeweiligen Landes di-
rekt treffen; solche Vorgehensweisen eignen
sich insbesondere für finanzielle Sanktionen
(z. B. Einfrieren von Auslandskonten), Rei-
sebeschränkungen und Waffenembargos;

– unabhängig von der Art der Sanktionen muss
der Sicherheitsrat die unerwünschten Aus-
wirkungen der von ihm erwogenen Sanktio-
nen beurteilen und dabei sowohl ihre Folgen
für die Bevölkerung des betreffenden Landes
als auch ihre wirtschaftlichen Auswirkungen
auf andere Staaten, insbesondere die Nach-
barländer, bedenken;

– von Anfang an sind humanitäre Ausnahmere-
gelungen vorzusehen, um die verwundbaren
Gruppen des jeweiligen Landes zu schützen;

– es sollte ein Mechanismus eingeführt wer-
den, um Drittstaaten für erlittene Verluste zu
entschädigen;

– Sanktionen müssen für einen bestimmten
Zeitraum verhängt werden, um zu gewährlei-
sten, dass ihre anhaltende Anwendung von
derselben Mehrheit im Sicherheitsrat getra-
gen wird wie bei der für ihre Verhängung er-
forderlichen ersten Entscheidung;

c) nach ihrer Verhängung müssen die Sanktionen
vom Sicherheitsrat genau verfolgt werden, was
einen deutlichen Ausbau der Sanktionsverwal-
tungskapazitäten des VN-Sekretariats erfordert;
diese Überwachung muss drei Aspekte ab-
decken:

– die Erreichung der Ziele der Sanktionen, d. h.
das Maß, in dem der betreffende Staat die
einschlägigen Resolutionen des Sicherheits-
rats einhält;

– die Anwendung der Sanktionen durch die
VN-Mitgliedstaaten, von denen erwartet
wird, sie anzuwenden;

– das Entstehen unerwünschter Folgen von
Sanktionen für die Bevölkerung des betroffe-
nen Staates und für Drittstaaten;

d) der Sicherheitsrat muss die Ergebnisse der Über-
wachung der Sanktionen berücksichtigen. Vor
allem muss er bereit sein, die anfangs gewählte
Sanktionsregelung bei Bedarf anzupassen (ins-
besondere je nach dem Verhalten des betreffen-
den Staates) und die erforderlichen flankieren-
den Maßnahmen zu ergreifen (vor allem zum
Ausgleich unerwünschter Wirkungen). Festge-
haltene Verstöße gegen Sanktionen (insbeson-
dere im Falle von Waffenembargos), müssen ver-
öffentlicht und die ermittelten Verantwortlichen,
ob sie nun Staaten oder andere Einrichtungen
sind, bekannt gegeben werden;

4. ruft den Sicherheitsrat auf, die VN-Sanktionen all-
gemeiner Art, darunter auch die gegen den Irak, auf-
zuheben und alle übrigen zurzeit in Kraft befindli-
chen Sanktionsregelungen im Lichte der oben
dargelegten Grundsätze zu überprüfen;

5. fordert alle Staaten nachdrücklich auf, die von den
Vereinten Nationen verhängten Sanktionen einzu-
halten und die erforderlichen Gesetze zu verab-
schieden, um Sanktionsverletzungen, vor allem im
Falle von Waffenembargos, zu bestrafen;

6. bittet die regionalen und subregionalen Organisatio-
nen, zur Umsetzung der von den Vereinten Nationen
verhängten Sanktionen beizutragen, indem sie eine
harmonisierte Anwendung der Sanktionen durch
ihre Mitgliedstaaten anstreben, mit den Sanktions-
ausschüssen des Sicherheitsrats bei der Überwa-
chung der Anwendung von Sanktionen durch diese
Staaten zusammenarbeiten oder andere Mittel an-
wenden;

7. ruft die Staaten auf, bei der Anwendung von Wirt-
schaftssanktionen im Rahmen ihrer Außenpolitik
mit größer Umsicht vorzugehen, den humanitären
Auswirkungen solcher Maßnahmen, die beträchtlich
sein können (Beispiel Burundi), Aufmerksamkeit zu
schenken und auf jeden Fall von Schritten Abstand
zu nehmen, die dem Willen der internationalen Ge-
meinschaft, wie er in der Generalversammlung der
Vereinten Nationen oder im Sicherheitsrat zum Aus-
druck kommt, zuwiderlaufen;

8. wendet sich auf das Entschiedenste gegen die Ver-
abschiedung von Gesetzen oder anderen Maßnah-
men mit extraterritorialer Wirkung durch einen Staat
(oder eine Staatengruppe), durch die Drittstaaten

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 – Drucksache 14/6046

oder ihre Bürger dazu gezwungen werden sollen,
von ihnen beschlossene Wirtschaftssanktionen an-
zuwenden, wie es im Falle Kubas geschah;

9. verlangt, dass Arzneimittel und Lebensmittel syste-
matisch von allen gegen ein Land verhängten multi-
lateralen oder unilateralen Sanktionen ausgeschlos-
sen werden;

10. fordert die Staaten nachdrücklich auf, die Ausarbei-
tung eines Völkerrechtsinstruments im Rahmen der
Vereinten Nationen ins Auge zu fassen, durch das
die humanitären Standardcodes fixiert werden, die
bei der Verhängung von Wirtschaftssanktionen – sei-
tens der Vereinten Nationen oder durch Staaten –
einzuhalten sind und das Möglichkeiten für einen
Einspruch bei einer gerichtlichen Instanz bietet;

11. ruft die Parlamente und die Parlamentarier auf, ihre
gesetzgeberische Aufgabe und ihr Aufsichtsrecht
gegenüber ihren Regierungen im Hinblick auf Wirt-
schaftssanktionen betreffende Fragen in vollem Um-
fang wahrzunehmen.

Anhang 4
Beendigung der Spannungen und der Gewalt im Na-
hen Osten, Schutz der Zivilisten gemäß der vierten
Genfer Konvention und Maßnahmen zur Rettung des
Friedensprozesses entsprechend den einschlägigen
Resolutionen der Vereinten Nationen
Von der 104. Konferenz am 19. Oktober 2000 in Ja-
karta mit 987 Ja-Stimmen bei 61 Gegenstimmen und
131 Enthaltungen angenommene Resolution
Die 104. Interparlamentarische Konferenz,
erinnernd an ihre in Seoul (97. Konferenz, April 1997) an-
genommene Resolution zu Jerusalem und ihre in Amman
(103. Konferenz, April 2000) verabschiedeten Resolu-
tionen;
außerdem erinnernd an die Resolutionen 476 (1980), 478
(1980), 672 (1990), 1073 (1996) und 1322 (2000) sowie
alle anderen einschlägigen Resolutionen;
ferner erinnernd an die international anerkannten
Grundsätze der Menschenrechte, die in verschiedenen Er-
klärungen und Konventionen der Vereinten Nationen ver-
fügt sind und von der Interparlamentarischen Union wie-
derholt bekräftigt wurden;
die Anwendbarkeit des internationalen humanitären
Rechts bekräftigend, insbesondere das 4. Genfer Abkom-
men zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom
12. August 1949;
in großer Sorge über die tragischen Ereignisse, die sich
seit dem provozierenden Besuch von Ariel Sharon am
28. September 2000 in Al-Haram Al-Sharif in Jerusalem
in den palästinensischen Gebieten zugetragen haben und
die aufgrund der übermäßigen Gewaltanwendung der is-
raelischen Armee in den besetzten Gebieten zu zahlrei-
chen Toten und Verwundeten, zumeist aus den Reihen der
Palästinenser, geführt haben;

bekräftigend, dass eine gerechte und dauerhafte Lösung
des arabisch-israelischen Konflikts auf den Resolutionen
242 (1967) und 338 (1973) sowie der Resolution 194
(1948) der VN-Generalversammlung und einem aktiven
Verhandlungsprozess beruhen muss, der die legitimen
Rechte des palästinensischen Volkes, darunter auch das
Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf die Errichtung
eines unabhängigen Staates, berücksichtigt;
mit dem Ausdruck ihrer Unterstützung für den Nahost-
Friedensprozess und die Bemühungen um eine ab-
schließende Regelung zwischen der israelischen und der
palästinensischen Seite und der nachdrücklichen Auffor-
derung an beide Seiten, bei diesen Bemühungen zusam-
menzuarbeiten;
unter Berücksichtigung der Erklärung vom 17. Oktober
der in Sharm-el-Sheikh zusammengetroffenen Parteien,
die öffentlich ihrer Entschlossenheit Ausdruck gaben, der
Gewalt ein Ende zu setzen und konkrete Maßnahmen zu
ergreifen, um eine Wiederholung der jüngsten Ereignisse
zu verhindern;
in Bekräftigung der Notwendigkeit der uneingeschränk-
ten Achtung aller Heiligen Stätten in der Stadt Jerusalem
und unter Verurteilung jedes gegenteiligen Verhaltens;
1. verurteilt alle Akte der Provokation, die den

Friedensprozess und die internationalen Bemühun-
gen um die Schaffung eines gerechten und umfas-
senden Friedens bedrohen;

2. beklagt zutiefst die tragischen Ereignisse in den
palästinensischen Gebieten, die seit dem provozie-
renden Besuch von Ariel Sharon am 28. September
2000 in Al-Haram Al-Sharif in Jerusalem zu einer
alarmierenden Verschärfung des arabisch-israeli-
schen Konflikts geführt haben;

3. missbilligt die von den israelischen Streitkräften in
den besetzten Gebieten begangenen Gewalttaten
und ihre übermäßige Gewaltanwendung, die bereits
zu mehr als 120 Toten und über 4 000 Verletzten,
hauptsächlich Palästinenser unter Einschluss un-
schuldiger Zivilisten, geführt haben;

4. fordert Israel nachdrücklich auf, seiner Verpflich-
tung nachzukommen, alle Militäraktionen zu been-
den, die Blockade der palästinensischen Gebiete
aufzuheben und die Lage wiederherzustellen, wie
sie vor der derzeitigen Krise bestand;

5. ruft die israelische Regierung und die palästinensi-
sche Autonomiebehörde dazu auf, künftig allen Ge-
waltakten vorzubeugen;

6. ruft außerdem Israel, die Besatzungsmacht, dazu
auf, peinlich genau seinen gesetzlichen Verpflich-
tungen und seiner Verantwortung gemäß dem Vier-
ten Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilperso-
nen in Kriegszeiten vom 12. August 1949
nachzukommen, die auf sämtliche von Israel seit
1967 besetzten arabischen Gebiete anwendbar ist;

7. ruft die Parteien ferner auf, eine Rückkehr zur
Normalität zu sichern, um die Aussichten für den

Drucksache 14/6046 – 14 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

nahöstlichen Friedensprozess entsprechend dem
Grundsatz „Land für Frieden“ und den Resolutionen
242 und 338 des VN-Sicherheitsrats zu verbessern;

8. begrüßt und unterstützt die auf der Sitzung am
17. Oktober in Sharm-el-Sheikh verkündeten Ab-
sichten, eine internationale Untersuchungskommis-
sion mit Unterstützung der Vereinten Nationen ein-
zusetzen, um die tragischen Ereignisse der letzten
Tage schnell und objektiv aufzuklären und eine Wie-
derholung derselben zu verhindern;

9. ruft die beiden Parteien auf, wieder substanzielle
Verhandlungen aufzunehmen und alles Erdenkliche
zu tun, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen;

10. ruft außerdem alle Friedenskräfte dazu auf, interna-
tional mobil zu machen, um die Region zu einer
Zone des Friedens und des gemeinsamen Wohl-
stands zu machen;

11. begrüßt die ermutigenden Ergebnisse der Gespräche
von Sharm-el-Sheikh als wichtigen Schritt hin zu ei-
ner Beendigung der Gewalt und zur Wiederauf-
nahme des politischen Dialogs und ruft beide Seiten
aufrichtig auf, ihren Verpflichtungen nachzukom-
men.

Anhang 5
Vorbeugung gegen Militärcoups und andere Anschläge
gegen demokratisch gewählte Regierungen und gegen
den durch direkte Wahl geäußerten freien Willen des
Volkes sowie Maßnahmen gegen schwere Verletzungen
der Menschenrechte von Parlamentariern
Von der Gruppe der Bundesrepublik Deutschland
vorgelegter Resolutionsentwurf
Die 104. Interparlamentarische Konferenz,
(1) erfreut feststellend, dass in den vergangenen Jahren in
einer Reihe von Staaten nach fairen, freien und unabhän-
gigen Wahlen ein Machtübergang von den militärischen
Machthabern auf demokratische Institutionen stattgefun-
den hat;
(2) in der Überzeugung, dass sich die Streitkräfte eines
Staates dem Primat der Politik unterordnen müssen und
ihr Einsatz demokratisch legitimiert sein muss;
(3) in dem Bewusstsein, dass zwischen der Einhaltung
von Menschenrechtsstandards und der Rolle des Militärs
in einem Land eine Korrelation besteht;
(4) in der Erkenntnis, dass Militärcoups regelmäßig Aus-
druck von Instabilität und wirtschaftlicher Krise sind;
(5) anklagend, dass manche Staaten aus Sorge um eigene
wirtschaftliche Investitionen oder andere wirtschaftliche
Interessen die gebotenen Reaktionen auf Umsturzversu-
che und Anschläge gegen demokratisch gewählte Institu-
tionen und Parlamentarier unterlassen oder nur unvoll-
kommen mittragen;
(6) sich des Problems bewusst, dass oftmals Staatenorga-
nisationen, die sich als Hüterin von Demokratie, Friede

und Freiheit begreifen, selbst größere demokratische De-
fizite in einem Mitgliedsland hinnehmen, weil sie ande-
renfalls weniger berechenbare Verhältnisse in einer oh-
nehin instabilen Region befürchten;
(7) unter Hinweis auf die Erklärung „Gemeinsame Si-
cherheit und Demokratie im 21. Jahrhundert“, in der die
Parlamentarische Versammlung der Organisation für Si-
cherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) u. a.
empfohlen hat, „dass auch in gefestigten Demokratien
Wahlen beobachtet werden“;1)
(8) verurteilend, dass Diktaturen versuchen, unter dem
Deckmantel der Demokratie aufzutreten,
(9) ferner feststellend, dass diese Regime oftmals durch
populistische Maßnahmen alles daran setzen, das Enga-
gement für Demokratisierung in der Bevölkerung mög-
lichst gering zu halten;
(10) in tiefem Bedauern darüber, dass in allen Teilen der
Welt immer wieder politisch motivierte Gewalttaten und
Anschläge gegen Parlamentarier und Regierungs- oder
Oppositionspolitiker zu beklagen sind;
(11) in der Überzeugung, dass der Existenz und dem En-
gagement der vielen nationalen und internationalen Men-
schenrechtsgruppen auch eine große Präventionswirkung
zukommt in puncto Menschenrechtsschutz und Demokra-
tieschutz;
(12) unter besonderem Hinweis auf die Arbeit des Komi-
tees für Menschenrechte von Parlamentariern der Inter-
parlamentarischen Union;
(13) Bezug nehmend auf das Abschlussdokument der
Konferenz „Towards a Community of Democracies“
vom 27. Juni 2000 (Warschauer Erklärung);
1. verurteilt Terror und politische Gewalt sowie die

jüngsten gewaltsamen Attacken gegen die Parla-
mente in einigen Staaten dieser Welt2);

2. bedauert zutiefst, dass in Birma/Myanmar auch zehn
Jahre nach den Parlamentswahlen von den dortigen
Behörden die demokratische Entscheidung des
Volkes noch immer nicht anerkannt wird;

3. erinnert an die Suspendierung der Mitgliedschaft
Pakistans in der Interparlamentarischen Union und
richtet an die Machthaber in Pakistan den Appell, zu
demokratischen Verhältnissen zurückzukehren;

4. unterstützt den von der Organisation für Afrikani-
sche Einheit im Juli 1999 gefassten Beschluss, „in
dem Militärcoups verurteilt werden und zur Isolie-
rung jeder Regierung aufgerufen wird, die durch
Waffengewalt an die Macht kommt“;3)

1) Erklärung von Juli 1999, Bundestagsdrucksache 14/2836, S. 12 ff.
(S. 20, Ziff. 118).

2) Fidschi, Paraguay, Salomonen, ...
3) Zitat aus: EU-Pressemitteilung vom 7. Januar 2000 (14234/1/99

REV 1 [Presse 422]) zum Militärputsch in der Republik Côte
d’Ivoire.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 15 – Drucksache 14/6046

5. ruft nachdrücklich die Warnung des Generalse-
kretärs der Organisation Amerikanischer Staaten
(OAS) anlässlich der OAS-Generalversammlung in
Erinnerung, der den Fortbestand der demokratischen
Systeme in Südamerika gefährdet sieht, wenn nicht
der Kampf gegen Armut forciert, freie und faire
Wahlen garantiert und eine Stärkung der demokrati-
schen Institutionen erreicht werde;

6. ruft die Parlamente und Regierungen besonders der
Mitgliedstaaten auf, die über eine längere demokra-
tische Tradition verfügen, den jungen Demokratien
und den sich im demokratischen Übergang befindli-
chen Staaten großzügig Hilfe zu spenden und bei der
Demokratisierungshilfe, in der Technischen Zusam-
menarbeit sowie bei der Schuldenregelung klare
Signale zu setzen;

7. spricht sich dafür aus, dass die Gewährung von Ent-
wicklungshilfe, Schuldenerlass oder Investitionszu-
sagen an Fortschritte bei der Demokratisierung des
Landes geknüpft wird;

8. unterstreicht die Bedeutung freier Medien und der
Medienvielfalt für die Stabilität einer Demokratie;

9. weist hin auf die Ergebnisse der aktuellen Weltbank-
Studie „Engendering Development“, die eine posi-
tive Relation zwischen der Beteiligung von Frauen
am politischen und wirtschaftlichen Leben und ei-
nem geringeren Ausmaß der Korruption in einem
Land feststellt;

10. spricht sich dafür aus, dass sich Frauen überall auf
der Welt stärker am politischen und wirtschaftlichen
Leben beteiligen können;

11. ist der Überzeugung, dass eine Kontrolle der Mi-
litärs durch die Parlamente die Gefahr von Mi-
litäraggressionen verringert;

12. hebt hervor, dass Maßnahmen der nationalen Ver-
söhnung in den Krisenregionen dieser Welt sowie
die gerechte Einbindung der unterschiedlichen reli-
giösen und ethnischen Gruppen eines Staates zur
Stabilisierung der Demokratien unerlässlich sind;

13. sieht weiterhin in der Stärkung der „Zivilgesell-
schaft“ einen wichtigen Beitrag zur Stärkung und
Festigung der Demokratie in einem Land;

14. hebt die besondere Bedeutung der Nichtregierungs-
organisationen für den Auf- und Ausbau der Zivil-
gesellschaften hervor;

15. sieht im Kampf gegen die Korruption einen wesent-
lichen Beitrag zur Festigung der Demokratie in ei-
nem Land;

16. fordert alle Staaten auf, undemokratische Bestre-
bungen in ihren Nachbarländern zu beobachten und
durch energische und geschlossene Reaktionen
möglichen Putschisten von vornherein klarzuma-
chen, dass ein undemokratisches, gewaltsames Vor-
gehen nur zu strenger Isolierung, zu Sanktionen und
zum Ausschluss aus der Staatengemeinschaft führt;

17. schlägt vor, dass die Staatengemeinschaft einen Ka-
talog von möglichen Maßnahmen verabschiedet, der
empfindliche Reaktionen im Falle eines Staats-
streichs oder anderen Anschlags gegen die Demo-
kratie eines Landes oder deren Vertreter vorsieht;

18. ist der Auffassung, dass dieser Katalog u. a. umfas-
sen soll die Suspendierung oder Beendigung von
Mitgliedschaften in internationalen Organisationen
und Gremien sowie die Reduzierung oder Aufkün-
digung von Entwicklungshilfe, von Investitions-
oder Darlehenszusagen, von Rüstungszusammenar-
beit und Waffenlieferungsverträgen;

19. fordert schließlich die Parlamentarier aller Staaten
auf, besonders auch die Resolutionen des Interparla-
mentarischen Rates betreffend Menschenrechtsver-
letzungen an Parlamentariern publik zu machen und
sich mit Nachdruck für deren Erfolg einzusetzen.

20. betont, in Übereinstimmung mit der Warschauer Er-
klärung, die Universalität demokratischer Werte;

21. bekennt sich zu den in der Warschauer Erklärung
genannten demokratischen Kernprinzipien und
-praktiken, insbesondere zu dem Recht der ord-
nungsgemäß gewählten Volksvertreter, eine Regie-
rung zu bilden, ihr Mandat anzutreten und die ge-
setzlich festgelegte Legislaturperiode zu vollenden
sowie zu der Verpflichtung einer jeden gewählten
Regierung, verfassungswidrigen Handlungen fern-
zubleiben, die Abhaltung periodischer Wahlen zu er-
lauben und deren Ergebnisse zu respektieren sowie
die Regierungsmacht abzugeben, sobald das gesetz-
liche Mandat endet;

22. ist überzeugt davon, dass eine zivile, demokratische
Kontrolle über das Militär eingerichtet werden
muss;

23. vereinbart übereinstimmend eine gegenseitige Zu-
sammenarbeit auf diesem Gebiet, um den Gefahren
für die Demokratie, die vom Sturz der verfassungs-
mäßig gewählten Regierungen ausgehen, vorzubeu-
gen bzw. entgegenzuwirken.

Anhang 6
Ein neues Paradigma für die wirtschaftliche und so-
ziale Entwicklung zur Beseitigung derArmut (TOP 5)
Von derGruppe der Bundesrepublik Deutschland vor-
gelegter Resolutionsentwurf
Die 104. Interparlamentarische Konferenz,
A) Entwicklungsfinanzierung
(1) die Auffassung vertretend, dass die Eindämmung der
Armut in der Welt das dringendste Thema einer nachhal-
tigen, menschenwürdigen Entwicklung und das zentrale
Ziel ist, dem sich die internationale Gemeinschaft stellen
muss, und dass für die Armutsbekämpfung in der Dritten
Welt sämtliche Quellen der Entwicklungsfinanzierung

Drucksache 14/6046 – 16 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– angefangen von der Mobilisierung eigener Finanzmittel
in den Entwicklungsländern über private Kapitaltransfers,
Handel, Entschuldungsfragen, öffentliche Entwicklungs-
hilfe und innovative Finanzierungsformen – zusammen
betrachtet und bessere nationale wie internationale Rah-
menbedingungen geschaffen werden müssen; und dass
die Ausrottung der Armut ein ethischer, sozialer, politi-
scher und wirtschaftlicher Imperativ ist und darauf ab-
zielt, die menschliche Sicherheit zu erhöhen durch den
Schutz vor chronischen Bedrohungen wie Hunger, Krank-
heit und Unterdrückung;
(2) in dem Wissen, dass internationale und nationale
Finanzkrisen den sozialen Zusammenhalt gefährden
können;
(3) an die Erfahrung erinnernd, dass Länder, in denen
Demokratie und Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und
verantwortungsbewusstes staatliches Handeln fest ver-
wurzelt sind, für die Auswirkungen unerwarteter Finanz-
und Wirtschaftskrisen weniger anfällig sind;
(4) in der Erkenntnis, dass alle Länder Teil ein und des-
selben Wirtschafts- und Finanzsystems sind, von dem alle
abhängen und das zur Zusammenarbeit zwingt;
(5) in dem Bewusstsein, dass Krisen für alle Länder nur
Nachteile bringen – Stabilität dagegen alle Chancen auf
Gewinn und Prosperität beinhaltet;
(6) besorgt darüber, dass die derzeitige öffentliche Ent-
wicklung (ODA) – insbesondere der Anteil, der für
die originäre Förderung von Entwicklung vorgesehen ist
– niedriger ist als Anfang der 90er-Jahre und vonseiten
der Entwicklungsländer die Bedeutung nationaler Res-
sourcen bisher nur zögerlich anerkannt und gefördert
wurde;
(7) in Betroffenheit darüber, dass noch immer jährlich
700 Milliarden US-$ in Rüstungsausgaben – und damit
ungefähr vierzehnmal so viel wie in die staatliche Ent-
wicklungszusammenarbeit – fließen;
(8) besorgt darüber, dass in manchen weniger entwickel-
ten Ländern interne und externe Finanzmittel häufig nicht
zur Verbesserung der Situation breiter Bevölkerungs-
schichten eingesetzt werden;
(9) in der Überzeugung, dass „gute“ Politik (niedrige
Inflation, Haushaltsüberschuss, Abbau von Handelsbar-
rieren) und „gute“ Institutionen (keine Korruption,
Rechtsstaatlichkeit, effektive Verwaltung) in den Ent-
wicklungsländern für den Erfolg der Entwicklungszu-
sammenarbeit bestimmend sind;
1. ruft die 104. Interparlamentarische Konferenz dazu

auf, alle Lösungsmöglichkeiten für eine verlässliche
und angemessene Mittelbereitstellung zu unterstüt-
zen, um die globale Aufgabe „Entwicklung für alle“
zu bewältigen;

2. sieht in diesem Zusammenhang die geplante Konfe-
renz der Vereinten Nationen zur Finanzierung von
Entwicklung im Jahre 2001 als wichtigen Schritt;

3. begrüßt die geplante Vertiefung der Zusammenar-
beit von Internationalem Währungsfonds und Welt-

bank mit den Schwellen- und Entwicklungsländern
hinsichtlich der Stärkung und Überwachung der na-
tionalen Finanzsysteme, um die Entstehung und un-
kontrollierte Ausbreitung von Finanzkrisen einzu-
dämmen;

4. unterstützt in diesem Zusammenhang die im Früh-
jahr 2000 vom Financial Stability Forum vorgeleg-
ten Überlegungen zur Begrenzung der Volatilität der
Internationalen Finanzmärkte;

5. schlägt vor, den möglichen Nutzen einer Währungs-
Transaktions-Steuer für die Zwecke der Entwick-
lungsfinanzierung zu prüfen und auf die Agenda von
mit diesem Thema befassten Internationalen Konfe-
renzen zu setzen;

6. mahnt erneut an, die sozialen Vorteile der Globali-
sierung zu sichern und auszubauen;

7. appelliert an die nationalen Entscheidungsträger, fi-
nanzielle Krisen nicht zulasten der Sozialausgaben
zu bewältigen;

8. fordert daher die Regierungen auf, Maßnahmen für
soziale Absicherung als einen integralen Bestandteil
des Krisenmanagements zu sehen, um die sozialen
Erschütterungen, die durch Turbulenzen auf den Fi-
nanzmärkten ausgelöst werden, abzumildern;

9. spricht sich dafür aus, alle realisierbaren Lösungs-
wege zur Entwicklungsfinanzierung zu beschreiten,
die einer nachhaltigen menschlichen Entwicklung
(SHD) dienen;

10. unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass – ne-
ben der Mobilisierung öffentlicher und privater na-
tionaler Ressourcen – für die Länder, in denen eine
Entwicklung allein aus eigener Kraft nicht möglich
ist, auch wie bisher eine externe finanzielle Unter-
stützung gewährt werden sollte;

11. ruft die verschiedenen Entwicklungshilfegeber dazu
auf, besser zu kooperieren und ihre Aktivitäten ver-
stärkt zu koordinieren, um die Effizienz und Effek-
tivität der Hilfe zu verbessern;

12. schließt sich der Forderung der von der internationa-
len Gemeinschaft gestarteten Initiative >> 20/20 <<
an, nach der Geberländer 20% ihrer öffentlichen
Entwicklungszusammenarbeit zur Bekämpfung der
Armut der Bekämpfung der Armut widmen und die
Regierungen von Entwicklungsländern circa 20 %
ihrer Haushalte für grundlegende soziale Dienste
aufwenden sollten;

13. ruft die Regierungen der Industrieländer dazu auf,
auch im wohlverstandenen Eigeninteresse die Ent-
wicklungsländer bei der Bereitstellung der globalen
öffentlichen Güter – wie Gesundheit, saubere Luft
und Finanzstabilität – zu unterstützen und dafür
auch die Mobilisierung neuer, zusätzlicher Finanzie-
rungshilfen zu erwägen;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17 – Drucksache 14/6046

14. richtet an die globalen Medien den Appell, den Men-
schen ins Bewusstsein zu bringen, dass
– der Erhalt der globalen öffentlichen Güter auch

zu ihrem eigenen langfristigen Nutzen ist,
– vorbeugende politische Maßnahmen in der Re-

gel weniger Kosten verursachen als die Behe-
bung von bereits eingetretenen Schäden;

B) Ein neues Paradigma für die wirtschaftliche und
soziale Entwicklung zur Beseitigung der Armut

(1) eingedenk des in der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte aufgestellten Leitbildes, dass die
Menschheit frei von Furcht und Not in einer Welt der Frei-
heit, der Gerechtigkeit und des Friedens leben möge und
des in der Rio-Agenda 21 vereinbarten Paradigmas einer
nachhaltigen, menschenwürdigen Entwicklung;
(2) unter ausdrücklichem Hinweis auf die in den großen
UN-Konferenzen der letzten Jahre zu den Themen Um-
welt, Menschenrechten, Bevölkerung, Frauen, sozialer
Entwicklung sowie des menschlichen Wohnens aufge-
stellten Forderungen für eine nachhaltige Entwicklung
der Erde und in Würdigung des wegweisenden Doku-
mentes der OECD zur Gestaltung des 21. Jahrhunderts
und der dort formulierten zentralen internationalen Ent-
wicklungsziele eines Rückgangs des Anteils der extrem
Armen um die Hälfte bis zum Jahr 2015 und einer Chan-
cengleichheit für Frauen und Mädchen im Bildungssys-
tem bis zum Jahr 2005, die eine Grundlage für eine welt-
weite Zusammenarbeit im sozialpolitischen Bereich
bedeuten
(3) in dem Bewusstsein, dass der Globalisierungsprozess
voranschreitet und dieser Prozess auch negative Wirkun-
gen beinhaltet;
(4) eingedenk des Strebens, für alle Menschen die Ge-
währung von Bürgerrechten, Beschäftigungsmöglichkei-
ten und Wohlstand, die Schaffung einer lebenswerten
Umwelt sowie die Chancengleichheit von Männern und
Frauen zu verwirklichen;
(5) beklagend, dass mehr als vierzig Prozent der afrika-
nischen Bevölkerung südlich der Sahara, also jeder dritte
Afrikaner, in absoluter Armut lebt;
(6) im Bewusstsein der Tatsache, dass die Kluft zwischen
armen und reichen Staaten zunimmt und sich vor Augen
haltend, dass Armut, Ungleichheit und Arbeitslosigkeit in
vielen Ländern noch zugenommen haben und auch inner-
halb einzelner Staaten Einkommensungleichheiten an-
wachsen;
(7) in der schmerzlichen Erkenntnis, dass jeder fünfte
Mensch auf der Erde von weniger als 1 US-$ pro Tag le-
ben muss (extreme Armut), was eine Verletzung der Men-
schenwürde und der Menschenrechte bedeutet;
(8) im Bewusstsein der Notwendigkeit, dass der Kampf
gegen die Armut nicht allein unter wirtschaftlichen

Aspekten, sondern insbesondere auch unter Berücksichti-
gung der sozialen, politischen, rechtlichen und kulturellen
Rahmenbedingungen zu führen ist;
(9) unter Würdigung der neuen Paradigmen in der Ar-
mutsbekämpfung, die auf politische Teilhabe und eine so-
ziale Absicherung der Armen zielen und in zustimmender
Wahrnehmung des Abrückens vom sog. Washington-
Consensus, der für eine wirtschaftliche Entwicklung vor-
nehmlich auf Wirtschaftswachstum, Marktliberalisierung
und Verringerung von Haushaltsdefiziten abstellt;
(10) unter Hinweis auf die Tatsache, dass Liberalisierung
und Deregulierung und Wirtschaftswachstum für sich
allein keine Garanten für Entwicklungsfortschritte sind
und unter Würdigung der im Weltentwicklungsbericht
2000/2001 zu „Armut und Entwicklung“ zugrunde geleg-
ten Erkenntnis, dass zur Überwindung der Armut Empow-
erment, d. h. die politische und wirtschaftliche Teilhabe
der Armen und die Respektierung ihrer bürgerlichen und
sozialen Menschenrechte unerlässlich sind;
(11) in Zustimmung zu der Erkenntnis, dass Maßnahmen
der Armutsbekämpfung und der Ausgleich von sozialen
und ökonomischen Ungleichheiten ein zentraler Stellen-
wert bei der Verringerung der Zahl der Armen zukommt
und
(12) in Anerkenntnis der im sog. Post-Washington-Con-
sensus vorliegenden Einsicht, dass für die Armuts-
bekämpfung insbesondere auch die rechtlichen, kulturel-
len und sozialen Rahmenbedingungen für die Armen
verbessert werden müssen;
(13) in der schmerzlichen Erkenntnis, dass über 900 Mil-
lionen Frauen durchschnittlich nur einen Dollar pro Tag
zur Verfügung haben, über 340 Millionen Frauen eine Le-
benserwartung von nur 40 Jahren haben und 60 % aller
Analphabeten Frauen sind und unter ausdrücklichem Hin-
weis auf die Tatsache, dass geschlechtsspezifische Mar-
ginalisierung überwunden werden muss und die Rolle der
Frauen im Entwicklungsprozess weiter zu stärken ist;
(14) daran erinnernd, dass die Aktionsplattform von Pe-
king gleiche Rechte für Frauen in allen Gebieten des
Lebens einfordert und den Frauen Teilhabe am wirt-
schaftlichen und gesellschaftlichen Prozess gewährt wer-
den muss;
(15) darauf hinwirkend, dass good governance eine ent-
scheidende Rahmenbedingung für Entwicklungsfort-
schritte und eine sozial und wirtschaftlich ausgewogene
Entwicklung darstellt;
(16) in dem Bewusstsein der Verantwortung der nationa-
len Parlamente für die Stärkung von Frieden, Stabilität
und umfassender Entwicklung in ihren Staaten;
(17) im Hinblick auf die Tatsache, dass die Achtung der
Menschenrechte, demokratische Teilhabe, produktives
Wirtschaftswachstum, soziale Gerechtigkeit und ökologi-
sche Nachhaltigkeit Voraussetzungen einer global nach-
haltigen Entwicklung bedeuten;

Drucksache 14/6046 – 18 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

(18) entsetzt darüber, dass AIDS – vor allem auf dem afri-
kanischen Kontinent – großes Leid verursacht und bereits
erzielte Entwicklungsfortschritte vernichtet;
(19) sich vor Augen haltend, dass Bevölkerungswachs-
tum, Umweltverschmutzung und Armut große Herausfor-
derungen auch des 21. Jahrhunderts sind;
(20) in der schmerzlichen Erkenntnis, dass Menschen-
rechte und Rechtssicherheit immer noch in vielen Staaten
missachtet werden, bedroht bzw. nicht gewährleistet sind;
(21) eingedenk der in dem internationalen Pakt über die
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte bekräf-
tigten Erkenntnis, dass das Ideal vom freien Menschen,
der frei von Furcht und Not lebt, nur verwirklicht werden
kann, wenn Verhältnisse geschaffen werden, in denen je-
der seine wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Rechte ebenso wie seine bürgerlichen und politischen
Rechte genießen kann;
1. schlägt in Anbetracht der Herausforderungen, die

sich durch den fortschreitenden Prozess der Globa-
lisierung stellen, vor, die nationale wie auch die in-
ternationale Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik
armutsorientiert zu gestalten und die Sicht und die
Erfordernisse der Armen stärker in den Mittelpunkt
zu rücken;

2. unterstützt den Einsatz der internationalen Geberge-
meinschaft bei der Umsetzung der als wirkungsvoll
erkannten neuen Ansätze zur Armutsbekämpfung;

3. mahnt an, die im neuen Weltentwicklungsbericht ge-
nannten Strategien zur Armutsbekämpfung – das
Empowerment (Mitwirkung der Armen am politi-
schen Entscheidungsprozess), die Security (die bes-
sere Absicherung der Armen gegen wirtschaftliche
und soziale Risiken) und die opportunity (bessere
Möglichkeiten für die Armen, sich aus der Margina-
lisierung zu befreien und sich in das wirtschaftliche
und soziale Leben zu integrieren) – umzusetzen;

4. fordert verstärkte Maßnahmen, die zu einer Verbes-
serung der politischen, rechtlichen, kulturellen und
sozialen Rahmenbedingungen für die Armen führen;

5. betont die Notwendigkeit, die Institutionenbildung
bzw. die bestehenden Institutionen in den Entwick-
lungsländern zu stärken;

6. fordert die Regierungen und Parlamente auf, allen
Menschen Zugang zu Bildung zu gewährleisten und
insbesondere die Grundbildung für alle Kinder zu
verwirklichen;

7. unterstreicht die Notwendigkeit, die sozialen Siche-
rungssysteme auszubauen;

8. fordert die internationale Gebergemeinschaft auf,
ausreichende Finanzmittel für die sozialen Grund-
dienste – Grundbildung, Basisgesundheitsdienste,
Wasserversorgung, Ernährung – zur Verfügung zu
stellen und den Zugang zu diesen Diensten insbe-
sondere auch für die ärmsten Bevölkerungsgruppen
zu gewährleisten;

9. sieht einen weiteren Schwerpunkt darin, den Zugang
zu Wissen und Informationen, und insbesondere auch
zu den neuen Informationstechnologien, für die Men-
schen in den Entwicklungsländern zu verbessern;

10. begrüßt die Bestätigung der Ergebnisse des Weltso-
zialgipfels von Kopenhagen auf der (diesjährigen)
Sondergeneralversammlung in Genf zu „Kopenha-
gen plus 5“ und nimmt zustimmend die Festlegung
eines Zeitrahmens für die Erreichung von Entwick-
lungsfortschritten zur Kenntnis;

11. schließt sich den dort vereinbarten Zielvorgaben zur
Verringerung des Bevölkerungsanteils der absolut
Armen, dem Zugang für alle zu Basisgesund-
heitsdiensten, des kostenlosen Grundbildung und
der Verbesserung der Alphabetisierungsrate, insbe-
sondere auch der Frauen bis zum Jahr 2015 sowie
zum gleichen Zugang für Mädchen beim Besuch
von Grund- und Sekundarschulen und zur Senkung
der AIDS-Infektionsraten bei Jugendlichen in Afrika
bis zum Jahr 2005 an;

12. unterstützt die Forderung der Sondergeneralver-
sammlung nach ausreichender Beteiligung der Zi-
vilgesellschaft im Bereich der sozialen Entwicklung
und bei Programmen zur Armutsbekämpfung;

13. schlägt in Würdigung der zunehmenden Rolle, die
der Privatsektor in der Gesellschaft spielt, neue Ko-
operationsformen zwischen Staat und Wirtschaft vor
und befürwortet in diesem Zusammenhang alle For-
men öffentlich-privater Partnerschaften in der Ent-
wicklungszusammenarbeit;

14. spricht sich in diesem Zusammenhang für eine Stär-
kung und den Ausbau der sozialen und ökologischen
Kompetenz von Wirtschaftsunternehmen aus;

15. fordert die Staaten erneut auf, Wirtschaftspolitik und
Maßnahmen der wirtschaftlichen Entwicklung mit
Maßnahmen des sozialen Ausgleichs zu verbinden;

16. begrüßt die Initiativen, dass die einzelnen Staaten
selbst – in Zusammenarbeit mit der internationalen
Gebergemeinschaft – konkrete Entwicklungspläne
aufstellen, an deren Realisierung Staat, Privatwirt-
schaft und Zivilgesellschaft gemeinsam arbeiten
und erinnert in diesem Zusammenhang an die not-
wendigen Eigenanstrengungen der Entwicklungs-
länder;

17. befürwortet die Fortführung der bereits unternom-
menen Anstrengungen der Geberländer, ihre Ent-
wicklungszusammenarbeit intensiver zu koordinie-
ren und miteinander abzustimmen;

18. unterstreicht darüber hinaus die Notwendigkeit, sich
um Kohärenz der Entwicklungspolitik mit der
Agrar-, Handels-, und Wirtschafts-, Finanz- und
Währungspolitik zu bemühen und auch mit Poli-
tikbereichen wie der Umwelt- und Sozialpolitik eine
Kohärenz zu erreichen;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 19 – Drucksache 14/6046

19. erwartet mit Interesse die Erstellung von Eva-
luierungen, die die neuen Ansätze und Maßnahmen
zur Verminderung der Armut überprüfen, um Un-
zulänglichkeiten und Versäumnisse aufzuarbeiten;

20. schlägt vor, die bisher geleisteten Beiträge der inter-
nationalen Gebergemeinschaft für die Überwindung
der Armut nicht zu reduzieren und

21. plädiert dafür, dass die nationalen Entscheidungsträ-
ger die für Rüstungsausgaben vorgesehenen Finanz-
mittel einer genauen Prüfung zu unterziehen und auf
ein tragbares Verhältnis zu den Ausgaben für den So-
zialbereich achten;

22. regt verstärkte, besser koordinierte, effizientere und
nachhaltig wirksame Entwicklungsanstrengungen
der Gebergemeinschaft für Afrika an, um die beson-
ders schwer wiegenden Probleme dieses Kontinents
in den Griff zu bekommen;

23. unterstreicht die Forderung, die Parlamente an der
Beratung und Entwicklung der jeweiligen nationa-
len Entwicklungsprogramme zu beteiligen;

24. richtet an die internationale Gemeinschaft den Ap-
pell, eine Politik der global governance zu gestalten,
die die Globalisierung sozial ausrichten und nega-
tive Folgen abfedern kann und empfiehlt deshalb als
ordnungspolitisches Leitbild die internationale so-
ziale und ökologische Marktwirtschaft;

25. fordert alle Staaten und Parlamente auf, ihr Handeln
und ihre Politik am Leitbild der menschlichen Ent-
wicklung und der Zukunftsfähigkeit der Erde auszu-
richten.

Anhang 7
Ansprache von Petra Ernstberger, MdB, am 17. Okto-
ber 2000 anlässlich der 104. IPU-Konferenz in Jakarta
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die deutsche Delegation legt Ihnen einen eigenen Ent-
schließungsentwurf vor zum Tagesordnungspunkt 4: Vor-
beugung gegen Militärcoups und andere Anschläge gegen
demokratisch gewählte Regierungen und gegen den durch
direkte Wahlen geäußerten freien Willen des Volkes sowie
Maßnahmen gegen schwerwiegende Verletzungen der
Menschenrechte von Parlamentariern.
Wenn Sie sich in der Welt umsehen, dann werden Sie fest-
stellen, dass in jenen Staaten, in denen das politische Sys-
tem instabil und das Wirtschaftswachstum zum Stillstand
gekommen ist, die Möglichkeit eines militärischen Coups
oder eines anderen Staatsstreiches zunimmt.
Die Furcht staatlicher Organisationen vor Instabilität ist
so groß, dass sie in zunehmendem Maße schwerwiegende
demokratische Defizite in ihrer Nachbarschaft akzeptie-
ren. Angesichts dieser Zustände gibt es in der ganzen Welt
zahlreiche politisch motivierte Gewaltakte und Anschläge
auf Parlamentarier oder Regierung oder Oppositionspoli-
tiker.

Ich möchte nur zwei bekannte Beispiele nennen:
Zunächst die Situation der Parlamentarier in Birma, jetzt
Myanmar, wo vor zehn Jahren ein militärischer Staats-
streich stattgefunden hat, demokratisch gewählte Parla-
mentarier ins Gefängnis gebracht wurden oder ins Aus-
land flüchteten und die Nobelpreisträgerin unter
Hausarrest steht.
Ein weiteres Beispiel ist Pakistan. Ich hoffe inständig,
dass General Musharaf sein Versprechen halten wird, am
11. Oktober 2000 demokratische Wahlen abzuhalten.
Unserer Meinung nach muss sich ein militärisches Sys-
tem dem Primat der Politik unterordnen. Ein solches Sys-
tem darf nicht ein Staat innerhalb eines Staates sein, und
seine Entfaltung muss demokratisch legitimiert sein.
Wir können unsere Augen deshalb nicht vor dem
schließen, was um uns herum geschieht. Alle Staaten
müssen ihre Nachbarschaft beobachten, um eine Art von
Frühwarnsystem in Bezug auf die Entwicklung eines in-
stabilen Systems zu schaffen.
Anders ausgedrückt, liegt das generelle Ziel darin, die
Bekämpfung der Armut zu verstärken, dazu beizutragen,
freie und faire Wahlen zu garantieren und alle demokrati-
schen Institutionen zu stärken. Wir müssen großzügig sein
bei unserer Unterstützung für neue Demokratien und
Staaten im Übergang.
Es ist daher wichtig, dass wir klare und deutliche Signale
durch unsere Unterstützung für Demokratisierung, tech-
nische Zusammenarbeit und Schuldenregulierung aussen-
den. Ich glaube, dass Frauen dabei ein stabilisierender
Faktor sind. Wir müssen es ermöglichen, dass die Frauen
in der ganzen Welt die Möglichkeit erhalten, sich umfas-
send am politischen und wirtschaftlichen Leben zu betei-
ligen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir alle sind Parlamentarier. Daher haben wir die Verant-
wortung und auch die persönliche Pflicht, die Resolutio-
nen des Interparlamentarischen Rates über Menschen-
rechtsverletzungen gegenüber Parlamentariern öffentlich
zu machen und uns aktiv für ihre erfolgreiche Umsetzung
einzusetzen. Wir müssen die Zivilgesellschaft als wichti-
ges Element bei der Konsolidierung von Demokratie in
anderen Ländern stärken. Die Zusammenarbeit unterein-
ander in den Bereichen, in denen eine demokratische und
zivile Kontrolle über das Militär geschaffen werden kann,
ist notwendig, damit wir uns schützen vor den Risiken, die
sich für die Demokratie durch den Sturz verfassungs-
mäßig gewählter Regierungen ergeben und damit wir Ge-
genmaßnahmen ergreifen können. Die Ergebnisse der so
genannten „Warschauer Erklärung“ sind hierbei beson-
ders hervorzuheben. Es sind Ergebnisse einer Konferenz,
auf der sich im Juni dieses Jahres etwa 102 Staaten auf ein
Dokument verständigt haben, welches den Titel trägt:
„Für eine Gemeinschaft der Demokratien“ und welches
die Universalität demokratischer Werte in den Mittel-
punkt stellt.

Drucksache 14/6046 – 20 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir alle leben in mehr oder weniger demokratischen Sys-
temen und sind frei gewählte Parlamentarier mit allen un-
seren Menschenrechten. Wir sind diejenigen, die für die
Rechte unserer Kolleginnen und Kollegen, welche nicht
die gleichen Chancen haben, kämpfen müssen.
Petra Ernstberger, MdB
Mitglied der deutschen Delegation in der IPU

Anhang 8
Rede von Hans-Joachim Fuchtel, MdB, auf der
104. IPU-Konferenz in Jakarta zum Thema
„Ein neues Paradigma für die wirtschaftliche und
soziale Entwicklung zur Beseitigung der Armut
(TOP 5)
Eine der wichtigsten Aufgaben der IPU muss es in der
heutigen Zeit sein, als Mahner aufzutreten, um den Pro-
blemen der Armut ständige internationale und nationale
Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Es geht um ein Klima der Solidarität.
Unsere Parlamente haben uns hierher geschickt, um
dazu einen Beitrag zu leisten. Dazu gehören Diskussion
und Meinungsbildung über Resolutionen. Dazu ge-
hört genauso intensiver Kontakt zwischen den Delega-
tionen. Seit zehn Jahren bin ich Teilnehmer der IPU-
Konferenzen. Daher erlaube ich mir den Appell, mehr
direkte Gespräche zwischen den einzelnen Delegationen
zu führen.
Für die deutsche Delegation sind folgende Punkte beson-
ders bedeutend:
1. Die Entwicklungshilfe-Geber müssen noch besser

kooperieren und koordinieren. Aus Mosaiksteinen
der Hilfe muss ein ganze Bild der Solidarität entste-
hen. Wir Parlamentarier aus den Länder der Europä-
ischen Union können dazu viel beitragen und sollen
das auch aktiv betreiben.

2. Ausdrücklich schließen wir uns der Initiative
„20 zu 20“ an. Hier geht es um Solidarität zwischen
Gebern und Nehmern!

3. Die Aktionsplattform von Peking zur Teilhabe der
Frauen muss sich an der Praxis messen lassen. Wo
dieser Prozess nicht vorankommt, muss das konkret
angesprochen werden.

4. Es ist untragbar, dass der Präsident von Südafrika
die AIDS-Problematik verharmlost. Überall muss
auf der Welt gesagt werden, dass AIDS eine große
Geißel für die Menschheit ist.

5. Vorrang der Grundbildung für alle Kinder und Zu-
gang zu Wissen und Information ist Voraussetzung
für Zukunftschancen. Hier sollten wir eine Initiative

der „1000-helfende Hände“ ergreifen und unsere
Mitbürger einladen, mehr Schul-Patenschaften für
Kinder zu übernehmen!

Konferenzergebnisse müssen sich in Taten umsetzen!
Hans-Joachim Fuchtel, MdB
Mitglied der deutschen Delegation in der IPU

Anhang 9
Rede von Dieter Schloten, MdB, Amtierender Leiter
der deutschen Delegation und Vorsitzender der
Zwölf-Plus-Gruppe, auf der 104. Interparlamentari-
schen Konferenz in Jakarta, Indonesien, am 18. Ok-
tober 2000:
Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
zunächst einmal möchte ich der indonesischen Bevölke-
rung und ihren parlamentarischen Institutionen für den
herzlichen Empfang und die hervorragende Organisation
der Konferenz danken. Wir erleben diese Konferenz unter
ausgezeichneten Arbeitsbedingungen.
Worum geht es auf dieser 104. Konferenz? Ganz gleich,
welche Themen wir erörtern, alle unsere Konferenzen ha-
ben ein gemeinsames Hauptziel: Wir tauschen Ideen und
Vorstellungen darüber aus, welche Beiträge wir, verehrte
Kolleginnen und Kollegen, dazu leisten können, eine
weltweite friedliche und demokratische Entwicklung zu
fördern.
Der entscheidende Punkt ist jedoch der, Mittel und Wege
für ein friedliches Zusammenleben von Menschen unter-
schiedlichem ethnischen oder kulturellen Hintergrund zu
finden.
In seiner Eröffnungsansprache hat Präsident Wahid mit
Recht seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass Ge-
fühle der nationalen Überlegenheit oder des religiösen
Fundamentalismus niemals das parlamentarische Streben
nach Frieden fehlleiten dürfen. Unsere Arbeit muss auf
der Grundlage der Grundprinzipien der Demokratie, der
Toleranz und des Respekts der weltweit geltenden Men-
schenrechte aufgebaut sein. Nur eine wirklich demokrati-
sche Gesellschaft, mit gleichen wirtschaftlichen und so-
zialen Chancen für alle Mitglieder, mit Toleranz
gegenüber jedermann, der einen unterschiedlichen kultu-
rellen, ethnischen oder sozialen Hintergrund hat, legt den
Grundstock für Frieden.
Dies ermöglicht es – zusammen mit einer dezentralisier-
ten Verwaltung, die über ausreichende Elemente der Mit-
wirkung und Mitbestimmung verfügt – allen ethnischen
Minderheiten, in ihrem Staat zu bleiben. Es gibt viele Bei-
spiele für separatistische Bewegungen, die aufgrund feh-
lender Demokratie und unzulänglicher Respektierung der
Menschenrechte und Missachtung wirtschaftlicher und
sozialer Bedürfnisse der Menschen entstanden sind. Wir

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21 – Drucksache 14/6046

in Europa haben dies in den vergangenen zehn Jahren auf
dem Balkan miterlebt. Es war das undemokratische und
intolerante Regime Milosevic, welches zu vier blutigen
Kriegen geführt hat. Das Ergebnis war ein grausamer
Kampf zwischen Bevölkerungen, die in den vergangenen
40 Jahren in einem föderalen Staat zusammen gelebt hat-
ten, sehr oft Seite an Seite oder Tür an Tür. Es war man-
gelnder Respekt für die Werte, für welche unsere IPU ein-
steht, durch den Führer einer ihrer Mitgliedstaaten,
welcher so viel Leid verursacht hat.
Nun gibt es Hoffnung auf eine friedliche Zukunft nach
Jahren der Auseinandersetzungen und der ethnischen
Säuberung, nachdem das jugoslawische Volk Milosevic
zum Rücktritt gezwungen hat. Das Volk hat seinen demo-
kratischen Willen so nachdrücklich zum Ausdruck ge-
bracht, dass selbst Wahlbetrug keinen Zweifel an den Er-
gebnissen aufkommen lassen konnte. Wir müssen diesem
Volk, welches sein Schicksal in die eigenen Hände ge-
nommen hat, unsere volle Anerkennung aussprechen.
Gleichzeitig müssen wir unserer Erwartung Ausdruck
verleihen, dass die Umwandlung des Landes in eine wirk-
lich demokratische Gesellschaft rasch und umgehend er-
folgt und dass bald parlamentarische Wahlen die Grund-
lage für eine neue demokratische Ära legen werden.
Sobald die Rechte aller Minderheiten, die auf jugoslawi-
schem Boden leben, uneingeschränkt umgesetzt sein wer-
den, werden alle ethnischen Gruppen aufgefordert sein,
alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um das demokrati-
sche Projekt zu einem Erfolg für alle Seiten werden zu las-
sen. Denn es ist wirklich wahr: Dauerhafter Frieden kann
nicht erreicht werden durch eine Zersplitterung bestehen-
der Staaten in winzige ethnische Stücke. Die wachsende
Globalisierung und die internationale Interdependenz
führen dazu, dass staatliche Grenzen immer weniger
wahrgenommen werden. Die Zukunft fordert eine inter-
nationale Zusammenarbeit und den Aufbau supranationa-
ler Organisationen.
Vor diesem Hintergrund sollte unser Beitrag darin beste-
hen, nicht nur Lösungen zu finden, sondern auch der de-
mokratischen Stabilisierung neuer Staaten und insbeson-
dere autonomer Regionen innerhalb neuer Staaten unsere
Unterstützung anzubieten. Die deutsche Delegation hat
dies als einen Tagesordnungspunkt für die Tagesordnung
der 105. IPU-Konferenz in Havanna vorgeschlagen. Herr
Präsident, verehrte Kollegen und Kolleginnen, es ist un-
sere Aufgabe, Lösungen zu finden und dabei keine natio-
nalistischen Rezepte der Vergangenheit zu verwenden.
Wir müssen praktische und konkrete Lösungen anbieten,
die der Notwendigkeit eines friedlichen Zusammenlebens
unterschiedlicher ethnischer Gruppen in einem demokra-
tischen Staat gerecht werden.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Dieter Schloten, MdB
Stellvertretender Vorsitzender der deutschen Delegation
in der IPU

Anhang 10
Statement von Dieter Schloten, MdB, Stellvertreten-
der Leiter der deutschen Delegation und Vorsitzender
der Zwölf-Plus-Gruppe, auf der 104. Interparlamen-
tarischen Konferenz in Jakarta, Indonesien, am
19. Oktober 2000:
Im Namen der Gruppe der Zwölf Plus möchte ich klar
zum Ausdruck bringen, dass die Mitglieder unserer
Gruppe nicht mit allen in diesem Entwurf zum Ausdruck
gebrachten Meinungen übereinstimmen. Es ist ein Kom-
promisspapier. Wir sind der Ansicht, dass das Papier in
vielen Fällen zwar richtigerweise auf inakzeptable Hand-
lungen hinweist, ohne einseitig zu sein, dies jedoch in ei-
nigen anderen Fällen nicht der Fall ist.
Auf der anderen Seite glauben wir, dass eine im Kon-
senswege erarbeitete Resolution der IPU einen besseren
Beitrag zur Beendigung der Gewalt leisten kann. Um da-
her denjenigen zu helfen, die ernsthafte Anstrengungen
unternehmen zur Förderung des Friedensprozesses, wer-
den wir der Verabschiedung der Resolution nicht im Wege
stehen.

Anhang 11
Rede von Dr. Rita Süssmuth, MdB, Leiterin der deut-
schen Delegation, auf der 104. Interparlamentari-
schen Konferenz in Jakarta, Indonesien, am 19. Okto-
ber 2000:
Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen,
während der vergangenen Tage haben wir neben anderen
wichtigen politischen Themen Möglichkeiten und Wege
zur Stärkung der Rolle der IPU als dem einzigen interna-
tionalen Forum für Parlamentarier erörtert. Um der Union
das gewünschte politische Gewicht und entsprechende
Durchsetzungskraft zu verleihen, sollten wir unsere Re-
formbemühungen weiter fortsetzen mit dem Ziel, eine
parlamentarische Dimension der Vereinten Nationen zu
schaffen.
Es freut mich, dass wir auf dieser Konferenz auch die
Möglichkeit hatten, eine der schwerwiegendsten und be-
unruhigendsten Krisen unserer Zeit zu erörtern: die Lage
im Nahen Osten. Das Grundprinzip unserer gesamten De-
batte, die wir hier als Parlamentarier unserer Länder
führen, ist der Kampf für die Achtung der Menschen-
rechte, für Demokratie und gegen Gewalt. Frieden kann
nur erreicht werden, wenn Diskriminierung und Erniedri-
gung des Anderen ein Ende finden, und alle Menschen un-
terschiedlicher religiöser, ethnischer und kultureller Her-
kunft lernen, friedlich miteinander zu leben.
Schockierende Bilder von getöteten Zivilisten und un-
schuldigen Kindern laufen um die ganze Welt und erin-
nern uns an die dunkelsten Tage des Nahostkonfliktes.
Mehr als hundert Menschen, in der Mehrzahl Palästinen-
ser, sind getötet worden. Wir erlebten eine Eskalation der
Gewalt, von der wir glaubten und hofften, dass sie über-
wunden sei. Der Frieden schien so nahe wie nie zuvor, als

Drucksache 14/6046 – 22 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

die Gewalt ausbrach nach einer unnötigen Machtdemons-
tration durch diejenigen, die mit ihren unvernünftigen
Handlungen fast einen Zusammenbruch des gesamten
Friedensprozesses verursacht haben. Wir alle bedauern
zutiefst die sinnlose Eskalation, die hätte vermieden wer-
den können und welche zum Verlust von so vielen Men-
schenleben geführt hat. Unsere Gedanken und Gefühle
gelten den Familien aller Opfer.
Aber es gibt einen Funken Hoffnung. Wie Shimon Peres
sagte: „Frieden ist Leben. Man kann Tausende töten, aber
man kann das Leben nicht töten. Auch der Frieden kann
nicht getötet werden.“ Wir haben Anlass, Hoffnung zu
schöpfen, nachdem die israelischen und palästinensischen
Führer öffentlich ein Ende der Gewalt gefordert haben
und ihre Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht haben,
wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um
den Friedensprozess fortzusetzen. Dieser Prozess soll das
Recht der palästinensischen Bevölkerung auf Selbstbe-
stimmung respektieren und auf Gründung eines unabhän-
gigen Staates. Aber ein gerechter und dauerhafter Friede
für den Nahen Osten muss ebenfalls das Recht der israe-
lischen Bevölkerung, in Frieden und Sicherheit zu leben
garantieren, ebenso wie anerkannte Grenzen.
Wir sind allen jenen, die den Gipfel von Sharm-el-Sheikh
möglich gemacht haben, dankbar. Vor allem Präsident
Clinton und Generalsekretär Kofi Annan. Es gibt jedoch
keinen Anlass, zu optimistisch zu sein. Trotz der Rege-
lung von Sharm-el-Sheikh gab es erneute Gewalt und Zu-
sammenstöße und bewaffnete Auseinandersetzungen in
Hebron und im Gaza-Streifen sowie in Ramallah. Wir ap-
pellieren nachdrücklich an alle Seiten, einschließlich an
die Fatah, deren Sprecher trotz der erzielten Vereinbarung
erklärt hat, dass seine Organisation den Kampf gegen Is-
rael fortsetzen wird, durch ihr Handeln unter Beweis zu
stellen, dass sie wirklich entschlossen sind, der Gewalt ein
Ende zu setzen.
Es war unsere Absicht, mit der soeben verabschiedeten
Resolution der IPU das gemeinsame Interesse der gesam-
ten IPU zum Ausdruck zu bringen, nicht unmissverständ-
lich eine Seite des Konfliktes zu verurteilen, sondern
beide Seiten dazu aufzurufen, von Gewalt Abstand zu
nehmen und wieder auf den Weg des Friedens zurückzu-
kehren.
Eine Atmosphäre des Vertrauens, welche eine Vorausset-
zung für Frieden ist, kann nur erreicht werden, wenn wir
Beschuldigungen und Schuldzuweisungen für die Ursa-
chen der kürzlichen Welle von Gewalt auf andere been-
den. Der bevorstehende arabische Gipfel in Kairo sollte
die richtigen Signale in diese Richtung aussenden: Die
Tür zur Aussöhnung darf nicht zugeschlagen werden. Ich
appelliere an alle diejenigen, die willens sind, einen wirk-
lichen und dauerhaften Frieden herbeizuführen, alle ihre
Anstrengungen in diese Richtung zu lenken und die Hoff-
nung auf ein friedliches Leben für die israelische und
palästinensische Bevölkerung nicht aufzugeben.
Dr. Rita Süssmuth, MdB
Leiter der deutschen Delegation

Anhang 12
Abschiedsrede des Vorsitzenden der Gruppe der
Zwölf Plus, Dieter Schloten, MdB, zum Abschluss der
104. IPU-Konferenz am 19. Oktober 2000
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen aus
der gesamten Welt, liebe Kolleginnen und Kollegen aus
Indonesien,
Als Vorsitzender der Gruppe der Zwölf Plus, eine der geo-
politischen Gruppen in dieser weltweiten parlamentari-
schen Organisation, ist es mir eine Ehre und ein Privileg,
einige Worte des Dankes und der Anerkennung zum Aus-
druck bringen zu dürfen. Ich möchte nicht nur unseren in-
donesischen Gastgebern aus ganzem Herzen für alle An-
strengungen und die außerordentlich herzliche uns
entgegengebrachte Gastfreundschaft danken. Sie haben
sich als die besten Gastgeber erwiesen, und wir alle haben
ihre Herzlichkeit aus vollem Gefühl genossen. Ich möchte
jedoch darüber hinaus einige weitere Bemerkungen anfü-
gen, um Verständnis und Anerkennung für unser gastge-
bendes Land zum Ausdruck zu bringen.
Zum ersten Mal ist die IPU in Indonesien zusammen ge-
kommen. Die geographische Dimension, die ethnische
Zusammensetzung der indonesischen Bevölkerung und
die Vielfalt der Kulturen der indonesischen Nation zeigen
uns, dass eine starke Führung auf der Grundlage der par-
lamentarischen Demokratie notwendig ist, um auch wei-
terhin eine Nation zusammen zu führen. Wenn man den
Entwicklungsprozess Indonesiens seit seiner Unabhän-
gigkeit betrachtet, so werden wir Zeuge, welche Erfolge
dieses Land erzielt hat aber auch welche Probleme noch
zu überwinden sind.
Die ausgezeichnete Rede ihrer Exzellenz der Vizepräsi-
dentin der Republik Indonesien, Frau Soekarnoputri am
vergangenen Dienstag hat sowohl die positiven als auch
die negativen Aspekte erwähnt, die zu berücksichtigen
sind bei der Schaffung der Voraussetzungen für einen de-
mokratischen Staat auf der Grundlage der Rechtsstaat-
lichkeit. Die Vizepräsidentin betonte, dass die Unterstüt-
zung freundschaftlich gesinnter Staaten notwendig ist.
Als nordische Gruppe von Staaten, die sich in einer güns-
tigeren Lage als der südliche Teil des Globus befinden,
kann ich sagen, dass wir die Botschaft, die die Vizepräsi-
dentin übermitteln wollte, verstanden haben. Wir müssen
eine positive Antwort finden angesichts der Tatsache, dass
unser Gastland sich als offen für Ideen erwiesen hat, die
notwendig sind, um ein solides und demokratisches Funk-
tionieren des Staates herbeizuführen. Bei unseren bilate-
ralen und auch multilateralen Beziehungen sind wir auf-
gefordert, die Republik Indonesien zu unterstützen bei
ihren in der jüngsten Vergangenheit so erfolgreichen An-
strengungen.
Als Parlamentarier müssen wir berücksichtigen, dass un-
sere globalisierte Welt immer noch als wirtschaftlicher
Prozess fortgeführt wird, wobei Politiken und Parlamen-
tarismus noch weit hinterher hinken. Diese Konferenz hat
gezeigt und die Redner in der Generaldebatte haben da-
rauf hingewiesen, dass die Politik den wirtschaftlichen

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 23 – Drucksache 14/6046

Prozess aufholen muss, um Schritt mit dem wirtschaftli-
chen Prozess halten zu können.
Als Gruppe der Zwölf Plus erkennen wir an, dass die Re-
gionen der Welt, wie zum Beispiel in Europa gute Fort-
schritte erzielen durch ihre regionale Organisationen,
NAFTA, MERCOSUR und ASEAN, dem unser Gastland
als wichtiges Mitglied angehört, sind deutliche Beispiele
hierfür. Diese regionalen Organisationen, die bislang in
erster Linie von wirtschaftlichen Interessen geleitet wa-
ren, sollten in Bündnisse mit einer parlamentarischen und
demokratischen Legitimität weiterentwickelt werden.
Dies muss möglich sein, und ich denke, dass dies ein Zei-
chen ist, welches die 104. Konferenz der IPU aussenden
könnte.
In meine Worte des Dankes für diese Konferenz möchte
ich abschließend eine Bitte an Sie alle einfließen lassen:
Lassen Sie uns alle Anstrengungen darauf ausrichten, un-
sere Interparlamentarische Union weiter zu stärken und
eine engere Zusammenarbeit einschließlich mit unseren
Partnern aus dieser Region anzustreben. Die Republik In-
donesien ist ein augenfälliges Beispiel für das, was ich als
eine Partnerschaft der Zusammenarbeit bezeichne. Ich bin
überzeugt, dass unsere Beziehungen zum Gastland sich
deutlich verfestigt haben.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Dieter Schloten, MdB
Stellvertretender Leiter der deutschen Delegation und
Vorsitzender der Gruppe der Zwölf Plus

Anhang 13
Bericht über das Treffen der Parlamentarierinnen in
der IPU
Protokoll der Sitzung des Koordinierungsausschusses
der Parlamentarierinnen am 15. Oktober 2000, 8.00
bis 9.15 Uhr, Jakarta, Indonesien
Teilnehmer4):
V. Furubjelke, Schweden (Präsidentin)
Z. Ríos Montt, Guatemala (stellvertretende Präsidentin)
G. Mahlangu, Südafrika (zweite stellvertretende Präsi-
dentin)
T. V. Yaryguina, Russische Föderation
S. Finestone, Kanada
R. Süssmuth, Deutschland
L. Sharaf, Jordanien
I. Murti, Indonesien
M. M. Ouedraogo, Burkina Faso

F. D. Aya, Nigeria (Stellvertreterin)
S. N. Djaafar, Algerien
F. Zaghrat, Libysch-Arabische Dschamahirija (Stellver-
treterin)
J. Crosio, Australien
M. Alva, Indien
K. Silpa-Archa, Thailand (Stellvertreterin)
O. Artemenko, Belarus
N. Kayupóva, Kasachstan (Stellvertreterin)
M. Xavier, Uruguay
L. Pavón, Mexiko (Stellvertreterin)
B. Imiolczyk, Polen
Z. Busic, Kroatien (Stellvertreterin)
O. Starrfelt, Norwegen (Stellvertreterin)
Nach der Eröffnung der Sitzung durch die Präsidentin,
Abgeordnete Furubjelke (Schweden), gibt die designierte
Vorsitzende des Parlamentarierinnentreffens der 104. IPU-
Konferenz, Abgeordnete Murti (Indonesien), zunächst ei-
nen Überblick über die zu diesem Zeitpunkt feststehenden
statistischen Zahlen zur Beteiligung weiblicher Parla-
mentarier an der Konferenz. 110 Delegationen seien
bis heute registriert, davon 90 mit mindestens einer
weiblichen Teilnehmerin. Von 566 Parlamentariern seien
140 Frauen, was insgesamt einem Anteil von 26 %
entspricht. Auf die Frage der Abgeordneten Dr. Rita
Süssmuth (Deutschland) nach einem Vergleich mit der
Anzahl rein männlicher Delegationen und dem Hinweis
auf die Notwendigkeit von Sanktionen für solche Fälle,
erläutert die Sekretärin des Ausschusses, Frau C. Pintat,
dass diese stetig abnimmt (in Jakarta noch 18 rein männ-
liche Delegationen). Die Gründe für das Fehlen weibli-
cher Parlamentarier sei jedoch sehr unterschiedlich: In
Dschibuti z. B. hätten die Frauen zwar das aktive Wahl-
recht, jedoch sei keine Frau im Parlament vertreten; in
Zimbabwe sei nur eine Frau im Parlament; und in Kuwait
und den Vereinigten Arabischen Emiraten hätten die
Frauen nicht einmal das Recht, gewählt zu werden. Auf
der anderen Seite gebe es eine Reihe von Ländern, die
mehr oder weniger zufällig seit Jahren keine Frau mehr in
ihren Delegationen aufweisen, darunter Bosnien und Her-
zegowina, Chile, Costa Rica, die Demokratische Volksre-
publik Korea, Irland, Luxemburg und Neuseeland. In ei-
nigen Fällen seien weibliche Delegierte in letzter Sekunde
abgesprungen. Abgeordnete Xavier (Uruguay) bittet um
Auflistung derjenigen Delegationen, die Parlamentarier-
innen einschließen, in den offiziellen statistischen Veröf-
fentlichungen.
Im Anschluss daran wird das Verfahren im Parlamenta-
rierinnentreffen nach der 1999 in Kraft getretenen Ge-
schäftsordnung erläutert. Als Berichterstatterinnen für die
Parlamentarierinnen zu dem Haupttagesordnungspunkt
der Konferenz „Entwicklungsfinanzierung und ein neues
Paradigma für die wirtschaftliche und soziale Entwick-
lung zur Beseitigung der Armut“ (TOP 5, Dritter

4) Anmerkung: An der Sitzung des Koordinierungsausschusses am
20. Oktober 2000 waren dieselben Teilnehmer anwesend mit Aus-
nahme von Frau F. Zaghrat, Libysch-Arabische Dschamahirija

Drucksache 14/6046 – 24 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Ausschuss) werden Abgeordnete Xavier (Uruguay) und
Abgeordnete Aya (Nigeria) vorgeschlagen. Ihre Wahl in
den Redaktionsausschuss muss über die regionalen Grup-
pen erfolgen.
Daraufhin stellt die Sekretärin des Ausschusses, Frau
C. Pintat, den Bericht „Möglichkeiten zur Verbesserung
der Funktionsweise des Parlamentarierinnentreffens und
ihres Koordinierungsausschusses und Gesamtstrategie
der Parlamentarierinnen“ vor. Der allgemeine Rahmen
des Parlamentarierinnentreffens sei zu schwerfällig. Da-
her müsse über eine Straffung von Themenwahl und
Rednerliste nachgedacht werden. Zudem solle eine Dis-
kussion über Aufgabe und Rolle des Parlamentarierin-
nentreffens (Verbindung zum Rat und zur Politik der IPU,
Vorbereitung der Konferenz), des Koordinierungsaus-
schusses und der Präsidentin des Ausschusses innerhalb
wie auch außerhalb der IPU angeregt werden. Die indi-
sche Abgeordnete Alva schlägt vor, zur Vorbereitung der
Konferenz Daten regional zu sammeln, woraufhin Abge-
ordnete Xavier hierfür auf das Internet verweist. Viel
wichtiger sei es, einen Fragenkatalog zur Reform auszu-
arbeiten. In diesem Punkt wird sie von der Abgeordneten
Süssmuth unterstützt, die vorschlägt, dass eine kleine
Gruppe von Parlamentarierinnen aus den verschiedenen
geopolitischen Regionen einen Fragebogen ausarbeitet zu
Themen gemeinsamen Interesses, wie z. B. die Globali-
sierung. Die Präsidentin bittet um Übersendung dahinge-
hender Vorschläge an das IPU-Sekretariat.
Schließlich bringt die Präsidentin die Lage der vor 10 Jah-
ren gewählten birmesischen Abgeordneten zur Sprache,
die bis zum heutigen Tage an der Ausübung ihres Mandats
gehindert werden. Sie äußert den Wunsch, dass die Frauen
ihre Solidarität mit den Abgeordneten erklären und die
Konferenz eine Erklärung zu Myanmar ausarbeitet. Abg.
Süssmuth schlägt vor, die laufende Unterschriftenaktion
des National Coalition Government of the Union of
Burma zu Myanmar durch das Sammeln von Unterschrif-
ten während des Parlamentarierinnentreffens zu unter-
stützen. Abgeordnete Starrfelt (Norwegen) befürwortet
eine Erwähnung von Myanmar in der vom Zweiten Aus-
schuss auszuarbeitenden Resolution zum Thema „Vor-
beugung gegen Militärcoups und andere Anschläge gegen
demokratisch gewählte Regierungen und gegen den durch
direkte Wahl geäußerten freien Willen des Volkes sowie
Maßnahmen gegen schwere Verletzungen der Menschen-
rechte von Parlamentariern“. Der Ausschuss einigt sich
auf eine Erklärung der Präsidentin des Koordinierungs-
ausschusses zu Birma, die während des Treffens der Par-
lamentarierinnen verlesen wird.
Protokoll der Sitzung
des Parlamentarierinnentreffens am Sonntag, dem
15. Oktober 2000, 9.30 bis 18.30 Uhr
Teilnehmer:
110 Parlamentarierinnen aus 78 Ländern
einige männliche Parlamentarier
Die Sitzung wird von der Präsidentin des Koordinie-
rungsausschusses der Parlamentarierinnen, Abgeordnete

V. Furubjelke (Schweden), mit der Vorstellung ihres Be-
richts eröffnet. In ihrer Rede verweist Abgeordnete
Furubjelke auf den Tod der ersten weiblichen Premier-
ministerin Sri Lankas. Des Weiteren ruft sie angesichts
der Menschenrechtsverletzungen in Myanmar zur Unter-
stützung der Frauen, die vor 10 Jahren rechtmäßig ge-
wählt wurden und bis zum heutigen Tage ihr Mandat
nicht antreten konnten, auf. In diesem Zusammenhang
schlägt sie vor, eine kurze Solidaritätserklärung an
die Friedensnobelpreisträgerin und Oppositionsführerin
Aung San Suu Kyi zu richten, was der Koordinierungs-
ausschuss bereits befürwortet habe. Nach Zustimmung
des Plenums wird ein dahingehender Text im Verlaufe
der Sitzung verlesen.
Nach der Wahl per Akklamation der diesmaligen Vorsit-
zenden des Parlamentarierinnentreffens, Abgeordnete
I. Murti (Indonesien), stellt diese die Situation von Frauen
in Indonesien dar. Ein 28-Punkte-Programm zur Förde-
rung von Frauen sei eben in Kraft gesetzt worden und In-
donesien habe die Ergebnisse aller vier UN-Frauenkonfe-
renzen seit 1975 gebilligt. Sie plädiert für eine weltweite
Ratifizierung des UN-Übereinkommens zur Beseitigung
jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) so-
wie des dazugehörigen Zusatzprotokolls.
Daraufhin wendet sich die Präsidentin des Interparlamen-
tarischen Rates, Abgeordnete N. Heptulla (Indien), an die
Parlamentarierinnen. Sie weist auf die steigende Beteili-
gung von Frauen an IPU-Konferenzen hin und erwähnt
die drei in den letzten sechs Monaten von der IPU veran-
stalteten Parlamentariertreffen anlässlich von Sondersit-
zungen der Vereinten Nationen, zu denen Frauen einen
guten Beitrag leisten konnten. An der Parlamentspräsi-
dentenkonferenz Ende August/Anfang September hätten
20 Parlamentspräsidentinnen teilgenommen. Im weiteren
Verlauf der Sitzung ergreift auch der Parlamentspräsident
des indonesischen Abgeordnetenhauses, Abgeordnete
A. Tandjung, das Wort.
Die Berichterstatterin des Koordinierungsausschusses,
Abgeordnete J. Crosio (Australien), geht in ihrem Bericht
zur Arbeit des Ausschusses auf die Neuwahl der regiona-
len Vertreter in den Ausschuss während der letzten IPU-
Konferenz in Amman, Jordanien, ein. In Amman seien
auch die meisten der Vorschläge der Frauen in die end-
gültigen Resolutionen eingeflossen. Des Weiteren berich-
tet sie, dass inzwischen ca. 50 sog. focal points als IPU-
Kontakte in Frauenfragen in nationalen Parlamenten
eingerichtet worden seien.
Der Moderator und Berichterstatter der Partnerschafts-
gruppe Männer-Frauen, Parlamentspräsident M. P.
Tjitendero (Namibia), berichtet über die Ergebnisse der im
Frühjahr durchgeführten Umfrage über mögliche Maß-
nahmen, um die Beteiligung von Frauen in IPU-Delega-
tionen zu verbessern und eine echte Partnerschaft zwi-
schen Männern und Frauen in allen IPU-Aktivitäten zu
erreichen. Dem Bericht folgt eine lebhafte Debatte über
die Änderung der Statuten und anderer Mechanismen zur
Verbesserung der Lage der Frau. Die Sekretärin des Parla-
mentarierinnentreffens, stellvertretende IPU-Generalse-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25 – Drucksache 14/6046

kretärin C. Pintat, erwähnt in diesem Zusammenhang das
kürzlich in Nairobi mit finanzieller Unterstützung des UN-
Entwicklungshilfeprogramms (UNDP) durchgeführte Se-
minar zu „Parlament und der Haushaltsprozess unter be-
sonderer Berücksichtigung der Gleichstellung von
Männern und Frauen“. Ähnliche Seminare sollen auch in
anderen Regionen veranstaltet werden, demnächst im
französischsprachigen Afrika. Darüber hinaus soll ein
Handbuch veröffentlicht werden, das u. a. für eine femi-
nine Perspektive bei der Budgetaufstellung plädiert.
In der weiteren Debatte wird ausführlich zum Beitrag der
Frauen zum Tagesordnungspunkt 5 der Konferenz „Ent-
wicklungsfinanzierung und ein neues Paradig ma für die
wirtschaftliche und soziale Entwicklung und die Beseiti-
gung der Armut“ Stellung genommen. Abgeordnete
M. Xavier (Uruguay) und Abgeordnete F. Aya (Nigeria)
werden als Berichterstatterinnen ernannt und damit be-
auftragt, in Zusammenarbeit mit dem Sekretariat des Ko-
ordinierungsausschusses und der Vorsitzenden des Parla-
mentarierinnentreffens einen Resolutionsentwurf zum

TOP 5 auszuarbeiten. Dieser Entwurf soll im Namen der
Parlamentarierinnen an die Konferenz überwiesen wer-
den und dem Dritten Ausschuss vorgelegt werden5).
Im Übrigen werden die Ergebnisse der „Beijing + 5“-Son-
dersitzung der Generalversammlung der Vereinten Natio-
nen vom 5. bis 9. Juni 2000 sowie die Ergebnisse und
Folgeaktivitäten des gleichzeitig stattfindenden IPU-UN-
DAW6)-Dreiparteientreffens zu „Demokratie durch Part-
nerschaft zwischen Mann und Frau“ vom 7. Juni 2000
diskutiert. Die Parlamente sind dazu angehalten, natio-
nale follow-up-Aktivitäten auf der Grundlage der „Zwölf
Vorschläge für parlamentarische Folgeaktivitäten zu
Beijing + 5“ durchzuführen. Schließlich ist der Stand der
Ratifizierung des UN-Übereinkommens zur Beseitigung
jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) so-
wie des dazugehörigen Zusatzprotokolls Thema und An-
lass zum Aufruf an die Parlamente zur schnellstmöglichen
Ratifizierung. Zum Schluss des Parlamentarierinnentref-
fens wird als weiteres stellvertretendes Mitglied der
Eurasia-Gruppe Abgeordnete F. Ziatdinova aus der Rus-
sischen Föderation in den Koordinierungsausschuss der
Parlamentarierinnen gewählt.

5) Eine der Berichterstatterinnen wurde dann auch in den Redaktions-
ausschuss des Dritten Ausschusses für den Tagesordnungspunkt 5
gewählt. 6) United Nations Division for the Advancement of Women.

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esellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn, Telefon: 02 28 / 3 82 08 40, Telefax: 02 28 / 3 82 08 44
Inhaltsverzeichnis
I. Teilnehmer
II. Zusammenfassung
III. Reden der deutschen Teilnehmer
IV. Sitzungen des Interparlamentarischen Rates
V. Treffen der Parlamentarierinnen in der IPU
VI. Treffen der Parlamentarier der Gruppe der Zwölf Plus
VII. Personalien
VIII. Anhang

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