BT-Drucksache 14/6030

zu dem Antrag de Abgeordneten Grill, Paziorek, Ceasar, weitere Abg. und der Fraktion der CDU/CSU -14/46644- Zukunft der nuklearen Entsorgung - Entsorgungskonzept jetzt vorlegen

Vom 14. Mai 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

6030

14. Wahlperiode

14. 05. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek,
Cajus Caesar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 14/4644 –

Zukunft der nuklearen Entsorgung – Entsorgungskonzept jetzt vorlegen

A. Problem

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung u. a. aufgefordert werden, die
Gründe für die Abkehr vom bestehenden Entsorgungskonzept anzugeben und
ohne weitere Verzögerung ein Alternativkonzept zur Entsorgung nuklearer Ab-
fälle in der Bundesrepublik Deutschland vorzulegen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und F.D.P.

Der Ausschuss ist mehrheitlich der Auffassung, das Entsorgungskonzept der
alten Bundesregierung habe sich aus mehreren Gründen als nicht tragfähig er-
wiesen. Dies sei mit ein Grund dafür, dass sich die neue Bundesregierung für
einen Ausstieg aus der Kernenergienutzung entschieden habe. Mit den Arbei-
ten für ein neues Endlagerkonzept sei sie auf gutem Wege.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.
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6030

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 14/4644 abzulehnen.

Berlin, den 4. April 2001

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Christoph Matschie

Vorsitzender

Horst Kubatkschka

Berichterstatter

Kurt-Dieter Grill

Berichterstatter

Michaele Hustedt

Berichterstatterin

Birgit Homburger

Berichterstatterin

Eva-Maria Bulling-Schröter

Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

14/

6030

Bericht der Abgeordneten Horst Kubatschka, Kurt-Dieter Grill, Michaele Hustedt,
Birgit Homburger und Eva-Maria Bulling-Schröter

I.

Der Antrag auf Bundestagsdrucksache 14/4644 wurde in
der 140. Sitzung des Deutschen Bundestages am 7. Dezem-
ber 2000 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitbe-
ratung an den Auswärtigen Ausschuss, den Haushaltsaus-
schuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie und
den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union überwiesen.

Die mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und F.D.P. empfohlen, den Antrag abzulehnen. Im Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat
sich die Fraktion der F.D.P. der Stimme enthalten und im
Auswärtigen Ausschuss war die Fraktion der PDS bei der
Abstimmung nicht anwesend.

II.

In dem Antrag wird zunächst u.a. festgestellt, dass durch die
Vereinbarung der Bundesregierung mit den Kernkraft-
werksbetreibern der von Bund und Ländern 1979/1980 und
1990 erzielte Konsens über die Entsorgung von nuklearen
Abfällen auf verfassungspolitisch bedenkliche Weise ein-
seitig aufgelöst worden sei, ohne dass man ein neues über-
zeugendes Entsorgungskonzept vorgelegt habe. Die Unter-
brechung der Erkundung des Salzstockes Gorleben sei
unverantwortlich und die Zwischenlösungen kernkraft-
werksnaher Zwischenlager zweifelhaft.

Die Bundesregierung soll deshalb u. a. aufgefordert werden,
die Gründe für die einseitige unabgestimmte Abkehr vom
bestehenden Entsorgungskonzept anzugeben, ohne weitere
Verzögerung ein Alternativkonzept zur Entsorgung nuklea-
rer Abfälle in der Bundesrepublik Deutschland vorzulegen
und dabei insbesondere den Kapazitätsbedarf von Zwi-
schen- und Endlagern nachzuweisen.

III.

Der

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit

hat den Antrag auf Bundestagsdrucksache 14/
4644 in seiner Sitzung am 4. April 2001 beraten.

Von Seiten der

Fraktion der SPD

wurde darauf hingewie-
sen, die im Antrag geforderte Antwort auf die Große An-
frage „Zukunft der friedlichen Nutzung der Kernenergie –
Zukunft der Entsorgung“ der Fraktion der CDU/CSU liege
inzwischen vor (siehe Bundestagsdrucksache 14/5162). Im
Plenum sei am 16. Februar 2001 darüber auch diskutiert
worden. Der Antrag moniere weiter ein fehlendes Ent-
sorgungskonzept der Bundesregierung. Hierzu sei festzu-
stellen, dass die Bundesregierung an einem solchen Kon-
zept arbeite. Ein Endlager als Schlusspunkt eines solchen
Entsorgungskonzepts existiere aber weltweit noch nicht,
und bislang gebe es auch noch keine Lösungen hierfür. Dies

sei mit ein Grund dafür, dass man selbst die Kernenergie-
nutzung beenden wolle. Man halte es für richtig, dass in
Gorleben die Erkundungsarbeiten unterbrochen worden
seien. Solange man nicht wisse, ob Gorleben geeignet sei,
mache es keinen Sinn, weiteres Geld für solche Arbeiten
aufzuwenden. Das Konzept für ein solches Endlager
zeichne sich inzwischen ab. Man spreche sich für ein einzi-
ges Lager aus. Weiter wolle man auf die Wiederaufarbei-
tung verzichten, wodurch das Problem der Endlagerung
vom Volumen her vereinfacht werde. Mit dem Konzept
wolle man auch die Transporte minimieren. Von daher setze
man sich für standortnahe Zwischenlager ein.

Von Seiten der

Fraktion der CDU/CSU

wurde festgestellt,
die Endlagererkundung sei in Deutschland am weitesten vo-
rangeschritten. Die derzeitige Regierung nutze dies für ei-
nen Erkundungsstopp aus, obwohl man genau wisse, dass
der Salzstock von Gorleben im Grundsatz für die Endlage-
rung geeignet sei. Das Endlager Konrad sei sogar seit sechs
Jahren genehmigungsfähig. Die niedersächsische Landesre-
gierung sei um diese Genehmigung schriftlich von dem zu-
ständigen Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gebeten wor-
den. Es sei eine verfehlte Politik, eine entscheidungsreife
Diskussion durch Moratorien nicht zu Ende zu bringen, auf
der anderen Seite aber Bundesländern, die sich für eine wei-
tere Nutzung der Kernenergie aussprächen, mit der Plazie-
rung von Endlagern zu drohen.

Von Seiten der

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

wurde ausgeführt, die alte Bundesregierung habe zugelas-
sen, dass viele Jahre Atommüll zu den Wiederaufberei-
tungsanlagen in Frankreich und Großbritannien transpor-
tiert worden sei. Um den Rücktransport und den dabei zu
erwartenden Widerstand habe man sich aber kaum geküm-
mert. Dies halte man für unverantwortlich. Dieser Weg sei,
obwohl er teurer sei, beschritten worden, da die Atomkraft-
werksbetreiber sonst über keinen Entsorgungsnachweis ver-
fügt hätten. Man selbst habe sich dagegen für standortnahe
Zwischenlager ausgesprochen. Entsprechende Anträge
seien trotz anderslautender Empfehlungen seitens der CSU
für alle Kraftwerksstandorte gestellt worden. Dies habe sei-
nen guten Grund, da es sinnvoll sei, die Transporte zu mini-
mieren. Zudem sei es billiger, auf die Wiederaufarbeitung
zu verzichten. Von der alten Bundesregierung sei darüber
hinaus verabsäumt worden, eine breite Diskussion über die
Kriterien für Endlagerstandorte zu führen. Dies werde nun
nachgeholt. Logischerweise werde in dieser Zeit die Erkun-
dung in Gorleben eingestellt, da die Kriteriendebatte auch
zum Ergebnis haben könne, dass Gorleben nicht geeignet
sei.

Von Seiten der

Fraktion der F.D.P.

wurde vorgetragen, es
habe sehr wohl eine ausgewogene Kriterienprüfung stattge-
funden. Die Zwischenlagerung an den Kernkraftwerken
halte man schon wegen der entstehenden Kosten für falsch.
Sie diene der neuen Bundesregierung nur dazu, bestimmte
Entscheidungen verschieben zu können. Die Kernkraft-
werksbetreiber hätten die entsprechenden Anträge auch
nicht aus freien Stücken gestellt, sondern nur, weil sie sonst
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– 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

wegen voller Lager vor Ort zum Abschalten der Kraftwerke
gezwungen worden wären. Man selbst halte an einem zwei-
teiligen Endlager (hochradioaktiver Abfall bzw. schwach-
und mittelradioaktiver Abfall) fest.

Von Seiten der Fraktion der PDS wurde dargelegt, weder zu
Zeiten der alten Bundesregierung noch zu Zeiten der neuen
gebe es ein Entsorgungskonzept. Die alte Bundesregierung
habe den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke, die Wiederauf-
arbeitung und ein Endlager Gorleben befürwortet. Man
selbst sei der Auffassung, dass Gorleben ungeeignet sei. Die
von der neuen Bundesregierung vereinbarten Laufzeiten für
die Kernkraftwerke seien nicht akzeptabel. Eine große
Mehrheit der Bevölkerung sei der Auffassung, dass aus der
Kernenergienutzung schnellstmöglich ausgestiegen werden
müsse. Die Demonstrationen in Gorleben hätten dies erneut

bestätigt. Man selbst spreche sich für den sofortigen Aus-
stieg aus der Kernenergienutzung aus. Den in Ziffer 5 des
Antrags der Fraktion der CDU/CSU geforderten finan-
ziellen und sozialen Ausgleich für den Verlust von Arbeits-
plätzen in Gorleben halte man für sinnvoll. Allerdings sei
dabei darauf hinzuweisen, dass die von ihr getragene alte
Bundesregierung mit der Liberalisierung des Strommarktes
zu einem Abbau von 80 000 Arbeitsplätzen beigetragen
habe, ohne dass man sich für einen sozialen oder finanziel-
len Ausgleich irgendwelcher Art eingesetzt habe.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Antrag auf Bun-
destagsdrucksache 14/4644 abzulehnen.

Berlin, den 14. Mai 2001

Horst Kubatkschka

Berichterstatter

Kurt-Dieter Grill

Berichterstatter

Michaele Hustedt

Berichterstatterin

Birgit Homburger

Berichterstatterin

Eva-Maria Bulling-Schröter

Berichterstatterin

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