BT-Drucksache 14/6022

Bildungs- und Forschungspolitik für eine Nachhaltige Entwicklung

Vom 9. Mai 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6022
14. Wahlperiode 09. 05. 2001

Große Anfrage
der Abgeordneten Ursula Burchardt, Klaus Barthel (Starnberg), Hans-Werner
Bertl, Willi Brase, Christel Deichmann, Dr. Peter Eckardt, Lothar Fischer
(Homburg), Kerstin Griese, Klaus Hagemann, Ulrich Kasparick, Siegrun Klemmer,
Ernst Küchler, Helga Kühn-Mengel, Lothar Mark, Dietmar Nietan, Günter
Oesinghaus, Manfred Opel, Dr. Edelbert Richter, René Röspel, Dr. Ernst Dieter
Rossmann, Siegfried Scheffler, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Heinz Schmitt (Berg),
Dr. Angelica Schwall-Düren, Bodo Seidenthal, Wieland Sorge, Jörg Tauss, Brigitte
Wimmer (Karlsruhe), Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Winfried Hermann, Dr. Reinhard Loske,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bildungs- und Forschungspolitik für eine nachhaltige Entwicklung

Die Umsetzung des Leitbildes einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwick-
lung erfordert eine Modernisierung von Staat und Gesellschaft, die die Siche-
rung der natürlichen Lebensgrundlagen, den Erhalt der wirtschaftlichen Wett-
bewerbsfähigkeit und die gerechte Verteilung von Arbeit, Einkommen und
Lebenschancen als gleichrangige Ziele verfolgt.

Wie der Deutsche Bundestag bereits in der 13. Wahlperiode mit seiner einver-
nehmlichen Zustimmung zum Entschließungsantrag „Forschungspolitik für
eine zukunftsverträgliche Gestaltung der Industriegesellschaft“ (Bundestags-
drucksache 13/6855) unterstrichen hat, kommen Bildung, Forschung, Wissen-
schaft und Technologie dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Innovationen,
d. h. neues Wissen und seine intelligente Nutzung, sind der Schlüssel für die
Lösung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen des
21. Jahrhunderts.

Damit Bildungs- und Forschungspolitik ihrer Bedeutung für den notwendigen
gesellschaftlichen Modernisierungsprozess gerecht werden kann, bedarf es
einer Ausrichtung der Forschungs- und Technologieförderung am Leitbild
einer nachhaltigen Entwicklung. Entsprechende Grundanforderungen sind u. a.
in der Entschließung des 13. Deutschen Bundestages, dem Bericht der En-
quete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ und der TAB-Stu-
die „Forschungs- und Technologiepolitik für eine nachhaltige Entwicklung“
(Bundestagsdrucksache 14/571) formuliert:

Es geht darum, zu einer neuen Art der Wissensgewinnung zu kommen, die die
klassische Trennung zwischen grundlagen- und anwendungsorientierter For-
schung überwindet, sich an Bedürfnisfeldern orientiert, technologiefeld-über-
greifend angelegt ist, gesellschaftliche Akteure in den Prozess der Definition
und Lösung von Forschungsfragen einbezieht und die langfristigen Folgen von
Innovationen im Blick behält. In der Technologieförderung muss Nachhaltig-

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keit zu einem integralen Förderkriterium werden. In der Bildungspolitik gilt es,
die vom Deutschen Bundestag in seinem Antrag „Bildung für eine nachhaltige
Entwicklung“ (Bundestagsdrucksache 14/1353) formulierten Forderungen um-
zusetzen und die Ergebnisse einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten For-
schungspolitik zu vermitteln.

Wir fragen daher die Bundesregierung:

I. Nachhaltigkeit als Leitlinie der Bildungs- und Forschungspolitik

1. Welchen grundsätzlichen Stellenwert misst die Bundesregierung dem
Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung bei der Formulierung ihrer bil-
dungs- und forschungspolitischen Leitlinien und Schwerpunkte bei?

2. Welches sind aus Sicht der Bundesregierung die übergeordneten Ziele,
die durch eine nachhaltige Bildungs- und Forschungspolitik erreicht
werden sollen?

3. Von welchen Grundsätzen lässt sich die Bundesregierung bei der erfor-
derlichen Neuausrichtung der Bildungs- und Forschungspolitik leiten?

4. Welche strategischen Ansätze verfolgt die Bundesregierung zur Neu-
ausrichtung der Bildungs- und Forschungspolitik?

5. Wie berücksichtigt die Bundesregierung dabei die globale Dimension
der nachhaltigen Entwicklung; wie werden insbesondere die Entwick-
lungs- und Transformationsländer miteinbezogen?

6. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Emp-
fehlungen des Deutschen Bundestages und des Büros für Technikfol-
genabschätzung für eine Neuorientierung der Bildungs- und For-
schungspolitik?

II. Förderung von Grundlagenwissen für eine nachhaltige Entwicklung

7. Welchen Beitrag leistet die Forschungsförderung der Bundesregierung
zur Gewinnung von grundlegendem Orientierungswissen über die sys-
tematischen Zusammenhänge zwischen natürlichen Lebensgrundlagen
und sozioökonomischen Aspekten?

8. Welche konkreten Förderschwerpunkte zur Vertiefung des Systemver-
ständnisses folgender Teilaspekte der natürlichen Umwelt hat die Bun-
desregierung aufgelegt und damit bestehende Programme konkretisiert
und fortentwickelt:

– Biosphäre und Biodiversität

– Atmosphäre und Klima

– Globaler Wasserhaushalt

– Böden als Stoffsenken und Glied von Stoffkreisläufen?

III. Nachhaltige Entwicklung als Grundsatz der Technologieförderung

9. Inwieweit wurden ökologische Kriterien wie Schadstoffminimierung,
Ressourcen- und Energieeffizienz bei der Neuorientierung der Techno-
logieförderpolitik der Bundesregierung berücksichtigt?

10. Wie schlägt sich dies in konkreten Technologieförderprogrammen der
Bundesregierung etwa in den Bereichen Informations- und Kommuni-
kationstechnik, Fertigungstechnik, Biotechnologie und Werkstofffor-
schung nieder?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6022

IV. Orientierung der Forschungsförderung an Handlungsfeldern

11. In welcher Weise trägt die Bundesregierung der Anforderung Rech-
nung, Forschung an zentralen Bedürfnisfeldern für eine nachhaltige
Entwicklung auszurichten?

12. Welche konkreten Maßnahmen wurden in den folgenden Handlungsfel-
dern eingeleitet bzw. fortgeführt und erweitert:

– Landwirtschaft und Ernährung

– Bauen und Wohnen

– Mobilität

– Umwelt und Gesundheit

– Humane Gestaltung der Arbeitswelt

– Energieversorgung

– Entwicklungszusammenarbeit

– Ressourceneffizienz

V. Fördermittel, Weiterentwicklung des Förderspektrums und -instrumentari-
ums, Vernetzung, transdisziplinäre Zusammenarbeit und Vermittlung von
Forschungsergebnissen

13. Wie haben sich seit Amtsantritt der Bundesregierung die für Bildung
und Forschung für eine nachhaltige Entwicklung insgesamt aufgewen-
deten Mittel im Vergleich zum Haushaltsjahr 1998 entwickelt?

14. Wie haben sich die für Forschungsmaßnahmen in den o. g. Bedürfnis-
feldern aufgewendeten Mittel im Vergleich zu 1998 entwickelt?

15. Mit Hilfe welcher Maßnahmen fördert die Bundesregierung die notwen-
dige stärkere Vernetzung von grundlagen- und anwendungsorientierter
Forschung sowie die Integration von naturwissenschaftlich-technischer
und gesellschaftswissenschaftlicher Forschung?

16. Welche konkreten Beispiele für Programme und Projekte zur Förderung
transdisziplinärer Forschungsansätze gibt es?

17. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass gesellschaftliche Akteure in
den Prozess der Generierung und Durchführung von Förderprogram-
men und -schwerpunkten einbezogen werden?

18. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass der Transfer von For-
schungsergebnissen aus Technologieförderprogrammen in alle gesell-
schaftlichen Sphären beschleunigt wird?

19. Wie gestaltet sich die fachübergreifende Zusammenarbeit in der For-
schungsförderung für eine nachhaltige Entwicklung zwischen den Res-
sorts der Bundesregierung?

20. Wie spiegelt sich die Neuorientierung der Forschungs- und Technolo-
giepolitik der Bundesregierung in der internationalen Forschungszu-
sammenarbeit wider, und welche konkreten Initiativen sind geplant, um
diese weiter zu intensivieren?

21. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Leitbild nachhaltige
Entwicklung in der europäischen Bildungs- und Forschungspolitik zu,
und wie gedenkt sie, dieses Leitbild auf europäischer Ebene zu veran-
kern?

Drucksache 14/6022 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
22. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang ergrif-
fen, um die Forderungen des Antrages „Bildung für eine nachhaltige
Entwicklung“ (Bundestagsdrucksache 14/1353) umzusetzen?

23. Wie fügt sich die Bildungs- und Forschungspolitik der Bundesregierung
in die vom Deutschen Bundestag geforderte und von der Bundesregie-
rung in Angriff genommene Erarbeitung einer nationalen Nachhaltig-
keitsstrategie?

Berlin, den 9. Mai 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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