Vom 10. Mai 2001
Deutscher Bundestag
Drucksache
14/
6008
14. Wahlperiode
10. 05. 2001
Änderungsantrag
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS
zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/5655, 14/5981 –
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-,
Post- und Fernmeldegeheimnisses
Der Bundestag wolle beschließen:
In Artikel 1 – Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldege-
heimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) – wird ein § 22 mit folgendem Wortlaut
eingefügt:
„§ 22
Befristung
Die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes nach § 5 Abs. 1 Satz 1 enden,
soweit sie Beschränkungen leitungsgebundener Telekommunikationsbeziehun-
gen betreffen, zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes.“
Berlin, den 4. Mai 2001
Ulla Jelpke
Petra Pau
Roland Claus und Fraktion
Drucksache
14/
6008
– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Begründung
Damit wird ein Vorschlag der Humanistischen Union und des Bundesbeauftrag-
ten für den Datenschutz aufgegriffen.
Mit der Überwachung leitungsgebundener T elekommunikationsbeziehungen
tritt der Bundesnachrichtendienst in eine neue Phase der strategischen Kon-
trolle ein. Die neuen rechtlichen Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes
werden zusammen mit einer verbesserten technischen Ausstattung zu einem
absehbar höheren Datenaufkommen aus der strategischen Überwachung füh-
ren. Mit dieser Entwicklung setzt sich die bereits eingeleitete Relativierung des
Telekommunikationsgeheimnisses fort, ohne dass der Deutschen Bundestag
oder die Öffentlichkeit die Folgen abschätzen können.
Ohne eine intensive quantitative und qualitative Evaluation aller in Betracht
kommenden Auswirkungen ist eine Fortschreibung der neuen Befugnisse nicht
zu verantworten. Dem Gesetzgeber selbst muss dazu das Letztentscheidungs-
recht bleiben.
Nicht nur die Konsequenzen für das Gefüge von Grundrechten und staatlichen
Sicherheitsinteressen bedürfen der sor gfältigen parlamentarischen Beobach-
tung. Auch wesentliche außenpolitische und völkerrechtliche Probleme sind
noch ungeklärt. Die Bundesrepublik Deutschland ist ihrerseits von einer V iel-
zahl von Überwachungsmaßnahmen betroffen, welche sich nicht nur gegen ihre
Sicherheit richten, sondern auch der V erfolgung wirtschaftlicher Interessen
dienen. Eine offensive Menschenrechtspolitik, auch im Hinblick auf das für die
freie Entfaltung der Persönlichkeit in den Industriestaaten zentrale Telekommu-
nikationsgeheimnis, verlöre ihre Glaubwürdigkeit, wenn sich die Bundesre-
publik Deutschland ohne Not an dem internationalen W ettlauf um die mög-
lichst effektive Beobachtung der internationalen Telekommunikation beteiligen
würde.