BT-Drucksache 14/6003

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -14/5655, 14/5981- Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses

Vom 10. Mai 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6003
14. Wahlperiode 10. 05. 2001

Änderungsantrag
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/5655, 14/5981 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-,
Post- und Fernmeldegeheimnisses

Der Bundestag wolle beschließen:

Artikel 1 – Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheim-
nisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) – § 7 wird wie folgt geändert:

1. Absatz 4 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Durch Beschränkungen nach § 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen
zur Verhinderung von Straftaten an die mit polizeilichen Aufgaben betrauten
Behörden übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht
begründen, dass jemand Straftaten nach § 34 Abs. 1 bis 6 und 8, § 35 des
Außenwirtschaftsgesetzes, §§ 19 bis 21 oder 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 des
Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen plant oder begeht.“

2. In Absatz 5 wird folgender Satz 5 angefügt:

„Der Bundesnachrichtendienst bestimmt den Zweck, zu dem die Daten
übermittelt werden.“

3. Absatz 6 Satz 2 wird wie folgt geändert; es werden folgende Sätze 3 und 4
eingefügt:

„Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Mona-
ten, ob die Voraussetzungen der Übermittlung noch vorliegen und ob die
Daten für den Zweck, zu dem sie übermittelt worden sind, erforderlich sind.
Eine Weitergabe durch den Empfänger ist nicht zulässig. Zur Strafverfol-
gung dürfen die Daten nur verwendet werden, wenn die Erforschung des
Sachverhaltes oder des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise
wesentlich erschwert wäre.“

Berlin, den 4. Mai 2001

Ulla Jelpke
Petra Pau
Roland Claus und Fraktion

Drucksache 14/6003 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Begründung

Zu 1.

Die Weitergabe gezielt durch Nachrichtendienste gewonnener Erkenntnisse zu
erleichterten Bedingungen an polizeiliche Gefahrenabwehrbehörden ist im Ent-
wurf der Bundesregierung zu weit gefasst. Das Bundesverfassungsgericht stellt
in dem Urteil vom 14. Juni 1999 schon grundsätzlich in Frage, ob die Übermitt-
lungsschwelle „tatsächliche Anhaltspunkte“ im Gefahrenvorfeld überhaupt im
Ansatz den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt. Angesichts der sachtypi-
schen Defizite in der Kontrolle präventiver polizeilicher Informationseingriffe
durch die Justiz ist die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte restriktive
Handhabung dieser niedrigen Übermittlungsschwelle tatsächlich nicht gesi-
chert. Zufällig gewonnene Verdachtsmomente unterhalb der kasuistisch gefes-
tigten Reaktionsschwellen der Gefahrenabwehrbehörden können daher eine
Übermittlung nicht rechtfertigen.

Die statistische Auswertung der Überwachungserträge hat zudem gezeigt, dass
allenfalls in Ausnahmefällen Erkenntnisse im Bereich der primären Überwa-
chungsziele gewonnen werden konnten, die sich für eine Übermittlung an Ge-
fahrenabwehr- oder Strafverfolgungsbehörden eigneten. Der umfangreiche und
in sich heterogene Katalog des § 4 Abs. 1 Satz 1 trifft damit auf kein Bedürfnis
in der Praxis. Hingegen perpetuiert er die Erosion des Trennungsgebotes, in-
dem der Telekommunikationsverkehr systematisch nach Zufallserkenntnissen
aus dem Vorfeld gewöhnlicher Straftaten durchsucht wird.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und die Begründung des Änderungs-
antrags zu § 3 Abs. 1 verwiesen.

Zu 2.

Damit trifft die Verwendungsregelung in § 7 Abs. 6 Satz 1 auf eine konkrete
Zweckbestimmung. Im Übrigen wird auf die Begründung zum Änderungsan-
trag zu § 4 Abs. 5 verwiesen.

Zu 3.

Die Zweckbestimmung „zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforder-
lich“ ist zu weit. Sie lässt die unter strengen Bedingungen erhobenen Daten
pauschal in den gesamten Aufgabenkreis des Empfängers einfließen. Eine
Übermittlung von Daten aus der strategischen Überwachung bedarf aber einer
hinreichenden Tatsachenbasis im Hinblick auf einen Verdacht der Planung oder
Begehung einer gesetzlich bestimmten Straftat. Gleiches muss auch für die
Speicherung und die Verwendung beim Empfänger gelten. Diese sind daher
immer daran zu knüpfen, ob ein entsprechender Verdacht vorliegt und dieser
Verdacht Gegenstand der Verwendung ist.

Im repressiven Bereich bedeutet dies: Treffen die übermittelten Informationen
nicht auf ein schon eröffnetes Ermittlungsverfahren zum Tatvorwurf und wird
kein Ermittlungsverfahren wegen der übermittelten Daten eröffnet, dürfen die
Daten nicht verwendet werden. Es käme in diesen Fällen auch keine gezielte
Anordnung nach § 100b StPO in Betracht. Andere Verwendungszwecke, etwa
in Ermittlungsverfahren zu anderen Taten als derjenigen nach § 7 Abs. 5 Satz 5,
scheiden aus. Im Übrigen wird sichergestellt, dass die materiellen Vorausset-
zungen des § 100a Abs. 1 StPO nicht umgangen werden.

Im präventiven Bereich bedeutet dies: lässt sich der Verdacht einer nach § 7
Abs. 5 Satz 5 bezeichneten Gefahr nicht innerhalb der Frist des § 7 Abs. 6
Satz 2 erhärten, sind die Daten zu löschen.

Im Übrigen wird auf die Begründung des Änderungsantrags zu § 4 Abs. 5
verwiesen.

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