BT-Drucksache 14/5987

Vorbereitung der NPD auf ihr mögliches Verbot

Vom 8. Mai 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

5987

14. Wahlperiode

08. 05. 2001

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Vorbereitungen der NPD auf ihr mögliches Verbot

In der Monate währenden öffentlichen Diskussion um das Für und Wider eines
NPD-Verbotsantrages argumentierten Kritiker auch mit dem Hinweis auf eine
mögliche Gründung von Ersatz- oder Auffangstrukturen seitens der NPD.

Neueste Informationen des „Antifaschistischen Infoblattes“ (AIB) belegen nun,
dass die NPD bereits begonnen hat, für die politische Zukunft ihrer Mitglieder
Vorsorge zu tref fen und ihre materiellen V erluste im Falle des V erbots mög-
lichst gering zu halten:

„Der sächsische Landesverband [der NPD] gab bereits im August 2000 an die
unterstellten Gliederungen die Weisung aus, sich wie folgt vorzubereiten: Alles
potentiell belastende Material solle ausgelagert werden. [...] Ebenfalls solle der
Landesverband und die ‚Deutsche Stimme Verlagsgesellschaft‘ in Riesa inten-
siv daran arbeiten, das Parteivermögen auszulagern und somit vor einem
staatlichen Zugrif f zu sichern. Durch den geplanten V erkauf z. B. des Schu-
lungszentrums in Ehningen (Angebotspreis 2,1 Millionen) will die Partei
Immobilienwerte flüssig machen. Darüber hinaus soll eine Struktur gescha fen
werden, die nach Beginn der erwarteten ‚V erfolgungswelle‘ arbeitsfähig ist.
[...] Als Auffangstruktur käme der vom Parteivorstand Ende Juni 2000 auf ei-
ner Geheimsitzung gegründete Schweizer Ableger infrage. Auch vor Ort wer-
den bereits regionale Auf fangstrukturen gebildet. Exemplarisch auch hier ein
Beispiel aus dem Landesverband Sachsen. In Dresden wurde ein formal unab-
hängiger ‚NPD‘-Ordnerdienst gegründet, der auf einer Neonazi-Demonstration
am 4. November in Berlin bereits als ‚Freie Kräfte Sachsen – Sektion Dresden‘
auftrat.“ (AIB, Nr. 52, Ausgabe 1/2001, vgl. zum Beschluss des NPD-Vorstands
vom Juni 2000, einen Schweizer Ableger zu gründen, auch den „SPIEGEL“-
Artikel ‚Rechtsradikale – Jetzt sind Macher gefragt‘, Ausgabe 32/2000)

Diese Beobachtungen scheinen dem Präsidenten des Bundeamtes für V erfas-
sungsschutz, Heinz Fromm, Recht zu geben. Die „tageszeitung“ zitierte ihn am
10. März 2001 mit den Worten:

„Ein Großteil der Mitglieder wird sich nach unseren Erfahrungen anschließend
in neonazistischen Kameradschaften weiterbetätigen.“

Bis heute hatte die NPD mehr als ein halbes Jahr Zeit, sich auf ein mögliches
Verbot möglichst gut vorzubereiten und ihre Mitglieder in bereits existierenden
oder neu gegründeten bzw . neu zu gründenden Strukturen unterzubringen so-
wie ihr materielles und finanzielles ermögen dem staatlichen Zugrif f zu ent-
ziehen. Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werden ihr
weitere Monate bleiben.
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Liegen der Bundesregierung über die beschriebenen Umstrukturierungsan-
sätze im Raum Dresden Informationen vor?

Wenn ja, welche?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung dem begegnen?

2. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Umstrukturierungstendenzen in an-
deren Bundesländern?

Wenn ja,

a) in welchen Bundesländern,

b) welche sind dies (bitte nach Bundesländern getrennt auf isten) und

c) mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung dem begegnen?

3. Sind der Bundesregierung Versuche seitens der NPD bekannt, Finanztrans-
fers vorzunehmen, um im Falle ihres V erbotes möglichst wenig f nanzielle
Verluste hinnehmen zu müssen?

Wenn ja, welche sind dies?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung dem begegnen?

4. Sind der Bundesregierung Unternehmungen oder Planungen der NPD be-
kannt, finanzielles und/oder anderes materielles ermögen auszulagern?
Wenn ja, welche?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung dem begegnen?

5. Sind der Bundesregierung Unternehmungen oder Planungen der NPD be-
kannt, finanzielles und/oder anderes ermögen ins Ausland zu transferieren
bzw. zu schaffen?

Wenn ja, welche und wohin?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung dem begegnen?

6. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor , dass die NPD bzw.
deren Führungskader im Hinblick auf ein mögliches V erbot verstärkt Kon-
takte zu rechtsextremen Organisationen im Ausland aufgenommen haben?

Wenn ja, welche und wohin?

7. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Versuchen der NPD, neue Strukturen
und/oder Organisationen aufzubauen, die im Falle eines Verbotes ihrer Mit-
gliedschaft als Auffangbecken dienen könnten?

Wenn ja, um welche handelt es sich?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung dem begegnen?

8. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor , dass bereits beste-
hende rechtsextreme Strukturen und Or ganisationen von NPD-Mitgliedern
im Falle eines Verbotes als Auffangbecken genutzt werden könnten?

Wenn ja, um welche Strukturen und Organisationen handelt es sich dabei?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung dem begegnen?

9. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor , dass bereits beste-
hende rechtsextreme Strukturen und/oder Or ganisationen sich schon jetzt
darauf vorbereiten, im Falle des Verbotes ehemalige NPD-Mitglieder aufzu-
nehmen?

Wenn ja, um welche handelt es sich dabei?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung dem begegnen?
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

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10. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über einen bereits derzeit einset-
zenden Zustrom von NPD-Mitgliedern in Freie Kameradschaften bzw . in
die Skinheadszene vor?

Wenn ja, welche?

11. Gibt es bereits heute Anzeichen für einen Zustrom von NPD-Mitgliedern
in Freie Kameradschaften bzw. in die Skinheadszene nach einem Verbot?

Wenn ja, welche?

Wenn ja, was hieße dies für die Bedeutung der Freien Kameradschaften?

Wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

Berlin, den 3. Mai 2001

Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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