BT-Drucksache 14/5968

Die Neonazi-Organisation "Blood & Honour" nach dem Verbot

Vom 8. Mai 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

5968

14. Wahlperiode

08. 05. 2001

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Die Neonazi-Organisation „Blood & Honour“ nach dem Verbot

Inzwischen kaum mehr anzuzweifeln ist die T atsache, dass die Neonazi-Or ga-
nisation „Blood & Honour – Division Deutschland“ auch nach ihrem Verbot im
vergangenen September ihre Aktivitäten nicht eingestellt hat.

In einem Artikel der „tageszeitung“ (taz) vom 31. Januar dieses Jahres etwa
heißt es:

„Das neonazistische Netzwerk für Skinheadmusik, Blood & Honour , existiert
trotz des Verbots weiter – in Berlin wie im Rest der Republik.“

Gegenüber der taz bestätigte auch die Sprecherin des Berliner V erfassungs-
schutzes, dass die personellen Strukturen von „Blood & Honour“ nach dem
Verbot fortbestünden. Um nicht sofort als „Blood & Honour“ erkannt zu wer-
den, verwende die Or ganisation laut Berliner V erfassungsschutz inzwischen
verstärkt den szeneinternen Code. Es handele sich sich dabei um Zahlen, die
für die Buchstaben des Alphabets stehen. ‚18‘ bedeute ‚Adolf Hitler‘, ‚88‘
‚Heil Hitler‘, und ‚28‘ nunmehr ‚Blood & Honour‘. In Berliner Sicherheitskrei-
sen mehrten sich daher laut taz die Stimmen, die der Ansicht seien, das V erbot
hätte nichts gebracht (taz vom 31. Januar 2001).

Denn Aktivitäten werden selten einfach eingestellt, sondern lediglich anders
organisiert. Michael W eiss, Autor des Handbuchs „White Noise – Rechts-
Rock, Skinhead-Musik, Blood & Honour“, berichtet in diesem Zusammen-
hang, dass die Strukturen von Blood & Honour vielfach auf kleinere private
Räumlichkeiten und Grundstücke, aber auch Gaststätten in ländlichen Regio-
nen und Veranstaltungsorte im Ausland zurückgriffen, um dem staatlichen Ver-
folgungsdruck zu entgehen (taz vom 31. Januar 2001).

Frühzeitige Warnungen oder Informationen über ein drohendes V erbot können
von den betreffenden Organisationen zudem dazu genutzt werden, Vermögens-
werte und andere materielle Güter in Sicherheit zu bringen. „Bei einer Groß-
durchsuchung im Berliner und Brandenbur ger Raum wurden dem V ernehmen
nach so wenige Vermögenswerte gefunden, dass man [in Berliner Sicherheits-
kreisen] davon ausgeht, dass Blood & Honour gewarnt war .“ (taz vom
31. Januar 2001)

So beschneidet ein Verbot auch den finanziellen Bewegungsspielraum und di
materielle Ausstattung der Aktivisten etwa mit Propagandamaterialien nicht
substantiell.
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hat das neonazistische Netzwerk „Blood & Honour“ nach Erkenntnis-
sen der Bundesregierung auf das Verbot seiner deutschen Sektion im Sep-
tember letzten Jahres reagiert?

2. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über Umstruktierungsmaßnah-
men von „Blood & Honour“ nach dem Verbot vor (etwa die Gründung von
Auffangstrukturen oder das Abwandern in andere rechtsextreme Struktu-
ren etc.)?

Wenn ja, welche?

3. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über ein Fortbestehen der deut-
schen Sektion des neonazistischen Netzwerks „Blood & Honour“ unter
dem Namen ‚28‘ vor?

Wenn ja, welche?

Wenn ja, was will die Bundesregierung dagegen unternehmen?

4. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über das Fortbestehen der personel-
len Strukturen der deutschen Sektion von „Blood & Honour“ nach dem
Verbot?

Wenn ja, welche?

Wenn ja, was will die Bundesregierung dagegen unternehmen?

5. Hat sich das Verbot der deutschen Sektion von „Blood & Honour“ nach Er-
kenntnissen der Bundesregierung negativ auf den V ertrieb rechtsextremer
und neofaschistischer CDs , Videos und T-Shirts ausgewirkt?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, was will die Bundesregierung dagegen unternehmen?

6. Hat sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung das V erbot der deut-
schen Sektion von „Blood & Honour“ negativ auf den V ersand von Blood
& Honour -Propagandamaterialien, wie etwa den V ertrieb von „Blood &
Honour“-Magazinen, ausgewirkt?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, was will die Bundesregierung dagegen unternehmen?

7. Hat sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung das V erbot der deut-
schen Sektion von „Blood & Honour“ negativ auf die Durchführung von
Skinhead-Konzerten ausgewirkt?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, was will die Bundesregierung dagegen unternehmen?

8. Hatten „Blood & Honour“-Aktivisten durch das V erbot finanzielle Einbu
ßen zu verzeichnen?

Wenn ja, welche?

9. Wurden möglicherweise auch nach dem V erbot fortgesetzte „Blood &
Honour“-Aktivitäten durch das Verbot in ihren finanziellen Möglichkeite
negativ beeinträchtigt?

Wenn ja, welche und wie?

10. Hat sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung das V erbot der deut-
schen Sektion von „Blood & Honour“ auf die internationalen Aktivitäten
von „Blood & Honour“ ausgewirkt?

Wenn ja, wie?
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

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11. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Bildung von (weiteren)
konspirativen „Blood & Honour“-Strukturen oder „Untergrund“-Aktivitä-
ten infolge des Verbots vor?

Wenn ja, welche?

Wenn ja, was will die Bundesregierung dagegen unternehmen?

12. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor , dass „Blood &
Honour“ nach dem Verbot verstärkt Kontakt zur NPD aufgenommen hat?

Wenn ja, wann, wo und in welcher Form?

13. Wie bewertet die Bundesregierung im Nachhinein und vor dem Hinter -
grund neuer Erkenntnisse das Verbot der deutschen Sektion von „Blood &
Honour“?

Berlin, den 3. Mai 2001

Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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