BT-Drucksache 14/5816

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung -14/4329, 14/5793- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundestdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze

Vom 4. April 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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5816

14. Wahlperiode

04. 04. 2001

Änderungsantrag

der Abgeordneten Petra Pau und der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/4329, 14/5793 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und
anderer Gesetze

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Artikel 1 Nr. 7 wird wie folgt geändert:

1. Nach § 4b Abs. 6 wird folgender neuer Absatz eingefügt:

„(7) Die zuständige Aufsichtsbehörde kann die Übermittlung von
Daten gemäß Absatz 2 an bestimmte Stellen durch Allgemeinverfügung
untersagen, wenn diese ein angemessenes Schutzniveau nicht oder nicht
mehr gewährleisten.“

2. § 4f Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Öffentliche und nicht-öf fentliche Stellen, die personenbezogene Daten
erheben, verarbeiten oder nutzen, haben im Einvernehmen mit der Mit-
arbeitervertretung einen Beauftragten für den Datenschutz schriftlich zu
bestellen.“

3. § 4f Abs. 1 Satz 3 wird gestrichen.

4. § 4f Abs. 3 erhält folgende Fassung:

„(3) Der Beauftragte für den Datenschutz ist unmittelbar dem Leiter
der Stelle zu unterstellen. Er übt seine Aufgaben weisungsfrei aus und
darf wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht benachteiligt werden.
Seine Bestellung kann nur auf V erlangen der Aufsichtsbehörde oder ge-
mäß § 626 BGB mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung widerrufen
werden. Gleiches gilt für die Kündigung eines bestehenden Arbeitsver-
hältnisses während der Dauer der Bestellung sowie innerhalb eines Jahres
nach Ende der Bestellung.“

5. In § 4f Abs. 5 wird folgender neuer Satz 2 eingefügt:

„Er ist zur Erfüllung seiner Aufgaben im erforderlichen Umfang freizu-
stellen.“

6. § 4g Abs. 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Zu diesem Zweck kann sich der Beauftragte für den Datenschutz einer
öffentlichen Stelle in Zweifelsfällen an den Bundesbeauftragten wen-
den.“
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7. § 4g Abs. 1 Satz 3 entfällt.

II. Artikel 1 Nr. 26 erhält folgende Fassung:

„26. § 22 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 Satz 1 erhält folgende Fassung:

„Der Bundesbeauftragte leistet vor dem Bundestag folgenden Eid:“

b) Absatz 4 Satz 3 entfällt.

c) Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„(5) Dem Bundesbeauftragten sind die für die Erfüllung seiner
Aufgaben notwendigen Mittel im Bundeshaushalt zuzuweisen.“

d) Absatz 6 erhält folgende Fassung:

„(6) Der Bundesbeauftragte ernennt einen ständigen V ertreter,
der seine Aufgaben wahrnimmt, wenn er an der Ausübung seines
Amtes vorübergehend gehindert ist.“

III. Artikel 1 Nr. 27 wird wie folgt gefasst:

„27. § 23 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 treten an Stelle der bisherigen Sätze 3 bis 6 die folgen-
den Sätze 3 bis 5:

„Der Bundespräsident entlässt den Bundesbeauftragten, wenn die-
ser es verlangt oder auf Antrag des Bundestages, wenn Gründe vor-
liegen, die bei einem Richter auf Lebenszeit die Entlassung aus
dem Dienst rechtfertigen würden. Die Entlassung wird mit der
Aushändigung der Entlassungsurkunde wirksam. Auf Ersuchen des
Bundespräsidenten ist der Bundesbeauftragte verpf ichtet, die Ge-
schäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen.“

b) Absatz 3 wird gestrichen.

c) Absatz 4 wird zum neuen Absatz 3.

d) Absatz 5 Satz 1 und 2 werden zum neuen Absatz 4.

e) Absatz 5 und 6 werden gestrichen.

f) Absatz 7 wird zu Absatz 5.

IV. Artikel 1 Nr. 41 Buchstabe a wird wie folgt geändert:

1. An Stelle von Satz 5 treten folgende neue Sätze 5 und 6:

„Stellt die Aufsichtsbehörde einen V erstoß gegen dieses Gesetz oder
andere Vorschriften über den Datenschutz fest, so ist sie befugt, die
Betroffenen hierüber zu unterrichten und Maßnahmen zur Beseitigung
des Verstoßes und seiner Folgen anzuordnen. Kommt die verantwort-
liche Stelle einer solchen Anordnung nicht innerhalb einer angemesse-
nen Frist nach, kann die Aufsichtsbehörde ihr die weitere Erhebung,
Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten untersagen,
soweit dies zum Schutz der Rechte der Betroffenen erforderlich ist.“

2. Im letzten Satz werden die Worte „und § 23 Abs. 5 Satz 4 bis 7“ gestri-
chen.
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V. Artikel 1 Nr. 41 Buchstabe d erhält folgende Fassung:

Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Zur Gewährleistung des Datenschutzes nach diesem Gesetz und an-
deren Vorschriften über den Datenschutz kann die Aufsichtsbehörde Maß-
nahmen zur Beseitigung organisatorischer und technischer Mängel anord-
nen. W erden die Mängel oder V erstöße nicht in angemessener Zeit
beseitigt, kann die Aufsichtsbehörde die weitere Erhebung, V erarbeitung
und Nutzung von personenbezogenen Daten untersagen, soweit dies zur
Sicherung der Rechte der Betrof fenen erforderlich ist. Sie kann die Ab-
berufung des Beauftragten für den Datenschutz verlangen, wenn er die zur
Erfüllung seiner Aufgabe erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit
nicht besitzt.“

VI. In Artikel 1 Nr. 41 wird folgender neuer Buchstabe e eingefügt:

e) Absatz 6 wird wie folgt gefasst:

„(6) Die Länder bestimmen die für die Überwachung zuständigen
Aufsichtsbehörden und stellen sicher , dass diese ihre Aufgabe völlig
unabhängig wahrnehmen können.“

Berlin, den 26. März 2001

Petra Pau
Roland Claus und Fraktion

Begründung

Die vorgeschlagenen Änderungen stärken die Unabhängigkeit des Bundesbe-
auftragten für Datenschutz, der Aufsichtsbehörden und der betrieblichen und
behördlichen Datenschutzbeauftragten. Nur so können die Anforderungen der
EG-Datenschutzrichtlinie an die Unabhängigkeit der Kontrollinstanzen im
Rahmen der Konzeption des deutschen Datenschutzrechtes erfüllt werden.

Für den Bundesbeauftragten wird vorgeschlagen, ihn organisatorisch völlig von
der Bundesregierung zu trennen und dem Parlament zuzuordnen.

Den Aufsichtsbehörden werden erweiterte Befugnisse zugeteilt, um ihnen die
effektive Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu ermöglichen. Für die Sicherung ih-
rer organisatorischen Unabhängigkeit sind hingegen die Länder zuständig.

Die betrieblichen und behördlichen Datenschutzbeauftragten sollen durch einen
stärkeren Kündigungsschutz, einen ausdrücklichen Freistellungsanspruch und
eine Mitbestimmungsklausel in ihrer Stellung gestärkt werden. Der behördliche
Datenschutzbeauftragte soll sich auch in Zukunft gegen den Willen des Dienst-
stellenleiters an den Bundesbeauftragten für Datenschutz wenden können.

Zu den Änderungen im Einzelnen:

Zu I.1 (§ 4b BDSG)

Nach Artikel 3 Abs. 1 der Kommissionsentscheidung zu den „Safe Harbor
Principles“ im Datenverkehr mit den USA (ABl. L 215 vom 26. Juli 2000
S. 7 ff.) können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der EU die Da-
tenübermittlung in die USA teilweise aussetzen. Die vor geschlagene Regelung
gibt den Aufsichtsbehörden die zur Erfüllung ihrer Funktion im Rahmen dieser
und entsprechenden zukünftigen Entscheidungen nötigen Kontrollkompeten-
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– 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

zen. Ohne eine entsprechende nationale Regelung laufen die entsprechenden
europarechtlichen Regelungen leer . Die Änderung setzt eine Empfehlung des
Berliner Datenschutzbeauftragten um (Ausschuss-Drs. Nr. 396).

Zu I.2 bis 5 (§ 4f BDSG)

Die vorgeschlagenen Änderungen stellen die nach Artikel 18 Abs. 2 sowie Er-
wägungsgrund 49 der EG-Datenschutzrichtlinie erforderliche Unabhängigkeit
des Datenschutzbeauftragten (DSB) sicher , soweit dies im Rahmen des Rege-
lungskonzepts des BDSG möglich ist.

Die Mitarbeitervertretung wird in seine Bestellung einbezogen, wodurch der
DSB eine unabhängigere Stellung gegenüber der Unternehmensleitung erhält.
Die Mitwirkung der Mitarbeitervertretung ist schon aufgrund der großen Be-
deutung des Personaldatenschutzes für die Tätigkeit des DSB sinnvoll. Über-
dies hat das BAG mit Beschluss vom 11. November 1997 (RDV 1997 S. 64 ff.)
entschieden, dass der Betriebsrat nicht der Kontrolle durch den DSB unterliege,
da dieser der Arbeitnehmerseite zuzuordnen sei. Dieser Rechtsprechung würde
durch eine vollständige Mitbestimmung bei der Bestellung des DSB die Grund-
lage entzogen.

Konsequenterweise muss die Mitarbeitervertretung auch dem Widerruf der Be-
stellung des DSB zustimmen. Dies bewirkt gleichzeitig einen zusätzlichen for-
malen Schutz des DSB. Der neue Satz 4 stellt klar , dass dieser Abberufungs-
schutz auch als Kündigungsschutz für das normale Anstellungsverhältnis des
DSB gilt, was bis jetzt umstritten war . In Anlehnung an die Regelung für den
Immissionsschutzbeauftragten nach § 58 Abs. 2 BImSchG gilt der erhöhte Kün-
digungsschutz ein weiteres Jahr fort.

In Absatz 5 wird erstmals ausdrücklich die Pf icht zur Freistellung des DSB
aufgenommen.

Zu I.6 und 7 (§ 4g BDSG)

Die Änderung stellt gemäß den Anforderungen der EG-Richtlinie und in Über-
einstimmung mit der Stellungnahme des BR die alte Rechtslage wieder her und
sichert die Unabhängigkeit des behördlichen Datenschutzbeauftragten. W enn
sich der behördliche DSB wie im Regierungsentwurf vorgesehen nur noch in
Übereinstimmung mit dem Dienststellenleiter an den Bundesbeauftragten wen-
den darf, kann von einer unabhängigen Kontrolle nicht mehr die Rede sein.
Diese Regelung würde auch nicht die Kriterien des Artikels 18 Abs. 2 EG-Da-
tenschutzrichtlinie erfüllen. Es bliebe daher europarechtlich bei der generellen
Pflicht zur Meldung jeder automatisierten Datenverarbeitung beim Bundesbe
auftragten.

Zu II. und III. (§§ 22, 23 BDSG)

Die Änderungen befreien den Bundesbeauftragten aus seiner Eingliederung in
das BMI und stärken so seine Unabhängigkeit gegenüber der Regierung. W o
dem BMI Aufgaben zugewiesen sind, werden diese an den Bundestag oder den
Bundespräsidenten weitergegeben, soweit sie nötig sind. W o sie nur ein Aus-
fluss der Dienstaufsicht sind, fallen sie ersatzlos weg

Die vor geschlagene Stellung des Bundesbeauftragten entspricht eher als die
bisherige den Anforderungen von Artikel 28 Abs. 1 der EG-Datenschutzricht-
linie an die Unabhängigkeit der Kontrollbehörden. Dabei ist zu bedenken, dass
der Bundesbeauftragte überwiegend die Arbeit der Exekutive zu überwachen
hat. Dabei wird er bisher zugleich seinerseits von der Regierung als Spitze der
Exekutive überwacht. Angesichts seiner Funktion ist eine Anbindung an den
Bundestag als dem an erster Stelle mit der Kontrolle der Regierung betrautem
Organ sinnvoller.
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Zu IV. bis VI. (§ 38 BDSG)

Die vor geschlagenen Änderungen geben den Aufsichtsbehörden endlich die
Möglichkeit, von sich aus datenschutzrechtliche Verstöße zu unterbinden. Eine
Aufsichtsbehörde, die über keinerlei wirksame Einwirkungsbefugnisse verfügt,
ist ein zahnloser Papiertiger.

Die neue Formulierung von Absatz 6 soll noch einmal die Notwendigkeit wirk-
lich unabhängiger Aufsichtsbehörden verdeutlichen. Die entsprechenden An-
forderungen ergeben sich allerdings aus der EG-Datenschutzrichtlinie. Welches
Organ der Länder die zuständige Behörde bestimmt, muss den Ländern im
Gegensatz zur bisherigen Regelung schon aus Kompetenzgründen selbst über-
lassen werden.

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