BT-Drucksache 14/5799

Auswärtige Kulturpolitik für das 21. Jahrhundert

Vom 4. April 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5799
14. Wahlperiode 04. 04. 2001

Antrag
der Abgeordneten Monika Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin), Hans-Werner Bertl,
Klaus Hagemann, Reinhold Hemker, Monika Heubaum, Angelika Krüger-Leißner,
Horst Kubatschka, Lothar Mark, Michael Roth (Heringen), Dr. Hansjörg Schäfer,
Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Gisela Schröter, Ludwig Stiegler, Jörg Tauss,
Gert Weisskirchen (Wiesloch), Hanna Wolf (München), Dr. Peter Struck und der
Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Rita Grießhaber, Dr. Antje Vollmer, Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswärtige Kulturpolitik für das 21. Jahrhundert

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Auswärtige Kulturpolitik als integraler Bestandteil der Außenpolitik steht
vor neuen Herausforderungen. Seit den sechziger Jahren ist die Auswärtige
Kulturpolitik die „Dritte Säule“ der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutsch-
land. Neben der klassischen Diplomatie und der Außenwirtschaftspolitik wurde
sie zu einem eigenständigen Standbein deutscher Außenpolitik. Seit Ende des
Zweiten Weltkrieges vermittelt sie deutsche Sprache und Kultur nach außen
und trägt so dazu bei, dass die Welt nach der Katastrophe der nationalsozialisti-
schen Diktatur und des Weltkrieges ein anderes und neues Bild von einem de-
mokratischen Deutschland – in Abgrenzung zur DDR – bekam. Im Übrigen
stellt sie die Vielfalt von historischer und zeitgenössischer Kultur neben infra-
strukturellen und Umweltaspekten als wichtigen Faktor für die Attraktivität des
Standortes Deutschland dar.

Seit dem Fall der Mauer muss Auswärtige Kulturpolitik unter veränderten Rah-
menbedingungen gestaltet werden. Deutschland und seine Rolle in der Welt
haben sich seit der Wiedervereinigung verändert. Den Ost-West-Konflikt gibt
es nicht mehr. Die europäische Integration wird weiter voran getrieben. Die
EU-Erweiterung für mittel- und osteuropäische Länder steht an.

Die Konfliktlage in der Welt hat sich im letzten Jahrzehnt entscheidend gewan-
delt. Wir haben es überwiegend mit innerstaatlichen Konflikten zu tun. Diese
sind oft ethnisch oder religiös begründet, d. h. ihnen liegen auch kulturelle
Konfliktursachen zugrunde. Deshalb müssen neue Wege in den internationalen
Beziehungen beschritten werden. Wenn kulturelle Faktoren eine entscheidende
Rolle in Konflikten spielen, dann müssen auch neue Strategien, die sich auf
diese kulturellen Faktoren beziehen, zur Konfliktvermeidung und Konfliktbe-
hebung entwickelt werden. Die von der Bundesregierung vorgelegte „Konzep-
tion 2000“ zur Auswärtige Kulturpolitik nimmt diese Überlegung auf und stellt
fest, dass die Auswärtige Kulturpolitik auch an den Zielen deutscher Außen-
politik wie Konfliktverhütung und Friedenssicherung ausgerichtet ist. Dem-

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nach kann die Auswärtige Kulturpolitik heute auch im Sinne eines erweiterten
Sicherheitsbegriffs einen Beitrag leisten zu einer „Kultur der Prävention“, die
der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, einforderte.

Auch die Globalisierung und die Entwicklungen der Medien- und Informati-
onstechnologien bringen immer mehr Menschen aus unterschiedlichen Kulturen
miteinander in Kontakt und stellen die Auswärtige Kulturpolitik vor neue Her-
ausforderungen. Ging es früher mehr um die Vermittlung deutschen Kultur-
lebens, auch im Wettbewerb mit der DDR, so sind am Beginn des 21. Jahrhun-
derts neue Aufgaben zu bewältigen und neue Schwerpunkte zu setzen. In Fort-
führung der schon für die KSZE entwickelten Gedanken geht es darum,
Demokratie und die Entstehung und Stärkung von Zivilgesellschaft zu fördern
und zur kritischen Reflexion der eigenen Geschichte beizutragen. Die Auswär-
tige Kulturpolitik ist heute mehr als eine Informationsquelle über unsere Kultur
und unser Land. Sie beruht auf Dialog, dem Austausch zwischen verschiedenen
Kulturen, der Zusammenarbeit von Menschen und der Entwicklung von Men-
schenrechten und Demokratie. In diesem Kontext spielt auch die Entwicklungs-
politik eine wichtige Rolle.

1. Dialog als Konfliktvermeidungsstrategie

Die Begegnung der Kulturen ist die Chance des 21. Jahrhunderts. Im Zeitalter
der Globalisierung bietet die Kommunikation zwischen den Kulturen die
Chance für friedliche Kooperation, für Konfliktvermeidung und verständnis-
orientierten Dialog. Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2001 als das „In-
ternationale Jahr des Dialogs zwischen den Kulturen“ bezeichnet. Dies ist
dem Deutschen Bundestag eine besondere Verpflichtung. Der gegenseitige
Austausch, das Verstehen des Anderen, der Respekt vor anderen Kulturen,
Gebräuchen und Sitten, das gegenseitige Geben und Nehmen, also die vom
Auswärtigen Amt so genannte „Zweibahnstrasse“, ist der Weg, der in Zu-
kunft verstärkt in der internationalen Zusammenarbeit gegangen werden
muss. Auswärtige Kulturpolitik sollte in Zukunft noch mehr am dialogischen
Prinzip ausgerichtet sein.

Es muss in der Auswärtige Kulturpolitik verstärkt darum gehen, die Zivilge-
sellschaft, ihre Institutionen und vielfältigen Verbindungen und Netzwerke
als Basis der internationalen Kulturbeziehungen zu fördern. Beziehungen
zwischen verschiedenen Ebenen der Zivilgesellschaft können unterhalb der
politischen und diplomatischen Ebene Türen zum gegenseitigen Verständnis
und verbesserter Kommunikation öffnen und bereits dort konfliktverhin-
dernd wirken.

Um Auswärtige Kulturpolitik im Dialog zu gestalten, müssen gemeinsame
Arbeitsprozesse auf allen Ebenen – kommunal, föderal, in den Verbänden –
organisiert werden, um einen echten Austausch zu fördern. Unterschiedliche
kulturelle Ansätze und die Diversität der Kulturen erfordern neue Möglich-
keiten der Begegnung, wobei kulturelle Orientierungen als Regulativ für
einen neuen globalen Gesellschaftsvertrag dienen können. Die Vielfalt der
Kulturen muss als Ressource der Auswärtige Kulturpolitik betrachtet wer-
den. In diesem Zusammenhang müssen wir die Besteuerung ausländischer
Künstler reformieren, die inzwischen zu einem Hindernis für kulturelle Aus-
tauschaktivitäten von kleineren und mittleren Veranstaltern geworden ist.

2. Innenpolitische Dimension der Auswärtigen Kulturpolitik

Die gesellschaftliche und kulturelle Realität Deutschlands ist die Basis der
Auswärtige Kulturpolitik. Mithilfe der Auswärtige Kulturpolitik können wir
im Ausland nur die in Deutschland tatsächlich lebendige Kultur vermitteln.
Deshalb muss Auswärtige Kulturpolitik in Deutschland beginnen. Sie darf
nicht nur nach außen gerichtet sein, sondern muss auch Dialog und Ver-
ständnis für andere Kulturen in der inländischen Bevölkerung ermöglichen,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/5799

damit Vorurteile gegenüber dem Fremden abgebaut werden. In einer Zeit
schnell arbeitender Medien und moderner Kommunikation werden auf
kürzesten Wegen Deutschlandbilder nach außen transportiert. Die Wirkung
dieser Außendarstellung ist nicht zu unterschätzen. Es muss uns gelingen,
das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft
im eigenen Land friedlich zu gestalten. Nur so können wir glaubwürdig am
internationalen Dialog der Kulturen teilnehmen. Und nur dann hat unser
Ziel, attraktiv für kreativ tätige Menschen, Multiplikatoren, künftige Ent-
scheidungsträger und Eliten des Auslands zu sein, sie dazu zu bewegen ihr
Know-how in den Dialog einzubringen oder die deutsche Sprache zu lernen,
die Chance realisiert zu werden.

Die auswärtige Kulturarbeit der kommunalen Gebietskörperschaften und der
Länder wurde in der Vergangenheit nicht überall wahrgenommen. Sie ge-
winnt aber zunehmend an Bedeutung. Botschaften und Konsulate vertreten
Staat und Gesellschaft in der Regel als ein sublimiertes Ganzes; die Vielfalt
der Städte, Gemeinden und Regionen kommt dabei nicht immer zum Tragen.
Die Kommunen tragen heute ca. 65 % der rund 15 Mrd. DM, die für Kultur
insgesamt ausgegeben werden. Viele kommunale Gebietskörperschaften sind
dabei, kulturelle Beziehungen zum Ausland zu organisieren und richten ihre
kulturpolitischen Konzepte entsprechend aus. Vielfältige Kontakte sind
bereits geschaffen worden. So gibt es konkret Sport- und Kulturaustausch
zwischen verschiedenen Regionen Europas. Ein anderes wichtiges Beispiel
für Kooperationen mit dem Ausland sind die Städtepartnerschaften. Auf die-
ser Basis findet Austausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern, zwischen den
Zivilgesellschaften, aber auch zwischen Organisationen und Verwaltungen
statt, ein kultureller Austausch, der eigenverantwortlich und autonom ent-
wickelt wird. Diese Strukturen sind für einen fruchtbaren kulturellen Dialog
unverzichtbar. Daneben bereiten sie den Boden für wirtschaftliche Kontakte.

Für einen solchen Austausch und Dialog ist es auch erforderlich, die Struktu-
ren der betroffenen Einrichtungen einer kritischen Überprüfung zu unter-
ziehen. Der Austausch von Kulturmanagern und Mitarbeitern zwischen den
Institutionen und Verwaltungen, dem Goethe-Institut Inter Nationes und den
Botschaften ist eine naheliegende konkrete Maßnahme. Eine andere Möglich-
keit der Förderung des Dialogs ist die vermehrte Berufung von Künstlerinnen
und Künstlern in Regierungs- und Parlamentsdelegationen. Die Förderung
von Dialogstrukturen auf dieser Ebene der Politik ist wünschenswert.

3. Mittlerorganisationen

Anders als in England oder Frankreich, wo Auswärtige Kulturpolitik staats-
nah organisiert ist, haben wir in Deutschland als Konsequenz aus dem Miss-
brauch der Auswärtige Kulturpolitik unter der nationalsozialistischen Herr-
schaft die Auswärtige Kulturpolitik staatsfern über Mittlerorganisationen
organisiert. Diese Mittlerorganisationen haben in den letzten Jahrzehnten eine
unschätzbare Arbeit bei der Vermittlung von Kultur geleistet. Auf diesen Er-
fahrungen wird auch in Zukunft aufgebaut werden. Dennoch sind zum einen
angesichts der Umwälzungen im internationalen Staatensystem Reformen
nötig. Andererseits müssen die Kulturverwaltungen vor dem Hintergrund
knapper Haushalte künftig noch effizienter arbeiten. In den Verwaltungen
wird oftmals nicht Kultur vermittelt, sondern es werden Kulturvermittler ver-
waltet. In diesen notwendigen Reformen liegen Chancen, z. B. dann, wenn
Strukturen gestrafft und dadurch Mittel für die Programmarbeit freigesetzt
werden können.

Goethe-Institut Inter Nationes (GIIN)

Die Leistung der Bundesregierung, die längst überfällige Fusion zwischen
dem Goethe-Institut und Inter Nationes zu realisieren, ist zu würdigen. Das

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GIIN ist die Mittlerorganisation mit der größten Breitenwirkung. Es ermög-
licht vielen Menschen im Ausland die Möglichkeit, einen Zugang zur deut-
schen Kultur und Sprache zu bekommen. Das GIIN gehört im In- und Aus-
land zu den angesehensten Kulturinstitutionen. Seine Arbeit ist und bleibt
unverzichtbar in der internationalen kulturellen Zusammenarbeit und bei der
Vermittlung eines kritisch-konstruktiven Bildes Deutschlands im Ausland.
Dazu gehört auch die Vermittlung und Einladung von ausländischen Künst-
lerinnen und Künstlern bzw. Kulturvertretern an inländische Kulturinstituti-
onen und Veranstalter.

Die Arbeit der Goethe-Institute im Ausland wird dort, wo es möglich ist, in
Zukunft effizienter gestaltet werden müssen. Möglich sind z. B. Kooperatio-
nen mit Schulen vor Ort oder das verstärkte Zurückgreifen auf Ortskräfte.
Außerdem soll die deutsche Wirtschaft dazu gewonnen werden, sich für
„ihr“ Institut vor Ort zu engagieren und beispielsweise die Finanzierung
einer Bibliothek oder von Sprachkursen übernehmen. Dies liegt auch im
Eigeninteresse der Unternehmen. Insgesamt sollte der Ressourceneinsatz
von Mitteln der Auswärtige Kulturpolitik in den Gastländern besser koordi-
niert werden. Dabei ist zu prüfen, welche Schritte zu einer besseren Koordi-
nation zwischen Auslandsvertretungen und den Auslandsinstituten von GIIN
noch zusätzlich geleistet werden können. Insbesondere die Übertragung von
Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit – auch von den Informationszentren der
Botschaften – auf GIIN sollte im Zuge des neuen Rahmenvertrages geprüft
werden.

Das Netz der Institute muss weiter an die realen Gegebenheiten des Kultur-
austausches unter den Bedingungen moderner Kommunikationsstrukturen
[in einer globalisierten Welt] angepasst werden. Da eine flächendeckende
Beschickung mit Goethe-Instituten klassischen Typs nicht mehr zu leisten
ist, müssen politisch und strategische motivierte Prioritäten gesetzt werden.

Institut für Auslandsbeziehungen

Das Institut für Auslandsbeziehungen ist zuständig für Künstleraustausch
und Ausstellungen. Es unterhält eine große Bibliothek zur Auswärtigen Kul-
turpolitik. Das Institut bedient mit seiner Ausstellungsarbeit das nach wie
vor große Interesse an zeitgenössischer Kunst aus Deutschland. Bildende
Kunst aus Deutschland ist international gefragt: unter den zehn weltweit
erfolgreichsten Künstlern sind 4 Deutsche, von den hundert international
erfolgreichsten Künstlern sind 25 Deutsche. Um diese Arbeit erfolgreich
weiterzuführen, sollten in Zukunft in den Auswahljurys des Instituts mehr
Künstler vertreten sein, damit diese Gesellschaftsgruppe ihr Interesse an
Kulturaustausch besser vertreten kann.

Deutscher Akademischer Austauschdienst und Alexander von Humboldt-
Stiftung

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Alexander
von Humboldt-Stiftung (AvH) sind für den Studenten- und Wissenschaftler-
austausch etablierte und gut funktionierende Einrichtungen. Wir begrüßen
daher die Aufstockung der Mittel um 21 Mio. DM. Wir müssen Barrieren
verringern, damit ausländische Studierende und Wissenschaftler nach dem
Studium hier arbeiten können. Es ist sicherzustellen, dass auch die auf der
Grundlage dieser Mittel entworfenen Programme in den nächsten Jahren
fortgeführt werden. Es ist eine Investition in die Zukunft unseres Landes.
Aufgrund der immer schneller verlaufenderen Entwicklungen im Wissen-
schaftssektor ist Deutschland auch in Zukunft darauf angewiesen, den Aus-
tausch junger Universitätsangehöriger stetig zu fördern. Die hauptsächlichen
Aufgabenschwerpunkte müssen aber die Universitäten selber leisten, indem
sie Werbekampagnen durchführen und englischsprachige Studiengänge an-
bieten.

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Deutscher Musikrat

Der Deutsche Musikrat ist über seine Verbindungsstelle für Internationale
Beziehungen (VIB) im Auftrag des Auswärtigen Amts (AA) und des Bun-
desministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit
Aufgaben der musikalischen Auslandsarbeit und des internationalen Jugend-
austausches befasst. Im Rahmen der Auswärtigen Kulturpolitik fördert die
VIB vor allem Gastspiele deutscher Amateur- und Spitzennachwuchs-
ensembles im Ausland und Musikprojekte im Rahmen des Jugendaus-
tausches in beide Richtungen. Dies ermöglicht vor allem jungen, kreativ tä-
tigen Menschen, sich auszutauschen und gegenseitig zu bereichern.

Auslandsschulwesen und pädagogischer Austauschdienst

Die Auslandsschulen spielen bei der Vermittlung der deutschen Sprache und
Kultur eine entscheidende Rolle. Diese Rolle gilt es zu stärken durch mehr
Begegnungsschulen. Eine stärkere Kooperation der europäischen Länder
und den Trägern von Auslandsschulen wird gefordert, um mehr Eurocam-
pus-Schulen zu entwickeln. Insbesondere in Schwellen- und Entwicklungs-
ländern können durch eine intensivere Zusammenarbeit mit Vertretern der
deutschen Wirtschaft die berufsbildenden Zweige ausgebaut und damit eine
erhöhte lokale Nachfrage nach Absolventen des dualen Systems anzuregen.

Für die Förderung internationaler Kontakte und Austauschaktivitäten im
Schulbereich erhält der Pädagogische Austauschdienst der Kultusminister-
konferenz Auswärtige Kulturpolitik-Fördermittel. Seine Schwerpunkte sind
die Pflege von Schulpartnerschaften, die Weiterbildung von Ortskräften so-
wie Besuchsprogramme für ausländische und deutsche Schüler. Der Pädago-
gische Austauschdienst fördert Toleranz und gegenseitiges Verständnis. Er
ist für die Grundlagen internationaler Dialogbereitschaft entscheidend, weil
er jungen Menschen ermöglicht, sich mit anderen Vorstellungen und Werten
auseinanderzusetzen.

Deutsche UNESCO-Kommission

Die Deutsche UNESCO-Kommission (DUK) in Bonn ist die deutsche Ver-
bindungsstelle für UNESCO-Aktivitäten und ist in allen UNESCO-Pro-
grammbereichen tätig. Für die internationalen Konventionen des Schutzes
von Kulturgütern und des Naturerbes der Menschheit und deren Durchfüh-
rung agiert die DUK aktiv in Deutschland und arbeitet mit allen anderen
UNESCO-Nationalkommissionen zusammen. Die DUK ist beauftragt, das
„Internationale Jahr des Dialogs zwischen den Kulturen“ 2001 der Vereinten
Nationen in Deutschland mit verschiedenen Projekten der interkulturellen
Zusammenarbeit zu gestalten und bekannt zu machen. Wir hoffen, dass die
vielen internationalen Projekte den Dialog und die Verständigung stärken.

Nationales Olympisches Komitee und Deutsche Gesellschaft für technische
Zusammenarbeit

Das AA fördert die Sportbeziehungen mit Ländern der Dritten Welt, mit
MOE/GUS-Staaten, der VR China und der Mongolei durch Fußball- und
Leichtathletik-Langzeitprojekte, die eine hohe Öffentlichkeits- und Breiten-
wirkung haben. Sowohl das Nationale Olympische Komitee als auch die
Gesellschaft für technische Zusammenarbeit führen diese Projekte durch,
die dazu beitragen, Deutschland als sympathisches und weltoffenes Land
darzustellen. Darüber hinaus werden Lehrgangsmaßnahmen gefördert, bei
denen Trainerinnen und Trainer aus Ländern Afrikas, Asiens und Latein-
amerikas die Möglichkeit haben, ihre Kenntnisse zu vertiefen und Deutsch-
land als gastfreundliches Land kennenzulernen. Nach Jahren der Haushalts-
kürzungen begrüßen wir die Aufstockung der Mittel auf 5,69 Mio. DM. Sie
werden sowohl den Langzeitprojekten als auch den Lehrgangsmaßnahmen
zu Gute kommen.

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Deutsche Welle

Die Deutsche Welle (DW) ist der deutsche Auslandsrundfunk. Er unterhält
ein Radioprogramm mit 30 Sprachen und ein Fernsehprogramm in drei
Sprachen, in denen täglich gesendet wird. Dazu kommt eine Internetpräsenz
mit ebenfalls 30 Sprachen. Als Medium zur Darstellung der deutschen Po-
litik, Wirtschaft und Kultur kommt der DW entscheidende Bedeutung zu.
Daneben spielt sie eine zunehmend größere Rolle in Krisengebieten. Auch
in Zusammenarbeit mit anderen Auslandssendern produziert die DW Kri-
senpräventionsradio; momentan erfolgreich im ehemaligen Jugoslawien.
Diese Rolle wird in der internationalen Kulturzusammenarbeit wichtiger
werden, deshalb wird der Ausbau geplant.

Die DW steht vor Umstrukturierungen größeren Ausmaßes. Neben der
Novellierung des gesetzlichen Auftrages zur Regelung der Online-Präsenz,
der Einführung eines Finanzierungsmechanismuses und der Funktion als
Krisenradio geht es um eine Regionalisierung des Sendebetriebes, die Defi-
nition der Zielgruppen und die Einführung eines „best of-Programmes“ für
das Fernsehen. Die Online-Präsenz soll als drittes Standbein der DW ausge-
baut werden.

Der Programmauftrag (weltweite Vermittlung eines Deutschlandbildes) ist
als ausschließliche Hauptaufgabe nicht mehr zeitgemäß. Der DW fehlt die
Orientierung an gegenseitigem Kulturaustausch. Die Novellierung des Pro-
grammauftrages (§ 4 DW Gesetz) ist daher vordringlich. Die reine Informa-
tionsvermittlung über Deutschland reicht nicht mehr aus, da diese Art von
Informationsvermittlung jederzeit und für jeden abrufbar aus anderen Quel-
len möglich ist. Demokratieentwicklung und Spracherwerb sind wesentliche
zusätzliche Elemente.

4. Förderung der deutschen Sprache im Ausland

Die Förderung der deutschen Sprache im Ausland bleibt ein zentrales Anlie-
gen der Auswärtige Kulturpolitik. Auch wenn die Nachfrage nach Deutsch-
unterricht weltweit stark bleibt, so wird Deutsch immer mehr vom Engli-
schen verdrängt. In der Computersprache und im Internet hat sich Englisch
als Mittel der Verständigung etabliert. Auch in den Naturwissenschaften hat
Deutsch längst seinen Stellenwert als internationale Wissenschaftssprache
verloren.

Vor diesem Hintergrund müssen wir versuchen, Deutsch international als
eine zweite Fremdsprache zu etablieren. Die Konzentration der zur Verfü-
gung stehenden Ressourcen auf Schwerpunktregionen wie z. B. die mittel-
und osteuropäischen Staaten und der GUS einerseits und Multiplikatoren
andererseits – ohne die notwendige Unterstützung des Deutschunterrichts
außerhalb von Schwerpunktregionen zu vernachlässigen – hat nach wie vor
Priorität. Auch die Sprachverwendung in Deutschland ist eine wichtige
Frage der kulturellen Identität.

5. Regionalisierung und Globalisierung der internationalen Kulturbezie-
hungen

Auch in den internationalen Kulturbeziehungen findet Globalisierung statt.
Vor diesem Hintergrund hat die Auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepu-
blik Deutschland die Aufgabe, innerhalb der Globalisierung die kulturelle
Vielfalt als Teil der europäischen Identität zu repräsentieren sowie kulturelle
Entwicklungen auf dem festen Fundament der Menschenrechte im Sinne
einer „Kultur der Freiheit“ zu begleiten. In Europa muss es dabei um ein
zivilisatorisches Integrationsprojekt gehen, dass weit über die sicherheits-
und wirtschaftspolitische Integration hinaus geht. Ziel ist die lebendige euro-
päische Bürgergesellschaft. Dazu gehört die konkrete Ausgestaltung und

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/5799

Stärkung der Kulturkomponente in der EU-Politik insgesamt als eigenes
Steuerungselement. Die Ausgestaltung der europäischen Kulturbeziehungen
als aktive Konfliktprävention auf der Grundlage demokratischer Werte und
Interessen und die Vermittlung dieses Wertefundaments ist im globalen
Wettbewerb der Gesellschaftsentwürfe ein dringend notwendiger Schritt,
vor allem auch in Hinblick auf die Osterweiterung der Europäischen Union.
Eine wichtige Maßnahme dafür ist die Einrichtung gemeinsamer europäi-
scher Kulturhäuser in Ländern, die nicht oder noch nicht der EU angehören.
Im Zuge der Umstrukturierung der Goethe-Institute Inter Nationes ergeben
sich hier vielfältige Möglichkeiten neuer Formen der Kooperation, wie sie
z. B. in Genua oder Palermo praktiziert werden.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich auf allen Ebenen für die Auswärtige Kulturpolitik einzusetzen, damit
sie weiter ihre zentrale Rolle als glaubwürdige Moderatorin in der Außen-
politik spielen kann.

2. die finanziellen Mittel für die Mittlerorganisationen zu konzentrieren und
zu budgetieren und eine flexible Haushaltsführung möglich zu machen.

3. die zunehmende Kommunalisierung der Auswärtige Kulturpolitik unter-
stützend zu begleiten und in diesem Zusammenhang die Kräfte der Zivilge-
sellschaft mehr als bisher in die Strukturen der Auswärtige Kulturpolitik
einzubinden.

4. zu Inhalten, Perspektiven und Schwerpunkten der Auswärtige Kulturpolitik
eine Evaluierung – auch unter Einbeziehung des Parlaments und externen
Sachverstandes – vorzunehmen.

5. sich für die Etablierung von internationalen kulturpolitischen Dialogstruk-
turen zu engagieren, die langfristig eine stärkere Präsenz zivilgesellschaft-
licher Akteure in den internationalen Kulturbeziehungen möglich macht.

6. der Auswärtigen Kulturpolitik insgesamt ein klares Profil und einen höhe-
ren Stellenwert zu verschaffen und sie als außenpolitisches Konfliktver-
meidungssystem stärker als bisher in die allgemeine Außenpolitik zu inte-
grieren.

7. eine stärkere und größere Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern bei
offiziellen Regierungsdelegationen zu ermöglichen, um damit auch den
Kulturtransfer von und nach Deutschland zu verbessern.

8. deutsche Künstlerinnen und Künstler mit internationalem Renommee und
herausragende Ereignisse deutscher Kultur (z. B. Ausstellungen, Theater-
aufführungen, Konzertreisen) im Ausland noch stärker zu fördern.

9. die Förderung von Sportbeziehungen sowohl im Rahmen der Auswärtigen
Kulturpolitik als auch durch mehr Maßnahmen der Entwicklungszusam-
menarbeit zu verstärken.

10. den Austausch von Mitarbeitern zwischen Kulturinstitutionen, Botschaften
sowie Goethe-Institut Inter Nationes zu fördern.

11. die Bedingungen für Studierende aus dem Ausland in Deutschland stetig
weiter zu verbessern und ihnen auch außerhalb der green card-Regelung
Arbeitsmöglichkeiten nach dem Studium zu ermöglichen.

12. die Möglichkeiten für gegenseitigen Kulturaustausch kleiner und mittlerer
Kulturveranstalter im Hinblick auf die Besteuerung ausländischer Künstler
zu verbessern.

13. im Ausland verstärkt als Promotor für Künstlerinnen und Künstler aus
Deutschland als auch für Kulturprodukte wie Film und Bücher aufzutreten.

Drucksache 14/5799 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
14. das Potenzial derjenigen Ausländer, die in Deutschland studiert haben für
den Dialog zwischen ihren Heimatländern und Deutschland besser zu nut-
zen und zu fördern.

Berlin, den 4. April 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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