BT-Drucksache 14/5770

Unterschiedliche Festlegungen in den Bundesländern über die nicht der Strafverfolgung unterliegende "geringe Menge" von Drogen zu Eigenkomsum

Vom 3. April 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5770
14. Wahlperiode 03. 04. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Unterschiedliche Festlegungen in den Bundesländern über die nicht der
Strafverfolgung unterliegende „geringe Menge“ von Drogen zum Eigenkonsum

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 9. März 1994
(Aktenzeichen 2 BvL 43/92 u. a.) entschieden, dass bei der Strafverfolgung des
Konsums illegaler Drogen „geringe Mengen“ von Drogen zum Eigenkonsum
nicht der strafrechtlichen Verfolgung unterliegen müssen. Allerdings sei die
unterschiedliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften in den Bundes-
ländern bedenklich. Die Länder treffe die Pflicht, für eine im Wesentlichen ein-
heitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen.

Dieser Verpflichtung sind die Länder bis heute nicht nachgekommen. Eine ge-
meinsame bzw. einheitliche Verwaltungsvorschrift der Länder, die dafür sorgt,
dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt und eine einheitliche
Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften gewährleistet ist, besteht bis heute
nicht.

Der Deutsche Bundestag hat das Betäubungsmittelgesetz (BTMG) im letzten
Jahr in mehreren Punkten geändert. In Artikel 31a Abs. 1 BTMG wurde ein
Satz eingefügt, der für den Konsum in Drogenkonsumräumen festlegt, dass von
einer Strafverfolgung abgesehen werden soll, wenn bei einer Person Betäu-
bungsmittel „lediglich zum Eigenverbrauch“ und „in geringer Menge“ gefun-
den werden. Wörtlich heißt es in § 31a BTMG nun, dass die Staatsanwaltschaft
von einer Strafverfolgung absehen „kann“, wenn „die Schuld des Täters als ge-
ring anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht
und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer
Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonsti-
ger Weise verschafft oder besitzt“ (Betäubungsmittelgesetz in der Fassung vom
1. April 2000). Was genau eine „geringe Menge“ ist, ist damit weiterhin nicht
bestimmt.

In der Praxis ist aufgrund dieser Situation die Strafverfolgung oder Nichtverfol-
gung in den Bundesländern weiterhin sehr unterschiedlich.

Nach Auskunft von Betroffenen können derzeit in den Bundesländern straffrei
bleiben:

– Berlin: 5 Gramm Cannabis

– Brandenburg: 6 Gramm Cannabis

– Bremen: 10 Gramm Cannabis, 0,5 Gramm Heroin

– Hamburg: 10 Gramm Cannabis, 1 Gramm Heroin oder Kokain

– Hessen: 30 Gramm Cannabis, 1 Gramm Heroin

Drucksache 14/5770 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
– Nordrhein-Westfalen: 10 Gramm Cannabis, 0,5 Gramm Heroin

– Rheinland-Pfalz: 20 Gramm Haschisch, 100 Gramm Marihuana

– Saarland: 10 Gramm Haschisch

– Schleswig-Holstein: 30 Gramm Cannabis, 1 Gramm Heroin

– Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen: Einzelfallprüfung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Kann die Bundesregierung die beschriebene unterschiedliche Handhabung
der Strafbefreiung bzw. Nichtverfolgung von „geringen Mengen“ von ledig-
lich zum Eigenverbrauch bestimmten Betäubungsmitteln bestätigen?

Wenn nein, wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 1994 derzeit in den verschiedenen
Bundesländern umgesetzt (bitte Angaben je Bundesland)?

2. Welche Schritte will die Bundesregierung ergreifen, um im Benehmen mit
den Bundesländern die im Urteil des Bundesverfassungsgericht seit sieben
Jahren geforderte einheitliche Praxis in den Bundesländern herzustellen?

Berlin, den 29. März 2001

Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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