BT-Drucksache 14/5767

Für ein modernes Ausfuhrgewährleistungssystem

Vom 4. April 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5767
14. Wahlperiode 04. 04. 2001

Antrag
der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Dr. Ditmar Staffelt, Klaus Barthel
(Starnberg), Dr. Axel Berg, Hubertus Heil, Jelena Hoffmann (Chemnitz), Volker
Jung (Düsseldorf), Werner Labsch, Christian Lange (Backnang), Dieter Maaß
(Herne), Christian Müller (Zittau), Birgit Roth (Speyer), Thomas Sauer, Wilhelm
Schmidt (Salzgitter), Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Wolfgang Weiermann, Dr. Rainer
Wend, Dr. Margrit Wetzel, Klaus Wiesehügel, Dr. Norbert Wieczorek, Engelbert
Clemens Wistuba, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für ein modernes Ausfuhrgewährleistungssystem

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Hermes-Exportbürgschaften haben sich in der Vergangenheit als Instrument der
Exportförderung bewährt. Politische und wirtschaftliche Risiken lassen sich bei
vielen Exportmärkten anderweitig nicht adäquat absichern. Durch Hermes-
Bürgschaften werden bestimmte Exportgeschäfte erst ermöglicht und deutsche
Exporteure in die Lage versetzt, im internationalen Wettbewerb mitzuhalten.
Da Hermes-Bürgschaften hauptsächlich zur Absicherung von Risiken in Ent-
wicklungsländern eingesetzt werden, sind die umwelt- und entwicklungspoliti-
schen Auswirkungen der Exportförderung wesentlicher Bestandteil der zu be-
rücksichtigenden Faktoren.

1. Ziele

 Oberstes Ziel der Ausfuhrgewährleistungen ist die Förderung des deutschen
Exportes zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Die deutsche
Wirtschaft erhält dadurch Chancengleichheit im internationalen Wettbe-
werb, da alle Exportnationen ihre Unternehmen auf vergleichbare Weise un-
terstützen. Die Ausfuhrgewährleistungen des Bundes bilden für schwierige
Märkte und gerade in Krisenzeiten ein wichtiges Instrument zur Aufrechter-
haltung der wirtschaftlichen Beziehungen und zur Förderung von Exporten
in diese Länder. Vor dem Hintergrund der hohen volkswirtschaftlichen Be-
deutung der Exporte für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland ist
die Wahrung des level playing field im internationalen Wettbewerb von gro-
ßer Wichtigkeit. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Förderungs-
würdigkeit auch von Umweltaspekten im weiteren Sinne, d. h. ökologi-
schen, sozialen und entwicklungspolitischen Auswirkungen abhängt. Dabei
können sich festgestellte Umweltrisiken nicht nur über die Förderungswür-
digkeit eines Projektes, sondern – im Rahmen der Kreditrisiko-Analyse –

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auch über die risikomäßige Vertretbarkeit auf die Entscheidung über die In-
deckungnahme auswirken.

 Die Exportförderung ist ein wichtiges Instrument zur Mittelstandsförderung:
72 % der Deckungsanträge werden von mittelständischen Unternehmen ge-
stellt. Darüber hinaus sind auch bei großen Exportgeschäften in der Regel
viele kleine und mittlere Unternehmen als Zulieferer beteiligt. Gerade für
mittelständische Unternehmen ist die Information über und die Absicherung
von politischen Instabilitäten, über wachsende Verschuldung und Devisen-
engpässe des Empfängerlandes von besonderer Bedeutung. Auch ist für den
Mittelstand die Unterstützung bei der Erstellung eines Finanzierungskon-
zeptes besonders wichtig, nicht zuletzt aus den Größennachteilen gegenüber
möglichen Wettbewerbern.

 Handelsbeziehungen können einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen
Entwicklung in den Entwicklungs- und Schwellenländern leisten. Dies gilt
auch vor dem Hintergrund krisenhafter Entwicklungen, wie sie z. B. in Süd-
ostasien oder den GUS-Staaten zu beobachten waren. Der größte Teil aller
Deckungen (2000: 87 %) wird für Entwicklungsländer und insbesondere in
Schwellenländer übernommen. Damit leistet die Bundesrepublik Deutsch-
land einen positiven Beitrag zum Technologietransfer und zur Einbindung
der Entwicklungsländer in die internationale Arbeitsteilung. Durch eine sys-
tematische Überprüfung der Auswirkungen auf Umwelt und Entwicklung
wird dieser Beitrag noch gestärkt.

2. Bisherige Ansätze der Modernisierung

Hermes-Bürgschaften sind in den weit überwiegenden Fällen sehr sinnvoll und
funktionieren problemlos. Von den über 30 000 Anträgen in einem Jahr ist nur
ein kleiner Teil umstritten, der Großteil wird ohne Befassung der Ministerien
von den Mandataren nach generellen Vorgaben entschieden. Der Streit entzün-
det sich an einzelnen Großprojekten sowie an kleineren sensiblen Lieferungen
wie z. B. Zulieferungen an Kernkraftwerke, in denen die Leitung der IMA-Res-
sorts eine Entscheidung herbeiführen muss. Durch eine frühzeitige Berücksich-
tigung von ökologischen, menschenrechtlichen, sozialen und entwicklungs-
politischen Gesichtspunkten lassen sich Verzögerungen und Unsicherheiten
vermeiden.

 Bereits seit 1998 werden ökologische, soziale und entwicklungsverträgliche
Gesichtspunkte stärker als in der Vergangenheit berücksichtigt. Bei allen
Projekten ab einem bestimmten Auftragswert werden – als Pilotversuch –
seit 1999 in einem Screening-Verfahren ökologische, soziale und entwick-
lungsverträgliche Kriterien einbezogen. Darüber hinaus muss der Antrag-
steller seit 1. Juli 2000 schriftlich versichern, dass der Exportvertrag nicht
durch strafbare Handlungen, insbesondere Bestechung, erlangt wurde. Zur
Förderung des Mittelstandes hat die Bundesregierung Ende 2000 eine Rah-
menkreditdeckung eingeführt, um insbesondere für kleinere und mittlere
Unternehmen den Zugang zu Exportfinanzierungen zu erleichtern. Darüber
hinaus ist die Beratung des Mittelstandes verbessert worden.

3. Diesen ersten Modernisierungsschritten müssen weitere folgen:

 Leitlinien

Deshalb begrüßt der Deutsche Bundestag ausdrücklich, dass sich der IMA Leit-
linien für die Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und entwicklungs-
politischen Gesichtspunkten bei der Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen
des Bundes gegeben hat und empfiehlt, auch menschenrechtliche Aspekte ein-
zubeziehen. Der Deutsche Bundestag erwartet, dass die Leitlinien in der Praxis

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/5767

mit einem hohen Grad an Verbindlichkeit angewendet werden. Dies trifft insbe-
sondere auf die in den Leitlinien festgelegte eingeschränkte Exportförderfähig-
keit bei hochsensiblen Projekten wie Kernkraftwerken, Rüstungsexporten, Ex-
porten gefährlicher Chemikalien und bei großen Staudammprojekten zu.
Erwartet wird außerdem, dass die notwendigen Instrumente und Kapazitäten
geschaffen werden, um eine systematische Überprüfung von sozialen, umwelt-
und entwicklungspolitischen Auswirkungen zu erlauben.

 OECD

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der
OECD die Erarbeitung und Durchsetzung gemeinsamer Leitlinien zur Vergabe
von Exportkreditversicherungen entsprechend dem Auftrag des Kölner Welt-
wirtschaftsgipfels vom Juni 1999 intensiv voranzutreiben. Daneben gilt es,
darauf hinzuarbeiten, dass die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, die
vor einer Bürgschaftsentscheidung durch Einstellung von Informationen ins
Internet zu Projekttyp/Warenart, Projektort und Größenklasse anzustreben ist,
erhöht wird.

 Transparenz gegenüber dem Parlament

Zur Stützung der Informationsrechte des Parlaments wird die Bundesregierung
aufgefordert sicherzustellen, dass neben dem Haushaltsausschuss in Zukunft
auch der für Hermes federführende Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
über die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen von grundsätzlicher Bedeu-
tung, d. h. von sensiblen Geschäften und Großprojekten unterrichtet wird.

 Mittelstandsförderung

Der Anteil des Mittelstandes an den durch Hermes gedeckten Volumen soll
weiter kontinuierlich erhöht werden. Die Bedeutung des Mittelstandes bei der
Lieferung und Produktion von erneuerbaren Technologien gilt es hier beson-
ders zu berücksichtigen.

 Investitionsabsicherung

Eine weitere Herausforderung stellt sich auch den deutschen Exporteuren, von
denen im Zuge internationaler Bietungs- und Ausschreibungsverfahren immer
häufiger erwartet wird, nicht nur die Anlagen zu liefern und zu installieren,
sondern auch die Rolle des Investors und des Betreibers eines Projektes zu
übernehmen. Neben den Ausfuhrgewährleistungen hat die Investitionsabsiche-
rung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Um die Wettbewerbsfähigkeit deut-
scher Unternehmen zu stärken, sind beide Instrumente auf eine mögliche bes-
sere Koordinierung hin zu überprüfen.

Berlin, den 4. April 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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