BT-Drucksache 14/5757

Gezielter und intensiver als bisher Demokratisierung und Wiederherstellung des Rechtsstaates in Simbabwe unterstützen

Vom 3. April 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5757
14. Wahlperiode 03. 04. 2001

Antrag
der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, Siegfried Helias,
Dr. Karl-Heinz Hornhues, Joachim Hörster, Rudolf Kraus, Dr. Manfred Lischewski,
Marlies Pretzlaff, Erika Reinhardt, Hans-Peter Repnik, Dr. Christian Ruck, Peter
Weiß (Emmendingen), Hermann Gröhe, Monika Brudlewsky, Dr. Heiner Geißler,
Dr. Christian Schwarz-Schilling, Rainer Eppelmann, Dr. Erika Schuchardt
und der Fraktion der CDU/CSU

Gezielter und intensiver als bisher Demokratisierung und Wiederherstellung des
Rechtsstaates in Simbabwe unterstützen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die politische und wirtschaftliche Krise, in die Präsident Robert Gabriel
Mugabe und seine Regierung Simbabwe gerissen haben, wird immer tiefer. Im-
mer noch werden Unsummen in den umstrittenen Einsatz der simbabwischen
Armee im Kongo-Konflikt investiert. Gleichzeitig stehen Wirtschaft und Wäh-
rung Simbabwes kurz vor dem Kollaps. Die Arbeitslosenquote beträgt über 50
Prozent, die Inflationsrate gar bis zu 80 Prozent. Hinzu kommt, dass die im süd-
lichen Afrika besonders grassierende Aids-Seuche die simbabwische Bevölke-
rung in apokalyptischem Ausmaß dezimiert – was zu einem erheblichen Teil
der Regierung Robert Gabriel Mugabe zugeschrieben wird, da diese das Epide-
mienrisiko über lange Zeit totgeschwiegen hat. Die von Präsident Robert
Gabriel Mugabe letztes Jahr eingeführte Aids-Steuer soll nach Angaben von
Beobachtern inzwischen in den Kanälen der Regierungsbürokratie versickert
und nicht bei den Kranken angekommen sein.

Cirka 1 700 illegal und entschädigungslos besetzte Farmen sind immer noch
nicht an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben worden. Dort ist der
Farmbetrieb fast überall eingestellt. Angesichts der Tatsache, dass das frucht-
bare Simbabwe ca. zwei Drittel seiner Exporteinnahmen mit Produkten gerade
dieser Farmen erwirtschaftet hat, drohen die Farmbesetzungen der Wirtschaft
den endgültigen Dolchstoß zu verpassen. Trotzdem hält Präsident Robert
Gabriel Mugabe an seinem Plan einer Enteignung von insgesamt bis zu 3 000
Farmen fest. Der Tourismus, eine weitere Stütze der Wirtschaft, ging um über
80 Prozent zurück.

Auch die Bewahrung der Demokratie und der Unabhängigkeit der Rechtspre-
chung sind in Simbabwe ernsthaft gefährdet. Seit mehreren Monaten versucht
die Regierung nun schon, jede Form von Opposition zu behindern. Die poli-
tischen Gegner des Regimes, insbesondere die Mitglieder der bedeutendsten
Oppositionspartei Movement for Democratic Change (MDC) unter Morgan
Tsvangirai, werden systematisch mit Gewalttaten seitens der Regierungspartei-
anhänger, des Militärs und der Polizei verfolgt und eingeschüchtert. Die weni-

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gen unabhängigen Medien sehen sich Benachteiligungen (keine Devisenzutei-
lung für Papier oder Druckerschwärze etc.) und Übergriffen (Bombenanschläge,
Überfälle, Übergriffe auf Reporter etc.) ausgesetzt.

Auch gegen Menschenrechtsaktivisten und kritische Kirchenführer, wie z. B.
Erzbischof Pius Ncube von Bulawayo, wird mit gewalttätigen Übergriffen und
Morddrohungen vorgegangen. Darüber hinaus versucht Präsident Robert
Gabriel Mugabe, nicht die Unabhängigkeit der Rechtsprechung des Landes zu
erhalten. Seine Regierung und seine Schlägertrupps bedrohen Leib und Leben
der Richter und ihrer Familien, die der Regierung nicht genehme Urteile zur
Landreform und zu Landbesetzungen, zur Inhaftierung von Journalisten, zum
Entzug der Staatsangehörigkeit und zur Rundfunkfreiheit gefällt haben. Diese
Urteile wurden wiederum von Regierung, Polizei und Armee regelmäßig miss-
achtet. Richtern asiatischer Herkunft und weißen Richtern wurde gedroht, die
Staatsangehörigkeit zu entziehen und sie des Landes zu verweisen. Auch der
Oberste Richter des Landes, Anthony Gubbay, der im Ruf eines unabhängigen,
konsequenten Richters steht, wurde von Präsident Robert Gabriel Mugabe vor
Ablauf seiner Amtsperiode zum Rücktritt gezwungen. Als Nachfolger wurde
ein Freund Robert Gabriel Mugabes eingesetzt.

Simbabwe leidet auch darunter, dass die Zahl junger gut ausgebildeter schwar-
zer Auswanderer (Ärzte, Ingenieure, Journalisten und Krankenschwestern) sich
im letzten Jahr ungefähr verdoppelt hat.

Zwar kritisieren die Repräsentanten der bilateralen und multilateralen Geber-
gemeinschaft immer wieder die Politik der simbabwischen Regierung und ihres
Präsidenten. Rigorose Gegenreaktionen haben jedoch nur wenige ergriffen.
Auch die Bundesregierung lässt zwar die Finanzielle und einen Teil der Techni-
schen Zusammenarbeit ruhen, zeigt aber ansonsten wenig Bereitschaft für ein
durchgreifendes Engagement gegen Präsident Robert Gabriel Mugabes Regie-
rungsstil und für eine nachhaltige Unterstützung der Zivilgesellschaft und
demokratischen Kräfte in Simbabwe. Einige europäische Gebernationen schei-
nen sogar eifrig bemüht zu sein, sich guter Beziehungen zu Präsident Robert
Gabriel Mugabe zu versichern. Eine einheitliche Phalanx der EU und ihrer Mit-
gliedstaaten gegenüber der Regierung in Simbabwe ist daher momentan kaum
zu erkennen. Dabei lässt sich nicht ausschließen, dass Simbabwes gravierende
Probleme in andere Länder des südlichen Afrikas wie z. B. Namibia und Südaf-
rika exportiert werden. Die Vorkommnisse in Simbabwe haben bereits zu Kurs-
einbrüchen an der Johannesburger Börse und dem Rückzug zahlreicher auslän-
discher Investoren aus den beiden Nachbarländern geführt. Auch wurden dort
vermehrt Rufe nach einer zwangsweise durchgeführten, entschädigungslosen
Landenteignungen insbesondere der weißen Farmer nach simbabwischem Vor-
bild laut. Dabei liegt auf der Hand, dass vernünftige und friedliche Landrefor-
men in von Großgrundbesitz geprägten Entwicklungsländern wie Simbabwe,
Südafrika und Namibia dazu beitragen können, die Armut der Landbevölke-
rung zu lindern und die Agrarproduktion sogar anzukurbeln. Sie müssen sich
jedoch am geltenden Recht orientieren, freiwillig ablaufen und durch ein quali-
fiziertes Ausbildungsprogramm sowie Agrarkreditprogramm für die Neubau-
ern begleitet werden. Auch hierzu lassen die Bundesregierung wie auch der
Rest der Gebergemeinschaft gezielte Ansätze vermissen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich auf bilateraler Ebene weitaus deutlicher und engagierter als bisher
gegenüber der simbabwischen Regierung für eine Respektierung der Demo-
kratie und Menschenrechte, für Rechtsicherheit, die Unabhängigkeit der
Rechtsprechung einzusetzen und gegen die Aufstachelung zu Gewalttaten
und weitere Farmbesetzungen sowie gegen ein weiteres militärisches En-
gagement im Kongo auszusprechen,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/5757

2. stärker als bisher in internationalen Konsultationen darauf hinzuarbeiten,
dass auch die anderen Gebernationen, die EU sowie die multilateralen
Institutionen, insbesondere die Vereinten Nationen, die Weltbank und der In-
ternationale Währungsfonds, sich zu einer einheitlichen Position in der unter
1. beschriebenen Richtung verpflichten,

3. die staatliche bilaterale Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands mit
Simbabwe auf ein für die Armutsbekämpfung notwendiges Mindestmaß zu-
rückzufahren und dafür die Kooperation mit der simbabwischen Zivilgesell-
schaft über Kirchen, politische Stiftungen und Nichtregierungsorganisatio-
nen massiv zu verstärken,

4. in Koordinierung mit anderen bi-, supra- und multilateralen Gebern auf die
SADC-Regionalorganisation sowie ihre Mitgliedstaaten einzuwirken, auf
Präsident Robert Gabriel Mugabe Einfluss in der unter 1. genannten Rich-
tung zu nehmen,

5. in Simbabwe und anderen betroffenen Ländern der Region wie z. B. Nami-
bia auf die Durchführung freiwilliger, von der Rechtsordnung gedeckter
Landreformen hinzuwirken und diese für den Fall des Vorliegens solider
politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen finanziell sowie mit qualifi-
zierten Ausbildungsprogrammen und Agrarkreditprogrammen zu unterstüt-
zen.

Berlin, den 3. April 2001

Klaus-Jürgen Hedrich
Dr. Norbert Blüm
Siegfried Helias
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Joachim Hörster
Rudolf Kraus
Dr. Manfred Lischewski
Marlies Pretzlaff
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Dr. Christian Ruck
Peter Weiß (Emmendingen)
Hermann Gröhe
Monika Brudlewsky
Dr. Heiner Geißler
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Rainer Eppelmann
Dr. Erika Schuchardt
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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