Vom 15. März 2001
Deutscher Bundestag
Drucksache
14/
5605
14. Wahlperiode
15. 03. 2001
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS
Beobachtung von Abschiebungen algerischer Staatsangehöriger
Nach hier vorliegenden Informationen wurde im Herbst 1999 am Flughafen
Frankfurt/M. damit begonnen, abzuschiebende algerische Staatsangehörige
nicht mehr – wie bisher – durch den Bundesgrenzschutz (BGS) in eigener Ver-
antwortung auszufliegen, sondern die Personen auf Grund einer ereinbarung
zwischen der Bundesregierung und der algerischen Staatsführung auf deut-
schem Boden an der Flugzeugtür auf dem Flughafen Frankfurt/M. an Angehö-
rige des algerischen Sicherheitsdienstes
Direction Générale de la Sûreté Natio-
nale
(DGSM) zu übergeben.
Seit einiger Zeit ist es an einigen Flughäfen möglich, dass Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter ehrenamtlicher Or ganisationen Abschiebevorgänge auf deutschen
Flughäfen vor Ort beobachten. Entsprechende Vereinbarungen waren getroffen
worden, nachdem Flüchtlinge V orwürfe gegen Angehörige des BGS erhoben
hatten, während des Abschiebungsvorgangs misshandelt worden zu sein. Diese
Beobachtung soll auch von Beamtinnen und Beamten des BGS ausdrücklich
begrüßt worden sein.
Im Falle der algerischen Staatsangehörigen soll eine Beobachtung durch Dritte
jedoch von der zuständigen Stelle des BGS mit der Begründung verweigert
worden sein, die algerische Seite lehne die Anwesenheit von Zivilpersonen bei
Abschiebungsvorgängen ausnahmslos ab.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele algerische Staatsangehörige sind in den Jahren 1998, 1999 und
2000 von deutschen Flughäfen aus nach Algerien abgeschoben worden
(bitte nach Jahren und Flughäfen getrennt ausweisen)?
2. Trifft es zu, dass seit Herbst 1999 algerische Staatsangehörige, die auf dem
Luftweg abgeschoben werden sollen, an der Flugzeugtür Angehörigen des
algerischen Sicherheitsdienstes DGSM übergeben werden?
Wenn ja: W ie ist der W ortlaut der entsprechenden V ereinbarung zwischen
der Bundesregierung und der algerischen Regierung?
3. An welchen Flughäfen gibt es Vereinbarungen, die sicherstellen, dass Ange-
hörige von Menschenrechts- und ähnlichen Or ganisationen Abschiebungs-
vorgänge beobachten können?
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4. Trifft es zu, dass im Falle der algerischen Staatsangehörigen eine Beobach-
tung durch Dritte von der zuständigen Stelle des BGS mit der Begründung
verweigert worden ist, die algerische Seite lehne die Anwesenheit von Zivil-
personen bei Abschiebungsvorgängen ausnahmslos ab?
Wenn ja:
a) Wann hat welche algerische Stelle in welcher Form und mit welcher
Begründung der Bundesregierung diese ablehnende Haltung mitgeteilt?
b) Inwieweit ist nach Auf fassung der Bundesregierung diese ablehnende
Haltung der algerischen Stellen für die deutschen Behörden verbindlich
mit der Folge, dass auch im Flughafen und auf dem Flugfeld keine Zivil-
personen die Abschiebevorgänge beobachten dürfen?
c) Inwieweit wird das Verhalten der algerischen Beamten durch Angehörige
des BGS oder einer anderen deutschen Stelle beobachtet und ausge-
wertet?
d) Wie stellt die Bundesregierung sicher , dass algerische Staatsangehörige,
die abgeschoben werden, nicht durch Angehörige der DGSM oder eines
anderen Sicherheitsdienstes physisch oder psychisch misshandelt wer-
den?
5. Ist die Bundesregierung bereit, Forderungen von Menschenrechtsorganisa-
tionen zu entsprechen, eine neutrale und kompetente Beobachtung proble-
matischer Abschiebungsvorgänge, die von Deutschland aus vor genommen
werden, zu institutionalisieren und nicht allein dem ehrenamtlichen Engage-
ment zu überlassen?
Berlin, den 15. März 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion