BT-Drucksache 14/5560

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -14/4967- Waldzustandsbericht der Bundesregierung 2000

Vom 14. März 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

14. 03. 2001

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidemarie Wright, Brigitte Adler, Ernst Bahr, Rainer
Brinkmann (Detmold), Christel Deichmann, Annette Faße, Iris Follak, Günter Graf
(Friesoythe), Reinhold Hemker, Gustav Herzog, Iris Hoffmann (Wismar), Eike
Hovermann, Ilse Janz, Marianne Klappert, Werner Labsch, Holger Ortel, Silvia
Schmidt (Eisleben), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Heinz Schmitt (Berg), Karsten
Schönfeld, Dr. Angelica Schwall-Düsen, Jella Teuchner, Matthias Weisheit,
Dr. Norbert Wieczorek, Heino Wiese (Hannover), Waltraud Wolff (Wolmirstedt),
Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Steff Lemke, Ulrike Höfken, Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 14/4967 –

Waldzustandsbericht der Bundesregierung 2000

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Durchschnittlich knapp ein Viertel (23 Prozent) der Waldbäume in Deutschland
weisen laut Waldzustandsbericht 2000 deutliche Schäden (Schadstufen 2 bis 4)
auf. In den Jahren 1999 und 2000 ist sogar ein leichter Anstieg der Schäden zu
verzeichnen. Die mittelfristige Betrachtung zeigt, dass das Schadensniveau sich
seit Beginn der Waldschadenserhebung im Jahr 1984 nicht signifkant verringert
hat. Der Flächenanteil gesunder Bäume ist vielmehr um neun Prozent zurückge-
gangen. Damit liegt das Ausmaß der neuartigen Waldschäden nach wie vor auf
einem inakzeptabel hohen Niveau.

Neben der Schädigung durch Immissionen treten die möglichen Auswirkungen
der globalen Klimaveränderungen auf den W ald immer mehr in den V order-
grund. Die hiermit einhergehenden Faktoren Trockenheit und Nährstoffmangel
stellen für unsere Baumarten einen enormen Anpassungsdruck dar . Es ist frag-
lich, ob so langlebige Or ganismen wie unsere W aldbäume, die sich in Jahr -
tausenden an ihre Umweltbedingungen angepasst haben und auf eine relative
Konstanz dieser Umweltbedingungen angewiesen sind, sich innerhalb weniger
Jahrzehnte auf gravierende Veränderungen des Klimas und des Nährstof fhaus-
haltes einstellen können. Auch aus diesem Grund brauchen wir einen wirksamen
Klimaschutz und weitere Maßnahmen zur dauerhaften Emissionssenkung.

In den 90er Jahren ist eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz des Waldes ergrif-
fen worden. Hierzu zählt insbesondere die starke Verminderung der Emissionen
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bei den klassischen Luftschadstof fen im Zeitraum 1990 bis 1998: Schwefel-
dioxid minus 76 Prozent, Stickoxide minus 34 Prozent und Ammoniak minus
18 Prozent. Die Abnahme versauernd wirkender Luftschadstoffe spiegelt sich
bislang im Zustand der Waldböden jedoch nicht wider. Die Ergebnisse der bun-
desweiten Bodenzustandserhebung im W ald (BZE), die 1997 mit dem ersten
Deutschen Waldbodenbericht vorgelegt wurden, dokumentieren eine dramatisch
fortschreitende V ersauerung und Degradation der W aldböden. In einzelnen
Regionen ist die Versauerung bereits derart fortgeschritten, dass nicht nur Gefahr
für den Fortbestand des Waldes, sondern auch für die Sicherung der Trinkwasser-
versorgung besteht. Laut W aldbodenbericht sind „Risiken für das Quell- und
Grundwasser bei entsprechenden hydrogeologischen V erhältnissen im Unter -
grund nicht mehr ausgeschlossen.“

Die Bundesregierung bezieht seit 1998 neben den Daten der jährlichen W ald-
schadenserhebung auf der Basis des Kronenzustandes (Level I) die Messergeb-
nisse von Dauerbeobachtungsf ächen (Level II) in die Bewertung des W aldzu-
standes mit ein. Damit wurde die Aussagekraft des Waldzustandsberichts erhöht:

So zeigen die Ergebnisse des forstlichen Umweltmonitoring, dass die Stickstoff-
einträge in die Waldböden mit durchschnittlich 25 kg je Hektar und Jahr das für
die Bäume verträgliche Maß an Stickstoff je nach Standort um 40 bis 80 Prozent
überschreiten. In der Folge kommt es zu einer fortschreitenden Versauerung der
Waldböden bei gleichzeitigem Verlust an Pflanzennährsto fen und der Freiset-
zung von pflanzentoxischem Aluminium im Boden.

Um der Bodenversauerung entgegenzuwirken, werden seit 1984 Bodenschutz-
kalkungen im Wald durchgeführt. Bis heute ist auf einem Viertel der deutschen
Waldstandorte Kalk ausgebracht worden. Der Bund hat dafür insgesamt rund
305 Mio. DM ausgegeben. Die Kalkung stellt jedoch keine Lösung des Problems
der Bodenversauerung dar. Sie ist lediglich eine Symptombehandlung, die auf
Bodenleben und Pflanzenwurzeln nach Einschätzung einzelner issenschaftler
negative Auswirkungen haben könnte.

Die Politik der Bundesregierung setzt bei der Ursachenbekämpfung an. Mit ih-
rem Nationalen Klimaschutzprogramm (Bundestagsdrucksache 14/4729) und
der Neuausrichtung der Ener giepolitik auf erneuerbare Ener gieträger hat die
Bundesregierung wirksamen Klimaschutz zu einem ihrer Hauptanliegen ge-
macht. Mit der Ökosteuer wurde ein wesentliches Instrument zur Reduzierung
der Schadstoffemissionen geschaffen. Knapp zwei Jahre nach ihrer Einführung
ist ein messbarer Rückgang des Verbrauchs von Mineralöl und insbesondere von
Benzin zu verzeichnen, wodurch auch die entsprechenden waldschädigenden
Emissionen abnehmen. Eine auf langfristige Wirkung angelegte Maßnahme ist
die naturnahe Bewirtschaftung der Wälder . Sie führt zu einer erhöhten W ider-
standskraft gegenüber neuartigen Waldschäden. Die Bundesforsten wurden be-
reits auf naturnahe Bewirtschaftung umgestellt. Der Bund wird hiermit seiner
Vorbildfunktion für nachhaltiges Wirtschaften gerecht.

Die Bekämpfung der neuartigen Waldschäden kann jedoch im komplexen Öko-
system Wald nicht kurzfristig wirksam werden. Daher ist es unerlässlich alle
erforderlichen Maßnahmen der Luftreinhaltung, des Bodenschutzes und des
Klimaschutzes konsequent fortzuführen, um mittel- und langfristig eine Verbes-
serung des Waldzustandes zu erreichen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,





die Reduzierung der Emissionen bei den klassischen Luftschadstoffen, ins-
besondere bei Stickoxiden und Ammoniak, entsprechend den international
eingegangenen V erpflichtungen (Götebo g-Protokoll) weiter konsequent
voranzutreiben; vor allem im Verkehrsbereich sind hier weitere Schritte ein-
zuleiten,
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die im Nationalen Klimaschutzprogramm dar gelegten Maßnahmen weiter -
hin konsequent umzusetzen und dieselben Anstrengungen zum Klimaschutz
von der internationalen Gemeinschaft anlässlich der bevorstehenden Fort-
setzung der 6. Weltklimakonferenz vom 16. bis 27. Juli 2001 in Bonn ein-
zufordern,





den mit dem ersten Entwurf des Nationalen Forstprogramms in Deutschland
begonnenen gesellschaftspolitischen Dialog über eine nachhaltige Waldpoli-
tik fortzuführen und daraus konkrete Handlungsempfehlungen für Politik
und forstliche Praxis zu entwickeln,





den Aspekt der Klimaerwärmung in die W aldforschung einzubeziehen und
diese konsequent weiter zu entwickeln,





die genetische Vielfalt im Wald zu sichern, indem das zwischen Bund und
Ländern im Konsens verabschiedete Konzept zur Erhaltung forstlicher Gen-
ressourcen zügig umgesetzt wird,





die Zertifizierung naturnaher aldwirtschaft als Instrument gegen den
Raubbau an Wäldern zu unterstützen und sie in Deutschland weiterhin fach-
lich zu fördern, wobei eine unabhängige Kontrolle der Zertif zierungsver-
fahren gewährleistet sein soll,





sich auch auf internationaler Ebene weiterhin für einen naturnahen und
nachhaltigen Umgang mit Wald einzusetzen.

Berlin, den 14. März 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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