BT-Drucksache 14/5553

RUGMARK stärken und eingenständig erhalten

Vom 13. März 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

5553

14. Wahlperiode

13. 03. 2001

Antrag

der Abgeordneten Dr. Norbert Blüm, Monika Brudlewsky, Ingrid Fischbach,
Dr. Heiner Geißler, Hermann Gröhe, Klaus-Jürgen Hedrich, Siegfried Helias,
Joachim Hörster, Rudolf Kraus, Dr. Manfred Lischewski, Marlies Pretzlaff, Erika
Reinhardt, Hans-Peter Repnik, Dr. Christian Ruck, Heinz Schemken, Dr. Christian
Schwarz-Schilling, Peter Weiß (Emmendingen) und der Fraktion der CDU/CSU

RUGMARK stärken und eigenständig erhalten

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die internationale Initiative gegen illegale Kinderarbeit in der Teppichindustrie
„RUGMARK“ leistet wertvolle Arbeit.

RUGMARK wurde 1995 gemeinsam von indischen Nichtregierungsorganisa-
tionen, deutschen und internationalen Hilfswerken und der Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ) initiiert. Das Ziel war die Bekämpfung der
illegalen Kinderarbeit in Indien.

1996 wurde die RUGMARK-Stiftung in Nepal eröf fnet. 1998 wurde Pakistan
miteinbezogen. Dort werden derzeit die Strukturen für die Kontrolle der Pro-
duktion und die Organisation von Sozialprogrammen aufgebaut.

Die RUGMARK-Initiative ver gibt ein international registriertes Siegel für
Teppiche, die nach den RUGMARK-Kriterien geknüpft wurden.

Das RUGMARK-Konzept verfolgt dabei zwei Strategien:





Kontrolle und Zertifizierung der Produktion vor Ort un





Sozialprogramme für (ehemalige) Kinderarbeiter und deren Familien.

Die RUGMARK-Initiative arbeitet sowohl in den Produktions- als auch in den
Absatzländern.

In den Produktionsländern Indien, Nepal und Pakistan kontrolliert sie die Ein-
haltung der RUGMARK-Kriterien bei Herstellern und Exporteuren:





Keine Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren. In traditionellen Fami-
lienbetrieben dürfen Söhne, Töchter und Geschwister des Knüpfstuhlbesit-
zers mitarbeiten, wenn sie RUGMARK gegenüber den regelmäßigen Schul-
besuch nachweisen. Außerdem:





Zahlung wenigstens der gesetzlichen Mindestlöhne an die erwachsenen
Knüpfer,





Offenlegung der Aufträge und Bestellungen gegenüber dem RUGMARK-
Büro,
Drucksache

14/

5553

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode





Akzeptieren von unangekündigten Kontrollen zu jeder Zeit sowie





Zahlung von 0,25 % des Exportwertes der W are an RUGMARK zur
Deckung der laufenden Kosten des Kontroll- und Siegelsystems.

Die Importeure in den Konsumentenländern, die T eppiche mit dem RUG-
MARK-Siegel in den Handel bringen, müssen eine Abgabe in Höhe von min-
destens einem Prozent des Importwertes der jeweiligen W are an RUGMARK
abführen. Dieses Geld ist zweckgebunden und f ießt zu 75 Prozent zurück in
die Knüpflände . Dort werden aus den Erlösen Sozialprogramme f nanziert, die
unmittelbar Kindern aus Knüpferfamilien beziehungsweise ehemaligen Kinder-
arbeitern und ihren Familien zugute kommen. So wird sicher gestellt, dass die
Betroffenen nicht in neue soziale Notlagen geraten.

Die hier verbleibenden 25 % sind für die Bildungs- und Öf fentlichkeitsarbeit
in den Absatzländern Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg,
Großbritannien, Kanada und den USA bestimmt. Käuferinnen und Käufer
müssen über die Notwendigkeit eines sozialverträglichen T eppichhandels in-
formiert und möglichst viele Handelsf rmen davon überzeugt werden, verstärkt
Teppiche mit dem RUGMARK-Siegel anzubieten.

Seit Januar 1999 befindet sich RUGMARK-Deutschland unter dem Dach vo
„TRANSFAIR e. V.“, dem V erein zur Förderung des Fairen Handels mit der
„Dritten Welt“.

RUGMARK erhält derzeit noch Fördermittel durch das Bundesministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und Entwicklung. Ohne diese
Finanzmittel wäre derzeit und auch in absehbarer Zukunft eine erfolgreiche
Arbeit – trotz der beschriebenen, aber ver gleichsweise geringen Einnahmen
für RUGMARK selbst – nicht möglich.

Die Bundesregierung plant, diese Unterstützung zum Ende der ersten Jahres-
hälfte 2001 auslaufen zu lassen. Die dadurch zu erwartenden f nanziellen Nöte
soll RUGMARK nach V orstellung des BMZ durch Zusammengehen mit der
ebenfalls vom Ministerium geförderten Initiative „Care & Fair – Teppichhandel
gegen Kinderarbeit e. V.“ kompensieren.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die aktuellen Planungen im Haushalt der Bundesministerin für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung zu korrigieren und ein nachhaltiges
Finanzierungskonzept zu entwickeln, um auch mittel- und langfristig die
erfolgreiche Arbeit von RUGMARK sicherstellen und seitens der Bundes-
regierung effizient unterstützen zu können

2. die Eigenständigkeit von RUGMARK sicherzustellen und zu vermeiden, dass
RUGMARK aus f nanziellen Gründen gezwungen wird, seine Selbständig-
keit aufzugeben und mit anderen Initiativen auf diesem Gebiet zusammenzu-
gehen. Denn das RUGMARK-System funktioniert nur, wenn seine strengen
und transparenten Kriterien auch weiterhin ohne Abstriche Geltung haben.
Hersteller, Zwischenhändler , Vermarkter, Kunden und auch RUGMARK
selbst müssen auf die Güte des RUGMARK-Siegels vertrauen dürfen. Beson-
ders die vom BMZ angeregte Zusammenarbeit mit Care & Fair birgt vor die-
sem Hintergrund Gefahren einer Aufweichung der strengen RUGMARK-
Kriterien: So verzichtet Care & Fair beispielsweise auf Kontrollen vor Ort
hinsichtlich der Einhaltung sozialer Mindeststandards an den Produktions-
stätten. Eine Übernahme weniger strenger Kriterien kann und darf für
RUGMARK jedoch natur gemäß nicht zur Diskussion stehen. RUGMARK
dahin gehend eine andere Politik aufzwingen zu wollen, würde die Gesamt-
unternehmung prinzipiell gefährden.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

14/

5553

3. durch das zu entwickelnde Konzept einer mittel- und langfristig fortgeführten
finanziellen Unterstützung von RUGMARK seitens des BMZ ein deutliche
Signal an alle Verantwortlichen und Beteiligten zu setzen und damit klarzu-
stellen, dass sich die Bundesregierung auch weiterhin uneingeschränkt hinter
das erfolgreiche Konzept von RUGMARK stellt. Sie muss insbesondere den
Eindruck vermeiden, zukünftige fnanzielle Unterstützung von aufgezwunge-
ner, systematisch unsinniger und kontraproduktiver Zusammenarbeit von
RUGMARK mit anderen, nach abweichenden Kriterien arbeitenden Initiati-
ven auf dem Sektor der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung
abhängig machen zu wollen.

4. RUGMARK langfristig in seiner Vorbildfunktion in Hinblick auf andere in-
ländische Branchen und Unternehmen zu stärken. Es ist selbsterklärtes Ziel
der Bundesregierung, mehr als bislang deutsche Unternehmen auch anderer
Branchen für die Kontrolle der Einhaltung sozialer Mindeststandards vor Ort
in den Produktionsländern zu gewinnen. RUGMARK wird in diesem Zusam-
menhang allseits als bestes Beispiel dafür angeführt, wie man ein solches
Kontrollsystem in seine Produktions- und V ertriebsstrukturen integrieren
kann. Eine Kürzung der Mittel des BMZ für RUGMARK wäre das falsche
Signal an die großen Unternehmen in Deutschland, die gerade intensiv darü-
ber nachdenken, künftig ähnlich wie RUGMARK zu operieren. RUGMARK
muss seinen Modellcharakter gerade im Zeitalter der Globalisierung behalten.
Die Bundesregierung darf das in Deutschland beste V orzeigebeispiel dafür,
wie sich wirtschaftliche Interessen mit nachhaltigem und sozial verantwort-
lichem Handeln auch in den Produktionsländern ergänzen lassen, nicht leicht-
fertig entwerten.

Berlin, den 12. März 2001

Dr. Norbert Blüm
Monika Brudlewsky
Ingrid Fischbach
Dr. Heiner Geißler
Hermann Gröhe
Klaus-Jürgen Hedrich
Siegfried Helias
Joachim Hörster
Rudolf Kraus
Dr. Manfred Lischewski
Marlies Pretzlaff
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Dr. Christian Ruck
Heinz Schemken
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Peter Weiß (Emmendingen)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.