BT-Drucksache 14/5552

Für mehr Wettbewerb und Subsidiarität in den sozialen Sicherungssystemen - duch Neuorganisation der aktiven Arbeitsmarktpolitik die Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland senken

Vom 13. März 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

13. 03. 2001

Antrag

der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Karl-Josef Laumann, Gunnar Uldall,
Brigitte Baumeister, Cajus Caesar, Rainer Eppelmann, Dr. Hans-Peter Friedrich
(Hof), Julius Louven, Wolfgang Meckelburg, Claudia Nolte, Hans-Peter Repnik,
Franz-Xaver Romer, Anita Schäfer, Heinz Schemken, Johannes Singhammer,
Dorothea Störr-Ritter, Andreas Storm, Matthäus Strebl, Peter Weiß
(Emmendingen), Gerald Weiß (Groß-Gerau) und der Fraktion der CDU/CSU

Für mehr Wettbewerb und Subsidiarität in den sozialen Sicherungssystemen –
durch Neuorganisation der aktiven Arbeitsmarktpolitik die Langzeitarbeitslosig-
keit in Deutschland senken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der deutsche Sozialstaat steht auf Grund der demographischen Entwicklung
und des weltweit sich verschärfenden Konkurrenzkampfes vor schweren
Herausforderungen. Um diese erfolgreich zu bewältigen, müssen die Sozialver-
sicherungssysteme in Richtung auf mehr W ettbewerb und mehr Eigenverant-
wortung umgebaut werden. Ziel ist es, nicht den sozialen Schutz zu verringern,
sondern die Effizienz in den Systemen zu erhöhen. er nach den Grundsätzen
von Subsidiarität und W ettbewerb handelt, kann mehr und besser helfen. Ein
Beispiel hierfür bietet die aktive Arbeitsmarktpolitik, die dringend einer grund-
legenden Reform bedarf.

In Deutschland ist derzeit kein gravierender Rückgang der Langzeitarbeits-
losigkeit feststellbar. Im Gegenteil: In den neuen Bundesländern hat sie ihren
höchsten Stand seit dem Beginn der neunziger Jahre erreicht. Auch kommt es
zu dramatischen V erschiebungen innerhalb der Gruppe der Langzeitarbeits-
losen und dem Anstieg der durchschnittlichen Dauer einer Arbeitslosigkeits-
periode. Hier ist ef fektives staatliches Handeln dringend notwendig, derzeit
aber kaum erkennbar.

Allein der Bund und die Bundesanstalt für Arbeit geben jährlich rd. 45 Mrd. DM
für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aus. Diese Maßnahmen sind jedoch in
hohem Maße ineffizient. So wird nur ein geringer eilnehmerkreis auf einen re-
gulären Arbeitsplatz vermittelt (z. T. nur bis zu 15 %), die staatlichen Pro-
gramme sind zu teuer , dauern zu lange und viele T eilnehmer (bis zu einem
Viertel) brechen die Maßnahmen ab. Auch sind die wirklichen Problemgruppen
(Arbeitslose ohne Berufs- und Schulabschluss, Menschen mit gravierenden so-
zialen und gesundheitlichen Problemen, arbeitslose Alleinerziehende, ältere
Erwerbslose, Jugendliche unter 25 Jahren) in verschiedenen Maßnahmen nur
unzureichend vertreten.
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Andererseits gibt es in der Bundesrepublik Deutschland verschiedene Projekt-
träger, die sehr erfolgreich bei der V ermittlung Erwerbsloser aller Problem-
gruppen arbeiten. Durch bestehende Barrieren, wie die der eingeschränkten
(„freihändigen“) V ergabe von Beschäftigungsmaßnahmen statt öf fentlicher
Ausschreibung wird jedoch ein stärkerer Markteintritt dieser neuen (meist pri-
vatwirtschaftlich organisierten) Träger und somit ein umfassender Wettbewerb
verhindert. Bestehende Träger – meist kommunale Beschäftigungsgesellschaf-
ten – haben eine faktische Monopolstellung.

Durch eine bundessweite f ächendeckende Stimulierung des W ettbewerbes
zwischen den Trägern untereinander könnten bessere Erfolge als bisher erzielt
und damit eine Senkung der Langzeitarbeitslosigkeit erreicht werden.

Auch müssen die arbeitsmarktpolitischen Ziele genauer def niert und Erfolge
besser kontrolliert werden. Die Bundesregierung kann und muss hierzu ihre
Einflussmöglichkeiten, speziell durch die Gewährung des Bundeszuschusses a
die Bundesanstalt für Arbeit, ihre Tätigkeit als V ertreter der öffentlichen Hand
in den Selbstverwaltungsorganen der Bundesanstalt für Arbeit sowie die Haus-
haltsgenehmigungskompetenz des Bundesministers für Arbeit und Sozialord-
nung einsetzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, folgende wich-
tige Elemente einer anzustrebenden Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik
zügig umzusetzen:

1. Ihre eigenen sowie die über die Bundesanstalt für Arbeit laufenden Pro-
gramme der aktiven Arbeitsmarktpolitik sind mit verschiedenen V orgaben
zu verknüpfen. So sind die Anteile von Langzeitarbeitslosen mit Benachtei-
ligungsmerkmalen bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen verbindlich
festzuschreiben und deren Quote längerfristig stetig zu erhöhen. Gleichzei-
tig sind Kriterien wie Mindestübergangsquote in reguläre Arbeit, max. Kos-
ten pro Platz und Höchstverweildauer festzulegen. Auch ist ein leistungsori-
entiertes Prämiensystem (z. B. für Dauer des vermittelten Arbeitsplatzes,
Anzahl von Benachteiligungsmerkmalen) einzuführen. So würde der W ett-
bewerb unter den verschiedenen Projektträgern gefördert werden. Hauptziel
der eingesetzten Gelder darf nicht die Teilnahme eines Langzeitarbeitslosen
an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme sein, sondern sein schneller ,
nachhaltiger und kostengünstiger Übergang in den ersten Arbeitsmarkt.

2. Für eine öffentliche Ausschreibung der arbeitsmarktpolitischen Programme
muss gesorgt werden. Projektträger müssen zukünftig im Wettbewerb unter-
einander stehen. Die Anbieter konkurrieren miteinander und arbeiten mit
einem festen Budget. Erreichen sie die vorgeschriebenen Integrationsquoten
und unterschreiten ihr Budget, so verbleibt ihnen die Dif ferenz als Gewinn.
Durch ständige Leistungsvergleiche soll zudem der Qualitätswettbewerb zu-
sätzlich verstärkt werden.

3. Durch eine verbesserte Zielgruppenorientierung (d. h. stärkere Einbezie-
hung von Benachteiligten in Programme) ist die Ref nanzierungsquote der
Arbeitsmarktprogramme zu erhöhen. Durch Nutzung der Effizienzreserve
(wie Senkung der Kosten, V erweildauer und Abbruchquoten) werden die
Programmkosten gesenkt und mit den eingesparten Geldern sind zusätzliche
Plätze bereitzustellen.

4. Die regionalen Programmer gebnisse sind stetig auszuwerten. Die Öf fent-
lichkeit bzw. die Fach- und Entscheidungsgremien sind z. B. im Rahmen der
Beratung der Arbeits- und Sozialminister von Bund und Ländern zu in-
formieren. Es hat ein V ergleich der regionalen Programme und Projekte
untereinander bzw. Eingliederungsquoten im V ergleich zu den jeweiligen
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problemgruppenspezifischen ermittlungsquoten des jeweiligen (Landes-)
Arbeitsamtes zu erfolgen.

5. Die Arbeitsmarktforschung ist zu verbessern. Die derzeitigen Eingliede-
rungsbilanzen der Bundesanstalt für Arbeit weisen Mängel hinsichtlich der
erzielten Übergangsquoten in reguläre Arbeit auf. Auch fehlen Angaben für
wichtige Faktoren wie Abbruchquoten oder die V erweildauer in Maßnah-
men. Der Arbeitsmarktforschung müssen – auch hinsichtlich der bei EU-
Programmen beabsichtigten Indikatorensysteme – bessere Daten zur V erfü-
gung gestellt werden.

Berlin, den 13. März 2001

Birgit Schnieber-Jastram
Karl-Josef Laumann
Gunnar Uldall
Brigitte Baumeister
Cajus Caesar
Rainer Eppelmann
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Julius Louven
Wolfgang Meckelburg
Claudia Nolte
Hans-Peter Repnik
Franz-Xaver Romer
Anita Schäfer
Heinz Schemken
Johannes Singhammer
Dorothea Störr-Ritter
Andreas Storm
Matthäus Strebl
Peter Weiß (Emmendingen)
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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