BT-Drucksache 14/5423

Humanitäre Hilfe für die Opfer des Giftgasmassakers in Halabja

Vom 1. März 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5423
14. Wahlperiode 01. 03. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Humanitäre Hilfe für die Opfer des Giftgasmassakers in Halabja

Am 16. März 2001 jährt sich zum dreizehnten Mal der Jahrestag des irakischen
Giftgasmassakers in der kurdischen Stadt Halabja. Etwa 5 000 Menschen ka-
men damals qualvoll zu Tode, mehr als 10 000 erlitten schwerste Verletzungen.

Dreizehn Jahre nach dem Giftgasangriff ist Halabja noch immer in großen Tei-
len zerstört. Die Fragestellerin konnte sich bei einem Besuch in der Stadt kürz-
lich von den fortdauernden Schäden persönlich überzeugen. So liegt die Säug-
lingssterblichkeit sowie die Zahl der Fehlgeburten und Missgeburten in der
Stadt und ihrer direkten Umgebung noch immer weit über dem Landesdurch-
schnitt. Allergien und Krebserkrankungen, Leukämie und Atemwegserkran-
kungen sind weiter extrem hoch. Bis heute haben in Halabja keine Bodenunter-
suchungen auf Spätfolgen des Giftgases stattgefunden, ebenso wenig wie
Untersuchungen des Grundwassers. So wird das inzwischen ohne diese Kon-
trollen angebaute Obst und Gemüse wieder konsumiert, das Wasser wieder ge-
trunken. Die Menschen haben das Gefühl, die Welt hat sie vergessen.

Der Angriff auf Halabja war nur eines von vielen Verbrechen des irakischen
Regimes unter Saddam Hussein an der kurdischen Bevölkerung in Südkurdis-
tan (Nord-Irak). Im Rahmen der „Anfal“-Operationen wurde damals zwischen
Februar und September 1988 nachweislich an 40 Orten Giftgas gegen die Zivil-
bevölkerung eingesetzt. Nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisation
Human Rights Watch wurden in diesem Zeitraum etwa 180 000 Menschen er-
mordet oder sie verschwanden spurlos.

Etwa 70 Prozent der Giftgasproduktionsanlagen im Irak stammte nach Presse-
berichten (z. B. Süddeutsche Zeitung, 26. November 1997) aus der Bundes-
republik Deutschland. Sieben Mitarbeiter deutscher Firmen (Preussag,
W. E. T., Karl Kolb, Pilot Plant) wurden 1990 vorübergehend deshalb festge-
nommen. Nach jahrelangen Verfahren endeten ihre Verfahren 1994 bzw. 1996
mit Bewährungsstrafen, Freisprüchen und Einstellungen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche humanitäre Hilfe hat die Bundesrepublik Deutschland seit 1988
direkt an die Opfer des Giftgasmassakers in Halabja geleistet (bitte Angaben
pro Jahr, in DM und ggf. mit der Angabe, welche Sachleistungen damit
ermöglicht wurden bzw. damit verbunden waren)?

2. Welche Schritte hat die Bundesregierung seit 1988 unternommen, um den
Opfern bei der Beseitigung der Folgeschäden des Giftgasangriffs (Kontami-
nation von Boden und Wasser, medizinische Spätfolgen, Traumatisierung
der Opfer und ihrer Nachkommen) zu helfen?

Drucksache 14/5423 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
3. Welche Schritte hat die Bundesregierung seit 1988 unternommen, um die an
der irakischen Giftgasproduktion beteiligten deutschen Firmen zu irgend-
welchen humanitären Gesten und Taten zugunsten der Opfer von Halabja zu
bewegen?

4. Welche praktischen Hilfen haben die beteiligten deutschen Firmen nach
Kenntnis der Bundesregierung seit 1988 aufgrund dieser Schritte oder auf
eigene Initiative zugunsten der Opfer von Halabja ergriffen?

5. Wie viele deutsche Firmen waren nach Kenntnis der Bundesregierung 1988
und evtl. auch in den Folgejahren direkt oder indirekt an der irakischen Gift-
gasproduktion beteiligt (bitte die beteiligten Firmen und ihre jeweilige
Beteiligung im Einzelnen auflisten)?

6. Welche humanitären Leistungen haben nach Kenntnis der Bundesregierung
andere Länder seit 1988 zugunsten der Opfer des irakischen Giftgasangrif-
fes geleistet?

7. Welche Schritte hat die Bundesregierung seit 1988 international ergriffen,
um

a) den Opfern des irakischen Giftgasangriffs humanitäre Hilfe zu leisten,

b) das an ihnen verübte Massaker international zu ächten?

Berlin, den 26. Februar 2001

Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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