BT-Drucksache 14/5368

Aufbau einer bundesweiten Gen-Datei von Straftätern beim Bundeskriminalamt

Vom 13. Februar 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5368
14. Wahlperiode 13. 02. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Aufbau einer bundesweiten Gen-Datei von Straftätern beim Bundeskriminalamt

Das „Wiesbadener Tagblatt“ berichtet in seiner Ausgabe vom 6. Februar 2001,
dass rund 1 900 Wiesbadener in diesen Tagen Post von der Polizei erhalten. In
diesen Briefen würden sie aufgefordert, „freiwillig“ eine Speichelprobe abzu-
liefern. Hintergrund der Aktion sei: Das Bundeskriminalamt (BKA) wolle die
Gen-Daten von insgesamt 800 000 verurteilten Straftätern speichern.

Nach diesem Zeitungsbericht werden von der Polizei auch Personen ange-
schrieben, deren Verurteilung nahezu zehn Jahre zurückliegt. „Jeder, der wegen
einer schweren Straftat noch im Bundeszentralregister erfasst ist, soll Spucke
abliefern“, so der Bericht. Die Wiesbadener Staatsanwaltschaft habe von der
Generalstaatsanwaltschaft Ende vergangenen Jahres Namen und Daten von
1 905 Tätern erhalten und bearbeite diese Liste nun. Wegen der „Riesenzahl“
würden „vorerst“ geringe Delikte wie zum Beispiel Körperverletzung nicht be-
arbeitet.

Bewährungshelfer sollen nach Angaben der Zeitung die Aktion bereits kritisiert
haben und einen Konflikt mit dem Resozialisierungsgedanken sehen. Wer eine
mehrjährige Bewährungszeit ohne weitere Strafe beendet habe, habe gezeigt,
dass von ihm keine Wiederholungsgefahr ausgehe, wird ein Bewährungshelfer
zitiert. Das Wiesbadener Landgericht soll einen ähnlichen Antrag der Staatsan-
waltschaft Aschaffenburg auf Durchführung eines Gen-Tests wegen Unverhält-
nismäßigkeit und Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht zurückgewiesen
haben. Ähnliche Entscheidungen gebe es u. a. bereits vom Amtsgericht in Bad
Schwalbach, und auch das Bundesverfassungsgericht habe in seinem jüngsten
Urteil „der Sammelwut des BKA enge Grenzen gesetzt“. Die Verfassungsrich-
ter forderten eine detaillierte Begründung jedes Falles.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Bestätigt die Bundesregierung die Angabe in diesem Bericht, dass das BKA
den Aufbau einer bundesweiten Gen-Datei mit den Daten von 800 000
Straftätern beabsichtigt oder womöglich schon begonnen hat?

2. Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage und auf Grund welcher Wei-
sung hat das BKA mit diesem Aufbau wann begonnen?

3. Wie viele Gen-Daten von Straftätern sind inzwischen bereits beim BKA
oder bei anderen Polizeistellen gespeichert?

4. Wie viele Personen sind im Bundeszentralregister wegen Straftaten erfasst
(bitte nach Straftatengruppen und Jahren, die diese Straftaten zurückliegen,
aufgliedern)?

Drucksache 14/5368 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
5. Welche Straftaten führen zur Aufnahme einer Person in die Liste derer,
deren Gen-Daten das BKA speichern will?

6. In welchen Fällen genügt nach dem Vorhaben des BKA für den Versuch der
Erfassung der Gen-Daten einer Person

– die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, ohne jede Verurteilung

– eine Verurteilung

– mehrere Verurteilungen?

7. Wie viele Jahre müssen Straftäter keine weitere Strafe bzw. Verdächtige kein
weiteres Ermittlungsverfahren aufweisen, um von der Feststellung ihrer
Gen-Daten verschont zu werden?

8. Hat das BKA bzw. die Bundesregierung vor Beginn des Aufbaus der oben
genannten Datei eine Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Daten-
schutz zu dem geplanten Verfahren eingeholt?

Wenn ja, was war deren Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

9. Beabsichtigt die Bundesregierung, diese Stellungnahme nunmehr nach Be-
kanntwerden der oben genannten Gerichtsurteile gegen das gewählte pau-
schale Verfahren einzuholen?

Berlin, den 9. Februar 2001

Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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