BT-Drucksache 14/5315

Programm zur Stärkung des Tourismus in Deutschland

Vom 13. Februar 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5315
14. Wahlperiode 13. 02. 2001

Antrag
der Abgeordneten Brunhilde Irber, Dr. Eberhard Brecht, Annette Faße,
Iris Follak, Renate Gradistanac, Karl-Hermann Haack (Extertal), Klaus Hagemann,
Jann-Peter Janssen, Susanne Kastner, Hans-Peter Kemper, Marianne Klappert,
Horst Kubatschka, Robert Leidinger, Lothar Mark, Eckhard Ohl, Birgit Roth
(Speyer), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Antje-Marie Steen, Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Sylvia Voß, Dr. Thea Dückert, Winfried Hermann,
Albert Schmidt (Hitzhofen), Christian Sterzing, Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Programm zur Stärkung des Tourismus in Deutschland
(Tourismusförderprogramm)

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Tourismus zählt zu den weltweit am stärksten wachsenden Branchen. Die
Märkte expandieren schnell; die Reiseströme folgen den Trends. Der Massen-
tourismus ermöglicht preiswerte Angebote, führt aber auch zu problematischen
Entwicklungen für Natur, Umwelt und soziale Standards.

Der Tourismus ist weltweit der wichtigste Devisenbringer. Der Internationale
Währungsfonds hat für 1998 einen Gesamtumsatz von 958 Mrd. DM errechnet.

Die Welt-Tourismus-Organisation ermittelt trotz hoher Schwankungen in den
vergangenen Jahren ein stets über den anderen Branchen liegendes Wachstum.
In der Prognose hält dieses Wachstum auch in den kommenden Jahren an, da
insbesondere durch den Wandel in Osteuropa, dem südlichen Afrika und Asien
neue Ziele und weitere Quellländer hinzukommen. Im Jahr 2000 ist die Zahl
der Touristen weltweit um 7,4 Prozent auf fast 700 Millionen gestiegen.

Die von der Europäischen Union eingesetzte High Level Group schätzt, dass
die Zahl der internationalen Ankünfte in Europa zwischen 1995 und 2010 um
57 Prozent zunehmen wird. 255 Millionen Beschäftigte weltweit und immerhin
2,8 Millionen in Deutschland belegen darüber hinaus die Bedeutung des Tou-
rismus für den Arbeitsmarkt.

Auch in Deutschland ist der Tourismus im Aufwind. Das Wachstum des Touris-
mus übertrifft die durchschnittliche Rate in Europa deutlich. 2000 war ein Re-
kordjahr für das deutsche Beherbergungsgewerbe mit dem höchsten bisher fest-
gestellten Wachstum. Hotels, Pensionen und sonstige Beherbergungsbetriebe
mit neun oder mehr Betten konnten in Deutschland über 108,2 Millionen Gäste
begrüßen. Das waren 6 Prozent mehr als 1999. Und auch bei den Übernachtun-
gen wurde mit 326 Millionen ein neuer Höchststand festgestellt: Gegenüber
1999 stieg die Zahl der Übernachtungen um 6 Prozent.

Drucksache 14/5315 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Zahl der Ankünfte ausländischer Gäste hat um 10 Prozent zugenommen,
die Zahl der Übernachtungen ausländischer Gäste ist um ebenfalls 10 Prozent
gestiegen. Die Inlandsreisen verzeichnen auch eine deutliche Steigerung:
2000 ist die Gesamtzahl der Ankünfte im Inlandtourismus um 6 Prozent auf
90,4 Millionen gestiegen.

Bei den Inlandsreisen gewinnt auch der Geschäftsreiseverkehr zunehmend an
Bedeutung. Die Verhältnisse gliedern sich etwa so: 48 Prozent Urlaub, 30 Pro-
zent Besuche bei Verwandten und Freunden und 22 Prozent Geschäftsreisen.
Ein Plus gab es 1999 auch beim Camping-Tourismus. Nach Rückgängen in drei
aufeinander folgenden Jahren stieg hier die Zahl der Gäste um 9,3 Prozent und
die Zahl der Übernachtungen um 7,1 Prozent.

Der positive Trend aus 1999 hat sich 2000 auch in den neuen Bundesländern
weiter gesteigert: Die Übernachtungen sind um 10 Prozent gestiegen, die An-
künfte um 8 Prozent. Dies zeigt auch, dass die Gäste länger bleiben.

Diese Zahlen liegen alle deutlich über den Steigerungen des weltweiten Touris-
mus. Weltweit hat die Zahl der Reisenden nur um 7,4 Prozent zugenommen.
Deutschland hatte einen um 10,5 Prozent höheren Anteil am weltweiten Touris-
mus. Auch der deutsche Hotelmarkt liegt auf Erholungskurs. Die durchschnitt-
liche Auslastung der Hotelzimmer ist von 61,1 Prozent auf 63,6 Prozent gestie-
gen.

Besonders erfreulich ist, dass dieser Trend sich auch auf dem deutschen Ar-
beits- und Ausbildungsmarkt niederschlägt. So hat das Gastgewerbe 1999 die
Rekordzahl von 13,7 Prozent mehr Ausbildungsplätze als 1998 zur Verfügung
gestellt. Das bedeutet, dass im Gastgewerbe 40 000 Ausbildungsverhältnisse
neu begonnen wurden. Die Gesamtzahl der Ausbildungsplätze ist nun 86 188,
das sind 10,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Hinzu kommen noch ca. 15 000
Ausbildungsverhältnisse in den anderen Tourismusberufen.

Diese Entwicklungen sind das Ergebnis der Reformpolitik der rot-grünen Bun-
desregierung. Die aktive Wirtschafts-, Struktur- und Sozialpolitik, die Verringe-
rung der Arbeitskosten, die Senkung der Einkommensteuer und der Unterneh-
menssteuer und die Stärkung der Kaufkraft der Verbraucher bewirken eine
Belebung der touristischen und gastgewerblichen Nachfrage.

Von der Stärkung der Kaufkraft profitieren insbesondere Familien. Sie sind
wiederum für den Deutschland-Tourismus von besonderer Bedeutung. Die
Tourismusbranche profitiert breit von diesem Politikwechsel.

In der Folge ist auch mit einer Belebung des Arbeitsmarktes im Gastgewerbe
zu rechnen. Das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnisse hat den Trend gestoppt, in problematische Beschäftigungsverhältnisse
auszuweichen. Damit wird langfristig auch die Servicequalität verbessert. Um
Engpässe in den Saisonspitzen abzumildern, wurde eine flexiblere Regelung
für die Kurzzeitbeschäftigung vereinbart. Diese kann jetzt auch regelmäßig
sein, wenn der Vertrag 50 Arbeitstage im Jahr nicht überschreitet und kein An-
schlussvertrag besteht.

Der Urlaubs- und Reisemarkt ist durch einen harten Wettbewerb gekennzeich-
net, der deutlich auf die Preise drückt. Daher sind im Bereich der Pauschalrei-
sen die Preise von 1991 bis 1998 nur um etwa 10 Prozent gestiegen und somit
nur halb so stark wie die Lebenshaltungskosten.

Die Reiseausgaben der Deutschen im Ausland sind 2000 um 6 Prozent gestie-
gen. Damit sind sie doppelt so stark gestiegen wie die Ausgaben für den priva-
ten Verbrauch. Es wurden im vergangenen Jahr 96,3 Mrd. DM für Reisen ins
Ausland ausgegeben. Im jetzt begonnenen Jahr rechnen die Marktforscher mit
einem weiteren Anstieg dieser Reiseausgaben um ebenfalls 6 Prozent und so-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/5315

mit insgesamt mit einer Summe von 100 Mrd. DM. Die Deviseneinnahmen aus
dem Tourismus können um 4 Prozent auf 32,8 Mrd. DM ansteigen.

Mit der Ausrichtung der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover hat Deutsch-
land die Chance wahrgenommen, sich als Tourismusstandort zu profilieren.
Diesen Erfolg wollen wir mit dem Jahr des Tourismus 2001 fortsetzen. In Zu-
sammenarbeit des Bundes, der Länder und der Tourismuswirtschaft werden wir
die kulturellen und naturräumlichen Attraktionen Deutschlands in ihrer Vielfalt
in- und ausländischen Besuchern präsentieren.

Bei unseren Bemühungen, Deutschland als Tourismusstandort zu stärken, sind
wir uns der Belastungen, die der Tourismus vor allem für die Natur und Um-
welt mit sich bringt, bewusst. Betrachtet man das Segment Haupturlaubsreisen,
dann führen diese Reisen beispielsweise zu Treibhausgasemissionen von rund
18 Millionen Tonnen. Wir verfolgen deshalb eine nachhaltige Tourismuspolitik,
die das vorhandene Natur- und Kulturerbe schützt und damit langfristig die
Attraktivität Deutschlands für den Tourismus sichert. In dem von den Vereinten
Nationen ausgerufenen Internationalen Jahr des Ökotourismus 2002 wollen wir
dies durch unsere Politik auf nationaler wie internationaler Ebene unterstrei-
chen.

Um diese Ziele zu erreichen, sind neue Akzente in der deutschen Tourismus-
politik notwendig.

A. Finanzielle Förderung

1. Entscheidend für eine erfolgreiche Entwicklung des Deutschlandtourismus
ist die Vermarktung stimmiger Produkte. In der Produktgenerierung ist ge-
genwärtig viel in Bewegung. Neue Formen der Aufbereitung und Gestaltung
erschließen neue Kundengruppen, z. B. Wellnessangebote, Events aus der
Kultur oder Sportangebote für einen Zweit- oder Dritt-Urlaub. Um diese
Entwicklung innovativ aufzunehmen, müssen auch neue Wege gegangen
werden. Die Bundesregierung soll daher weiterhin Modellvorhaben fördern,
mit denen Trends im Reiseverhalten aufgegriffen werden. Besonderes Au-
genmerk soll auch auf die Unterstützung des Kinder- und Jugendtourismus
gelegt werden.

2. Besondere Bedeutung kommt dem Qualitätsmanagement zu. Wir wollen die
Orientierung im nachhaltigen Umweltschutz zu einem Markenprodukt ma-
chen. Dazu soll die Schaffung einer Dachmarke im Deutschlandtourismus
gefördert werden.

3. Gefördert werden soll auch der Einsatz moderner Technologien. Mit der
stärkeren Nutzung regenerativer Energien wird es den Unternehmen mög-
lich, sich selbst mit Energie zu versorgen. Umweltschonende Verkehrsmittel
wie emissionsfreie Autos und solarbetriebene Fähren leisten einen Beitrag
zur ökologischen Erneuerung der Tourismuswirtschaft. Die Einrichtung
eines Kompetenzzentrums im Einsatz von Buchungssystemen und e-com-
merce soll mit den Verbänden für den Reisemarkt abgestimmt werden. Das
Kompetenzzentrum soll allen Unternehmen und Verbänden der Branche
offen stehen.

4. Der Deutschlandtourismus stützt sich in den Regionen in erheblichem Um-
fang auf privat vermietete Zimmer. Leider ist der Zustand dieser Zimmer
nicht immer mit den gestiegenen Anforderungen der Kunden weiterentwi-
ckelt worden. Der Bund soll daher die Förderung der Sanierung und Moder-
nisierung durch das „CO2-Gebäude-Sanierungsprogramm“ der Kreditanstalt
für Wiederaufbau fortsetzen, das zinsverbilligte Kreditmittel zur Verfügung
stellt. Auch die Länder sollen darüber hinaus die Modernisierung von Pri-
vatzimmern unterstützen, die nicht auch mit einer energetischen Sanierung
verbunden sind.

Drucksache 14/5315 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

5. Die Bundesregierung soll ein Konzept für die Förderung des Tourismus im
ländlichen Raum erarbeiten. Damit soll die nachhaltige, eigenständige Regi-
onalentwicklung verbessert werden. Im ländlichen Raum trägt der Touris-
mus zur Sicherung der Landwirtschaft bei. Der Tourismus kann und muss
zum Wegbereiter des ökologischen Landbaus und der naturgemäßen stand-
ortgerechten Waldwirtschaft werden.

6. Es soll geprüft werden, ob aus den bestehenden Haushaltsmitteln ein För-
derinstrumentarium allein für die Belange der Tourismuswirtschaft geschaf-
fen werden kann. Eine Integration von Umweltschutzzielen in die Förderkri-
terien ist unabdingbar.

B. Entbürokratisierung

1. Das größte Hemmnis für Innovation im gewerblichen Bereich ist die aufge-
baute Bürokratie. Diese soll im Regelfall der Arbeitssicherheit, dem Rechts-
schutz, der Hygiene und der Ordnung dienen. Insbesondere die rechtliche
Stellung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist hohes Gut, um das
uns viele andere Staaten beneiden. Durch den gesellschaftlichen Wandel
schützt nicht mehr jede Regelung aus früheren Zeiten, die die Arbeit recht-
lich regelt, den Bestand der Arbeitsplätze. Insbesondere wenn neue Arbeits-
plätze geschaffen werden sollen, müssen die Regeln auf den Prüfstand. Die
Gastronomie stellt die Kernleistung für den Tourismus. Das Gaststättenrecht
ist seit Jahrzehnten starr, das Kundenverhalten hingegen folgt den Trends.
Betriebsarten, Gestattungen und Sperrzeiten sollen daher dereguliert wer-
den. Die Bundesregierung soll prüfen, welchen Deregulierungsbedarf die
Branche hat und dem Deutschen Bundestag dazu einen Bericht vorlegen.

2. Auf der Grundlage des Gesetzes über die Statistik der Beherbergung im Rei-
severkehr werden nur Betriebe über acht Betten erfasst. Die tatsächlichen
Übernachtungen – einschließlich der Betten unter der Abschneidegrenze –
dürften deutlich höher liegen. Die zusätzliche Erfassung der Übernachtun-
gen in Betrieben unterhalb der Abschneidegrenze liegt in der Entscheidung
der Länder und wird von diesen unterschiedlich gehandhabt. Da der wirt-
schaftliche Stellenwert und eine davon abhängige Mittelverteilung für Erho-
lungsregionen (z. B. für den Ausbau der Infrastruktur) teilweise auch vom
Übernachtungsvolumen abhängig gemacht wird, führt dies zur Benachtei-
lung von Regionen mit einem hohen Anteil von Kleinstbetrieben und Privat-
zimmern. Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, einen Bericht
vorzulegen, der die unterschiedliche Vorgehensweise der Länder, die Aus-
wirkungen sowie Lösungsmöglichkeiten aufzeigt.

C. Beschäftigung/Ausbildung/Qualifizierung

1. Saisonbetriebe sind im Tourismus typisch. Sie haben noch Beschäftigungs-
potenziale. Die Bundesregierung soll prüfen, ob durch veränderte Regelun-
gen im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht den spezifischen Gegebenhei-
ten von Tourismusbetrieben besser Rechnung getragen werden könnte. Auf
der arbeits- und tarifrechtlichen Ebene sollen Änderungen geprüft werden,
die mehr Dauerarbeitsplätze für Saisonbeschäftigte ermöglichen. Durch Jah-
resarbeitszeitkonten und durch Qualifizierungsmaßnahmen außerhalb der
Saison können durchgehende Beschäftigungsmöglichkeiten verbessert wer-
den. Ein Modellversuch soll die praktischen Möglichkeiten ermitteln.

2. Ebenso sollen Auszubildende in Saisonbetrieben nicht unnütz beschäftigt
werden, wenn z. B. in der Mittagszeit der Betrieb geschlossen ist. Eine Tei-
lung der Ausbildungszeit über den Tag kann zusätzliche Ausbildungsplätze
ermöglichen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/5315

3. Die Zahl der geschaffenen Ausbildungsplätze in der Branche ist zufrieden-
stellend. Beunruhigend sind aber die sehr hohen Abbrecherquoten. Die So-
zialpartner und die Bundesanstalt für Arbeit werden aufgefordert, durch
Beratung und Unterstützung der Auszubildenden im Gastgewerbe die Ab-
brecherquoten in diesen Ausbildungsbereichen zu verringern.

4. Auch in der Ausbildung und Qualifizierung sollen Umweltaspekte eine grö-
ßere Rolle spielen. Für kleine umweltorientierte Tourismusanbieter wollen
wir Beratungs- und Markteinführungsangebote ermöglichen.

5. Für Fremdenverkehrsamtsleiterinnen und Fremdenverkehrsamtsleiter soll
eine Fortbildung mit Kammerregelung und Zertifikat ermöglicht werden.
Dies wird zu besserem Service und zu einer verbesserten Absicherung der
Beschäftigten führen. Das Modellprojekt „Qualitätsoffensive Ostbayern“
wird hierfür die Grundlagen schaffen.

D. Umwelt

1. Der Umweltschutz und das nachhaltige Wirtschaften rechnen sich für die
Betriebe. Diese Erkenntnis setzt sich insbesondere seit der Herausgabe ent-
sprechender Leitfäden durch. Die Nachhaltigkeit muss fester Bestandteil je-
des Qualitätsmanagements sein. Es sollen die Betriebe ausgezeichnet wer-
den, die vorbildliche Wege gehen und die moderne Umweltstandards bieten.

2. Der nachhaltige Tourismus in Deutschland soll durch die Einführung einer
Umweltdachmarke gefördert werden. Die Bundesregierung soll die in der
Entwicklung befindliche Dachmarke zügig einführen und zu einem Quali-
tätsmerkmal für den Deutschlandtourismus machen.

3. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung in ihrem neuen tourismuspoliti-
schen Bericht den Umweltschutz im Tourismus zu einem neuen Schwer-
punkt gemacht hat.

4. Intakte Landschaften und biologische Vielfalt sind unersetzliche Ressourcen
für touristische Aktivitäten. Pflege und Schutz von Natur und Landschaft
sind zugleich Pflege und Schutz der wichtigsten touristischen Angebotspo-
tenziale. Die Entwicklung des Tourismus soll nicht zu weiterem Flächenver-
brauch führen, der Verbauung und Zersiedlung ursprünglicher Natur- und
Kulturlandschaften muss gegengesteuert werden.

5. Insbesondere unsere Nationalparke können zu einem Magneten für Erho-
lungssuchende aus dem In- und Ausland werden. Sie erfüllen auch einen
wichtigen Bildungsauftrag. Durch eine sinnvolle Besucherlenkung kann
sowohl dem Schutzgedanken als auch dem Anliegen der Erholungssuche
Rechnung getragen werden. Die Bundesregierung und die Länder sollen im
Rahmen ihrer Zuständigkeiten Marketingmaßnahmen für die Nationalparke
fördern und koordinieren.

6. Die Gefährdung der Arten resultiert auch aus dem zunehmenden Tourismus.
Wild lebende Tiere und Pflanzen werden durch Souvenirhandel und Frei-
zeitjagd in den Zielgebieten gestört und gefährdet. Der illegale Handel mit
bedrohten Arten nimmt zu. Die Bundesregierung soll daher gemeinsam mit
der Tourismuswirtschaft geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese Ent-
wicklung zu stoppen und umzukehren.

7. Die Bundesregierung soll sich mit Blick auf das Internationale Jahr des Öko-
tourismus für die Verabschiedung allgemein gültiger Richtlinien für einen
nachhaltigen Tourismus in sensiblen Gebieten im Rahmen der Biodiversi-
tätskonvention einsetzen und die zügige Ratifizierung des inzwischen von
allen unterzeichneten Tourismusprotokolls im Rahmen der Alpenkonvention
vorantreiben.

Drucksache 14/5315 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

E. Europäische Union/International

1. Die Integration im Rahmen der Europäischen Union ist der beste Motor für
den Tourismus. Der Reisende kann sich nahezu grenzenlos und bald auch
ohne Verluste des Währungsumtauschs durch Teile Europas bewegen. Die
EU-Gremien müssen aber auch die Folgen und Probleme dieser erleichterten
Mobilität aufnehmen. Die Bundesregierung soll daher in der Europäischen
Union auf eine abgestimmte Tourismuspolitik und verbesserte Koordination
innerhalb der bestehenden Kompetenzen hinarbeiten, mit der die Interessen
der Mitgliedstaaten von Quell- und Zielgebieten ausgeglichen werden, die
die regionalen Eigenheiten bewahrt und das Subsidiaritätsprinzip achtet.

2. In der Europäischen Union soll auf eine Harmonisierung der Besteuerung
und einen Abbau der Wettbewerbsverzerrungen hingewirkt werden. Gleich-
falls soll in der Europäischen Union auf eine Durchsetzung der ökologi-
schen, arbeitsrechtlichen und sozialen Standards gedrängt werden. Das Ziel
ist neben der Wirtschafts- und Währungsunion auch die Sozialunion. Dazu
bedarf es auch einer durchsetzungsfähigen europäischen Arbeitnehmerver-
tretung.

3. Die Bundesregierung soll aktiv die Durchsetzung des Ethikkodex der Welt-
Tourismus-Organisation unterstützen.

F. Mobilität/Verkehr

1. Reisende brauchen und nutzen alle Verkehrsträger. Dabei gibt es große Un-
terschiede zwischen den Reisemitteln in ihren Belastungen für Natur und
Umwelt. Zur Begrenzung der ökologischen Folgen des Freizeitverkehrs soll
die Bundesregierung daher die Förderung umweltschonender Verkehrssys-
teme, der Verkehrslenkung und der Verkehrsvermeidung fortsetzen.

2. Touristische Produkte sollen bereits in der Projektphase ein integriertes Ver-
kehrskonzept aufweisen. Sie sollen Anreize enthalten für die Anreise mit
Bahn, Bus und dem ÖPNV und diese in ihre Vermarktungsstrategie aufneh-
men (Vorinformation, Bonussystem).

3. Das Reisen ohne Hindernisse ist nicht nur eine Forderung von Behinderten.
Alle in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen profitieren von Maßnahmen
für ein barrierefreies Reisen. Die Bundesregierung soll daher mit den Län-
dern eine Übereinkunft erzielen, durch Verankerung in den Landesbauord-
nungen einschlägige Normen als verbindliche Vorschriften für die Barriere-
freiheit vorzusehen.

4. Die Fahrradmitnahme und der Gepäcktransport in Zügen und mit Bussen
müssen verbessert werden.

5. Die Ungleichbehandlung der Verkehrsträger durch die Privilegierung des
Flugverkehrs durch Nichtbesteuerung von Kerosin soll beendet werden. Die
anhaltende Nichtbesteuerung ist eine versteckte Subventionierung von Fern-
reisen zu Lasten des Deutschlandtourismus. Das verzerrt die Wettbewerbsfä-
higkeit deutscher Tourismusregionen. Die Bundesregierung soll ihre Bemü-
hungen für eine europäische Initiative zur Abschaffung der Steuerbefreiung
von Kerosin verstärken.

6. Zur gezielten Förderung des Deutschlandtourismus soll die Bundesregie-
rung mit den Bundesländern die Erlaubnis erwirken, an Autobahnen und
Bundesstraßen, insbesondere auf den Rastplätzen, sowie auf allen größeren
Bahnhöfen auf herausragende touristische Ziele hinzuweisen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/5315

G. Länderkompetenz

1. Nach dem Grundgesetz ist der Tourismus und seine Förderung Ländersache.
Um die deutschen Reiseziele noch stärker in dem Bewusstsein der Reisen-
den zu verankern, müssen Marketing, Buchungssysteme und Standards wei-
terentwickelt und überregional abgestimmt werden. Die Koordinierung zwi-
schen den Ländern und dem Bund bekommt daher eine größere Bedeutung.
Die Verzahnung der Institutionen und Organisationen, das Nutzen der Syn-
ergien und die Konzentration auf das Kundeninteresse sind wichtige Eck-
pfeiler für das Verständnis einer kompetenten Tourismuspolitik.

2. Das länderübergreifende Inlandsmarketing ist erfolgreich in die Deutsche
Zentrale für Tourismus integriert worden. Produktentwicklung und Aufbe-
reitung, Vertrieb und Marketing sind von hoher Bedeutung bei der Festigung
und dem Ausbau des Deutschlandtourismus. Der Deutsche Bundestag be-
kennt sich zu dem daraus entstehenden Auftrag für die öffentliche Hand. Es
bedarf für den gemeinsamen Erfolg entsprechender Mittel auf allen Ebenen
und für die Planungssicherheit auch eine stetige mittelfristige Finanzpla-
nung.

3. Bund und Länder sollen im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Kooperation bei
der Deutschen Zentrale für Tourismus fortsetzen und das Inlandsmarketing
langfristig zu einem festen Bestandteil der Tourismusförderung machen.

Berlin, den 13. Februar 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.