BT-Drucksache 14/5301

zu dem Antrag der Abg. Birgit Homburger, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth) , weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -14/3814- Novellierung der Verpackung und Flexibilisierung der Mehrwegquote

Vom 12. Februar 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

5301

14. Wahlperiode

12. 02. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach, Horst Friedrich
(Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.
– Drucksache 14/3814 –

Novellierung der Verpackungsverordnung und Flexibilisierung der Mehrwegquote

A. Problem

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung u. a. aufgefordert werden, eine öko-
logisch zweckdienliche und ökonomisch verantwortliche Novellierung der Ver-
packungsverordnung in die Wege zu leiten und in diesem Zusammenhang die
Mehrwegquote entsprechend neuen ökologischen Erkenntnissen zu flexibili-
sieren.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags. Der Ausschuss ist mehrheitlich der Auffassung, die
Bundesregierung habe den für die Novellierung der Verpackungsverordnung
notwendigen Konsultationsprozess mit den Bundesländern bereits eingeleitet.
Einer zusätzlichen Aufforderung – zumal sie keinen Hinweis auf die konkreten
Instrumente zur Sicherung der Mehrwegsysteme beinhalte – bedürfe es daher
nicht.

Die Ablehnung des Antrags erfolgte mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und F.D.P.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Die mit der Novellierung bzw. Nichtnovellierung der Verpackungsverordnung
verbundenen Kosten bei den Unternehmen der Wirtschaft werden unterschied-
lich eingeschätzt und sind Gegenstand der politischen Diskussion (s. Bericht).
Drucksache

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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag – Drucksache 14/3814 – abzulehnen.

Berlin, den 17. Januar 2001

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Christoph Matschie

Vorsitzender

Marion Caspers-Merk

Berichterstatterin

Werner Wittlich

Berichterstatter

Winfried Hermann

Berichterstatter

Birgit Homburger

Berichterstatterin

Eva-Maria Bulling-Schröter

Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

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Bericht der Abgeordneten Marion Caspers-Merk, Werner Wittlich,
Winfried Hermann, Birgit Homburger und Eva-Maria Bulling-Schröter

I.

Der Antrag auf Bundestagsdrucksache 14/3814 wurde in
der 127. Sitzung des Deutschen Bundestages am 26. Okto-
ber 2000 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitbe-
ratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
und den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten überwiesen.

Beide mitberatenden Ausschüsse haben mit den Stimmen
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
F.D.P. empfohlen, den Antrag abzulehnen.

II.

In seinem ersten Teil stellt der Antrag u. a. fest, dass ein
Festhalten an der Verpackungsverordnung mit einer starren
Mehrwegquote ökologisch kontraproduktiv und vor dem
Hintergrund technischer Entwicklungen unzeitgemäß und
wirtschaftlich unvertretbar sei. Die Bundesregierung soll
deshalb u. a. aufgefordert werden, eine ökologisch zweck-
dienliche und ökonomisch verantwortliche Novellierung
der Verpackungsverordnung in die Wege zu leiten und in
diesem Zusammenhang die Mehrwegquote entsprechend
neuen ökologischen Erkenntnissen zu flexibilisieren.

III.

Der

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit

hat den Antrag auf Bundestagsdrucksache 14/3814
in seiner Sitzung am 17. Januar 2001 beraten.

Von Seiten der Antragsteller wurde ausgeführt, man be-
daure, dass die Bundesregierung bis zum heutigen Tage
keinen Verordnungsentwurf zur Novellierung der Verpa-
ckungsverordnung vorgelegt habe. Die Ankündigung, die
Ergebnisse der Nacherhebung zur Mehrwegquote erst im
April 2001 zu veröffentlichen, lasse vermuten, dass auch
weiterhin damit nicht zu rechnen sei. Dagegen halte man es
selbst für erforderlich, nicht nur den Verbrauchern, sondern
insbesondere den von dieser Verordnung besonders betrof-
fenen Unternehmen angesichts eines Investitionsvolumens
in Milliardenhöhe endlich zu sagen, wohin der Weg gehe.
Seit längerem habe man sich sehr intensiv mit der sich aus
der geltenden Verpackungsverordnung ergebenden Situa-
tion und der Flexibilisierung der Mehrwegquote befasst.
Studien wie die des Umweltbundesamtes belegten eindeu-
tig, dass die Feststellung, Mehrwegverpackung sei immer
besser als Einwegverpackung, so nicht mehr zutreffe. Tech-
nische Entwicklungen im Verpackungsbereich, aber auch
bei der Wiederverwertung hätten dazu geführt, dass in eini-
gen Bereichen die Einwegverpackung und die Mehrwegver-
packung zumindest gleichwertig seien. Dies müsse auch
Eingang in die Verpackungsverordnung finden. Die dort
festgelegte Mehrwegquote sei mit Ausnahme einiger Pro-
blembereiche nicht in dem Sinne unterschritten worden,

dass ökologische Nachteile entstanden seien. Daher setze
man sich dafür ein, dass die Mehrwegquote flexibilisiert
werde. Dies könne auf mehreren Wegen geschehen. So habe
beispielsweise das Land Rheinland-Pfalz im Bundesrat be-
antragt (Bundesratsdrucksache 105/00), von der Quotenre-
gelung zu einer Mengenregelung überzugehen. Man selbst
halte es für besser, die Erkenntnisse bei den Kartonverpa-
ckungen in die entsprechenden Mehrwegquoten einzurech-
nen. Es sei richtig, Mehrwegsysteme dort zu schützen, wo
sie ökologisch vorteilhaft seien. Mit einer Pfandlösung er-
reiche man dieses Ziel aber nicht. Vielmehr gefährde man
damit diese Systeme. Zu warnen sei schließlich vor dem
Versuch, über Regelungen in der Verpackungsverordnung
Strukturpolitik betreiben zu wollen. Schon aus EG-rechtli-
cher Sicht werde man damit Schiffbruch erleiden.

Von Seiten der Fraktion der SPD wurde vorgetragen, nach
wie vor verdränge die Dose mit besorgniserregendem Zu-
wachs Mehrweggebinde bei Bier und Mineralwasser. Der
Gesetzgeber müsse deshalb handeln. Der Antrag der F.D.P.
mit der entsprechenden Aufforderung an die Bundesregie-
rung lasse allerdings in mehrfacher Hinsicht Dinge offen.
Zwar spreche er sich massiv gegen das Pfand aus, stelle
aber nicht dar, mit welchem Instrument man bei Flexibili-
sierung der Mehrwegquote die Mehrwegsysteme stützen
wolle oder welche Mehrwegquote man noch für tolerabel
halte. Ein bereits 1998 von der alten Bundesregierung beim
ifo-Institut in Auftrag gegebenes Gutachten komme dage-
gen zu dem Ergebnis, dass von den drei untersuchten Instru-
menten – Mengenlösung über Lizenzen, Steuer- bzw. Abga-
benlösung, Pfandlösung – das Pfand diejenige Lösung sei,
die letztlich am wenigsten Markteingriffe bedeute. Zudem
biete sie finanzielle Anreize, ohne dass der Verbraucher
endgültig belastet werde, da er bei ökologisch richtigem
Verhalten – also der Rückgabe des bepfandeten Gutes – sein
Geld zurückerhalte und die Belastung dahin verlagert
werde, wo sie hingehöre, nämlich zu den Abfüllern und
zum Handel. Von Vorteil sei weiter, dass ein solches Rück-
gabesystem eine hochwertige Verwertung begünstige. Die
Mehrwegsysteme ohne entsprechende Stützung zu belassen,
sei insbesondere gegenüber den Unternehmen ein Vertrau-
ensbruch, die in solche Systeme investiert hätten. Neue
Erkenntnisse aus der Ökobilanzstudie II des Umwelt-
bundesamtes gebe es nur für die Kartonverpackungen.
Rückgabequoten und die Verwertung hätten sich verbessert.
Deshalb seien den Umweltministern zwei mögliche Alter-
nativen vorgeschlagen worden:

1. Einrechnung der Kartons in die Quote,

2. Bepfandung ökologisch eindeutig nachteiliger Getränke-
verpackungen.

Die Umweltminister hätten sich auf ihrer Sitzung im Herbst
eindeutig für das Pfand entschieden, dies allerdings mit der
Auflage verbunden, Klarheit in der Frage der Kostenstruk-
tur und im Hinblick auf die Auswirkungen auf das Marktge-
schehen zu schaffen. Dies werde derzeit abgearbeitet. Der
Vorwurf, von Seiten der Bundesregierung werde nichts ge-
tan, sei somit gegenstandslos. Jedermann wisse, dass eine
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– 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Verordnungsnovelle auch die Zustimmung des Bundesrates
benötige und von daher Vorgespräche mit den Ländern in
dieser Sache notwendig seien. Von daher lehne man den
Antrag der Fraktion der F.D.P. ab.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde gerügt, dass
das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit noch immer keine Novelle zur Verpackungs-
verordnung vorgelegt habe. Man habe den Eindruck, es sei
beabsichtigt, die derzeit geltende Verordnung auch über den
1. Juli 2001 hinaus in Kraft bleiben zu lassen, so dass es
dann automatisch zu einem Zwangspfand komme. Die Prüf-
aufträge, die seinerzeit im Zusammenhang mit dem Be-
schluss auf der Umweltministerkonferenz erteilt worden
seien, habe das Bundesministerium für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit nach wie vor noch nicht abge-
arbeitet. So gebe es beispielsweise im Zusammenhang mit
der Einführung der Pfandautomaten große Unsicherheiten.
Die Kostenschätzungen schwankten hier zwischen 600 und
700 Mio. DM auf der einen und bis zu 7 Mrd. DM auf der
anderen Seite.
Angesichts neuer Technologien gerade auch im Verpa-
ckungsbereich und bei der Wiederverwertung spreche man
sich nicht für eine Abschaffung der Mehrwegquote von
72 % aus, befürworte aber eine gewisse Flexibilisierung. Ob
die Quote bei 72 % oder 69,5 % liege, sei völlig unerheb-
lich. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass seit 1991
zusätzlich 2,3 Mrd. l pro Jahr in Mehrwegverpackungen ab-
gefüllt würden. Insofern werde man den Antrag der Frak-
tion der F.D.P. unterstützen.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde ausgeführt, derzeit gebe es die objektiv schwierige
Situation, dass es eine geltende, von der alten Bundesregie-
rung in Kraft gesetzte Verpackungsverordnung gebe, die
einen Automatismus in sich berge, der nunmehr von den
seinerzeit die Bundesregierung tragenden Fraktionen nicht
mehr gewollt werde. Jeder, der an diesem Automatismus et-
was ändern wolle, brauche aber dazu insbesondere auch im
Bundesrat eine Mehrheit. Die Umweltministerkonferenz
habe sich im Herbst vergangenen Jahres mit großer Mehr-
heit einmal auf die Definition, was als ökologisch nachteilig
anzusehen sei, geeinigt, nachdem es im geltenden Recht
beispielsweise die merkwürdige Regelung gebe, dass Bier
in Dosen zu den ökologisch nachteiligen Gebinden zähle,
Coca-Cola in Dosen aber nicht. Weiter habe Einigkeit be-
standen, dass man die Mehrwegsysteme nur dann stützen
könne, wenn man alle ökologisch nachteiligen Verpackun-
gen zwangsweise mit Pfand belege. Einige Landeswirt-
schaftsminister hätten allerdings dem Votum ihrer jeweili-
gen Umweltministerkollegen widersprochen, so dass es nun
die Situation gebe, dass in einzelnen Landesregierungen
unterschiedliche Meinungen vertreten würden, ein mehr-
heitsfähiger Novellierungsentwurf aber von keiner Landes-

regierung vorgelegt worden sei. Der auf Vorschlag des
Bundesministers zustande gekommene Beschluss der Um-
weltministerkonferenz bedeute dagegen einen großen
Schritt in Richtung Stützung der Mehrwegsysteme. Gleich-
zeitig werde die Dosen-Unkultur eingedämmt und der weit-
räumigen transportintensiven Vermarktung bestimmter Ge-
tränke entgegengewirkt, die zu Lasten regionaler Anbieter
erfolge. Man hoffe sehr, dass sich für die Novellierung der
Verpackungsverordnung eine Lösung in der Form finden
lasse, wie sie vom Grundsatz her auf der Umweltminister-
konferenz beschlossen worden sei. Alle anderen Lösungen
seien ökologisch gesehen ein Rückschritt. Von daher sei es
auch verständlich, dass das Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit nicht auf die Beschleu-
nigung des Nacherhebungsverfahrens dränge, da nach Ab-
lauf der Fristen, wenn keine Lösung gefunden werde, letzt-
lich die Regelungen der derzeit geltenden Verordnung
griffen.

Von Seiten der Fraktion der PDS wurde begrüßt, dass sich
die Umweltministerkonferenz mit ihrem Beschluss dem
Druck verschiedener Wirtschaftsunternehmen habe entzie-
hen können. Angesichts wachsender Müllberge und zuneh-
mender Vermüllung der Städte und auch der freien Natur
halte man weitere Pfandregelungen für erforderlich. Insbe-
sondere befürworte man, die Pfandpflicht auf alle Dosen
auszudehnen und damit die Verdrängung der Mehrwegfla-
schen zu verhindern. Für eine solche Regelung spreche
auch, dass dadurch regionale Wirtschaftskreisläufe gestärkt
und beispielsweise dem weiteren Sterben kleiner Braue-
reien in Bayern entgegengewirkt werde. Zu prüfen sei darü-
ber hinaus, ob die Verwendung von Milchschläuchen tat-
sächlich – wie dies die Verpackungsverordnung derzeit
ausweise – ökologisch vorteilhaft sei. Als Alternative zur
Pfandpflicht sehe man nur, bestimmte Einwegverpackungen
ganz zu verbieten. In diesem Fall könne auf Rücknahme-
automaten verzichtet werden. Voraussichtlich gebe es aber
hierfür keine Mehrheiten. Die im Antrag der Fraktion der
F.D.P. getroffenen Feststellungen teile man in vielen Fällen
nicht. Auch von daher lehne man ihn ab.

Von Seiten der Vertreterin der Bundesregierung wurde aus-
geführt, die Einführung einer Pfandpflicht für ökologisch
nachteilige Getränkeverpackungen erfordere nach eigenen
Schätzungen Investitionen in Höhe von ca. 2 Mrd. DM bzw.
jährliche Zusatzkosten in Höhe von 265 Mio. DM. Umge-
rechnet bedeute dies zusätzliche Kosten pro Verpackung
von 1,8 Pf. Dies halte man für verkraftbar.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Antrag auf Bun-
destagsdrucksache 14/3814 abzulehnen.

Berlin, den 12. Februar 2001

Marion Caspers-Merk

Berichterstatterin

Werner Wittlich

Berichterstatter

Winfried Hermann

Berichterstatter

Birgit Homburger

Berichterstatterin

Eva-Maria Bulling-Schröter

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