Vom 7. Februar 2001
Deutscher Bundestag
Drucksache
14/
5247
14. Wahlperiode
07. 02. 2001
Antrag
der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Reinhard Weis (Stendal), Hans-Günter
Bruckmann, Dr. Peter Danckert, Annette Faße, Norbert Formanski, Iris Gleicke,
Angelika Graf (Rosenheim), Gustav Herzog, Reinhold Hiller (Lübeck), Gabriele
Iwersen, Konrad Kunick, Dr. Christine Lucyga, Dieter Maaß (Herne), Heide
Mattischeck, Karin Rehbock-Zureich, Siegfried Scheffler, Wilhelm Schmidt
(Salzgitter), Wieland Sorge, Wolfgang Spanier, Rita Streb-Hesse, Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
ILO-Übereinkommen über die soziale Betreuung der Seeleute ratifizieren
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag bittet die Bundesregierung, das Übereinkommen
Nr. 163 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) „Übereinkommen über
die soziale Betreuung der Seeleute auf See und im Hafen“ zu ratifizieren.
Berlin, den 7. Februar 2001
Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion
Begründung
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hat
das Übereinkommen über die soziale Betreuung der Seeleute 1987 ohne Ge-
genstimmen und Enthaltungen angenommen. Durch die Ratifizierung des
Übereinkommens durch zahlreiche Staaten ist das Übereinkommen in Kraft ge-
treten.
Die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland hatte 1994 keinen
Handlungsbedarf für die Ratifizierung gesehen, da die soziale Betreuung von
Seeleuten durch verschiedene nationale Träger nach Art und Umfang den An-
forderungen des Übereinkommens entsprochen hat bzw. zum Teil über sie hin-
ausging (siehe Bericht der Bundesregierung; mit Beschluss vom 19. Mai 1994
vom Deutschen Bundestag zur Kenntnis genommen).
Inzwischen hat sich die Lage deutlich verändert. Die Betreuung der Seeleute
erfolgt vorwiegend durch kirchliche Seemannsmissionen, Kommunen und So-
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zialpartner. Finanziert werden die Einrichtungen durch die Kirche, durch Ei-
geneinnahmen, Bundesmittel, Spenden und Kollekten. Insbesondere die Kirche
hat aufgrund einer erheblich verschlechterten Finanzsituation ihre Zuschüsse
für die mit ihr verbundenen Seemannsmissionen beträchtlich reduziert. Das So-
zialwerk für Seeleute wurde ganz aufgelöst. Damit sind die Einrichtungen zur
sozialen Betreuung der Seeleute zu erheblich verstärkten Eigenleistungen her-
ausgefordert, was Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising angeht – eine Heraus-
forderung, der sie sich mit hoher Kreativität stellen.
Allein die Deutsche Seemannsmission unterhält in Afrika vier, in Amerika drei,
in Asien zwei und in Europa 12 hauptamtlich besetzte Auslandsstationen. Dazu
gehören weitere 25 neben- und ehrenamtlich besetzte Stationen auf allen fünf
Kontinenten sowie 16 Inlandsstationen, die Zuwendungen der Landeskirchen,
Kommunen und freiwillige Schiffsabgaben erhalten. Zur Hauptaufgabe der
Missionen sind inzwischen Schiffsbesuche geworden, weil die kurzen Liege-
zeiten der Schiffe Landbesuche der Seeleute oft nicht ermöglichen. Wer kurz an
Land kann, braucht den Service der Stationen: den Club mit Kiosk und Telefon,
den Heimbetrieb, die seelsorgerliche Betreuung, das Sportangebot, Bücher,
Zeitschriften, Videotausch, manchmal Rat und Hilfe, wenigstens einige Sätze
in der Heimatsprache.
Bedeutsam ist inzwischen für die Seemannsmissionen auch die Übernahme
von Botschafts- bzw. Konsularaufgaben geworden: In allen Auslandsstationen
nehmen Deutsche außerhalb der Öffnungszeiten oder auf ausdrücklichen
Wunsch der diplomatischen Vertretungen die Hilfe der Mitarbeiter in An-
spruch. Dies ist besonders in den Häfen der Fall, in denen Deutsche nicht auf
Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland zurückgreifen können.
Die Ratifizierung des ILO-Übereinkommens Nr. 163 ist deshalb dringend er-
forderlich.