BT-Drucksache 14/5220

zu der Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung die Bundeswehr der Zukunft, Feinausplanung und Stationierung

Vom 6. Februar 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

06. 02. 2001

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Paul Breuer, Ulrich Adam, Sylvia Bonitz, Georg Janovsky,
Irmgard Karwatzki, Thomas Kossendey, Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg),
Werner Lensing, Ursula Lietz, Hans Raidel, Helmut Rauber, Hans-Peter Repnik,
Kurt J. Rossmanith, Anita Schäfer, Christian Schmidt (Fürth), Bernd Siebert,
Werner Siemann, Benno Zierer und der Fraktion der CDU/CSU

zu der Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung

Die Bundeswehr der Zukunft, Feinausplanung und Stationierung

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest,

1. das „Reformkonzept“ des Bundesministers der Verteidigung, Rudolf
Scharping, wird den sicherheitspolitischen Notwendigkeiten Deutschlands
und des Bündnisses nicht gerecht. Es basiert nicht auf einer umfassenden
Bedrohungsanalyse und dem Willen, eingegangene Verpflichtungen in der
NATO, der Europäischen Union und gegenüber den Vereinten Nationen zu
erfüllen, sondern ist eine politisch gewollte Folge des Finanzdiktats des
Bundesministers der Finanzen für den Verteidigungsetat;

2. mit der von der Bundesregierung geplanten Reduzierung der Truppenstärke
der Bundeswehr auf faktisch 255 000 Soldatinnen und Soldaten wird
Deutschland seiner politisch verantwortungsvollen Rolle als bevölkerungs-
reichste und wirtschaftlich stärkste Nation in der Mitte Europas nicht mehr
gerecht. Die Lücke zwischen den international zugesagten Beiträgen und
den tatsächlichen militärischen Fähigkeiten klafft immer weiter auseinander.
Der strukturell notwendige Umfang der Bundeswehr wird unvertretbar un-
terschritten. Immer mehr Aufgaben werden auf immer weniger Schultern
verteilt. Deutschland wird nach den absehbaren Einschnitten in die Substanz
der Bundeswehr nur beschränkt bündnisfähig sein;

3. entgegen den ständigen Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung,
die Wehrpflicht als ein tragendes Element der Bundeswehr erhalten zu wol-
len, wird durch den erheblichen Abbau der Stellen für Wehrpflichtige die
Wehrgerechtigkeit gefährdet und damit die Allgemeine Wehrpflicht mittel-
fristig in Frage gestellt;

4. mit dem vorliegenden Entwurf des Ressortkonzepts „Die Bundeswehr der
Zukunft – Feinausplanung und Stationierung“ hat der Bundesministers der
Verteidigung Wortbruch begangen. Er gab an, nur Kleinstandorte schließen
zu wollen. Noch im letzten Jahr hat der Bundesminister der Verteidigung an
nunmehr zur Schließung anstehende Standorte Bestandszusagen abgegeben.
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Mit der vorgelegten Feinausplanung ist nunmehr die Schließung von min-
desten 59 Standorten vorgesehen. Die Verantwortung hierfür tragen der
Bundesminister der Verteidigung und die rot-grüne Regierungskoalition.
Von der angekündigten Beteiligung der Bundesländer bei den Fragen zur
Stationierung der Bundeswehr ist im Vorfeld außer einigen allgemeinen Er-
örterungen nicht viel übrig geblieben. Die gesetzte kurze Frist zur Äußerung
der Bundesländer macht es faktisch unmöglich, auf die getroffenen Ent-
scheidungen noch Einfluss zu nehmen. Das Vertrauen der Soldaten, Zivilbe-
schäftigten und ihrer Familien sowie der betroffenen Standortgemeinden in
die Zuverlässigkeit der politischen Führung der Bundeswehr ist schwer er-
schüttert;

5. die vorgestellte „Feinausplanung“ spiegelt nicht das ganze Ausmaß der Fol-
gen des Finanzentzugs für die Bundeswehr wider. Erst nach und nach erfah-
ren Öffentlichkeit und Betroffene das wahre Ausmaß der Streichungen. Das
veröffentlichte Scharping-Konzept lässt zahlreiche Verbände, Einheiten und
Dienststellen der Bundeswehr über ihre Zukunft im Unklaren. Der Bundes-
minister der Verteidigung verkündet die Schließung von 59 Standorten, um
die Zahl optisch niedrig zu halten. Bei näherer Betrachtung sind es aber
deutlich mehr. Weitere Standorte werden derart reduziert, dass die Wirkung
einer Schließung gleichkommt;

6. alle Standorte, an denen der Abbau weniger als 50 Prozent oder weniger als
500 Dienstposten ausmacht, sind nicht im Entwurf des Ressortkonzepts er-
wähnt. In diesen Garnisonen haben die Betroffenen oft erst aus Veröffent-
lichungen von den Kürzungen erfahren. Dies führte zu Unverständnis und
Verunsicherung der betroffenen Soldaten, zivilen Mitarbeiter sowie der Län-
der und Gemeinden;

7. die Privatisierung und Rationalisierung der Bundeswehr stehen rechtlich
und politisch auf einem unsicheren Fundament. Sie können bei weitem nicht
das Geld zurückbringen, das der Bundeswehr entzogen wird;

8. die Kosten der Umstationierung, der angekündigten Personalstruktur- und
Attraktivitätsmaßnahmen sowie für die Modernisierung des Materials sind
nicht finanziert. Wenn sich die Finanzausstattung für den Verteidigungsetat
nicht wesentlich verbessert, sind der nächste scharfe Einschnitt, das Ende
der Wehrpflicht und ein massiver Schaden für die deutsche Glaubwürdigkeit
bei unseren Verbündeten und Partnern vorprogrammiert;

9. auch bei der noch nicht vorgelegten Material- und Ausrüstungsplanung der
Bundeswehr ist zu befürchten, dass wegen der unsoliden Finanzausstattung
im Verteidigungsetat massiv eingegriffen wird. Viele der notwendigen Vor-
haben können deshalb nicht bezahlt werden. Die Modernisierung der Bun-
deswehr wird deshalb nicht in dem notwendigen Umfang erfolgen können;

Der Deutsche Bundestag lehnt den Entwurf des Ressortkonzepts „Feinauspla-
nung und Stationierung der Bundeswehr“ ab und fordert die Bundesregierung
auf,

– die Bundeswehr in die Lage zu versetzen, dass sie die Aufgaben der Landes-
und Bündnisverteidigung sowie die wachsenden Verpflichtungen des Stabi-
litätstransfers, der Konfliktprävention und der Krisenreaktion in der Nord-
atlantischen Allianz und in der Europäischen Union erfüllen kann,

– sicherzustellen, dass die Grundlage für die Beibehaltung der Allgemeinen
Wehrpflicht unter Aufrechterhaltung der Wehrgerechtigkeit bestehen bleibt,

– den Umfang der Soldaten und zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr deswegen
nicht wie vorgesehen abzusenken,
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– wirksame Personal- und Attraktivitätsmaßnahmen zur Sicherstellung des
Nachwuchses und einer funktionsgerechten Altersstruktur einzuleiten,

– den Umbau der Bundeswehr für Soldaten und Zivilpersonal, an den Model-
len der ehemaligen Bundesregierung orientiert, sozialverträglich zu gestal-
ten,

– eine angemessene Stationierung der Bundeswehr in der Fläche zu erhalten,

– die zukünftigen Verteidigungshaushalte wieder mindestens an der mittelfris-
tigen Finanzplanung des 32. Finanzplanes zu orientieren und die Finanzmit-
tel dafür wieder auf ca. 50 Mrd. DM aufwachsen zu lassen,

– den von ihr zu verantwortenden Schließungen und Reduzierungen betroffe-
ner Standorte und Regionen eine finanzielle Hilfe aus Mitteln außerhalb des
Verteidigungsetats zur Kompensation anzubieten und Maßnahmen der Kon-
version nachhaltig zu unterstützen.

Berlin, den 6. Februar 2001

Paul Breuer
Ulrich Adam
Sylvia Bonitz
Georg Janovsky
Irmgard Karwatzki
Thomas Kossendey
Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)
Werner Lensing
Ursula Lietz
Hans Raidel
Helmut Rauber
Hans-Peter Repnik
Kurt J. Rossmanith
Anita Schäfer
Christian Schmidt (Fürth)
Bernd Siebert
Werner Siemann
Benno Zierer
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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