Vom 22. Januar 2001
Deutscher Bundestag
Drucksache
14/
5128
14. Wahlperiode
22. 01. 2001
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS
Zahlungsverpflichtungen der Stiftungsinitiative gegenüber der Bundesstiftung
zur Entschädigung von NS-Zwangsarbeit
In dem am 17. Juli 2000 in Berlin von Vertretern zahlreicher Regierungen, von
Anwälten und Opferverbänden sowie einem Vertreter der Stiftungsinitiative der
Industrie unterzeichneten „joint statement“ betreffend die Entschädigung von
NS-Zwangsarbeit hat sich die deutsche Industrie verpflichtet, den von ihr zuge-
sagten Betrag von 5 Mrd. DM für diese Entschädigung zu zahlen, „sobald alle
Klagen gegen deutsche Unternehmen im Zusammenhang mit der NS-Ära und
dem Zweiten Weltkrieg vor US-Gerichten … abschließend geklärt sind.“
(eigene Übersetzung des in Englisch abgefassten „joint statement“).
Über die letzten in den USA anhängigen Klagen gegen deutsche Firmen wird
Ende Januar 2001 entschieden. Sprecher der Stiftungsinitiative erklären nun in
diesem Zusammenhang, die Stiftungsinitiative würde den vollen Betrag nicht
unmittelbar nach Einstellung dieser Klagen überweisen, sondern „so schnell
wie möglich“ (Manfred Gentz im DER TAGESSPIEGEL, 17. Januar 2001).
Damit würde die Industrie die am 17. Juli 2000 von ihr selbst unterzeichnete
Erklärung faktisch aufkündigen. Alle Prozesse in den USA könnten bei einem
solchen Verhalten neu aufgerollt werden, die gesamte bisher getroffene Verein-
barung zur Entschädigung von NS-Zwangsarbeit könnte damit hinfällig werden.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Schritte will die Bundesregierung ergreifen, um die Stiftungsinitia-
tive und ihre Gründerunternehmen zur Einhaltung der am 17. Juli 2000 un-
terzeichneten gemeinsamen Erklärung und damit zur sofortigen Zahlung der
5 Mrd. DM zu bewegen?
2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das Abrücken der Stiftungs-
initiative von der am 17. Juli 2000 von ihr in Berlin unterzeichneten Erklä-
rung die gesamte Entschädigungsregelung für NS-Zwangsarbeit gefährdet
und die Wiederaufnahme aller Klagen gegen deutsche Firmen in den USA
und in anderen Staaten zur Folge haben kann?
Wenn nein, warum nicht und welche Bedeutung hat dann in Zukunft eine
Unterschrift der Stiftungsinitiative der Wirtschaft unter internationale Ab-
kommen?
Drucksache
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3. Welche Schritte will die Bundesregierung ergreifen, um bei Nichteinhaltung
der Zusage der Stiftungsinitiative jeden Schaden für die noch lebenden
Opfer der NS-Zwangsarbeit zu vermeiden?
Berlin, den 17. Januar 2001
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion