BT-Drucksache 14/5111

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -14/4053, 14/5095- Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (Erstes SGB IV-Änderungsgesetz - 1. SGB IV -ÄndG)

Vom 18. Januar 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/5111
14. Wahlperiode 18. 01. 2001

Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dirk Niebel, Dr. Heinrich L. Kolb und
der Fraktion der F.D.P.

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/4053, 14/5095 –

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches
Sozialgesetzbuch (Erstes SGB IV-Änderungsgesetz 1. SGB IV-ÄndG)

Der Bundestag wolle beschließen:

1. In § 2 Nr. 3 werden nach den Wörtern „Hebammen und Entbindungspfle-
ger“ die Wörter „, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinder-
pflege oder in der Geburtshilfe tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer
selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer be-
schäftigen“ angefügt.

2. Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:

a) In § 231 Abs. 6 Satz 1 ist die Nummer 1 ersatzlos zu streichen.

b) In § 231 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 sind die Wörter „vor dem 10. Dezember
1998“ zu streichen und stattdessen „. . .“ (Zeitpunkt nach Inkrafttreten
des Gesetzes) einzusetzen.

c) Nach § 231 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 ist folgender Satz anzufügen:

„Zu der anderweitigen Vorsorge gehören auch kapitalgedeckte Vorsorge-
formen.“

Berlin, den 18. Januar 2001

Dr. Irmgard Schwaetzer
Dirk Niebel
Dr. Heinrich L. Kolb
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Begründung

Selbständige sollten generell nicht rentenversicherungspflichtig sein, sondern
im Wesentlichen eine Nachweispflicht für eine angemessene Altersvorsorge er-
füllen (Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung). Dann bestünde eine
freie Wahl der Vorsorgeform, wie auch eine freiwillige Mitgliedschaft in der

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gesetzlichen Rentenversicherung davon unbenommen wäre. Demgegenüber
soll nach dem Änderungsantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN für Selbständige, wie etwa Lehrer, eine dem § 231 Abs. 5 SGB VI
nachgebildete zeitlich befristete Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungs-
pflicht unter der Voraussetzung eröffnet werden, dass die Betreffenden
glaubhaft darlegen können, von ihrer Versicherungspflicht keine Kenntnis ge-
habt zu haben. An der Sozialversicherungspflicht von selbständigen Lehrern
wird also grundsätzlich nichts geändert. Daher sollten zumindest folgende Ver-
besserungen vorgenommen werden:

Zu Nummer 1

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass alle Freiberufler, die einen versiche-
rungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, versicherungsfrei sind – denn
sonst würde es keinen Sinn machen, diese Gruppe von der Möglichkeit des
§ 231 Abs. 6 SGB VI auszunehmen. Allerdings vermag nicht einzuleuchten,
dass freiberuflich tätige Pflegepersonen, die in der Wochenpflege oder in der
Säuglingspflege tätig sind und einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer
beschäftigen, selbst versicherungsfrei sein sollen, § 2 Nr. 2 SGB VI, während
freiberuflich tätige Hebammen, die dieselbe Tätigkeit verrichten und einen ver-
sicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, gleichwohl versicherungs-
pflichtig bleiben sollen. Diese Ungleichbehandlung hat keine sachliche Recht-
fertigung. Nicht nur Pflegepersonen beschäftigen häufig andere Pflegepersonen
und überschreiten damit den Bereich der höchstpersönlichen freiberuflichen
Tätigkeit. Auch Hebammen betreiben Geburtshäuser und Entbindungsheime
und beschäftigen dabei andere angestellte Hebammen. Insoweit besteht zwi-
schen Pflegepersonen und Hebammen kein Unterschied, der eine unterschiedli-
che gesetzliche Regelung der Versicherungspflicht rechtfertigen würde.

Daher sollten Hebammen in die Reihe derer aufgenommen werden, die bei Be-
schäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers versicherungsfrei
sind. § 2 Nr. 3 SGB VI sollte daher um die Formulierung des § 2 Nr. 1 bzw.
Nr. 2 SGB VI entsprechend ergänzt werden. Denn was für Lehrer und Erzieher,
was für Pflegepersonen gilt, kann Hebammen und Entbindungspfleger schlech-
terdings nicht verwehrt werden. Durch eine solche systematisch zutreffende
Gleichstellung ist dann auch der vorgesehene § 231 Abs. 6 Satz 1 SGB VI
schlüssig.

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a

Ob die in § 231 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorgesehene Glaubhaftmachung
erforderlich und praktikabel ist, darf bezweifelt werden. Dieses Tatbestands-
merkmal sollte ersatzlos gestrichen werden. Aufgrund der Entscheidungen des
BMA und der BfA kann davon ausgegangen werden, dass selbständig tätige
Lehrer und Dozenten hinsichtlich der Vergangenheit gutgläubig waren. Auch
beinhaltet die Tatsache, dass diese eine adäquate Altersversorgung nachweisen
können, bereits den guten Glauben.

Zu Buchstabe b

Der vorgesehene § 231 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 SGB VI erfordert einen anderweiti-
gen Versicherungsschutz vor dem 10. Dezember 1998. Dieser Stichtag mag
zwar einen Sinn hinsichtlich der neuen Rechtslage für arbeitnehmerähnliche
Selbständige ergeben. Allerdings sind damit Selbständige, die erst nach diesem
Stichtag eine solche Versicherung vorweisen können, von dieser Änderung aus-
geschlossen. Wer sich z. B. nicht als solchen arbeitnehmerähnlichen Selbstän-

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digen ansieht, da er etwa über eine Vielzahl von Patienten und damit Auftrag-
gebern verfügt, kann dennoch über seine Versicherungspflicht im Irrtum
gewesen sein. Da viele Versicherungspflichtige sich nur in etwa gleichwertig
versichern, sollte hier ein Stichtag nach Inkrafttreten des Gesetzes gewählt wer-
den, um in den Fällen, die eine geringfügige Unterversicherung aufweisen, eine
Anpassung (etwa bis zum Ende der Antragsfrist) zu ermöglichen.

Zu Buchstabe c

Der Begriff der „anderweitigen Vorsorge“ des § 231 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3
SGB VI ist zu eng. Vielmehr sollte hinsichtlich der Vorsorgeformen eine weite
Auslegung möglich sein und hierzu insbesondere auch und gerade kapitalge-
deckte Vorsorgeformen gehören. So sollten z. B. Kapitalversicherungen, die
seinerzeit unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten empfohlen worden sind, Be-
rücksichtigung finden.

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