BT-Drucksache 14/5085

BSE-Bekämpfung konsequent ausbauen

Vom 16. Januar 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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5085

14. Wahlperiode

16. 01. 2001

Antrag

der Abgeordneten Matthias Weisheit, Brigitte Adler, Ernst Bahr, Ingrid Becker-
Inglau, Christel Deichmann, Peter Dreßen, Marga Elser, Annette Faße, Iris Follak,
Monika Ganseforth, Renate Gradistanac, Günter Graf (Friesoythe), Karl Hermann
Haack (Extertal), Hubertus Heil, Reinhold Hemker, Gustav Herzog, Iris Hoffmann
(Wismar), Eike Hovermann, Barbara Imhof, Ilse Janz, Klaus Kirschner, Marianne
Klappert, Helga Kühn-Mengel, Werner Labsch, Waltraud Lehn, Robert Leidinger,
Eckhart Lewering, Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg), Lothar Mark, Gerhard
Neumann (Gotha), Holger Ortel, Dr. Martin Pfaff, Dr. Carola Reimann, Dr. Hansjörg
Schäfer, Gudrun Schaich-Walch, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Silvia Schmidt
(Eisleben), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Regina Schmidt-Zadel, Heinz Schmitt
(Berg), Walter Schöler, Karsten Schönfeld, Dr. R. Werner Schuster, Dr. Margrit
Spielmann, Antje-Marie Steen, Rolf Stöckel, Joachim Tappe, Jella Teuchner,
Dr. Norbert Wieczorek, Heino Wiese (Hannover), Dr. Wolfgang Wodarg, Waltraud
Wolff (Wolmirstedt), Heide Wright, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke, Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

BSE-Bekämpfung konsequent ausbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Nach Einführung der obligatorischen BSE-Tests in Deutschland ab Dezem-
ber 2000 wird die Verbreitung der Rinderseuche auch in Deutschland offen-
bar. Die bisher gefundenen BSE-infizierten Tiere wurden im Zeitraum 1995
bis 1997 geboren. Als Hauptinfektionsquelle wird verseuchtes Tiermehl an-
genommen. Daneben scheint eine Infektion im Kälberalter über das
Milchaustauschfutter möglich. Weitere mögliche Infektionsquellen sind
nicht auszuschließen. Es bestätigt sich, dass die Entscheidung eines totalen
Verfütterungsverbots für alle protein- und fetthaltigen Tiermehlerzeugnisse
bzw. Milchaustauscher richtig war. Die jetzt weiterhin notwendigen Maß-
nahmen sind auf allen Ebenen von Bundesländern, Bundesregierung und EU
konsequent und koordiniert voranzutreiben. Der Deutsche Bundestag be-
grüßt die Berufung der Präsidentin des Bundesrechnungshofes, Dr. Hedda
von Wedel, als unabhängige Gutachterin für eine „Schwachstellenanalyse“
im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Nahrungs-
mittelsicherheit.
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II. Der Deutsche Bundestag hält es zu einer wirksamen BSE-Bekämpfung für
notwendig,





bei Feststellung eines BSE-infizierten Rindes aus Gründen der gesund-
heitlichen und epidemiologischen Vorsorge weiterhin die gesamte Herde
zu töten,





EU-weit ein totales und zeitlich unbegrenztes Verfütterungsverbot von
Tiermehl zu beschließen,





die tierischen Fette und weitere tierische Futterbestandteile EU-weit ins
Verfütterungsverbot einzubeziehen,





das Verfütterungsverbot für Tiermehl auf Wild-, Heim- und Zootiere aus
Vorsorgegründen in geeigneter Weise auszudehnen,





zu überprüfen, inwieweit angesichts des ungeklärten Verbleibs der Prio-
nen im Boden Düngeverbote notwendig sein können,





eine umfassende und offene Deklaration aller Futtermittelbestandteile
umgehend national und EU-weit durchzusetzen,





eine Positivliste von Futtermittelbestandteilen unter Qualitätssicherungs-
und Verbraucherschutzaspekten national und EU-weit zu initiieren,





die flächendeckende Kontrolle der Futtermittelerzeugung und -zusam-
mensetzung sicherzustellen und bei Verstößen als Straftatbestand zu
ahnden,





bei den Schlachtverfahren die Übertragungsmöglichkeiten von BSE wei-
testgehend, z. B. durch Anwendung neuer Schlachttechnologien, zu
minimieren,





auf Grund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Vorsorge-
gesichtspunkten die Definition von „Risikomaterialien“ im Hinblick auf
Tierarten und derzeitigen Umfang EU-weit zu überprüfen und neu zu
regeln; Risikomaterial ist unabhängig vom Alter der Tiere aus der Futter-
und Nahrungsmittelkette auszuschließen sowie Separatorenfleisch gene-
rell zu verbieten,





BSE-Tests sind bei allen gefallenen und notgeschlachteten Tieren und
bei Schlachttieren, die über 24 Monate alt sind, durchzuführen. Darüber
hinaus sind die Tests schrittweise auf alle Schlachttiere auszudehnen; die
Tests müssen entsprechend weiterentwickelt werden,





die Entwicklung von Tests am lebenden Tier mit Nachdruck voranzutrei-
ben,





das Lebensmittelbuch im Hinblick darauf, welche tierischen Ausgangs-
stoffe welcher Tierart in die menschliche Nahrung gelangen sollen, zu
überarbeiten und Bezeichnungsklarheit bei Wurst und Fleischerzeugnis-
sen zu schaffen,





auf EU-Ebene die Auszahlung von Mitteln aus dem Marktentlastungs-
programm von BSE-Tests zur Erfassung der epidemiologischen Situa-
tion abhängig zu machen,





die BSE- und Creutzfeldt-Jakob-Forschung in Deutschland zu verstär-
ken, Pathologie-Studien durchzuführen und die Forschungsanstrengun-
gen möglichst EU-weit zu koordinieren,





die Ergebnisse der epidemiologischen Untersuchungen in allen BSE-
Ländern vergleichend auszuwerten, um bei der Ursachenermittlung der
BSE-Übertragung schnellere Fortschritte zu erzielen,
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eine transparente Etikettierung kurzfristig auf alle Fleischsorten und
Fleischprodukte auszudehnen,





die flächendeckende Kontrolle der Lebensmittelkennzeichnung sicherzu-
stellen,





zusätzliche Maßnahmen zur Eindämmung der Scrapie-Krankheit bei
Schafen, wie z. B. Exportverbote aus besonders betroffenen Regionen,
zu prüfen und die Keulung der gesamten Herde bei Scrapie-Fällen EU-
weit wie in Deutschland zur Pflicht zu machen,





die Bund-Länder-Zuständigkeiten und -koordination insbesondere im
Krisenfall auf Effizienz und Handlungsfähigkeit hin zu überprüfen,





weitere BSE-Schutzmaßnahmen EU-einheitlich unter dem Primat des
Vorsorgeprinzips zu ergreifen.

III. Der Deutsche Bundestag begrüßt das Weißbuch der EU-Kommission zur
Lebensmittelsicherheit. Er ist der Auffassung, dass





für die Europäische Union der höchste Standard der Lebensmittelsicher-
heit gelten muss und die Einfuhr von Tieren, Tierprodukten, Lebensmit-
teln und Tierfutter aus EU-Mitgliedsländern und aus Drittstaaten diesen
Anforderungen genügen müssen,





die Rückverfolgbarkeit von Futter- und Lebensmitteln sowie ihrer Zuta-
ten vom Erzeuger bis zum Verbraucher gewährleistet sein muss,





in Deutschland der Verbraucherschutz und die Verbraucheraufklärung,
auch im nichtstaatlichen Bereich, gestärkt werden müssen.

IV. Der Deutsche Bundestag ist der Auffassung, dass eine verstärkte Verbrau-
cherschutzpolitik neben einer neu ausgerichteten Agrarpolitik für die Quali-
tät und gesundheitliche Unbedenklichkeit der Lebensmittel von zentraler
Bedeutung ist. Das Vorsorgeprinzip muss dabei konsequent angewandt wer-
den.

Die Lebensmittelerzeugung muss künftig zuallererst Qualitätsproduktion
sein, die auf einer naturnahen, ressourcenschonenden Landwirtschaft ba-
siert. Nur so werden Vertrauen und Wertschätzung der Verbraucher in die
Lebensmittel wieder herzustellen sein und können Landwirte angemessene
Erzeugerpreise erzielen.

Berlin, den 16. Januar 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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