BT-Drucksache 14/4996

Anwendung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes auf Flüchtlingskinder

Vom 13. Dezember 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4996
14. Wahlperiode 13. 12. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Anwendung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes auf
Flüchtlingskinder

Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989
(BGBl. 1992 II S. 122) ist von der Bundesregierung mit einem Vorbehalt unter-
zeichnet worden, der unter anderem (in Abschnitt IV) feststellt, keine Bestim-
mung der Konvention könne dahingehend ausgelegt werden, „dass die wider-
rechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt ist; auch
kann keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bun-
desrepublik Deutschland beschränkt, Gesetze und Verordnungen über die Ein-
reise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder
Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen“.

In seiner Interpretation hat dieser Vorbehalt zu einer unerträglichen Lage
besonders für asylsuchende Kinder, namentlich für unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge, geführt, über die Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Menschen-
rechtsorganisationen seit langem Klage führen. In jüngerer Zeit hat sich hieran
auch nach den Feststellungen der Beauftragten der Bundesregierung für die
Belange der Ausländer (vgl. Bundestagsdrucksache 14/2674, S. 51) nichts ent-
scheidend geändert.

Insbesondere wird scharf kritisiert, dass Kinder unter 18 Jahren dem „Flug-
hafenverfahren“ nach § 18a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) sowie zur Alters-
feststellung einer medizinisch umstrittenen Handwurzeluntersuchung unter-
worfen werden, dass sie in Abschiebehaft genommen werden können und dass
der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten in vielen Fällen gegen Kinder
betreffende Anerkennungsentscheidungen des Bundesamtes für die Anerken-
nung ausländischer Flüchtlinge Rechtsmittel eingelegt hat.

Es ist gegenwärtig unklar, ob dieser Vorbehalt weiterhin von der Bundesre-
gierung aufrecht erhalten wird. Nach Auskunft des Innenministeriums des
Landes Nordrhein-Westfalen (unter anderem Schreiben vom 23. Oktober 2000
– I B 2/43.151 – an eine Rechtsanwältin in Remscheid) „eröffnet die Rück-
nahme der Vorbehaltserklärung nunmehr die Möglichkeit, streitige Fragen zur
Auslegung der Konvention einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zuzu-
führen“.

Drucksache 14/4996 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Trifft es zu, dass die Bundesregierung die zum Übereinkommen über die
Rechte des Kindes gemachte Vorbehaltserklärung zurückgenommen hat?

2. Wenn ja:

a) Ist hiervon die gesamte Erklärung oder nur Teile (gegebenenfalls: welche
Teile) betroffen?

b) In welcher Form ist die Rücknahme erfolgt (Fundstelle der entsprechen-
den Erklärung)?

3. Wenn Frage 1 verneint wird: Warum weigert sich die Bundesregierung trotz
der scharfen Kritik in der Fachwelt weiterhin, den Vorbehalt – zumindest in
seinem Abschnitt IV – zurückzunehmen?

4. Warum werden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die das 18. Lebens-
jahr noch nicht vollendet haben, dem besonders stressbelasteten und auf kei-
nen Fall kindgerechten Sonderverfahren des § 18a AsylVfG unterworfen?

5. Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, dass Kinder unter
18 Jahren nicht in Abschiebehaft genommen werden?

Wenn ja: In welcher Form wird dies geschehen?

Wenn nein: Warum nicht?

6. Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, dass Kinder der Hand-
wurzeluntersuchung oder ähnlichen Untersuchungsmethoden, die lediglich
der Altersfeststellung und keinem eigentlich medizinischen Zweck dienen,
nicht unterworfen werden?

Wenn ja: In welcher Form wird die Bundesregierung aktiv?

Wenn nein: Warum nicht?

7. Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, dass der ihr unterstellte
und weisungsabhängige Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten in
Asylverfahren von Kindern unter 18 Jahren keine Rechtsmittel gegen Aner-
kennungsentscheidungen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländi-
scher Flüchtlinge einlegt bzw. bereits erhobene Rechtsmittel zurücknimmt,
um eine fortdauernde Belastung der Kinder durch den unsicheren Status zu
vermeiden?

Wenn ja: Wann ist mit einer entsprechenden Weisung an den Bundesbeauf-
tragten für Asylangelegenheiten zu rechnen?

Wenn nein: Warum nicht?

Berlin, den 13. Dezember 2000

Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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