BT-Drucksache 14/4929

Reform der Künstlersozialversicherung gerecht gestalten

Vom 6. Dezember 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4929

(neu)

14. Wahlperiode

Antrag

der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Hans-Joachim Otto (Frankfurt am Main),
Ernst Burgbacher, Ina Albowitz, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle,
Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich,
Walter Hirche, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Ulrich Irmer, Jürgen Koppelin,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting,
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Reform der Künstlersozialversicherung gerecht gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die Novellierung der
Künstlersozialversicherung unter folgenden Gesichtspunkten vorzunehmen:

1. Der versicherte Personenkreis muss überprüft und ggf. eingeschränkt wer-
den, damit die wirklich Anspruchsberechtigten, nämlich alle freiberuflichen
Künstler und Publizisten, dauerhaft sozial abgesichert werden können.

2. Bisher nicht zum Kreis der abgabepflichtigen Verwerter gehörende Unter-
nehmen sind zu erfassen, soweit es sich nicht um Laienorganisationen han-
delt. Die Abgabepflicht auf ausländische Verwerter, die mit inländischen
Verwertern zusammenarbeiten, ist auszuweiten. Die Bundesregierung muss
deshalb mit Hilfe der Verbände der Kultur- und Medienwirtschaft Maßnah-
men ergreifen, um den Kreis der Abgabepflichtigen lückenlos zu erfassen.

3. Die Höhe des „Bundeszuschusses“ ist flexibel zu gestalten:





Die Verwerter zahlen die Künstlersozialabgabe nach einem festen, für alle
Unternehmen einheitlichen Abgabesatz. Der Abgabesatz für Verwerter
künstlerischer und publizistischer Leistungen wird mit einem Prozentsatz
von 3,3 der an Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte festgelegt und
ändert sich nur unter Berücksichtigung der allgemeinen Sozialversiche-
rungssätze oder den im Weiteren genannten Bedingungen.





Die daraus resultierende Abgabe wird durch den Bundeszuschuss auf 50 %
der Beitragsausgaben der Künstlersozialkasse aufgefüllt. Der Bundeszu-
schuss darf nicht unter die Höhe sinken, die den vom Bundesverfassungsge-
richt in der Entscheidung vom 8. April 1987 dargestellten Anforderungen
entspricht. In einem solchen Fall wird der Künstlersozialabgabesatz gesenkt.





Steigt der Bundeszuschuss auf einen Prozentsatz von über 25 % des Arbeit-
geberanteils der Künstlersozialversicherung, wird der Abgabesatz der Ver-
werter angehoben, um eine zu hohe Belastung des Bundes zu vermeiden.
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Sinkt der Bundeszuschuss auf unter 17 % wird der Abgabesatz der Verwer-
ter abgesenkt, damit eine zu hohe Belastung der Verwerter vermieden wird.
Dieser „Korridor des Bundeszuschusses“ gewährleistet, dass beide Seiten,
die gemeinsam den so genannten Arbeitgeberanteil zur Künstlersozialkasse
aufbringen, nicht über Gebühr belastet werden.

Berlin, den 5. Dezember 2000

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Begründung

Das Künstlersozialversicherunggesetz (KSVG) war nach langen Diskussionen
im Jahr 1983 beschlossen worden, um Künstlern eine angemessene soziale Ab-
sicherung zu gewährleisten. Die damit geschaffene gesetzliche Grundlage für
die Vorsorge bei Krankheit und im Alter (§ 34 KSVG) ist seither das Funda-
ment der sozialen Sicherung der Künstler. Die Beteiligung des Staates und der
Verwerter an der sozialen Absicherung der Kulturschaffenden entsprach da-
mals und entspricht heute dem Leitgedanken des Sozialstaatsprinzips.

Das Künstlerversicherungsgesetz gehört heute zu den wichtigen kultur- und so-
zialpolitischen Errungenschaften. Zur Sicherung und Fortentwicklung kulturel-
len Lebens ist die soziale Absicherung der Künstler und Publizisten unabding-
bar. Andererseits benötigt die Kulturwirtschaft als wesentlicher Teil des
Kulturlebens verlässliche Kalkulationsgrundlagen und muss vor nicht mehr ak-
zeptablen Belastungen durch die Künstlersozialabgaben geschützt werden. Für
das deutsche Kulturleben ist es von entscheidender Bedeutung, dass beide, Ver-
sicherte und Verwerter, an Verbesserungen des Künstlersozialversicherungsge-
setzes gleichermaßen angemessen partizipieren können. Bleiben die Interessen
der abgabepflichtigen Unternehmen unberücksichtigt, wird dies nachhaltige
Folgen für das kulturelle Leben und die Auftragsvergabe an Künstler und
Publizisten haben. Die Folge könnte sein, dass dann nach Umgehungen der Ab-
gabepflicht gesucht werden könnte und Unternehmen ihre Verträge im Ausland
schließen.

Das KSVG hat sich in seinen Grundzügen bewährt. Während 50 % der Bei-
träge von den Versicherten selbst aufgebracht werden, steuern die anderen
50 % die Abgabepflichtigen (Verwerter) und der Bund gemeinsam bei. Der
Bund tritt mit seinem Anteil zur Künstlersozialkasse, dem Bundeszuschuss, für
die Fälle ein, in denen der Versicherte seine künstlerische oder publizistische
Leistung direkt an den Endverbraucher ohne Einschaltung eines professionel-
len Verwerters einbringt. Zugleich entrichtet der Bund aber auch den Anteil der
von der Künstlersozialkasse nicht zur Zahlung herangezogenen Verwerter, ob-
wohl sie nach dem KSVG zahlungspflichtig wären.

Die Entwicklung des Künstlersozialversicherungssystems in den vergangenen
10 Jahren hat zu einem überproportionalen Anwachsen des Versichertenkreises
geführt, der mittlerweile die gesamte finanzielle Konzeption des Systems ins
Wanken bringt. Die Reform des KSVG ist daher notwendig. Notwendig ist aber
auch, diese gerecht zu gestalten. Dies bedeutet, dass Bund, Versicherte und
Verwerter gleichmäßig belastet werden müssen.

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