Vom 28. November 2000
Deutscher Bundestag Drucksache 14/4777
14. Wahlperiode 28. 11. 2000
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS
Einbehaltung von Lohngeldern für NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter
durch die Deutsche Bundesbank
Die Deutsche Bundesbank hat im Jahr 1978 „von der ehemaligen Besatzungs-
macht eingezogene rückständige Löhne von Zwangsarbeitern und ausländi-
schen Kriegsgefangenen“ in Höhe von 1 776 207,37 DM als „außerordentli-
chen Ertrag“ verbucht. Ebenfalls 1978 wurden von der Deutschen Bundesbank
auch „Guthaben von verschleppten Personen und Ausländer-DM-Konten aus
der Umstellung des Geldwesens“ in Höhe von 196 678,30 DM als „außeror-
dentlicher Ertrag“ verbucht (Quelle: Schreiben der Deutschen Bundesbank
vom 11. Januar 2000 an die Bürgerschaftsgruppe „REGENBOGEN für eine
neue Linke“ in der Hamburger Bürgerschaft).
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung von diesen „außerordentlichen Erträgen“ der Deut-
schen Bundesbank aus rückständigen Löhnen von Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeitern Kenntnis?
Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung heute diese 1978 vorgenom-
mene Verbuchung von Geldern, die Zwangsarbeitern und verschleppten Per-
sonen gehörten?
2. Wird die Bundesregierung der Deutschen Bundesbank nahelegen, diese
„außerordentlichen Erträge“ der Deutschen Bundesbank an die Stiftung zur
Entschädigung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern als „Zustif-
tung“ zu überweisen, damit diese den NS-Zwangsarbeitern vorenthaltenen
Beträge wenigstens indirekt den noch lebenden Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeitern zugute kommen?
Wenn nein, warum nicht?
3. Sind der Bundesregierung vergleichbare Verbuchungen von Guthaben von
NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in anderen Bereichen (z. B.
Rentenversicherungen, Krankenversicherungen, Arbeitslosenversicherung,
Berufsgenossenschaften) bekannt?
Wenn ja, welche Verbuchungen wurden dort vorgenommen (bitte die Kas-
sen, die jeweils verbuchten Beträge und den Zeitpunkt der Verbuchung ein-
zeln aufführen)?
Wenn nein, wird die Bundesregierung entsprechende Nachforschungen ein-
leiten bzw. anregen?
Berlin, den 22. November 2000
Ulla Jelpke, Roland Claus und Fraktion