Vom 27. November 2000
Deutscher Bundestag
Drucksache
14/
4774
14. Wahlperiode
27. 11. 2000
Änderungsantrag
der Abgeordneten Petra Pau, Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS
zu der zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2001
– Drucksachen 14/4000 Anlage, 14/4302, 14/4506, 14/4521, 14/4522, 14/4523 –
hier: Einzelplan 06
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern
Der Bundestag wolle beschließen,
im Einzelplan 06 das Kapitel 06 35 „Bundeszentrale für politische Bildung“
um folgende Titelgruppe 02 zu erweitern:
„Wissenschaftliche Erforschung verschiedener politischer Strömungen der
,Neuen Rechten‘, neuheidnischer und kultischer Gruppierungen des Rechts-
extremismus sowie Erforschung der politischen Durchdringung der Traditions-
verbände der Wehrmacht, der Vertriebenenverbände und studentischer Ver-
bindungen durch Rechtsextremisten und Einsatz dieser Ergebnisse in der
politischen Aufklärungsarbeit“.
Hierfür werden 50 Mio. DM eingesetzt.
Berlin, den 27. November 2000
Petra Pau
Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion
Drucksache
14/
4774
– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Begründung
Über bestimmte, sogar entscheidende und einflussreiche Strömungen des bun-
desdeutschen Rechtsextremismus klärt das Bundesamt für Verfassungsschutz
nicht auf. So gibt es beispielsweise über die Strömung der „Neuen Rechten“,
deren politische Ausrichtung, ihr Organisationsgeflecht und ihre Theorieorgane
so gut wie kein behördliches Wissen.
Dies trifft auch auf neuheidnische und kultische Gruppierungen des Rechts-
extremismus sowie auf die rechtsextreme Durchsetzung der Vertriebenenver-
bände, der Traditionsverbände der Wehrmacht und der studentischen Verbin-
dungen zu.
Um diese Lücke in der Aufklärung über den Neofaschismus zu schließen, wird
die Bundeszentrale für politische Bildung beauftragt, Forschungsvorhaben zu
diesen Themenkomplexen zu vergeben und die Ergebnisse dieser wissenschaft-
lichen Studien für die Bildungsarbeit in angemessener Form aufzuarbeiten.
Es kann nicht hingenommen werden, dass beispielsweise über die rechts-
extreme Durchdringung der Vertriebenenverbände keine Aufklärungsarbeit
durch staatliche Stellen betrieben wird. Damit besteht die Gefahr, dass Eltern
ihre Kinder ahnungslos in rechtsextrem durchsetzte Jugendorganisationen der
Vertriebenenverbände gehen lassen. Diese Gefahr ist umso größer, da durch die
staatliche politische und finanzielle Unterstützung der Vertriebenenverbände
der Eindruck politischer Zuverlässigkeit und Korrektheit vermittelt wird.
Es kann ebenfalls nicht hingenommen werden, dass z. B. Wehrpflichtige in Un-
kenntnis über die rechtsextreme Durchdringung von Traditionsverbänden der
Hitler-Wehrmacht gelassen werden; dies umso mehr, da bis heute offizielle
Kontakte zwischen der Bundeswehr und dem Reservistenverband der Bundes-
wehr einerseits und den Traditionsverbänden der Hitler-Wehrmacht anderer-
seits bestehen. Soldaten werden so in verantwortungsloser Weise in Kontakt
mit Verbänden gebracht, die die Verbrechen des Hitler-Faschismus leugnen.