BT-Drucksache 14/4704

zu dem EA der Abg. Hildebrecht Braun (Augsburg), Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, weit. Abg. und der Fraktion der F.D.P. -14/1159- zu der Großen Anfrage der Abg. Ernst Burgbacher, Klaus Haupt, Jürgen Türk, weit. Abg. und der Fraktion der FDP -14/591, 14/1079- Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Tourismuswirtschaft im Euroland

Vom 21. November 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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4704

14. Wahlperiode

21. 11. 2000

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Tourismus (21. Ausschuss)

zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg),
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der F.D.P.
– Drucksache 14/1159 –

zu der Großen Anfrage der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Klaus Haupt,
Jürgen Türk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.
– Drucksache 14/591, 14/1079 –

Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Tourismuswirtschaft im Euroland

A. Problem

Die Tourismuswirtschaft gehört zu den bedeutendsten Sektoren unserer Wirt-
schaft. Sie ist eine wichtige Säule beim Übergang von der Industrie- zur
Dienstleistungsgesellschaft. Angesichts ihres hohen Wachstums- und Beschäf-
tigungspotentials ist sie einer der Hoffnungsträger von Politik und Gesellschaft,
weil sie Arbeitsplätze sichern und schaffen kann. Der Tourismus in Europa be-
sitzt für die nächsten 10 Jahre ein Beschäftigungspotential von ca. 3 Millionen
Arbeitsplätzen. Die Prognose für Deutschland beläuft sich für denselben Zeit-
raum auf ein Potential von ca. 400 000 Arbeitsplätzen.

Ob die Sicherung der bestehenden Arbeitsplätze bzw. die Schaffung neuer Ar-
beitsplätze gelingt, hängt davon ab, welche Maßnahmen auf nationaler und
EU-Ebene ergriffen werden, die Potentiale tatsächlich auszuschöpfen. Über die
Art der zu ergreifenden Maßnahmen besteht unter den Fraktion freilich keine
Einigkeit.

B. Lösung

Die Fraktion der F.D.P. will die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tou-
rismuswirtschaft insbesondere durch die Rücknahme der Neuregelung der
630-DM-Jobs und durch die Reduzierung von Steuern und Abgaben nachhaltig
stärken. Dazu gehören vor allem die Einführung eines verminderten Mehrwert-
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steuersatzes für die deutsche Hotellerie, die Zurücknahme weiterer Stufen der
Ökosteuer sowie der Wegfall der Trinkgeldbesteuerung. Die Bundesregierung
soll daher durch Beschluss des Deutschen Bundestages aufgefordert werden,
die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen.

Mehrheitliche Ablehnung im Ausschuss

C. Alternativen

Annahme des Antrages.

D. Kosten der öffentlichen Haushalte

Keine

E. Kosten für die Wirtschaft

Keine
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Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag – Drucksache 14/1159 – abzulehnen.

Berlin, den 11. Oktober 2000

Der Ausschuss für Tourismus

Ernst Hinsken

Vorsitzender

Ernst Burgbacher

Berichterstatter

Bericht des Abgeordneten Ernst Burgbacher

I.

Der Deutsche Bundestag hat den Entschließungsantrag der
Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg), Ernst Burg-
bacher, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der F.D.P. – Drucksache 14/1159 – in seiner
45. Sitzung am 17. Juni 1999 in erster Lesung zur federfüh-
renden Beratung an den Ausschuss für Tourismus und zur
Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
gie, den Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung sowie an
den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union überwiesen.

Der

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

hat den
Entschließungsantrag in seiner 38. Sitzung am 11. Oktober
2000 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen und der Fraktion der PDS, gegen die Stim-
men der Fraktion der F.D.P. und einiger Mitglieder der
Fraktion der CDU/CSU, bei Stimmenthaltung der übrigen
Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU, die Vorlage abzu-
lehnen.

Der

Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung

hat den
Entschließungsantrag in seiner 52. Sitzung am 27. Septem-
ber 2000 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen und der Fraktion der PDS, gegen die Stim-
men der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und
F.D.P., die Vorlage abzulehnen.

Der

Ausschuss für die Angelegenheit der Europäischen
Union

hat den Entschließungsantrag in seiner 40. Sitzung
am 15. März 2000 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der PDS gegen

die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P., die
Vorlage abzulehnen.

Der

Ausschuss für Tourismus

hat den Entschließungsan-
trag in seiner 45. Sitzung am 11. Oktober 2000 beraten und
beschlossen, dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des
Antrages zu empfehlen. Dabei stimmten die Fraktionen der
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die
Fraktion der F.D.P. für den Antrag. Die Fraktion der CDU/
CSU enthielt sich der Stimme.

II.

Die Fraktionen stimmen in der Beurteilung überein, dass
dem Tourismus als Wirtschaftsfaktor in Deutschland große
Bedeutung zukommt. Er gilt als einer der wichtigen Hoff-
nungsträger für Wachstum und Beschäftigung. Darüber, wie
der Rahmen zu stecken ist, innerhalb dessen sich der Auf-
schwung vollziehen soll, gehen die Meinungen der Fraktio-
nen auseinander.

Die Koalitionsfraktionen lehnten den Antrag aus mehreren
Gründen ab. Vor allem die Neuregelung der geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse habe sich bewährt. Es seien die
politisch beabsichtigten Wirkungen erzielt worden. Gerade
im Bereich der Hotellerie und Gastronomie seien 30 bis 40
Prozent der Stellen 630-DM-Jobs gewesen. Dies habe zu ei-
ner nicht immer befriedigenden Qualität der Dienstleistung
geführt, da diese Jobs in der Regel nicht durch Fachkräfte
besetzt gewesen seien. Vor allem sei eine weitere Erosion
der Finanzgrundlagen der Sozialversicherung gebremst
worden. Es könne nicht sein, dass man sich aus unserem so-
zialen System insofern heraushalte, als man die Vorteile an-
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nehme, sich aber an den Lasten nicht beteilige. Auch sei der
bürokratische Aufwand nicht wesentlich höher als vorher.

Bei der Ökosteuer könne man über die Verwendung der
Gelder zwar streiten, müsse aber beachten, dass die Gelder
direkt in die Rentenkassen flössen und dort die Beiträge
senkten. Dadurch reduzierten sich die Lohnnebenkosten,
wodurch es möglich sei, neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Auch der Aspekt, dass man die Energie zugunsten der Ar-
beit verteuere, stelle einen richtigen Ansatzpunkt dar. Damit
sichere man die Lebensgrundlage künftiger Generationen in
einer intakten Umwelt.

Eine Harmonisierung des Mehrwertsteuersatzes im Gastge-
werbe sei nur im europäischen Kontext und nicht in natio-
nalem Alleingang möglich. Seit Angleichung der Mehr-
wertsteuersätze in Europa im Jahre 1997 dürfe kein
EU-Land den Mehrwertsteuersatz weiter selbständig ver-
mindern. Selbst wenn man bei den Hotels den Wertsteuer-
satz vermindern könnte, müsste man berücksichtigen, dass
Deutschland den geringsten regulären Mehrwertsteuersatz
habe.

Insgesamt habe die Bundesregierung viele Aktivitäten un-
ternommen, um die Tourismuswirtschaft weiter nach vorne
zu bringen. Dabei dürften sich die Unternehmen jedoch
nicht allein auf die Hilfestellung des Staates verlassen, ent-
scheidend sei, dass auch die Betriebe von sich heraus über-
zeugende unternehmerische Aktivitäten entfalteten.

Die Fraktion der CDU/CSU führte aus, dass sie dem vorlie-
genden Antrag in vielen Positionen zustimmen könne.
Keine Übereinstimmung gebe es aber in dem Punkt Trink-
geldbesteuerung. Nach Auffassung der Fraktion der CDU/
CSU sei nicht die Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung
der richtige Weg, sondern eine deutliche Erhöhung des Frei-
betrages. Die Fraktion der CDU/CSU stellte daher folgen-
den Antrag:

,In „II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung auf“, soll folgender Satz nach dem sechsten Spiegel-
strich gestrichen werden:

– „der Wegfall der Trinkgeldbesteuerung, soweit es sich
um freiwillige Zuwendungen des Gastes handelt.“‘

Der Änderungsantrag wurde mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen, der Fraktionen F.D.P. und PDS gegen die
Stimmen der Fraktion der CDU/CSU abgelehnt.

Die Fraktion der F.D.P. betonte, dass es mit der Einführung
des Euros zu völlig veränderten Wettbewerbsbedingungen
in Europa kommen werde. Dies zeige sich zum Beispiel an
der ständigen Diskussion über einen reduzierten Mehrwert-
steuersatz für die Hotellerie. Die Einführung eines vermin-

derten Mehrwertsteuersatzes für die Hotellerie sei auch
EU-konform, da dies, anders als beim Gaststättengewerbe,
nicht von der Zustimmung der EU abhängig sei.

Die Neuregelung bei den 630-DM-Jobs stelle das Gastge-
werbe vor schwer lösbare Probleme, da Arbeitsspitzen wäh-
rend der Hochsaison kaum noch mit 630-DM-Beschäftigten
abgefedert werden könnten. Die Entscheidung der Regie-
rung habe die Tourismusbranche hart getroffen und viele
Arbeitsplätze vernichtet.

Das Gleiche gelte für die Ökosteuer. Allein der Name „Öko-
steuer“ sei irreführend, denn dies bedeute, dass die Steuer
eine ökologische Wirkung haben müsste. Wenn das wirklich
so wäre, gebe es bei der Rentenfinanzierung freilich Lü-
cken. Denn nur hoher Energieverbrauch spüle entspre-
chende Steuern in die Kassen des Finanzministers. „Rasen
für die Rente“ könne aber nicht der Sinn dieser Steuer sein.
Darüber hinaus werde es in der gesamten Tourismusbranche
zu Belastungen kommen. Zum einen verteuere die Steuer
das Reisen, zum anderen führe sie zu allgemeinen Einkom-
menseinbußen der Bürger. Gespart werde dann zunächst na-
türlich beim Urlaub.

Was die Ökosteuer angehe, sei der vom März 1999 datie-
rende Antrag demgemäß nicht mehr ganz aktuell. Das Glei-
che gelte für den Punkt „Wiedereinführung des Vorsteuer-
abzugs“. Zwischenzeitlich liege ein Urteil vor, dass die
Abschaffung des Vorsteuerabzugs auf geschäftlich veran-
lasste Bewirtung und Beherbergung gegen europäisches
Recht verstoße. Insoweit müsse der Antrag auf Drucksache
14/1159 angepasst werden. Die Fraktion der F.D.P. stelle
daher folgenden Antrag:

,Der Ausschuss für Tourismus wolle beschließen:

In „II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung auf“ soll Punkt 4 gestrichen und durch folgenden
neuen Text ersetzt werden:

– „die Zurücknahme weiterer Stufen der Öko-Steuer. Für
die Tourismusbranche ist die Mobilität der Bürger von
großer Bedeutung.“

Unter Punkt 5 wird der aufgeführte Text „die Wiedereinfüh-
rung des Vorsteuerabzugs auf geschäftlich veranlasste Be-
wirtung und Beherbergung“ durch folgenden Satz ergänzt:

– „Deutschland verstößt nach Auffassung der EU-Kom-
mission damit gegen EG Recht.“‘

Der Änderungsantrag der Fraktion der F.D.P. wurde mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der
PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
F.D.P. abgelehnt.

Berlin, den 11. Oktober 2000

Ernst Burgbacher

Berichterstatter

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