BT-Drucksache 14/4569

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Kurt-Dieter Grill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -14/3667- Die Folgen des Ausstiegs aus der Kernenergie für den Standort Deutschland

Vom 10. November 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4569

14. Wahlperiode

10. 11. 2000

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek, Dr. Klaus
W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 14/3667 –

Die Folgen des Ausstiegs aus der Kernenergie für den Standort Deutschland

A. Problem

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung u. a. aufgefordert werden, ein zu-
kunftsfähiges Energiekonzept vorzulegen sowie nachzuweisen, wie sie die Kli-
maschutzziele kurz-, mittel- und langfristig erreichen will. Weiter soll die Bun-
desregierung aufgefordert werden, die Bundesländer an Verhandlungen über
eine eventuelle Fortschreibung des gültigen Entsorgungskonzeptes aus den Jah-
ren 1979, 1980 und 1990 zu beteiligen sowie eine Reihe weiterer Maßnahmen
im Zusammenhang mit der Kernenergienutzung zu ergreifen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags. Der Ausschuss ist mehrheitlich der Auffassung, die
Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen hätten bereits durch viele
konkrete Maßnahmen [darunter Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), Öko-
steuergesetz etc.] die erforderliche Umstrukturierung der Energieversorgung
eingeleitet. Eine weitere dauerhafte Kernenergienutzung sei nicht zu verant-
worten. Von daher sei der Antrag abzulehnen.

Mehrheitsentscheidung

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag – Drucksache 14/3667 – abzulehnen.

Berlin, den 11. Oktober 2000

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Christoph Matschie

Vorsitzender
Horst Kubatschka

Berichterstatter
Kurt-Dieter Grill

Berichterstatter
Michaele Hustedt

Berichterstatterin

Birgit Homburger

Berichterstatterin
Eva-Maria Bulling-Schröter

Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

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Bericht der Abgeordneten Horst Kubatschka, Kurt-Dieter Grill, Michaele Hustedt,
Birgit Homburger und Eva-Maria Bulling-Schröter

I.

Der Antrag auf Drucksache 14/3667 wurde in der 111. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 29. Juni 2000 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Aus-
schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät-
zung und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union überwiesen.

Die mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und F.D.P. empfohlen, den Antrag abzulehnen. Im Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat
sich die Fraktion der F.D.P. der Stimme enthalten.

II.

Der Antrag auf Drucksache 14/3667 enthält in seinem ers-
ten Teil die Feststellung, dass die friedliche Nutzung der
Kernenergie bis zum heutigen Tage für Deutschland einen
wesentlichen Beitrag zur ökonomischen, ökologischen und
sozialen Entwicklung geleistet habe. Sie sei wettbewerbs-
fähig und habe darüber hinaus u.a. einen wichtigen Beitrag
zur CO

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-Emissionsreduktion und damit zum Klimaschutz
geleistet. Die Bundesregierung habe zwar mit der Energie-
wirtschaft einen „Konsens“ zum Ausstieg aus der Kernener-
gienutzung erzwungen, sei aber den Nachweis schuldig ge-
blieben, wie dieser Ausstieg klimaneutral, technisch und
finanziell zu bewältigen sei.

In seinem zweiten Teil fordert der Antrag die Bundesregie-
rung auf, ein zukunftsfähiges Energiekonzept vorzulegen
und dabei nachzuweisen, wie sie die Klimaschutzziele kurz-
, mittel- und langfristig erreichen will. Weiter wird die Bun-
desregierung aufgefordert, die Bundesländer an den Ver-
handlungen über eine eventuelle Fortschreibung des gülti-
gen Entsorgungskonzeptes aus den Jahren 1979, 1980 und
1990 zu beteiligen sowie einer Reihe weiterer Forderungen
im Zusammenhang mit der Kernenergienutzung nachzu-
kommen.

III.

Der

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit

hat den Antrag auf Drucksache 14/3667 in seiner
Sitzung am 11. Oktober 2000 beraten.

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde ausgeführt,
mit dem Antrag auf Drucksache 14/3667 fordere man die
Bundesregierung auf, ein zukunftsfähiges Energiekonzept
vorzulegen. Wer aus der Kernenergienutzung aussteige,
müsse auch darlegen, wohin er einsteige. Hierzu gebe es
aber nur fragmentarische Ansätze. Ein Energiekonzept der
Bundesregierung liege nicht vor und werde es wohl auch

nicht geben. Grund sei, dass, wie der Bundeswirtschafts-
minister selbst zugegeben habe, durch den Ausstieg aus der
Kernenergienutzung die beabsichtigte Absenkung der Emis-
sion klimaschädlicher Gase bis zum Jahre 2020 nicht er-
reicht werden könne. Dies deutlich zu machen, sei mit ein
Ziel des eigenen Antrags gewesen.

Von Seiten der Fraktion der SPD wurde vorgetragen, nicht
durch Programme, sondern durch Taten habe man bereits ge-
zeigt, in welche Energiepolitik man einsteigen wolle. So
habe man das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das
Ökosteuergesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungs-Vor-
schaltgesetz verabschiedet und u. a. das 100 000-Dächer-
Fotovoltaik-Programm aufgelegt. Weitere Schritte wie die
Energieeinsparverordnung und die Förderung des Ausbaus
der Kraft-Wärme-Kopplung seien in Vorbereitung. Die
Kernenergienutzung sei dagegen eine Fehlentwicklung.
Zwar habe die SPD sie zunächst selbst befürwortet, dann
aber, beginnend in den 70er Jahren, eine Korrektur vorge-
nommen. Ausschlaggebend dafür sei gewesen, dass es eine
100-prozentige Sicherheit bei den Reaktoren nicht gebe, die
Entsorgungsfrage weltweit nicht gelöst sei und zudem auch
die Uranvorräte endlich seien. Aus diesen Gründen lehne
man auch, wie dies der Antrag fordere, eine deutsche Betei-
ligung an der Entwicklung neuer Reaktoren ab.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde festgestellt, die jetzt von verschiedenen Elektrizitäts-
versorgungsunternehmen angekündigte Stilllegung auch
von Atomkraftwerken mache deutlich, dass dieser Kraft-
werkstyp unter den Bedingungen eines liberalisierten
Strommarktes nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern
auch in ökonomischer Hinsicht nicht wettbewerbsfähig sei.
Darauf habe man seit langem hingewiesen. Insofern könne
von Atomtechnik als Zukunftstechnik, wie dies im Antrag
behauptet werde, nicht die Rede sein. Studien wie die der
Prognos-AG belegten zudem, dass auch mit dem Verzicht
auf Kernenergienutzung die angestrebten Klimaschutzziele
erreicht werden können.

Von Seiten der Fraktion der F.D.P. wurde dargelegt, die von
den Regierungsfraktionen erwähnten Maßnahmen im Ener-
giebereich könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass
nach wie vor nicht dargelegt werde, wie der klimaneutrale
Ausstieg aus der Kernenergienutzung technisch und finan-
ziell bewältigt werden solle. Das Vorgehen der jetzigen
Bundesregierung führe dazu, dass wissenschaftlich-techni-
sches Know-how im Bereich Reaktorsicherheit in Deutsch-
land mit der fatalen Folge verloren gehe, dass man sich auf
internationaler Ebene nicht mehr für höhere Sicherheit ein-
setzen könne.

Der vorgelegte Antrag der Fraktion der CDU/CSU enthalte
in seinem Feststellungsteil einige Formulierungen, gegen
die man gewisse Vorbehalte habe. Die Forderungen unter
den Ziffern 1 bis 8 deckten sich aber im Wesentlichen mit
den Forderungen der eigenen Fraktion, so dass man dem
Antrag insgesamt zustimmen werde.
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Von Seiten der Fraktion der PDS wurde festgestellt, der so
genannte Atomkonsens sei angesichts einer vereinbarten
Gesamtlaufzeit der Reaktoren von 32 Jahren in Wirklichkeit
kein Konsens. Er stelle auch nicht einen wirklichen Aus-
stieg aus der Atomenergienutzung dar, da er, wie dies auch
im Antrag der Fraktion der CDU/CSU zum Ausdruck
komme, umkehrbar sei. Solange nicht klar sei, dass
schnellstmöglich aus der Atomenergienutzung ausgestiegen
werde, werde sich auch die Situation bei den erneuerbaren

Energien nicht so entwickeln, wie man sich das gemeinsam
wünsche. Von daher lehne man den Antrag der Fraktion der
CDU/CSU ab.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P., dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Antrag auf Druck-
sache 14/3667 abzulehnen.

Berlin, den 9. November 2000

Horst Kubatschka

Berichterstatter
Kurt-Dieter Grill

Berichterstatter
Michaele Hustedt

Berichterstatterin

Birgit Homburger

Berichterstatterin
Eva-Maria Bulling-Schröter

Berichterstatterin

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