BT-Drucksache 14/4488

Presseberichte über eine Demonstration gegen eine geplante Resolution des amerikanischen Kongresses zum Völkermord an den Armeniern im Jahre 1915

Vom 2. November 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4488

14. Wahlperiode

02. 11. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Presseberichte über eine Demonstration gegen eine geplante Resolution des
amerikanischen Kongresses zum Völkermord an den Armeniern im Jahre 1915

Die türkische Tageszeitung Hürriyet berichtete am 13. Oktober 2000, dass unter
Beteiligung des Generalkonsulats in Berlin und Vertretern türkischer Vereini-
gungen eine „Demokratieplattform“ gegründet worden sei. Auf der Tagesord-
nung dieser Plattform hätten auch Aktivitäten gegen Forderungen von armeni-
schen Verbänden gestanden, das Massaker an den Armeniern als Völkermord
anzuerkennen. In diesem Zusammenhang sei auch über die Vorbereitung und
Durchführung einer Demonstration gesprochen worden, die am 14. Oktober
2000 in Berlin stattfand und die sich gegen eine geplante Resolution des amerika-
nischen Kongresses richtete, die das Massaker an den Armeniern im Jahre 1915
als Völkermord verurteilen soll.

Nach einem Bericht des Tagesspiegels vom 15. Oktober 2000 hätten die „Koor-
dinationskomitees der türkischen Vereine in Deutschland“ in den türkischen
Generalkonsulaten in einem Schreiben an die türkischen Vereine und Organisa-
tionen und durch Veröffentlichung einer Mitteilung in türkischen Zeitungen alle
in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Türken zur Teilnahme an der o. g.
Demonstration aufgerufen.

Im Jahre 1915 wurden bei Massakern an den Armeniern durch das osmanische
Reich mehr als eine Million Armenier umgebracht. Vertreter der türkischen
Regierung leugnen bis zum heutigen Tag dieses Massaker. Jede Diskussion
darüber ist in der Türkei tabuisiert. Friedens- und Menschenrechtler, die sich
trotz des Tabus äußern, werden strafrechtlich verfolgt. Hierzu gehört auch der
bekannte türkische Menschenrechtler A. B., der eine Entschuldigung der Türkei
aufgrund des Völkermordes bei den Armeniern gefordert hat. Derzeit ermittelt
die Staatsanwaltschaft am Istanbuler Staatssicherheitsgericht gegen A. B., weil
seine Forderung den Tatbestand der Volksverhetzung darstelle. Ihm drohen bis
zu drei Jahren Haft (AFP, 24. Oktober 2000).

Türkische Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland hatten bereits in der
Vergangenheit zu ähnlichen Protestaktionen gegen die Arbeiterpartei Kurdistans
aufgerufen und versucht, türkische Vereine und Organisationen in der Bundes-
republik Deutschland in ihrer Haltung gegenüber der kurdischen Frage zu beein-
flussen bzw. zu koordinieren (vgl. Bundestagsdrucksache 14/259).
Drucksache

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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, welche konkreten Punkte im
Zusammenhang mit der „Diskussion um die Anerkennung des Völkermordes
an den Armeniern auf der Sitzung der o.g. Demokratieplattform“ thematisiert
wurden?

Wenn ja,

– welche und wie bewertet sie diese,

– welche weiteren Ziele hat sich die „Demokratieplattform“ gesetzt,

– welche Organisationen und Institutionen sind an der Gründung der
„Demokratieplattform“ beteiligt?

2. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die „Koordinations-
komitees der türkischen Vereine in Deutschland in den Generalkonsulaten“
zur Teilnahme an. o. g. Demonstration aufgerufen haben?

3. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob und in welcher Form die
türkischen Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland an der Durch-
führung der o. g. Demonstration beteiligt waren?

4. Welche weiteren Aktivitäten türkischer Vertretungen in der Bundesrepublik
Deutschland sind der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Diskus-
sion um die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern bekannt?

5. Hat die Bundesregierung gegenüber der türkischen Regierung aufgrund der
Haltung türkischer Vertretungen Protest eingelegt?

Wenn ja,

– wie lautet dieser,

– in welcher Form hat die türkische Regierung ggf. darauf reagiert?

– Wenn nein, warum nicht?

6. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass die oben beschriebene Haltung
der türkischen Vertretungen dem friedlichen Zusammenleben von Migran-
tinnen und Migranten verschiedener Nationalität in der Bundesrepublik
Deutschland Schaden zufügt und Konflikte unter ihnen fördert?

7. Waren Vertreter der faschistischen Grauen Wölfe an der o. g. Demonstration
beteiligt?

8. Welche weiteren Veranstaltungen von welchen Organisationen bzw. Verbän-
den in welchen Städten fanden nach Kenntnis der Bundesregierung gegen die
Forderung nach Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern statt?

Berlin, den 31. Oktober 2000

Ulla Jelpke
Roland Claus und Fraktion

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