BT-Drucksache 14/4445

Umsetzung des Transplantationsgesetzes

Vom 24. Oktober 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4445
14. Wahlperiode 24. 10. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid),
Dr. Wolf Bauer, Dr. Hans Georg Faust, Ulf Fink, Hubert Hüppe, Dr. Harald Kahl,
Eva-Maria Kors, Hans-Peter Repnik, Aribert Wolf, Annette Widmann-Mauz,
Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

Umsetzung des Transplantationsgesetzes

Mit dem Transplantationsgesetz vom 5. November 1997 (TPG) wurden nach
langer und intensiver Diskussion klare rechtliche Rahmenbedingungen zur
Organtransplantation in Deutschland geschaffen. Es gilt für die Spende und die
Entnahme von menschlichen Organen, Organteilen oder Geweben (Organe)
zum Zwecke der Übertragung auf andere Menschen sowie für die Übertragung
der Organe einschließlich der Vorbereitung dieser Maßnahmen und es verbietet
den Handel mit menschlichen Organen. Ein Kernpunkt des Gesetzes ist die
Aufklärung der Bevölkerung über die Möglichkeiten der Organspende, die
Voraussetzungen der Organentnahme und die Bedeutung der Organüber-
tragung, die insbesondere auch der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä-
rung (BZgA) zugewiesen wurde.

Das Gesetz sieht weiterhin eine strikte Trennung der Verantwortlichkeiten für
Organentnahme und die Organvermittlung vor. Das Bundesministerium für
Gesundheit hat die Verträge über die Koordinierungsstelle nach § 11 TPG
(Deutsche Stiftung für Organtransplantation, Neu-Isenburg) und die Vermitt-
lungsstelle nach § 12 TPG (Stichting Eurotransplant International Foundation,
Leiden/Niederlande) genehmigt, die damit am 16. Juli 2000 in Kraft getreten
sind. Am selben Tage sind die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Organ-
transplantation (Richtlinien für die Warteliste und für die Organvermittlung zu
Organtransplantationen gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 5 TPG) in Kraft
getreten.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Hält die Bundesregierung das Ziel der Aufklärung der Bevölkerung über das
Thema Organspende entsprechend den Vorgaben des § 2 TPG für erreicht?

Wenn nein, was sind nach Bewertung der Bundesregierung die Gründe dafür
und wie will sie die Aufklärung verbessern?

Drucksache 14/4445 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

2. Beabsichtigt die Bundesregierung aufgrund der Tatsache, dass lediglich
vier % der Bevölkerung in Deutschland einen Organspendeausweis besit-
zen und bei weiteren neun % nur der Wille zur postmortalen Organspende
bekannt ist, Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zu treffen?

Wenn ja, welche?

3. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, weshalb in den Jahren von
1997 bis 1999 die Ablehnungsquote von 29,2 % auf 37 % der so genann-
ten potentiellen Spender – damit sind die gemeldeten Verstorbenen ge-
meint, bei denen aus medizinischer Sicht eine Organspende möglich ist –
gestiegen ist?

4. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob sich die gesetzliche
Reihenfolge der nächsten Angehörigen gemäß § 4 Abs. 2 TPG als praxis-
tauglich erwiesen hat?

Wenn nein, sind gesetzliche Änderungen geplant?

5. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Untersu-
chung der forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analyse
GmbH vom 14. Oktober 1999 im Auftrag der Bundeszentrale für gesund-
heitliche Aufklärung (BZgA), bei der ermittelt wurde, dass die Spenden-
bereitschaft bei Personen, die sich mit der Thematik der Organspende in-
tensiv befasst haben, wesentlich höher ist?

6. Hält die Bundesregierung die Aufklärungsarbeit durch die BZgA für aus-
reichend?

Wenn nein, an welcher Stelle bestehen nach Ansicht der Bundesregierung
Defizite und welche Maßnahmen gedenkt sie zu ergreifen?

7. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Street-
workprojekt der BZgA zur Organspende und hält sie es für sinnvoll, in
ähnlicher Art und Weise die Aufklärung an Schulen über die Organspende
zu verstärken?

8. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, warum im Jahresbericht
1999 der Deutschen Gesellschaft für Organspende (DSO) von erheblichen
regionalen Unterschieden bei realisierten Organspenden die Rede ist
(Seite 15)?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Länge von Warte-
zeiten und Anzahl der Wartenden auf ein Spenderorgan in den Jahren 1995
bis 1999 unter Berücksichtigung des Jahresberichts der DSO für 1999,
wonach der Bedarf an Transplantationen die durchgeführten Transplanta-
tionen erheblich übersteigt (Seite 20)?

10. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der Sterbe-
fälle bei Patienten, die in diesem Zeitraum auf Wartelisten vermerkt waren?

11. Aufgrund welcher Maßnahmen könnte nach Ansicht der Bundesregierung
die Differenz zwischen benötigten und verfügbaren Spenderorganen ver-
ringert werden?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/4445

12. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, warum nach dem Jahresbericht
1999 der DSO (Seite 21) der Anteil von Organspenden pro Million Ein-
wohner in Deutschland und den Niederlanden erheblich niedriger ist als in
den an Stichting Eurotransplant International Foundation (Eurotransplant)
beteiligten Ländern Belgien und Österreich?

Wenn nein, welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um
die Ursachen für die Differenzen abzuklären?

13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass die Umset-
zung des Transplantationsgesetzes durch die Krankenhäuser unter den Ge-
sichtpunkten Spenderidentifikation und Spendermeldung in nicht ausrei-
chender Weise erfolgt, da in der Pressemitteilung des Bundesministeriums
für Gesundheit zur Genehmigung der Verträge nach den §§ 11 und 12 TPG
die Bundesgesundheitsministerin mit den Worten: „Ebenso appelliere ich
an die Krankenhäuser, in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle
ihre gesetzliche Verpflichtung zur Mitteilung verstorbener Patienten, die
nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen, zu er-
füllen und die hierfür notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zu
treffen,“ zitiert wird und welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregie-
rung daraus?

14. Wie hoch veranschlagt die Bundesregierung die Kosten für zu ergreifende
Maßnahmen für den Fall, dass sie in den vorgenannten Punkten Hand-
lungsbedarf sieht?

15. Wie bewertet die Bundesregierung die Richtlinien der Bundesärztekammer
zur Organtransplantation?

16. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass in § 5 des Vertrages
über die Vermittlungsstelle nach § 12 TPG lediglich die Anwendungs-
regeln für die Vermittlung der Organe Niere und Pankreas zeitnah binnen
eines Monats, die Anwendungsregelungen für die Vermittlung der Organe
Herz, Herz-Lunge, Lunge und Leber hingegen erst bis zum Ablauf von
acht Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrages festzulegen sind?

17. Ist der Bundesregierung bekannt, weshalb die in § 16 Abs. 1 Nr. 6 TPG
geforderten Richtlinien für die Anforderungen an die im Zusammenhang
mit der Organentnahme- und Übertragung erforderlichen Maßnahmen zur
Qualitätssicherung noch nicht erstellt sind und wie bewertet sie diese Tat-
sache?

18. Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um auf
eine zügige Erstellung der noch fehlenden Richtlinien der Bundesärzte-
kammer nach § 16 Abs. 1 TPG hinzuwirken?

19. Sind der Bundesregierung Untersuchungen oder Maßnahmen zur Quali-
tätssicherung bekannt, aufgrund derer die Qualität der Behandlung der
Patienten oder Qualitätsunterschiede der Transplantationszentren gemäß
§ 10 Abs. 2 Nr. 6 TPG mess- oder vergleichbar ist und ggf. wie bewertet
sie diese?

20. Durch welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung die Qualitäts-
sicherung bei der Umsetzung des Transplantationsgesetzes zu verbessern?

Drucksache 14/4445 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
21. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Maße
es bislang zu Konflikten zwischen Eurotransplant und einzelnen an Euro-
transplant beteiligten Ländern wegen unterschiedlicher diesbezüglicher
Regeln für die Organtransplantation gekommen ist?

Wenn ja, welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zur Vermei-
dung von Konfliktsituationen zu ergreifen?

22. Hält die Bundesregierung die in den Ausführungsbestimmungen zur Allo-
kation der thorakalen Organe vorgesehenen Regelungen von Eurotrans-
plant (Regionalisierung) mit dem Transplantationsgesetz für vereinbar?

23. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, in welchem Maße im Gel-
tungsbereich von Eurotransplant verbotener Organhandel gemäß § 17 TPG
stattfindet und welche Gegenmaßnahmen hält die Bundesregierung ggf. für
erforderlich?

Berlin, den 24. Oktober 2000

Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
Dr. Wolf Bauer
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Hubert Hüppe
Dr. Harald Kahl
Eva-Maria Kors
Hans-Peter Repnik
Aribert Wolf
Annette Widmann-Mauz
Wolfgang Zöller
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.