BT-Drucksache 14/4413

Existenzbedrohung des Handwerks unterbinden

Vom 25. Oktober 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4413
14. Wahlperiode 25. 10. 2000

Antrag
der Abgeordneten Jürgen Türk, Walter Hirche, Dr. Heinrich L. Kolb, Klaus Haupt,
Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Ulrike Flach,
Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher,
Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Ulrich Irmer, Jürgen
Koppelin, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Gerhard Schüßler, Dr. Wolfgang Gerhardt und
der Fraktion der F.D.P.

Existenzbedrohung des Handwerks unterbinden

Der Bundestag wolle beschließen:

1. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit nunmehr vier Wochen befinden sich ostdeutsche Handwerkerfrauen zum
zweiten Mal in diesem Jahr im Hungerstreik vor dem Brandenburger Tor. Sie
demonstrieren aus existentieller Not, in die sie sich und ihre Betriebe getrieben
sehen durch schlechte Zahlungsmoral, schleppende Gerichtsverfahren und teil-
weise kriminelle Machenschaften oder Fördermittelbetrug. Diese Handwerks-
betriebe sind nicht wegen mangelhafter Leistungen, sondern unverschuldet
wegen ungesetzlicher Handlungen ihrer Hauptauftraggeber in Not geraten. Ob-
wohl oft nur ein geringer Teil des Leistungsentgelts zur Verfügung steht, muss
der Handwerksbetrieb hundertprozentig die Sozialkassen bedienen sowie Steu-
ern abführen.

Entsprechend der Entwicklung der Insolvenzen, insbesondere in Ostdeutsch-
land, kann davon ausgegangen werden, dass diese Fälle leider keine Aus-
nahmen darstellen. Diese Situation ist in erheblichem Maße kontraproduktiv
für den notwendigen Aufbau Ost. Deshalb kann nicht einfach zur Tagesord-
nung übergegangen werden, sondern es muss unverzüglich Abhilfe geschaf-
fen werden.

2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf gemeinsam mit
den Ländern Vorschläge vorzulegen,

2.1. wie für kleine und mittlere Unternehmen Härtefallhilfen verbessert
werden können, die von durch Zahlungsverzögerung und Zahlungsaus-
fall in ihrer Existenz gefährdeten Betrieben zur vorübergehenden Liqui-
ditätssicherung in Anspruch genommen werden können;

2.2. wie § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV so geändert werden kann, dass Ansprü-
che der Sozialkassenträger von diesen zeitweise zu stunden sind, wenn
durch zeitweise Stundung die Existenz des Unternehmens sichergestellt
werden kann;

Drucksache 14/4413 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
2.3. um das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen (insbesondere im
Hinblick auf die Folgen von Zahlungsverzug) und die VOB/B praxis-
wirksamer zu gestalten;

2.4. um eine drastische Abkürzung der Dauer von Gerichts- und Vollstre-
ckungsverfahren zu erreichen;

3. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf

3.1. darzulegen, wie häufig die Finanzämter und Sozialkassen angesichts
ausstehender Steuerschulden Insolvenzverfahren beantragen;

3.2. gemeinsam mit den Kammern und Verbänden eine verbesserte Informa-
tion der Klein- und Mittelbetriebe über bestehende Rechte bei der Ver-
tragsgestaltung zu betreiben.

Der Deutsche Bundestag erwartet unverzügliches Handeln in den bestehenden
existenzbedrohenden Einzelfällen. Hier sind insbesondere die zuständigen Län-
der gefordert. Von Bundesregierung und Ländern werden noch in diesem Jahr
mit den betroffenen Verbänden abgestimmte Vorschläge zur grundsätzlichen
Verbesserung der Situation erwartet.

Berlin, den 10. Oktober 2000

Jürgen Türk
Walter Hirche
Dr. Heinrich L. Kolb
Klaus Haupt
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Ulrike Flach
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.