BT-Drucksache 14/437

Auswirkungen der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Familienentlastung

Vom 23. Februar 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/437 vom 23.02.1999

Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Auswirkungen der Beschlüsse
des Bundesverfassungsgerichts zur Familienentlastung =

23.02.1999 - 437

14/437

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Maria Eichhorn, Peter Götz und der
Fraktion der CDU/CSU
Auswirkungen der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur
Familienentlastung

Der Bundesfinanzhof hat infolge der Beschlüsse des
Bundesverfassungsgerichts im Beschluß vom 10. November 1998 den
Bundesminister der Finanzen, Oskar Lafontaine, aufgefordert zu prüfen,
ob in den zugrundeliegenden Verfahren und in allen anhängenden
Parallelverfahren eine Herabsetzung der Einkommensteuerschuld nach den
vorgegebenen Kriterien möglich ist, um den Klägern das
verfassungsrechtlich gebotene Kinderexistenzminimum zu gewähren. Dem
Gesetzgeber stünde es frei, die verfassungsrechtlich gebotene Änderung
durch eine Anhebung des einkommensteuerrechtlichen Kinderfreibetrages,
durch eine Anhebung des Kindergeldes oder durch eine anderweitige
Ausgleichregelung vorzunehmen.
Da der bisherige einkommensteuerrechtliche Familienlastenausgleich nach
den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) mit dem
Grundgesetz unvereinbar ist, wird die Bundesregierung gebeten, zu den
nachfolgenden Punkten Stellung zu nehmen.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele noch nicht bestandskräftige Einkommensteuerbescheide --
also angefochtene bzw. für vorläufig erklärte -- betreffend die
Veranlagungszeiträume 1983 bis 1995 werden nach Kenntnis der
Bundesregierung von den Entscheidungen des BVerfG berührt?
2. Hält die Bundesregierung es im Rahmen der praktischen Umsetzung in
den Finanzämtern für angezeigt, eine öffentliche Erklärung darüber
abzugeben, daß alle Einkommensteuerbescheide, die wegen der
Kinderfreibeträge vorläufig ergangen sind, von den Beschlüssen des
Bundesverfassungsgerichts erfaßt sind?
3. Wie sind die in den Beschlüssen des BVerfG angeführten Tabellen
für die o. g. Veranlagungszeiträume fortzuschreiben, und ab welchem
Grenzsteuersatz wächst die Vorschrift des § 32 Abs. 6 EStG bei einem
sowie bei weiteren Kindern jeweils in die Verfassungswidrigkeit hinein?
4. Wie ist nach Auffassung der Bundesregierung der jährliche
existenznotwendige Bedarf, den das BVerfG zugrunde legt, in die
einzelnen Posten wie Lebenshaltung, Mietmehrbedarf, Heizkosten,
Versorgung, ggf. Sozialhilfesatz und andere einmalige Kosten
aufzuschlüsseln?
5. Wird es hinsichtlich der Vorgaben des BVerfG zur praktischen
Umsetzung in bezug auf die Rückwirkung umgehend zu
Verwaltungsanweisungen kommen, oder werden die Steuerpflichtigen darauf
verwiesen, bei ihren Finanzämtern Änderungsanträge zu stellen?
6. Welche Begründung soll dem Steuerbürger gegeben werden, daß zwar
sein Steuerbescheid im Hinblick auf die Kinderfreibeträge vorläufig
ist, die Entscheidung des BVerfG zu diesem Punkt für ihn aber keine
Geltung hat, wenn die Bundesregierung davon ausgeht, daß die o. g.
Beschlüsse keine Rückwirkung besitzen?
7. Ergibt sich für den Steuerpflichtigen nicht konsequenterweise
daraus die Notwendigkeit, Einspruch einzulegen, der kostenfrei für ihn
ist, der Verwaltung aber einen erhöhten Verwaltungsaufwand verursacht?
8. Hält es die Bundesregierung nicht für einen Vertrauensverstoß,
wenn der Steuerbürger über Jahre hinweg von Einsprüchen abgehalten
wird, weil ein Vorläufigkeitsvermerk ihm eine günstigere Regelung in
Aussicht stellt, um ihm dann zu sagen, daß die hierüber ergangene
Entscheidung des BVerfG für ihn nicht gilt?
9. Hält die Bundesregierung an ihren Plänen fest, das
Ehegattensplitting zu kappen oder zu streichen, weil sie es mit dem
Hinweis, es solle im Rahmen eines Familienentlastungsgesetzes geprüft
werden, aus dem bisher geplanten Steuerreformgesetz herausgenommen hat?
Wenn ja, wie ist dies mit der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zu vereinbaren, daß in der steuerlichen
Zusammenveranlagung verheiratete Eltern gegenüber anderen
Erziehungsgemeinschaften nicht benachteiligt werden dürfen?
10. Hält die Bundesregierung an ihren Plänen fest, die
Kindergelderhöhung, die sie ebenfalls mit Hinweis auf das geplante
Familienentlastungsgesetz ausgesetzt hat, ab 2002 vorzunehmen, oder
wird sie zugunsten einer wie auch immer gearteten Regelung im
Familienleistungsausgleich fallengelassen?
11. Prüft die Bundesregierung die vom Bundeskanzler angeregte
Maßnahme, Besserverdienende vom Kindergeld auszuschließen?
Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung angesichts der Beschlüsse
des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November die Verfassungsmäßigkeit
solcher Regelungen, und von welchem Einkommen plant die Bundesregierung
Eltern vom Bezug des Kindergeldes auszuschließen bzw. einer
Einschränkung der steuerlichen Kinder- und Familienfreibeträge zu
unterziehen?
12. Plant die Bundesregierung zur Kompensation der Steuerausfälle
durch das Familienentlastungsgesetz die Erhöhung von Steuern oder
anderweitiger Einnahmen?
Wenn nein, wie gedenkt die Bundesregierung die Gegenfinanzierung
herbeizuführen?
13. Ist davon auszugehen, daß im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum
Familienleistungsausgleich sämtliche Familienleistungen auf den
Prüfstand gestellt werden?
14. Plant die Bundesregierung Kürzungen bei den nicht vom Urteil des
Bundesverfassungsgerichts berücksichtigten Leistungen, die jedoch
familienbezogene Leistungen sind?
Bonn, den 22. Februar 1999
Gerda Hasselfeldt
Maria Eichhorn
Peter Götz
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

23.02.1999 nnnn

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