BT-Drucksache 14/4314

Auswirkungen von Manövern der Bundeswehr auf Meeressäugetiere

Vom 5. Oktober 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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4314

14. Wahlperiode

05. 10. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Eva-Maria Bulling-Schröter, Heidi Lippmann und
der Fraktion der PDS

Auswirkungen von Manövern der Bundeswehr auf Meeressäugetiere

Schiffsverkehr, Öl- und Gasgewinnung und ähnliche menschliche Aktivitäten
haben in den letzten Jahren zu einer immer größeren Lärmbelastung im Meer
geführt. Die jedoch vielleicht am meisten Besorgnis erregende Lärmquelle ist
jene von militärischen Aktivitäten im Meer. So entwickelt u. a. die US Navy
derzeit ein System, genannt LFAS (Low Frequency Active Sonar), um feind-
liche Unterseeboote aufzuspüren. Im Rahmen von NATO-Manövern werden
ebenfalls Systeme, bei denen die Aussendung von starken Schallwellen zum
Einsatz kommen, eingesetzt. Der Einsatz solcher Systeme hat direkte negative
Einwirkungen auf den maritimen Lebensraum und insbesondere auf Wale und
Delfine. Internationale Wissenschaftler gehen davon aus, dass einige Massen-
strandungen von Walen und Delfinen in direktem Zusammenhang mit den mili-
tärischen Aktivitäten stehen. Im Juni 2000 wurde dieser Verdacht in Zusam-
menhang mit Tests, die die US-Navy im März 2000 auf den Bahamas
durchgeführt hatte, erstmals nachweislich bestätigt.

Aber auch andere militärische Aktivitäten beeinträchtigen die Lebensräume
von Waltieren (Cetacea) in beträchtlichem Ausmaß. Im August 2000 wurden
nach Auskunft des Umweltministeriums in Schleswig-Holstein militärische
Übungsmanöver der deutschen Bundeswehr unter anderem über dem
Schweinswalschutzgebiet vor Sylt abgehalten. Klaus Müller, Umweltminister
Schleswig-Holsteins, berichtete von massiven Störungen durch Hubschrauber-
flüge, Tiefflüge und Explosionen im Nationalpark vor Sylt und kritisierte diese
in einer Pressemitteilung seines Ministeriums vom 1. September 2000 wie
folgt: „Es ist mir unbegreiflich, dass das Militär – obwohl der Bundesverteidi-
gungsminister etwas anderes versprochen hat – keine Rücksicht auf die Natur
nimmt. Wenn sich das Militär jetzt im Spätsommer wie ein Rowdy im Natio-
nalpark benimmt, schadet das dem Tourismus und macht es für Gäste wie Ein-
heimische schwer nachvollziehbar, warum sie Schutzgebiete im Watt akzeptie-
ren sollen“.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Ist die deutsche Bundeswehr direkt oder indirekt an der Entwicklung von
Systemen, bei denen „Low Frequency Active Sonar“ oder bauartähnliches
oder vergleichbares Gerät Anwendung findet, beteiligt?
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2. Im Rahmen welcher NATO-Manöver unter Beteiligung der Bundesrepu-
blik Deutschlands kam es seit 1990 zum Einsatz von LFAS oder vergleich-
baren Systemen?

3. Hat die deutsche Bundeswehr an dem NATO-Manöver „Dynamic Mix“ im
Mai/Juni 2000 im Mittelmeer teilgenommen und wurde im Rahmen dieses
Manövers LFAS eingesetzt?

4. Wenn ja, welche Vorkehrungen wurden getroffen, um dadurch möglicher-
weise verursachten Strandungen vorzubeugen?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass LFAS als Ursache der Strandungen
der Cuvier-Schnabelwale 1996 nicht ausgeschlossen wurde?

6. Wurden Umweltverträglichkeitsprüfungen, wie sie von einer 1998 von der
NATO eingesetzten Arbeitsgruppe empfohlen wurden, entwickelt, und
wenn ja, wie sind diese konzipiert und welchen Anforderungen unterliegen
diese?

7. Wie steht die Bundesregierung der andauernden Entwicklung von Syste-
men gegenüber, die „Low Frequency Active Sonar“ oder bauartähnliches
oder vergleichbares Gerät verwenden?

8. Hat die Bundesregierung davon Kenntnis, welche Militärs weltweit „Low
Frequency Active Sonar“ oder bauartähnliches oder vergleichbares Gerät
anwenden?

9. Welche wissenschaftlichen Untersuchungen wurden durchgeführt, um die
möglichen Auswirkungen von LFAS oder bauartähnlichem oder vergleich-
barem Gerät auf Wale und Delfine und andere Meereslebewesen zu eva-
luieren?

10. Welche Maßnahmen ergreift die deutsche Bundesregierung, um Wale und
Delfine und andere Meereslebewesen vor negativen Auswirkungen des
LFAS oder bauartähnlichem oder vergleichbarem Gerät zu bewahren?

11. Welche Maßnahmen hat die Bundeswehr getroffen, um während der Manö-
ver über und in der Nähe des Schweinswalschutzgebietes etwaige negative
Auswirkungen auf die Tiere ausschließen zu können?

12. Wird die Bundeswehr in Zukunft von solchen Manövern, die direkt oder
indirekt negative Auswirkungen auf Meeressäugetiere haben könnten, ab-
sehen?

Berlin, den 5. Oktober 2000

Eva-Maria Bulling-Schröter
Heidi Lippmann
Roland Claus und Fraktion

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