BT-Drucksache 14/4248

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -14/3070- Wohngeld- und Mietenbericht 1999

Vom 10. Oktober 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4248

14. Wahlperiode

10. 10. 2000

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard
Oswald, Renate Blank, Georg Brunnhuber, Hubert Deittert, Peter Götz, Manfred
Heise, Norbert Königshofen, Dr. Hermann Kues, Peter Letzgus, Eduard Lintner,
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Dr. Michael Meister, Norbert Otto (Erfurt),
Hans-Peter Repnik, Wilhelm Josef Sebastian und der Fraktion der CDU/CSU

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 14/3070 –

Wohngeld- und Mietenbericht 1999

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Wohngeld- und Mietenbericht 1999 macht deutlich, dass sich der seit
Mitte der 90er Jahre einsetzende Entspannungstrend auf den Wohnungs-
märkten auch 1998 fortgesetzt hat. Infolge der in Teilbereichen der Woh-
nungsnachfrage auftretenden Sättigungstendenzen hat sich die Neubautätig-
keit vor allem bei Mietwohnungen weiter normalisiert, Anteil und
Bedeutung des Eigenheimbaus sind stetig gestiegen. Begünstigt wurde diese
Entwicklung hin zu einem Marktgleichgewicht zum einen durch eine seit
1997 nur noch leicht steigende bzw. stagnierende Bevölkerungsentwicklung,
zum anderen durch eine Wohnungspolitik, die den absehbaren Nachfrage-
Strukturveränderungen durch neue Akzente in der Wohneigentumsförde-
rung, vor allem zugunsten junger Familien und einkommensschwächerer
Haushalte, rechtzeitig entsprach.

Der schrittweise Abbau der Wohnungsversorgungs-Defizite hat in Preis-
nachlässen bei Erst- und Wiedervertragsmieten sowie in einer moderaten
Steigerung der Bestandsmieten seinen Niederschlag gefunden – bis hin zum
historischen Tiefstand des Mietenindexes von 1,1 % in 1999.

Der erstmals von der neuen Bundesregierung vorgelegte Wohngeld- und
Mietenbericht ist ein eindrucksvolles Dokument einer erfolgreichen Woh-
nungspolitik der Vorgänger-Regierungen. Gleichzeitig ist er das nachträgli-
che Eingeständnis der nun Regierungsverantwortung tragenden Fraktionen,
noch bis in das Jahr 1998 hinein zu Unrecht die sich auf einem Normalisie-
rungspfad bewegende Bautätigkeit und die Mietentwicklung dramatisiert zu
haben, wobei der Grundvorstellung „mehr Wohnungen sind der beste Mie-
terschutz“ bis zuletzt eine Strategie staatlicher Markt- und Preisreglementie-
rungen entgegengesetzt wurde.
Drucksache

14/

4248

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

2. Bei allen strukturellen Verschiedenheiten der Wohnungsmärkte in den neuen
Ländern zeigt der Wohngeld- und Mietenbericht dennoch auf, dass der
Übergang in das westdeutsche Vergleichsmietensystem von einer moderaten
Mietenentwicklung begleitet war und dass Nachholbedarfe hinsichtlich
Quantität, Qualität und Nachfrage-Strukturen der Wohnungsversorgung
deutliche Fortschritte erzielten. Der inzwischen in allen neuen Ländern zu
verzeichnende Überhang an Mietwohnraum spiegelt teilweise diese Nach-
frageveränderungen wider, stellt aber vor allem Spätfolgen einer verfehlten
DDR-Wohnungswirtschafts-, Standort- und städtischen Planungspolitik dar.

3. Die neue Bundesregierung hat nach 1998 andere Weichenstellungen in der
Wohnungs- und Städtebaupolitik vorgenommen, für die die Abschaffung
des Bundesministeriums für Raumordnung, Wohnungswesen und Städtebau
zu einem Symbol wurde und die mittelfristig einen neuen Zyklus von
Marktungleichgewichten einzuleiten droht. Zunehmend wird seitens wis-
senschaftlicher Institute, der Wohnungswirtschaft und ihrer Verbände wie
der Fachpresse nicht mehr das Ob sich neu anbahnender Wohnungsdefizite
erörtert, sondern nur noch der wahrscheinliche Zeithorizont.

4. So hat die stufenweise Verschlechterung der steuerlichen Rahmenbedingun-
gen den Mietwohnungsbau inzwischen spürbar reduziert. Beim Eigenheim-
bau wurden im 1. Halbjahr 2000 erste Bremsspuren wiederholter Eingriffe
in die Eigenheimförderung spürbar. Die soziale Wohnungsbauförderung
wurde bis zum gesetzlichen Minimum hin demontiert. Die Wohngeld-
Anpassung wurde hinausgezögert und ihre Finanzierung in erheblichem
Umfang zu Lasten der Länder und Kommunen sowie der Eigenheimbauer
ausgestaltet. Bei der Weiterentwicklung integrierter Lösungskonzepte zur
städtebaulichen Planung (Stichworte: Städtebauförderung und -forschung,
Stärkung der Innenstädte, Stadt der kurzen Wege, Auswirkungen neuer Han-
delsstrukturen) bleibt die Bundesregierung untätig. Für die Bewältigung der
Strukturkrise der Wohnungswirtschaft in den neuen Ländern sind noch
keine Handlungskonzepte in Sicht. Mit dem Verlassen der sozialen Balance
bei der anstehenden Mietrechtsreform wie mit dem zögerlichen Angehen
der Reform der sozialen Wohnraumförderung trägt die Bundesregierung zu
einer weiteren Verunsicherung der Investoren bei.

5. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung hat deshalb bereits in
1999 davor gewarnt, „dass ein Ende des Wohnungsmarkt-Zyklus von der
Wohnungsnot zum Angebotsüberhang zu erwarten ist und eine neue Woh-
nungsknappheit die Mietenentwicklung dynamisieren wird.“ Gemäß der
Marktanalyse des Rings Deutscher Makler vom August 2000 hat sich der
durchschnittliche Rückgang der Mieten für neu abgeschlossene Verträge im
Jahresverlauf deutlich abgeschwächt. Die Mieten in vielen Großstädten, fast
flächendeckend im süddeutschen Bereich sowie die Erstvertragsmieten für
Neubauwohnungen sind wieder eindeutig im Plus.

Die für die Wohnkosten-Belastung maßgebliche Bruttowarmmiete, die im
Jahre 1998 eine Steigerungsrate von nur 0,9 % gegenüber dem Vorjahr auf-
wies, kletterte im August d. J. erstmals über die 3 %-Marke.

Seit Einführung der Öko-Steuer, für den überproportionalen Anstieg der
Heizöl- und Gaspreise mitverantwortlich, ist die Bundesregierung zum
Preistreiber Nummer 1 bei den Wohnkosten der Mieter und selbstnutzenden
Wohneigentümer geworden. Deshalb mutet die Feststellung der Bundes-
regierung im Wohngeld- und Mietenbericht unglaubwürdig an, eine Kom-
mission das Thema „Kostensenkungsstrategien bei den Wohnnebenkosten“
prüfen zu lassen. Vor diesem Hintergrund verliert auch der Vorschlag der
Bundesregierung an Glaubwürdigkeit, die Marktspielräume für Nettokalt-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

14/

4248

Mieterhöhungen gesetzlich weiter zu reduzieren. Der ein Vierteljahr nach
dem Wohngeld- und Mietenbericht von der Bundesregierung beschlossene
Gesetzentwurf stößt auf breite Ablehnung.

6. Der Wohngeld- und Mietenbericht lässt erkennen, dass die zum 1. Januar
2001 wirksamen Leistungsverbesserungen für westdeutsche Tabellenwohn-
geld-Empfänger auch nicht annähernd den seit 1990 zu verzeichnenden
Anstieg der Mietpreise ausgleichen. Während die Miethöchstbeträge zur
Berechnung des Wohngeldes um ca. 20 % angehoben werden, lag die Stei-
gerung des Mietenindexes bereits Ende 1999 bei knapp 36 %. Da der im
Rahmen des Reparaturbetriebs zur Öko-Steuer von der Bundesregierung
vorgeschlagene Heizkosten-Zuschuss für Wohngeldempfänger nur einmalig
gezahlt werden soll (und dabei nicht einmal die gestiegenen Heizkosten aus-
gleicht), werden die Entlastungswirkungen der Wohngeld-Anhebung ab
2001 weiter relativiert.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. baldmöglichst eine Aktualisierung und Fortschreibung der erstmals 1996
von dem damaligen Bundesbauminister Klaus Töpfer vorgelegten Raum-
ordnungsprognose 2010 mit der zu erwartenden künftigen Haushalts-, Woh-
nungs- und Wohnbaulandentwicklung vorzunehmen und über die daraus zu
ziehenden Schlussfolgerungen für wohnungs- und städtebauliche Konzepte
alsbald den Deutschen Bundestag zu unterrichten;

2. die nach Auflösung des ehemaligen Bundesministeriums für Raumordnung,
Bauwesen und Städtebau verlorengegangene Abstimmung zwischen Woh-
nungspolitik, Steuerpolitik und Mietenpolitik umgehend wieder herzu-
stellen;

3. bis spätestens zum 1. März 2001 den Regierungsentwurf eines Reformgeset-
zes zum II. Wohnungsbaugesetz vorzulegen. Angesichts des weitgehenden
Ausstiegs des Bundes aus der Mitfinanzierung der sozialen Wohnungs-
bauförderung erscheinen Befürchtungen berechtigt, der Bundesregierung
mangele es an Legitimation und politischem Willen bei der Festlegung bun-
despolitischer Reformbelange und deren Einbringung in das Gesetzge-
bungsverfahren.

Berlin, den 12. Oktober 2000

Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Dirk Fischer (Hamburg)
Eduard Oswald
Renate Blank
Georg Brunnhuber
Hubert Deittert
Peter Götz
Manfred Heise
Norbert Königshofen
Dr. Hermann Kues
Peter Letzgus
Eduard Lintner,
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Dr. Michael Meister
Norbert Otto (Erfurt)
Hans-Peter Repnik
Wilhelm Josef Sebastian
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.