BT-Drucksache 14/4208

Funktionelle Lebensmittel in Deutschland

Vom 28. September 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

28. 09. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid),
Dr. Wolf Bauer, Dr. Hans Georg Faust, Ulf Fink, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Hubert Hüppe, Dr. Harald Kahl, Eva-Maria Kors, Hans-Peter Repnik, Annette
Widmann-Mauz, Aribert Wolf, Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

Funktionelle Lebensmittel in Deutschland

Funktionelle Lebensmittel (Functional Food) sind Entwicklungen an der Schnittstelle
zwischen Lebens- und Arzneimitteln. Gemeint sind damit Lebensmittel, die über die
Sättigung und Zufuhr von Nährstoffen und den Genusswert hinaus einen Zusatznutzen
aufweisen, der der Steigerung des Wohlbefindens und dem Erhalt der Gesundheit die-
nen soll. Die funktionellen Lebensmittel, die sich derzeit in Deutschland auf dem
Markt befinden, sind hauptsächlich Milchprodukte, wie beispielsweise probiotischer
Joghurt, und alkoholfreie Getränke, wie vitaminangereicherte ACE-Säfte. In dem Be-
richt des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag wurde im
September 1999 ein Gutachten zum Thema „Functional Food – Funktionelle Lebens-
mittel“ (Arbeitsbericht Nr. 4) veröffentlicht, in dem ein deutliches Marktwachstum
funktioneller Lebensmittel in der Zukunft prognostiziert wurde. Die prognostizierte
Entwicklung bei den funktionellen Lebensmitteln birgt Chancen, aber auch Risiken
für die Gesundheit der Bevölkerung.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die im Bericht des Büros für Technikfolgen-
abschätzung beim Deutschen Bundestag „Functional Food – Funktionelle
Lebensmittel“ auf den Seiten 7 bis 11 angesprochenen Definitionen für den Be-
griff „Functional Food“ (funktionelle Lebensmittel) und welche Definition hält sie
für zweckmäßig?

2. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über den Marktanteil funktioneller Lebens-
mittel in Deutschland für die Jahre 1995 bis 1999?

3. Welche Kriterien hält die Bundesregierung für praktikabel, um zu einer sach-
gerechten Abgrenzung von funktionellen zu sonstigen Lebensmitteln und Arznei-
mitteln zu gelangen?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die in dem Bericht des Büros für Technikfolgen-
abschätzung beim Deutschen Bundestag „Functional Food – Funktionelle Lebens-
mittel“ auf den Seiten 43 bis 50 dargestellten methodischen Vorgehensweisen zum
Nachweis der Wirksamkeit von funktionellen Lebensmitteln, insbesondere die von
der EU-Aktion Functional Food Science in Europe (FUFOSE) aufgestellten Anfor-
derungen?
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5. Welche Anforderungen sind nach Ansicht der Bundesregierung an den gesund-
heitlichen Nutzen und die Wirksamkeit von funktionellen Lebensmitteln zu
stellen und wie ist dieser ggf. zu belegen?

6. Sind der Bundesregierung Studien bekannt, die belegen, dass aufgrund der Er-
nährung mit funktionellen Lebensmitteln gewünschte individuelle gesundheit-
liche Wirkungen eintreten, aufgrund derer es zur signifikanten Vermeidung von
Kosten im Gesundheitswesen kommt oder kommen wird?

7. Sind der Bundesregierung Studien oder Erfahrungen über unerwünschte gesund-
heitliche Begleiterscheinungen funktioneller Lebensmittel – insbesondere Toxizität
höherer Aufnahmemengen, Mangelerscheinungen, Nebenwirkungen, Langzeit-
effekte, Wechselwirkungen mit anderen Substanzen, Wirkungen auf bestimmte
Verbrauchergruppen – bekannt und wie bewertet sie diese?

8. Hat das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinär-
medizin (BgVV) bislang Maßnahmen ergriffen, um gesundheitlichen Wirkungen
und Gefahren funktioneller Lebensmittel zu untersuchen?

Wenn ja, welche?

9. In welchem Rahmen hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Codex-
alimentarius-Komission bislang mit der Problematik funktioneller Lebensmittel
befasst?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die rechtlichen Rahmenbedin-
gungen, den Umgang mit funktionellen Lebensmitteln und die Akzeptanz der Ver-
braucher in anderen Ländern und wie bewertet sie diese?

11. Ist der Bundesregierung bekannt, welche maßgeblichen auf Entwicklung neu-
artiger funktioneller Lebensmittel gerichtete Forschungs- und Entwicklungs-
aktivitäten es in Deutschland, den USA, Kanada, Australien, Japan, der Schweiz,
Frankreich und Großbritannien gibt?

Wie werden diese Aktivitäten von der Bundesregierung bewertet?

12. Ist der Bundesregierung der Umfang der Ausgaben für Forschungs- und Entwick-
lungsaktivitäten in den vorgenannten Ländern bekannt und wie hoch ist der Anteil
öffentlicher Mittel?

13. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele der Unternehmen, die funktionelle
Lebensmittel in Deutschland vermarkten, eigene Forschungs- und Entwicklungs-
aktivitäten betreiben?

14. In welchen Forschungseinrichtungen findet öffentlich geförderte Forschung über
funktionelle Lebensmittel in Deutschland statt und welchen Inhalt haben die
Forschungsvorhaben?

15. Wie bewertet die Bundesregierung die Forschungsaktivitäten in Deutschland im
internationalen Vergleich?

Welche Maßnahmen hält sie in diesem Zusammenhang für notwendig, um die
Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland tätiger Unternehmen zu sichern bzw. zu
stärken?

16. Sieht die Bundesregierung darüber hinaus die Notwendigkeit, Studien über die
Technologiefolgen funktioneller Lebensmittel zu fördern?

Wenn ja, welchen jährlichen Betrag beabsichtigt sie dafür zur Verfügung zu
stellen?

17. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über Bestrebungen deutscher Marktteil-
nehmer zur Selbstverpflichtung in Bezug auf Qualitätskriterien, Kennzeichnung,
Werbung und Vermarktung für funktionelle Lebensmittel?

Wenn ja, wie werden diese von der Bundesregierung bewertet?
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18. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, für den Bereich funktioneller
Lebensmittel oder bestimmte Arten von funktionellen Lebensmitteln bestehende
gesetzliche Regelungen anzupassen oder neue zu schaffen, insbesondere Melde-,
Prüf- oder Genehmigungsverfahren zu kodifizieren, und wenn ja, welche?

19. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und inwieweit Bestrebungen der EU, OECD,
WHO oder anderer multinationaler Einrichtungen bestehen, gesetzliche oder ver-
tragliche Regelungen zu funktionellen Lebensmitteln zu schaffen?

Wenn ja, wie werden diese bewertet?

20. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber welcher Anteil der in Europa auf
dem Markt befindlichen Lebensmitteln in den Anwendungsbereich der Verordnung
(EG) Nr. 158/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten
(„Novel Foods“-Verordnung) fällt?

21. Wie wird seitens der Bundesregierung die Art und Weise der Werbung und
Verbraucherinformation bezüglich funktioneller Lebensmittel in Deutschland be-
wertet?

Welche Maßnahmen hält sie in der Zukunft für erforderlich, damit der Verbrau-
cher über Nutzen und Risiko funktioneller Lebensmittel adäquat informiert ist?

22. Wie bewertet die Bundesregierung die Maßnahmen, auf Lebensmitteln – wie bei-
spielsweise in den USA mit dem Nutrition Facts Label praktiziert – ein Etikett mit
ernährungsbezogenen Angaben der Inhaltsstoffe anzubringen sowie funktionelle
Lebensmittel – wie beispielsweise in Japan mit dem FOSHU-Logo praktiziert –
mit einem gesonderten Symbol zu kennzeichnen und plant sie entsprechende Rege-
lungen für Deutschland?

23. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass funktionelle Lebensmittel
vom Verbraucher zur Kompensation gesundheitsschädlicher Verhaltens- und Er-
nährungsweisen verwendet werden und hält sie es für sinnvoll, auf funktionellen
Lebensmitteln den Hinweis anzubringen, dass ein übermäßiger Genuss dieser
Lebensmittel keinen zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen bringt?

24. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass als funktionell bezeichnete
Lebensmittel ohne belegte Wirksamkeit, beispielsweise aus rein kommerziellen
Interessen, auf den Markt gelangen und mit welchen Maßnahmen will sie dies
ggf. verhindern?

25. Wird es seitens der Bundesregierung als sinnvoll erachtet, eine Werbung mit
krankheitsbezogenen Aussagen für funktionelle Lebensmittel in Deutschland
ganz oder teilweise zuzulassen?

Wenn ja, unter welchen Bedingungen?

26. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Umfang funk-
tionelle Lebensmittel auf deutscher und europäischer Ebene patentiert worden
sind?

Berlin, den 28. September 2000

Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)
Dr. Wolf Bauer
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Hubert Hüppe

Dr. Harald Kahl
Eva-Maria Kors
Hans-Peter Repnik
Annette Widmann-Mauz
Aribert Wolf
Wolfgang Zöller

Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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