BT-Drucksache 14/4150

Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes erhalten und sichern

Vom 26. September 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

26. 09. 2000

Antrag

der Abgeordneten Renate Blank, Wilhelm Josef Sebastian, Dirk Fischer
(Hamburg), Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Eduard Oswald, Wolfgang Börnsen (Bönstrup),
Georg Brunnhuber, Wolfgang Dehnel, Hubert Deittert, Peter Götz, Manfred Heise,
Hans Jochen Henke, Norbert Königshofen, Dr. Hermann Kues, Peter Letzgus,
Eduard Lintner, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Dr. Michael Meister,
Günter Nooke, Norbert Otto (Erfurt), Hans-Peter Repnik und der Fraktion
der CDU/CSU

Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes erhalten
und sichern

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Angesichts der vielfältigen Wettbewerbsverzerrungen, Sozialdumpingprakti-
ken, explodierender Kraftstoffpreise und den Wirkungen der sog. Ökosteuer
braucht das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe zur Sicherung von Unterneh-
mensexistenzen und Arbeitsplätzen rasche Hilfe. Das Gros dieser Betriebe
schreibt bereits rote Zahlen, und die nächste Stufe der Ökosteuer am 1. Januar
2001 wird die dramatische aktuelle Situation weiter verschärfen. Ohne kon-
krete Maßnahmen sind Zehntausende von Arbeitsplätzen insbesondere im mit-
telständischen Gewerbe unmittelbar bedroht.

Die Liberalisierung im europäischen Güterverkehrsmarkt mit Wegfall der Ka-
botagebeschränkungen hat bereits dazu geführt, dass vermehrt ausländische
Güterkraftverkehrsunternehmen in den attraktiven deutschen Markt drängen.
Ein Beitritt der MOE-Staaten zur EU ohne entsprechende Übergangsregelun-
gen würde viele Existenzen der überwiegend mittelständischen deutschen
Güterkraftverkehrsunternehmen massiv bedrohen; mit einer Aufgabe oder Ab-
wanderung dieser Unternehmen wären hohe Steuerausfälle verbunden. Hinzu
kommt, dass der scharfe Wettbewerb und die fehlende Harmonisierung im Gü-
terverkehrsmarkt dazu führten, dass auch andere Verkehrsträger wie Bahn oder
Binnenschiff keineswegs aus der Schwächung des deutschen Straßengüterver-
kehrsgewerbes Nutzen ziehen können. Vielmehr wird jeder zur Aufgabe ge-
zwungene deutsche LKW durch gebietsfremde Fahrzeuge aus der EU oder den
MOE-Staaten ersetzt werden.

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU zu den
Auswirkungen der ökologischen Steuerreform auf den Güterkraftverkehr (Bun-
destagsdrucksachen 14/1988, 14/2228) versucht die Bundesregierung, die Aus-
wirkungen der Ökosteuer auf das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe zu ver-
harmlosen. Sie verkennt bewusst die ohnehin schon schwierige Lage dieses
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Wirtschaftszweiges im europäischen Wettbewerb, was angesichts der über
380 000 Beschäftigten in diesem wichtigen Wirtschaftssektor unverantwortlich
ist. Die immer wieder geäußerte Annahme der Bundesregierung, die Kosten-
und Gewinnsituation deutscher Güterkraftverkehrsunternehmen werde durch
die Mineralölsteuererhöhungen im Rahmen der Ökosteuer kaum beeinflusst, ist
eine eklatante Fehleinschätzung. Die damit verbundene Mehrbelastung wird
bis 2003 lediglich zu 2,8 Prozent durch die Absenkungen der Rentenversiche-
rungsbeiträge kompensiert und lässt die Gesamtkosten so steigen, dass bei vie-
len Betrieben die Umsatzrendite schon heute aufgezehrt wird. Ein weiterer
Trugschluss ist die Aussage der Bundesregierung, die deutschen Güterkraftver-
kehrsbetriebe könnten Steigerungen bei den Kraftstoffkosten auf ihre Preise
überwälzen. Der besonders intensive Wettbewerb zu ausländischen Anbietern
lässt eine Verlagerung zusätzlicher Kosten auf den Auftraggeber nicht zu, weil
höhere Beförderungsentgelte am Markt nicht durchzusetzen sind. Dies hat das
Bundesamt für Güterverkehr in seinem Bericht zur Marktbeobachtung vom
November 1999 bestätigt.
Die Beseitigung der Harmonisierungsdefizite im Bereich der Steuer- und Sozi-
alvorschriften im europäischen Güterkraftverkehrsmarkt ist erklärtes Ziel einer
zukunftsorientierten Verkehrspolitik.

Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf,
1. auf eine zügige Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen im Bereich

des europäischen gewerblichen Güterkraftverkehrs hinzuwirken;
2. im Rahmen der EU-Osterweiterung die Interessenlage des deutschen Güter-

kraftverkehrsgewerbes im Auge zu behalten und bei der EU darauf zu drän-
gen, dass in einer ersten Phase schon vor dem Beitritt zunächst ein Gemein-
schaftskontingent eingerichtet wird, das Fahrten zwischen den Beitrittsstaaten
untereinander und zwischen der EU und den Beitrittsstaaten begrenzt. In der
zweiten Phase soll den Beitrittsstaaten der Transport von einem Mitgliedsland
in ein anderes gestattet werden (große Kabotage); im Gegenzug akzeptieren
die Beitrittsländer, dass innerstaatliche Transporte (kleine Kabotage) erst 3
bis 5 Jahre nach dem Beitritt möglich werden;

3. zügig ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der grauen und illegalen Kabotage
sowie der illegalen Beschäftigung im EU-Straßengüterverkehr vorzulegen;

4. bei der EU-Kommission auf eine schnelle Lösung der Öko-Punkte-Proble-
matik mit Österreich zu drängen, die die besonderen Interessen des deut-
schen Güterkraftverkehrsgewerbes berücksichtigt;

5. die Einführung der streckenbezogenen nutzungsabhängigen LKW-Gebühr
für das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe wettbewerbsverträglich zu ge-
stalten und hierzu auch die Kompensationsmöglichkeiten, die bezüglich der
Anwendung der EU-Mindeststeuersätze noch offen sind, zu nutzen;

6. die mit dem Gesetz vom 24. März 1999 eingeführte und mit dem Gesetz
vom 16. Dezember 1999 fortgeführte ökologische Steuerreform aufzuheben,
da sie ihre ökologische Lenkungswirkung verfehlt und die Wettbewerbsver-
zerrungen im europäischen Güterverkehrsmarkt zusätzlich verschärft. Die
versprochene Aufkommensneutralität wird im Güterkraftverkehrsgewerbe
bei weitem nicht erreicht. Die dadurch verursachten zusätzlichen Kraftstoff-
preissteigerungen führen für viele Unternehmen zu existenzgefährdenden
Kostenbelastungen.

Berlin, den 26. September 2000

Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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