BT-Drucksache 14/4137

Erhebungen des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz über rechtsextremistische Straftaten

Vom 26. September 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4137

14. Wahlperiode

26. 09. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Erhebungen des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für
Verfassungsschutz über rechtsextremistische Straftaten

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat nach einem Bericht der tages-
zeitung (taz) vom 21. September 2000 auf den Vorwurf, aus seiner Statistik
seien 4 000 rechtsextremistische Gewalttaten „spurlos verschwunden“, geant-
wortet, das Amt habe seine Angaben nur „bereinigt“. Wörtlich zitiert die taz
den Pressesprecher des Bundesamtes mit der Aussage: „Seit 1997 werden
Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung nicht mehr den Gewalttaten zuge-
rechnet, die Vorjahreszahlen wurden entsprechend bereinigt.“ Die Änderung
sei auf Anweisung des damaligen Bundesministers des Innern, Manfred
Kanther, erfolgt, der eine Angleichung an die Zahlen des Bundeskriminalamtes
(BKA) gewünscht hatte.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Trifft es zu, dass das BfV 1997 seine Statistik über rechtsextremistische
Gewalttaten aufgrund der oben genannten Weisung des damaligen Bundes-
ministers des Innern, Manfred Kanther, „bereinigt“ hat?

Wenn ja, wie war der genaue Wortlaut der Weisung?

Was waren der Anlass und das Ziel dieser Weisung?

2. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass durch eine Angleichung an die
Daten des BKA durch das BfV die Gefährlichkeit des Rechtsextremismus
verharmlost wird?

3. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass ein Teil ihrer „Erfassungs-
defizite“ bei rechtsextremistischen Straftaten und Gewalttaten auf diesen
Erlass des früheren Bundesministers des Innern, Manfred Kanther, und
seine Umsetzung zurückzuführen ist?

4. Teilt die Bundesregierung die Sorge, dass durch diese Weisung und ihre Fol-
gen nicht nur das Ausmaß rechtsextremer Gewalttaten geschönt worden ist,
sondern auch der Opferschutz beachtliche Defizite aufweist?

5. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Weisung des früheren Bundesminis-
ters des Innern, Manfred Kanther, aufzuheben?

Wenn nein, warum nicht?
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6. Hat es seit Beginn der 90er Jahre noch weitere „Bereinigungen“ der Da-
teien des BfV über rechtsextremistische Straftaten bzw. Gewalttaten gege-
ben?

Wenn ja, welche?

7. Welche Straftaten werden unter der Kategorie „Sachbeschädigung mit
Gewaltanwendung“ genau erhoben bzw. erfasst (bitte die genauen Delikt-
gruppen angeben)?

8. Kann die Bundesregierung Quellen im juristischen Schrifttum oder Urteile
von Bundesgerichten nennen, die es erlauben und für angebracht halten,
eine Sachbeschädigung mit Gewaltanwendung nicht als „Gewalttat“ ein-
zustufen?

Wenn ja, auf welche Quellen bzw. Urteile genau stützt sie sich bei dieser
Unterscheidung?

9. Welche anderen Gründe rechtfertigen es nach Ansicht der Bundesregie-
rung, rechtsextremistische „Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung“
nicht mehr als rechtsextremistische Gewalttaten einzustufen?

10. Wieso nennen die Jahresberichte des BfV unter „Gewalttaten … mit …
linksextremistischem Hintergrund“ auch sog. „Widerstandsdelikte“ (z. B.
im Verfassungsschutzbericht 1998, hrsg. vom Bundesministerium des
Innern, S. 86), nicht dagegen bei den rechtsextremistischen Gewalttaten
(a. a. O., S. 20)?

Werden solche „Widerstandsdelikte“ bei rechtextremistischen Straftätern
nicht erhoben?

Wo wird – für den Fall, dass sie erhoben werden – das Ausmaß dieser
Straftaten veröffentlicht?

11. Führt das BfV überhaupt noch eigene Erhebungen über rechtsextremisti-
sche Straftaten durch?

Wenn ja, wie viele Beamte sind damit befasst und wo werden die Ergeb-
nisse dieser Erhebungen veröffentlicht?

Wenn nein, warum nicht und seit wann nicht mehr?

Wurden ggf. Sachbearbeiter aus diesem Grund im BfV umgesetzt und
wenn ja, wie viele?

Berlin, den 22. September 2000

Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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