BT-Drucksache 14/4118

Kindergeld für Migrantinnen und Migranten

Vom 20. September 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4118
14. Wahlperiode 20. 09. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Klaus Grehn, Ulla Jelpke, Petra Pau, Christina Schenk
und der Fraktion der PDS

Kindergeld für Migrantinnen und Migranten

Das Bundeskindergeldgesetz spricht Migrantinnen und Migranten einen Leis-
tungsanspruch nur dann zu, wenn sie über eine Aufenthaltsberechtigung oder
-erlaubnis verfügen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 4. Mai 1999
(Rechtssache C-262/96) entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld einer
bzw. eines türkischen Staatsangehörigen nicht vom Besitz einer Aufenthaltsbe-
rechtigung oder einer Aufenthaltserlaubnis abhängig gemacht werden darf.

Laut einem Bericht im Informationsbrief Ausländerrecht, Nr. 6/2000, S. 266 f.,
hat die Bundesanstalt für Arbeit mit Erlass vom 29. Februar 2000 angeordnet,
dass u. a. die folgenden Personengruppen trotz der o. g. Entscheidung des
EuGH weiterhin kein Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz erhalten
sollen: türkische Arbeitnehmer, die im Besitz einer Duldung sind; anerkannte
türkische Flüchtlinge mit Aufenthaltsbefugnis für das sozialrechtliche Kinder-
geld, auch wenn sie Arbeitnehmer sind; sonstige türkische Arbeitnehmer, die
lediglich im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis sind; türkische Selbständige,
selbst wenn sie in einem Zweig der Sozialversicherung (weiterhin) versichert
sind und früher Arbeitnehmer waren.

Außerdem soll das o. g. Urteil des EuGH nicht auf jene Anspruchsberechtigte
rückwirkend angewandt werden, die vor dem 4. Mai 1999 „lediglich“ einen
Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt haben.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus der o. g. Entscheidung
des EuGH gezogen?

2. Wie viele Migrantinnen und Migranten aus der Türkei sind in der Bundes-
republik Deutschland im Besitz einer

● befristeten Aufenthaltserlaubnis,

● unbefristeten Aufenthaltserlaubnis,

● Aufenthaltsberechtigung,

● Aufenthaltsbefugnis,

● Aufenthaltsbewilligung?

Drucksache 14/4118 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
3. Wie viele Migrantinnen und Migranten aus der Türkei erhalten in der Bun-
desrepublik Deutschland Kindergeld?

4. Wie viele Kinder von Migrantinnen und Migranten sind nach der jetzigen
Praxis der Gewährung von Kindergeld in Abhängigkeit vom Aufenthaltssta-
tus vom Kindergeldbezug ausgeschlossen?

5. Trifft es zu, dass die Bundesanstalt für Arbeit eine Weisung mit dem in der
Vorbemerkung zitierten Inhalt erlassen hat?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine solche Weisung der
Rechtsprechung des EuGH zuwiderläuft, weil sie im Fall türkischer Staats-
angehöriger den Anspruch auf Leistungen nach dem Bundeskindergeldge-
setz vom Besitz bestimmter Aufenthaltsgenehmigungen abhängig macht,
während Inländer insoweit nur einen Wohnsitz in Deutschland nachweisen
müssen?

Wenn nein, warum nicht?

7. Wird die Bundesregierung auf die Bundesanstalt für Arbeit dahin gehend
einwirken, dass diese die in der Vorbemerkung zitierte Weisung zurück-
zieht?

Wenn nein, warum nicht?

8. Wird die Bundesregierung auf die Bundesanstalt für Arbeit dahin gehend
einwirken, dass diese die Ansprüche türkischer Staatsangehöriger auf Leis-
tungen nach dem Bundeskindergeldgesetz infolge der Entscheidung des
EuGH auch dann anerkennt, wenn die Betroffenen „nur“ Anträge gemäß
§ 44 SGB X gestellt haben?

Wenn nein, warum nicht?

9. Plant die Bundesregierung Initiativen mit dem Ziel der Gleichbehandlung
aller in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Kinder, unabhängig von
ihrem Aufenthaltsstatus?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 20. September 2000

Dr. Klaus Grehn
Ulla Jelpke
Petra Pau
Christina Schenk
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.