BT-Drucksache 14/4103

Gesetz zur Intensivierung der Beschäftigungsförderung

Vom 11. September 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

11. 09. 2000

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Irmgard Schwaetzer, Rainer Funke,
Dirk Niebel, Detlef Parr, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst
Burgbacher, Hans-Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt,
Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Ulrich Irmer, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt/Main),
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Gesetz zur Intensivierung der Beschäftigungsförderung

A. Problem

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist trotz eines deutlichen Rückgangs mit
mehr als 3,7 Millionen Arbeit suchender Menschen immer noch zu hoch. Ziel
dieses Gesetzentwurfs ist es, dem beginnenden Wirtschaftsaufschwung mehr
Wachstumsdynamik zu verleihen und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.
Das Arbeitsrecht muss daher beschäftigungsfreundlich flexibilisiert werden.
Der Gesetzentwurf fasst die arbeitsrechtlichen Maßnahmen im Rahmen der
Beschäftigungsförderung zusammen, die notwendig sind, um gerade älteren
Menschen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen und das beschäfti-
gungsfördernde Instrument befristeter Arbeitsverträge zu erhalten, da die
arbeitsmarktpolitisch notwendige Möglichkeit des Abschlusses befristeter Ar-
beitsverträge durch Ablauf der in § 1 Abs. 6 BeschFG enthaltenen Befristung
zum 31. Dezember 2000 auslaufen wird.

B. Lösung

1. Beschäftigungsförderungsgesetz

Um die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu erleichtern, sind folgende Maßnah-
men vorgesehen:

– Die gesetzliche Befristung in § 1 Abs. 6 BeschFG wird aufgehoben.

– Die Befristungmöglichkeit von Arbeitsverträgen wird von zwei auf vier
Jahre ausgeweitet.

– Befristete Arbeitsverträge sind bei Vorliegen eines sachlichen rechtfertigen-
den Grundes zeitlich unbeschränkt zulässig.

– Befristete Arbeitsverträge sind unbeschränkt dann zulässig, wenn der
Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet hat.
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2. Kündigungsschutzgesetz

Der Schwellenwert, bis zu dem das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, wird
von fünf Arbeitnehmern auf zehn Arbeitnehmer angehoben.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Durch die Erweiterung der Befristungsmöglichkeit auf 4 Jahre, den Fortbestand
der Möglichkeit der Befristung über den 31. Dezember 2000 hinaus und der
Ausweitung der Möglichkeit, unbeschränkt befristete Arbeitsverträge abzu-
schließen, werden negative Beschäftigungseffekte und damit Beitragsausfälle
bei den Trägern der Sozialversicherung vermieden. Zusätzliche Ausgaben für
Leistungen aus den Zweigen der Sozialversicherung entstehen nicht.

2. Vollzugsaufwand

Durch die Umsetzung dieses Gesetzes entstehen keine zusätzlichen Kosten im
Verwaltungsvollzug.
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Gesetz zur Intensivierung der Beschäftigungsförderung

Der Bundestag hat folgendes Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Das Gesetz über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Be-
schäftigungsförderung vom 26. April 1985 (BGBl. I S.710),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. September 1996
(BGBl. I S. 1476), wird wie folgt geändert:

1. In § 1 wird Absatz 6 neu gefasst:

„Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist abweichend
von den Absätzen 1 und 2 zulässig, wenn sie durch einen
sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher
Grund liegt insbesondere dann vor, wenn

1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vo-
rübergehend besteht,

2. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Ar-
beitnehmers beschäftigt wird,

3. die Eigenart der Arbeitsleistung eine Befristung
rechtfertigt,

4. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die
Befristung rechtfertigen oder

5. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich be-
ruht.“

2. In § 1 Abs. 1 Satz 1 wird das Wort „zwei“ durch das
Wort „vier“ ersetzt.

3. In § 1 Abs. 1 Satz 2 wird das Wort „zwei“ durch das
Wort „vier“ ersetzt.

4. In § 1 Abs. 1 Satz 2 wird das Wort „dreimalig“ durch
das Wort „viermalig“ ersetzt.

5. In § 1 Abs. 2 wird die Zahl „60“ duch die Zahl „55“ er-
setzt.

Artikel 2

Das Kündigungsschutzgesetz vom 25. August 1969
(BGBl. I S. 1317), zuletzt geändert durch das Gesetz vom
19. Dezember 1998 ( BGBl. I S. 3843), wird wie folgt geän-
dert:

In § 23 Abs. 1 Satz 2 wird das Wort „fünf“ durch das
Wort „zehn“ ersetzt.

Artikel 3

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2001 in Kraft

Berlin, den 11. September 2000

Dr. Heinrich L. Kolb
Dr. Irmgard Schwaetzer
Rainer Funke
Dirk Niebel
Detlef Parr
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt/Main)
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion
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Begründung

A. Allgemeines

Eine Ursache für die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland
ist das Arbeitsrecht. Trotz eines weltweiten wirtschaftli-
chen Aufschwungs sinken die Arbeitslosenzahlen in der
Bundesrepublik Deutschland nicht in dem Maße, wie es
notwendig ist. Daraus folgt: das deutsche Arbeitsrecht be-
hindert einen zügigen Abbau der Arbeitslosigkeit. Das deut-
sche Arbeitsrecht ist zu unflexibel, um dem Arbeitsmarkt
Impulse zu einer Beseitigung der strukturellen Arbeitslosig-
keit zu geben.

1. Das Gesetz über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Be-
schäftigungsförderung ist als Artikel 1 des Beschäfti-
gungsförderungsgesetzes 1985 erlassen worden. Die in
§ 1 des Gesetzes über arbeitsrechtliche Vorschriften zur
Beschäftigungsförderung geregelten Erleichterungen
beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge, die ur-
sprünglich bis zum 1. Januar 1990 befristet waren, sind
durch das Beschäftigungsförderungsgesetz 1990 bis zum
31. Dezember 1995 und durch das Beschäftigungsförde-
rungsgesetz 1994 bis zum 31. Dezember 2000 verlängert
worden. Den Verlängerungen lagen die Ergebnisse wis-
senschaftlicher Untersuchungen aus den Jahren 1987/
1988 (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
und Infratest Sozialforschung München) und 1992/1993
(Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und
Infratest Sozialforschung München) zugrunde, dass sich
befristete Arbeitsverträge nach dem Beschäftigungsför-
derungsgesetz als wirksame Instrumente zur Förderung
von Neueinstellungen erwiesen haben. Die Untersu-
chungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

– Befristete Arbeitsverträge nach dem Beschäftigungs-
förderungsgesetz haben sich als Brücke zu Dauerar-
beitsverhältnissen bewährt: Die Übernahmequote der
nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz zunächst
befristet Eingestellten beträgt 50 %. Hierin spiegelt
sich u. a. wider, dass die Arbeitsverhältnisse der Ar-
beitnehmer, die auf der Grundlage des Beschäfti-
gungsförderungsgesetzes befristet eingestellt wur-
den, in ihrer Struktur deutlich weniger von den
Arbeitsverhältnissen unbefristet eingestellter Arbeit-
nehmer abweichen, als dies bei den herkömmlichen
Befristungen mit ihrer deutlich geringeren Übernah-
mequote der Fall ist.

– Die Arbeitgeber haben von den durch das Beschäfti-
gungsförderungsgesetz geschaffenen Erleichterungen
beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge verant-
wortungsbewusst Gebrauch gemacht. Die Erleichte-
rungen beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge
haben nicht zu einem Ersatz unbefristeter Neueinstel-
lungen durch befristete Arbeitsverträge geführt, wie
dies ursprünglich befürchtet worden war. Die Befris-
tungsquote ist seit 1985 nahezu konstant geblieben.
Im Jahr 1999 ist sie leicht von 8,4 % auf 9,2 % ge-
stiegen.

– Durch die Befristungsmöglichkeiten nach dem Be-
schäftigungsförderungsgesetz sind Beschäftigungs-
zuwächse geschaffen worden. Direkte Zusatzbe-
schäftigungseffekte haben sich daraus ergeben, dass
die Betriebe befristete Neueinstellungen vorgenom-
men haben, die sonst wegen des Fehlens eines sachli-
chen Grundes für die Befristung des Arbeitsvertrages
nicht zulässig gewesen wären. Nach der genannten
Untersuchung von Infratest Sozialforschung betrug
die Anzahl der zusätzlich geschaffenen Dauerarbeits-
plätze in der Privatwirtschaft, trotz der beim Ab-
schluss befristeter Arbeitsverträge nach dem Beschäf-
tigungsförderungsgesetz zu beachtenden (einschrän-
kenden) Voraussetzungen, im Jahr 1992 zwischen
20 000 und 45 000. Darüber hinaus entstanden indi-
rekte Beschäftigungseffekte dadurch, dass die Be-
triebe aufgrund der durch das Beschäftigungsförde-
rungsgesetz gesicherten Rechtsgrundlage (ein be-
sonderer sachlicher Grund für die Befristung muss
nicht vorliegen) Einstellungen vorgenommen haben,
die sie sonst wegen dieser Rechtsunsicherheit unter-
lassen hätten. Auch die neueste Entwicklung am Ar-
beitsmarkt bestätigt diese Erkenntnis. So sind im Jahr
1999 mehr als die Hälfte der 550 000 geschaffenen
Arbeitsplätze befristete Arbeitsverhältnisse gewesen.

– Befristete Arbeitsverträge nach dem Beschäftigungs-
förderungsgesetz haben sich nicht nachteilig auf die
Arbeitsbedingungen und das berufliche Fortkommen
der Arbeitnehmer ausgewirkt. Die befristet beschäf-
tigten Arbeitnehmer haben in ihrer großen Mehrheit
nicht den Eindruck, dass sie infolge ihres befristeten
Arbeitsverhältnisses gegenüber ihren unbefristet be-
schäftigten Kollegen im Erwerbsleben benachteiligt
sind. Im Verhältnis zu den neunziger Jahren ist die
Beschäftigungssituation nicht wesentlich einfacher
geworden. Den Arbeitgebern müssen daher weiterhin
Instrumente an die Hand gegeben werden, auch in
Fällen einer ungesicherten Auftragslage oder bei nur
vorübergehenden Aufträgen Einstellungen vorzuneh-
men. Als Ersatz für die immer noch in zu großem
Ausmaß geleisteten Überstunden bietet sich hier der
Abschluss befristeter Arbeitsverträge an. Die Arbeit-
geber sind vom Risiko entlastet, daß sie im Fall aus-
bleibender Anschlussaufträge bei unbefristeten Ar-
beitsverhältnissen Kündigungen unter Einhaltung
von Kündigungsfristen und unter Beachtung des ge-
setzlichen Kündigungsschutzes aussprechen müssen.
Die Nutzung des befristeten Arbeitsvertrages, insbe-
sondere als beschäftigungswirksame Alternative zur
Leistung von Überstunden und auch als Einstieg in
eine unbefristete Beschäftigung, ist heute Konsens
aller beteiligten Gruppen geworden. Grundsätzlich
muss es dabei bleiben, dass der unbefristete Arbeits-
vertrag der sozialpolitisch erwünschte Normalfall ist
und nicht durch befristete Verträge ersetzt wird. Dies
liegt nicht nur im Interesse der Arbeitnehmer an kün-
digungsrechtlich geschützten Dauerarbeitsverhältnis-
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sen, sondern auch im Interesse der Arbeitgeber an
eingearbeiteten Mitarbeitern, die sich voll für die be-
trieblichen Belange einsetzen.

Befristete Arbeitsverträge nach dem Beschäftigungsför-
derunggesetz haben sich aber als Brücke zu Dauer-
arbeitsverhältnissen bewährt.

Der befristete Arbeitsvertrag hat sich als Einstieg in das
unbefristete Arbeitsverhältnis bewährt. Der befristete
Arbeitsvertrag ist ein allseits anerkanntes Rechtsinstitut
auf dem Arbeitsmarkt geworden. Daher muss die gesetz-
liche Befristung der Zulässigkeit befristeter Arbeitsver-
träge aufgehoben werden.

Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist dann zeitlich
unbegrenzt zulässig, wenn ein sachlich rechtfertigender
Grund vorliegt. Durch die Nennung typischer, von der
Rechtsprechung anerkannter Befristungsgründe im Ge-
setz wird der Praxis und den Gerichten eine Orientierung
gegeben, welche Gründe als gerechtfertigt anzusehen
sind.

2. Die zulässige Dauer befristeter Arbeitsverträge muss auf
4 Jahre ausgedehnt werden. Schon jetzt sind Befristun-
gen aus sachlichem Grund bis zu vier Jahren möglich.
Die Höchstgrenze von 2 Jahren ist zwar für den Arbeit-
nehmer günstiger, wenn sich ein unbefristeter Arbeits-
vertrag anschließt, aber ungünstiger, wenn der Arbeit-
geber die Beschäftigung beenden will. Beträgt die
Befristungsmöglichkeit 4 Jahre, verlängern sich die Be-
schäftigungsmöglichkeiten bei Arbeitgebern, die vor
unbefristeten Arbeitsverträgen zurückschrecken. Die
Chancen unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse stei-
gern sich, da der Arbeitnehmer nach vier Jahren stärker
in den Betrieb integriert ist.

3. Hat der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Ar-
beitsverhältnisses das 55. Lebensjahr vollendet, soll die
Begrenzung auf vier Verlängerungen und auf vier Jahre
entfallen. Arbeitnehmer in diesem Alter haben gegen-
wärtig geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Ar-
beitslosigkeit in der Gruppe 55 Jahre und älterer Arbeit-
nehmer ist doppelt so hoch, wie die Arbeitslosigkeit im
Schnitt aller Altersgruppen. Gerade für sie ist daher die
Möglichkeit, auch über vier Jahre hinaus bis zur Inan-
spruchnahme der Altersrente befristet beschäftigt zu
werden, vorteilhafter als arbeitslos zu sein oder eine
Rente mit Abschlag zu beziehen. Dies gilt auch im Rah-
men einer befristeten Teilzeittätigkeit. Insoweit ist die
vorgesehene Erleichterung der Befristung Teil des Kon-
zepts zur Förderung des gleitenden Übergangs älterer
Arbeitnehmer in den Ruhestand.

4. Der Schwellenwert, bis zu dem Betriebe nicht in den
Geltungsbereich des Gesetzes fallen, wird wieder von
fünf auf zehn Arbeitnehmer heraufgesetzt. Bei der vor-
gesehenen Heraufsetzung des Schwellenwertes auf zehn
Arbeitnehmer bleibt der Charakter des Kleinbetriebes
gewahrt, in dem der Betriebsinhaber noch so eng mit sei-
nen Mitarbeitern zusammenarbeitet, dass im Interesse
des Betriebsfriedens und der Funktionsfähigkeit des Be-
triebes notwendige Entlassungen erleichtert möglich
sein sollen.

Die Inhaber kleiner Betriebe haben Schwierigkeiten bei
der Anwendung des komplizierten Kündigungsrechts, so
dass sie teilweise schon aus diesem Grund von Einstel-
lungen Abstand nehmen. Diese Betriebe werden zudem
durch langwierige Kündigungsschutzverfahren oder zur
Abwendung dieser Verfahren geleistete Abfindungen
wirtschaftlich erheblich mehr belastet als größere Be-
triebe. Sie können vielfach aus finanziellen Gründen
keine Abfindungen zur Vermeidung von Kündigungs-
schutzprozessen anbieten. Schließlich ist zu berücksich-
tigen, daß kleine Betriebe häufig kaum Reserven bilden
können und deshalb Schwankungen der Auftragslage
durch personalwirtschaftliche Flexiblität ausgleichen
müssen.

Bei den kleineren Unternehmen handelt es sich zudem
vielfach um Unternehmen in der Existenzgründungs-
phase, die zu zusätzlichen Einstellungen ermutigt wer-
den und von tatsächlich und psychologisch einstellungs-
hemmenden Vorschriften nicht zu sehr eingeschränkt
sein sollen. Da die durchschnittliche Arbeitnehmerzahl
in neu gegründeten Betrieben bei 5,3 Arbeitnehmern
liegt und in den ersten sieben Jahren nach der Gründung
auf 11,8 Arbeitnehmern ansteigt, erscheint auch aus die-
sem Grund eine Heraufsetzung des Schwellenwertes auf
zehn Arbeitnehmer gerechtfertigt.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

(Änderung des Gesetzes über
arbeitsrechtliche Vorschriften zur
Beschäftigungsförderung)

Zu Nummer 1

Da die im Beschäftigungsförderungsgesetz enthaltene Mög-
lichkeit des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge erhalten
und erweitert werden soll, ist die auf den 31. Dezember
2000 in § 1 Abs. 6 BeschFG enhaltene Befristung zu strei-
chen. Zur weitergehenden Begründung wird auf den allge-
meinen Teil verwiesen.

In § 1 Abs. 6 wird abweichend von den § 1 Abs. 1–5 die
zeitlich unbegrenzte Befristung eines Arbeitsvertrages bei
Vorliegen eines sachlichen rechtfertigenden Grundes gere-
gelt. Ausgehend von der ständigen Rechtssprechung des
Bundesarbeitsgerichts werden in den Nummern 1 bis 5 typi-
sche Gründe genannt, die die Befristung eines Arbeitsver-
trages rechtfertigen können. Die Aufzählung ist beispielhaft
und soll weder andere von der Rechtssprechung bisher ak-
zeptierte noch weitere Gründe ausschließen.

Zu Nummer 2, 3, 4

Durch die Änderung in Satz 1 des § 1 des Gesetzes über ar-
beitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung
wird die Höchstdauer der zulässigen Befristung einheitlich
auf vier Jahre erweitert. Durch die Zulassung längerer Be-
fristungen wird der Anreiz für die Arbeitgeber weiter ver-
stärkt, statt Überstunden anzuordnen, auch für qualifizier-
tere Tätigkeiten, die längere Einarbeitungszeiten benötigen,
befristete Einstellungen vorzunehmen. Darüber hinaus soll
es bis zur Höchstdauer von vier Jahren zulässig sein, einen
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zunächst kürzer befristeten Arbeitsvertrag dreimal zu ver-
längern. Hier ist insbesondere an die Fälle zu denken, in de-
nen der zusätzliche Arbeitskräftebedarf entgegen der Ein-
schätzung bei Beginn der Befristung für einen längeren
Zeitraum besteht. Auch wird es möglich sein, an eine zu-
nächst kürzere befristete Erprobungsphase eine weitere län-
gere Befristung anzuschließen, die die Chancen des Arbeit-
nehmers auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhält-
nis noch weiter verbessern kann. Der Gefahr, dass an die
Stelle des unbefristeten Arbeitsvertrages Kettenarbeitsver-
träge treten, wird dadurch vorgebeugt, dass die Gesamtdauer
der Befristung auf vier Jahre begrenzt wird und in diesem
Rahmen höchstens vier Verlängerungen zugelassen werden.

Zu Nummer 5

Hat der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeits-
verhältnisses das 55. Lebensjahr vollendet, sollen auch über
vier Jahre hinausgehende (einmalige oder aneinander an-
schließende mehrmalige) Befristungen zulässig sein. Da-
durch sollen die für ältere Arbeitsuchende besonders hohen
Einstellungshindernisse verringert werden. Die deutlich er-
höhte Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer beginnt bereits
mit dem 55. Lebensjahr, so dass die Herabsetzung der Al-

tersgrenze auf 55 Jahre gerechtfertigt ist, weil für einen älte-
ren Arbeitsuchenden, zumal für einen Langzeitarbeitslosen,
eine befristete Beschäftigung oft die einzige Möglichkeit
ist, einen Arbeitsplatz zu finden. Selbst wenn er zunächst
nur für kürzere Zeit eingestellt wird, hat er die Chance zu
beweisen, dass er insbesondere auf Grund seiner Berufs-
erfahrungen für den Betrieb wertvoll ist.

Zu Artikel 2

(Änderung des Kündigungsschutz-
gesetzes)

Während nach der letzten Änderung des § 23 Abs. 1 Satz 2
des Kündigungsschutzgesetzes wieder nur Betriebe mit bis
zu fünf Arbeitnehmern nicht unter das Kündigungsschutz-
gesetz fallen, sollen es künftig wieder Betriebe mit bis zu
zehn Arbeitnehmern sein.

Zur Begründung wird auf den Allgemeinen Teil verwiesen.

Zu Artikel 3

(Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Das
Gesetz soll zum 1. Januar 2001 in Kraft treten, damit die
bisher bestehende Möglichkeit des Abschlusses befristeter
Arbeitsverträge erweitert fortgesetzt werden kann.

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